[Pflegefrau]

Meine Kleine,

heute habe ich sehr, sehr oft an Dich gedacht. Heute vor einem Jahr haben wir den Geburtstag Deines Schwiegervaters gefeiert. Es war das letzte mal, dass Du Deine Wohnung über Treppen mit Unterstützung verlassen konntest. Wer hätte da geahnt, dass genau 4 Wochen später Du uns für immer verlassen würdest? Sicherlich war allen bewußt, dass es wohl das letzte gemeinsame Weihnachtsfest sein würde, aber das Du Weihnachten nicht mehr erleben würdest, nein, das konnten wir nicht glauben! Und wie hast Du unseren kurzen Wellnessurlaub 5 Wochen vor Deinem Tod genossen. Du hast gewußt, das Dir die Zeit davonrennt, hast aber nie darüber reden wollen oder können. Aber ich habe schon genau gespürt, wie traurig Du warst, weil Du einsehen mußtest, Dein Kampf war vergebens. Ach, es tut so weh, wenn ich an die schlimme Zeit des ewigen Auf und Ab und das ohne jegliche Hoffnung auf Heilung denke! Und nun ist bald Weihnachten, das 2. Jahr ohne Dich! Ich habe Angst, Angst vor Traurigkeit, vor der Ohnmacht der Gefühle, Angst, meiner Familie nicht gerecht werden zu können? Ich weiß es nicht, ich habe unheimliche Angst und möchte den Dezember am liebsten streichen. Es ist einfach nichts mehr wie früher, wird es auch nie wieder werden. Aber ich weiß auch, Du konntest einfach nicht mehr leben, Du hast Dir den Abschied wirklich nicht leicht gemacht. Du hast so gelitten und doch nie den Mut verloren, Du hast gekämpft und doch gab es keine Heilung für Dich! Mein kleines Mädchen, Du bist ständig bei mir in meinen Gedanken, ich liebe Dich unendlich und werde Dich nie vergessen! Gib mir doch ein Zeichen, damit ich weiß, es geht Dir gut! Mein Engel, warum kannst Du nicht mehr bei uns sein, warum nur mußtest Du uns so jung verlassen? Eine Antwort werde ich wohl nie bekommen auf all meine Fragen!

Machs gut, meine Kleine, ich liebe Dich unendlich!

Deine Mama