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Alt 26.08.2004, 09:54
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Standard Weiß nicht weiter...

Liebe Susanne,

ich weiß nicht, ob Du das hier lesen wirst, Dein letzter Beitrag ist schon so lange her.

Ich bin so durcheinander, ich kann's gar nicht beschreiben. Ich hab das Gefühl, die Leere in mir wird immer größer. Mir wird nach und nach erst einmal richtig bewusst, wie schrecklich das alles war. Ich meine damit, wie sehr mein Bruder gelitten hat, selbst in den Stunden als er starb. Weißt Du, wie ich das meine? Er durfte ja nicht einmal friedlich einschlafen. Alles war so unmenschlich und wenn ich heute zurückdenke, frage ich mich, wie er das ausgehalten und ertragen hat. Worte reichen irgendwie nicht, um das, was ich fühle, auszudrücken, es gibt für meine Gedanken keine Beschreibung.

Ich meine, mittlerweile funktioniert mein Leben wieder einigermaßen. Ich habe den liebsten und verständnisvollsten Freund auf der Welt und es ist das schönste Geschenk zu wissen, dass ich nachts, wenn ich einen fürchterlichen Traum gehabt habe, nicht alleine bin, dass da jemand ist, der mich versteht und mich in den Arm nimmt und festhält, aber das, was mir alles durch den Kopf geht, ist so schrecklich, dass ich manchmal denke, es zerstört mich völlig. Dieses graumsame Leiden, damals war es mir gar nicht so bewusst, ich hab's beiseite geschoben um mit Leib und Seele helfen zu können, aber jetzt wird es mir immer klarer und damit komme ich nicht zurecht.

Ich versuche, Bilder aus "guten Zeiten" in meine Wohnung zu stellen, damit dieses Unmenschliche irgendwann aus meiner Erinnerung geht. Jetzt wird mir erst einmal klar, was dem wichtigsten Menschen in meinem Leben alles zugestoßen ist, was er alles ertragen musste und das macht mich so unendlich traurig. Er fehlt mir so und ich habe keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll.

Ich lebe zwei Leben so kommt es mir vor. Das eine, das mich zerfrisst und mich zerstört, weil ich ohne meinen Bruder kein Mensch mehr bin. Wie kann ein Gott einen Menschen so leiden lassen? Wie soll ich dabei zusehen und das jemals verarbeiten? Und das andere Leben, ja... In dem anderen Leben bin ich so dankbar, dass ich meinen Freund kennengelernt habe, der mir so viel Halt und Geborgenheit gibt und das Gefühl, nicht alleine zu sein auf der Welt. Aber den Sprung zu schaffen und das, was passiert ist, anzunehmen und zu akzeptieren, den schaffe ich nicht. Ich denke ja wieder an die Zukunft, habe wieder Pläne, aber innerlich, da sieht es ganz anders aus... Für all meine Gedanken, gibt es gar keine richtigen Worte, sie erscheinen mir alle so klein...

Ach Susanne, manchmal weiß ich einfach nicht weiter...

Danke für Dein offenes Ohr und dafür, dass Du so an mich denkst

Steffi
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