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Alt 28.04.2009, 11:55
Mesi50l Mesi50l ist offline
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Standard AW: etwas zum Nachdenken...(opder sind wir hier im Kindergarten?)

Liebe Streitende!

Auf die verschiedenen Angriffe und Verdächtigungen gehe ich jetzt mal nicht ein. Ich hoffe jedoch sehr für die Moderatorenschaft, dass ihnen die technischen Möglichkeiten wie z. B. eine Computer-ID zur Verfügung stehen, um definitiv klären zu können, ob ihnen ein User "bekannt" vorkommt? Natürlich können sie das! Und damit auch zweifelsfrei feststellen, dass ihnen Mesi hier noch nie begegnet ist. Aber Verdächtigungen in den Raum stellen ist natürlich wirkungsvoller! Außerdem belegt es die Neutralität der Moderatoren - bzw. wider!

Allerdings zeigt dieser geäußerte Verdacht sehr wohltuend, dass hier und durch Mesi offensichtlich keine Einzelmeinung zum Ausdruck kommt! Und wie zur Bestätigung ist ja auch inzwischen schon wieder ein User gesperrt worden! Das sind inzwischen ja Legionen!

Und damit sind wir beim Grundproblem, bei den Strukturen, die hier (und andernorts) immer wieder dieselben Probleme machen, ganz unabhängig von User und Nicks!

Nehmen wir doch einen der vorgebrachten und stereotyp immer wieder gebrauchten Vorwürfe auf, der als eine Art Totschlagargument immer dann zum Einsatz kommt, wenn Nicht-Krebskranke eine abweichende Meinung äußern: was man als Nicht-Krebskranker denn in diesem Forum zu suchen habe - inklusive entsprechender moralischer Wertungen!

Wer dieses Klischee vorbringt, missachtet zum einen den Charakter eines ÖFFENTLICHEN Forums. Auch wendet sich dieses Forum ja ausdrücklich auch an Angehörige von Krebskranken. Das wird von den diesen Vorwurf missbrauchenden Usern aber hartnäckig ignoriert, auch wenn man andersorts fröhlich pfeifend die enge Orientierung an Regeln einklagt. Wenn das Interesse von Nicht-Krebskranken soo verwerflich und störend ist, dann frage ich mich, warum dieses Forum nicht so strukturiert wird, dass Nicht-Krebskranke keinen Zugang mehr haben?

Zum Phänomen als solchen: Warum interessieren, engagieren sich Nicht-Krebskranke in einem solchen Forum? Ist es wirklich niedriger Voyeurismus, perverse Lust, wie hier vereinzelt behauptet wird?

Um diese Frage zu klären, schaut man am besten mal in andere gesellschaftliche Bereiche:

* Warum interessieren sich Menschen für das Thema Folter und Menschenrechte, wenn sie nicht gefoltert werden?
* Warum - und dieses Beispiel habe ich von einem CDU-Politiker - engagiert sich jemand für den Regenwald, auch wenn er kein Baum daselbst ist?
* Warum interessieren sich Menschen für Tiere und setzen sich für sie ein, wenn sie kein Tier sind oder wenn es ihrem eigenen Tier doch gut geht?
* Warum engagieren sich Menschen für Afrika, die in Europa leben?
* Warum engagieren sich Menschen ehrenamtlich in der Hospiz-Bewegung, die weder selbst sterbenskrank sind noch todkranke Angehörige haben? Wollen die sich auch an etwas "ergötzen"?

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen!
Und sie zeigt: das vermeintliche Argument diskreditert sich selbst!

Es könnten zwei Hauptbeweggründe sein: Zum einen nennt man so etwas gesellschaftliches Engagement. Zum anderen gibt es natürlich die vielfältigsten Interessenslagen, die Menschen dazu motivieren, sich für Themen einzusetzen, von denen sie nicht betroffen sind. Es gilt überdies in einer sogenannten Informationsgesellschaft eher als Zeichen geistiger Offenheit, wenn man sich auch für Themen interessiert, die einen (noch nicht) selbst betreffen! Bei Krebs ist die Sachlage dann noch eine andere: da jeder Zweite gute Chancen hat, im Verlaufe seines Lebens von dieser furchtbaren Geißel in irgendeiner Variante heimgesucht zu werden, könnte auch eine Art unbewusste Vorbereitung Triebfeder sein.

Des Weiteren treffen in diesem Forum mit diesen schwierigen Thema zwei strukturell unterschiedliche Bedingungen aufeinander. Viele User und Poster scheinen sich nicht wirklich bewusst zu sein, dass das hier ÖFFENTLICHER Raum ist, zu dem die Verantwortlichen dieses Forums der ganzen Welt Zutritt gewähren! Auf der anderen Seite werden hier hochprivate, sehr intime Leidensgeschichten verÖFFENTlicht! Nun ist die implizite Erwartungshaltung mancher User wohl die, dass die strukturelle Bedingung der absoluten Öffentlichkeit irgendwie moralisch oder sonstwie von der Privatsphäre in Schach gehalten werden sollte. Das ist keine realitätsnahe Erwartung! Ganz im Gegenteil! Es ist der Wesenskern ÖFFENTLICHER Foren, dass Franz und Lotte, Kreti und Pleti, Hinz und Kunz hier, sofern die Forumsbetreiber ihnen dazu die technischen Möglichkeiten bereiten, ihre Meinung dazu sagen bzw. schreiben. Und genau an der Stelle gibt es dann immer wieder Ärger!

Keiner der User hier würde wohl zu Hause bei sich im Ort auf den Marktplatz gehen, dort detailliert auf großen Tafeln seine oder die Krankengeschichte seiner Angehörigen veröffentlichen - eben weil man die ungefilterter Reaktion davor fürchtet! Aus bestimmten Gründen, zu denen ich auch eine Idee habe, glauben aber wohl viele User, dass das im Internet anders sein muss. Das ist ein Irrglaube!

Jeder Kranke, jeder Angehörige hat selbstverständlich das absolute Recht auf Privatheit seiner Krankengeschichte! Aber wenn ich selbst diese Privatheit aufgebe und mit diesen Verläufen in die ÖFFENTLICHKEIT gehe, kann ich mich doch hinterher nicht darüber beschweren, dass ich meinungsvielfältige Reaktionen erhalte?

Okay, Demokratie ist in der BRD ein kulturgeschichtlich vergleichsweise junges Phänomen. Dieses und andere Foren zeigen dramatisch auf, mit welchem Aspekt von Demokratie die Menschen die meisten Probleme haben: mit der Meinungsfreiheit!

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Wenn wir schon gerade bei Demokratie sind: Verschiedentlich wird mir in obigen Postings vorgeworfen, ich hätte nicht Anettes Postings zitiert. Aber das ist doch gar nicht der Punkt. Vielleicht kennen einige von euch die rechsstaatlichen Verfahrensweisen, dass, völlig unabhängig davon, was ein "Delinquent" verbrochen hat, ihm dennoch in der "Strafverfolgung" bestimmte Rechte zugebilligt werden? In einem Rechtsstaat ist es eben nicht möglich, einen seine Kinder 25 Jahre lang vergewaltigenden und wegsperrenden Mann einfach zu lynchen - unter Verweis auf seine schlimmen Taten!

Was immer ihr Anette vorwerft - darauf einzugehen, würde die Diskussion komplett sprengen und die unterliegenden Strukturen verwässern -, ihr macht euch doch eher mit ihr gemein, wenn ihr dann auf demselben Level gegen sie vorgeht! Entweder jemand verstößt eindeutig gegen Forumsregeln; dann müssen die Moderatoren aktiv werden. Aber was ihr mit Anette gemacht habt, ist eine virtuelle Form von Lynchjustiz. Und diese lässt sich durch gar nichts rechtfertigen!

Sehr nachdenklich stimmt mich auch, wie manche User hier gegen Papatütü vorgehen und vor allem: mit welcher Energie! Für Papatütü nun gilt nicht der Generalvorwurf, er sei ein perverser Nicht-Krebskranker, der sich hier ergötzen will. Ich bin mit Papatütü zu manchen Themen überhaupt nicht einer Meinung, aber wie man jemanden, der so sanft schreibt und so sachlich bleibt, in dieser Form angreifen kann, bleibt mir ein Rätsel! Und ich bewundere Papatütü ausdrücklich dafür, dass gerade er als Krebskranker sich gegen die verlautbarte Mehrheit hier stellt. Seltsamerweise gilt für ihn dann die sonst so vehement ins Feld geführte Rücksicht nicht? Wie viel nimmt das von der Glaubwürdigkeit der Krebskranken-Front?

Dieser Thread macht viele schlimme Verletzungen. Aber dieser Thread treibt dabei auch exakt die Strukturen hoch, die problematisch sind, die unreflektiert bleiben und die immer und immer wieder in diesem Forum zu Exzessen führen. Es wäre schön, wenn mehr Diskutanten es schafften, ihren Blick weg von der persönlichen Ebene darauf zu richten, was strukturell bedingt ist. Und vielleicht könnte man diese Analyse sogar so weit treiben, dass sich regulative Mechanismen für den Forumsbetrieb ergeben? Oder will man das gar nicht?

Damit wären wir bei der nächsten großen Frage, die für mich noch völlig von Nebel umwabert ist: was wollen die Verantwortlichen dieses Forums?

Mit freundlichen Grüßen

Mesi