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Alt 21.12.2012, 04:18
Arelia Arelia ist offline
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Standard 3 jahre trauer und kein ende in sicht

Hallo liebe Leute,

seit 3 Jahren ist meine geliebte Mama schon tot und der Schmerz, die Trauer, die Schuldgefühle, die Vorwürfe wollen kein Ende nehmen.

heute bin ich 23 und noch kein stück weiter als vor 3 jahren.

Ich denke jeden Tag an Sie und weine jeden ~2 Tag.

Hier kommt die Geschichte einer tapferen Kämpferin, die nicht aufgeben wollte und totz allem verlor:

Vor ca 5 jahren bekam meine Mutter die Diagnose Lugengenkrebs. Es hat uns sehr überrascht da sie zwar schon lange vorher über "Rückenschmerzen" (genau neben der Wirbelsäule wo sich der Krebs ausgebreitet hat) geklagt hat, allerdings auch gleich zu einem Lungenfacharzt gegangen ist der ihr sagte es sei nichts!

2 monate nach dem besuch dei dem angeblich Facharzt (am liebsten würde ich ihn verklagen!)
sagte man ihr im kh es sei doch lungenkrebs, sie müssen biopsieren und mal schaun was man tun kann.

dann kamen 2 jahre voller Hoffnung, Schmerzen, Ärger, Liebe und zerplatzte Träume.

meine mutter sagte immer "wenn ich krebs krieg lass ich keinen arzt an mir rumpfuschen, ich geniesse die letzten tage dann noch!!" der angesicht des todes lässt einen dann wohl umdenken.

Nach der ersten op (die sie sehr gut überstanden hatte) bei der ihr der ganze linke lungenflügel rausgenommen wurde ging es ganz gut weiter.

es verging einige zeit bevor sie mit der bestrahlung und chemotherapie begannen aber da sie eine der agressivsten Krebsarten überhaupt hatte blieb leider kein ausweg.
sie probierte eine zeitlang "andere Heilmittel" gab das allerdings schnell auf da es keine wirkung zeigte.

während der chemo und bestrahlung bekam sie dann eine sehr schlechte nachricht, 2 metastasen haben sich im kopf gebildet. trotz allem was sie über sich ergehen lies. (wer schon mal jmd gesehen hat der chemo und bestrahlen war weiss was für eine prozedur das ist)

die ärzte setzten einen erneuten op termin fest, der gut verlief. sie erholte sich gut und wartete auf den nächsten termin.

da die metastase schon ein bisschen aufs gehirn gedrückt hat, war sie nicht immer ganz klar im kopf, aber da sie im kh war dachte ich sie sei in guten händen.
als ich sie einestages (wie jeden tag) besuchte beklagte sie sich über extreme kreuzschmerzen. nur schwerlich brachte ich sie dazu mir zu erzählen was passiert ist. sie wollte in der nacht aufs wc gehn. und lies sich anscheinend so auf die toilette fallen das sie sich das steissbein brach.
sie wollte partou nichts zu den ärzten sagen da sie angst hatte sie würden die zweite Kopf op nicht mehr machen, ich glaube sie hatte recht.

die op kam und ging dann erzählte sie auch den ärzten von den enormen kreuzschmerzen. von dem zeitpunkt an ging alles begab.

es bildeten sich weitere metastasen und die ärzte wussten nicht mehr zu helfen. anfangs wusste nur ich darüber bescheid dass die ärzte aufgaben, meiner mutter hatte ich es nie erzählt, ich konnte nicht. ich wusste nicht wie. meine mutter war schon ein halber pflegefall (gebrochenes steissbein, halbe lunge, kopfmetastasen,....)
sie war die meiste zeit im kh und nur noch selten zu hause.

weihnachten kam näher und sie wollte weihnachten umbedingt zu hause verbringen. ich organisierte alles was man dafür so brauchte, ein kh bett zu hause zum selber basteln, einen "klorollstuhl" genügend morphuim um eine armee lahm zu legen und die nr des hausarztes dick und fett am schwarzen brett.

sie freute sich so sehr,... und wollte nach 2 wochen wieder umbedingt ins kh weil sie so schlimme schmerzen hatte.

das folgende monat war das schlimmste was ich je erlebt hatte. ihr ging es zunehmend schlechter, ihr verstand verabschiedete sich stück für stück, sie konnte die letzte woche nicht essen, reden geschweige denn die augen aufmachen, und wenn sie sie einmal öffnete für 2 sekunden, sah es schrecklich aus, ganz kleine pupillen und wirre augen die mich anschauten mich vielleicht erkannten vielleicht auch nicht.
am 21.01.2010 war es dann soweit. ich war bei ihr als der letzte atemzug aus ihr wich.

meine mutter hatte sich schon vor einigen jahren von meimen vater getrennt, ich lebte bei meinem vater in meinem elternhaus, aber meine mutter wohnte nicht weit weg. ich habe sie immer besucht und auch eine zeit lang bei ihr gewohnt. als die kh aufenthalte anfingen war ich nur noch in ihrer wohung da es nicht so weit zum kh war das ich jeden tag besuchte und zu meiner arbeit. (meine arbeit verlor ich kurz nach dem tod meiner mutter, ich gab in der arbeit bescheid dass meine mutter krank ist und dass ich womöglich ein bisschen öfter frei brauche, "kein problem" hatten sie gesagt, also war ich die letzten 2 monate kaum bei der arbeit. als ich aus dem 2wöchingen krankenstand zurückkehrte komplimentierete man mich mit den worten "wenn sie es verarbeitet haben können sie sich ja wieder melden, hinaus! oO verarbeitet? ich komm dan in 50jahren wieder,...)
mein bruder lebte mit mir und meinem vater im elternhaus er ist 7 jahre älter als ich. er verdrängte anfangs die krankheit meiner mutter, er besuchte sie einfach nicht. erst zum ende fing er an, sich wirklich sorgen zu machen.
meine schwester lebte zu der zeit in pakistan (10 jahre älter als ich,lehrerin an einer schule)
sie kam insgesamt in den ganzen 2 jahren

6 WOCHEN

nach hause. sie war nicht da als meine mutter starb (3 tage vorher gaben wir ihr bescheid dass es sich nur noch um stunden handle, laut den ärzten) und auch nicht am begräbnis. ich staue eine wut auf meine geschwister auf weil ich nicht weiss wie ich ihnen sagen soll dass sie mich masslos enttäuscht haben und ich eigentlich auf ihre unterstützung hoffte. meine schwester kam 6h nach dem tod meiner mutter in österreich an, ich war froh dass sie doch noch da war da sie einen klaren kopf hatte und die beerdiung quasi organisierte, bei der sie dann nicht war,...

ich erinnere mich als wäre das alles gestern passiert, habe die bilder vor augen, kann mich nicht zusammenreissen. ich habe heute noch ein schlechtes gewissen, als meine mutter zu weihnachten zu hause sein wollte musste sie natürlich rund um die uhr betreut werden, alles war ok ausser der 31.12.2009, wir stritten uns förmlich wer bei meiner mutter bleiben musste, da sprang mein vater ein, ich wusste dass mama das nicht gefallen würde doch sie war auf jemanden angewiesen also konnte sie nichts tun. mein vater ist und war seit ich denken kann alkoholiker und seit dem tod meiner mutter rede ich kaum noch was mit ihm. es gab keine zwischenfälle an diesem abend allerdings wünschte ich bis heute ich wär bei ihr geblieben.


3 verdammte jahre und ich weine fast jeden tag nicht nur weil sie mir so fehlt (sie sagte mir oft wie sehr sie mich lieb hat, wie hübsch ich doch bin, wie froh sie ist dass sie mich hat in der schweren zeit) , sondern auch weil sie mir so unendlich leid tat. ich spürte dass sie meine schwester vermisste und dass sie schmerzen hatte, trotz des vielen morphiums. sie hatte einen neuen freund der ihr anfangs durch das prozedere gut durchgeholfen hatte, kurz vorm ende allerdings als sie noch bei verstand war, auszog. das machte sie noch trauriger.

ich frage mich heute noch jeden tag, hätte ich nicht mehr tun können? hätte ich nicht jeden tag länger bei ihr bleiben können? hätte ich ihr nicht noch ein paar wünsche mehr erfüllen können? wie konnte ich es zulassen dass sie schmerzen hatte? hätte ich nicht die ärzte anschrein müssen ihr mehr zu geben? hätte ich meine schwester nicht bei den haaren herbeizerren müssen? 3 jahre und die fragen werden mehr statt weniger,...
meine mutter war der wichtigste mensch für mich, auch vor der krankheit. jeden tag haben wir geplaudert, jeden tag hat sie sich um mich "gekümmert", sie hat mir eine wunderschöne kindheit geschenkt. sie hat mir alles gegeben.
manchmal denke ich meine mam hätte es sicher nicht gewollt dass ich so oft traurig bin, doch dann denke ich, jetzt kann sie nichts wollen und bin nur noch trauriger.

ich muss jeden tag 100x an meine mutter denken, bei den alltäglichen kleinigkeiten, wäsche waschen, geschirr spülen, einkaufen, ausgehn, kochen,... ich versuche mich an die schöne zeit mit ihr zu erinnern, an die zeit wo noch keine krankheit ihren körper vergiftete, aber es gelingt mir nicht. ich sehe sie in meinem geist nur noch krank, ohne haare, aufgeschwemmt von den vielen medikamente, sich kaum bewegen können....

einmal sagte sie (als ich und mein bruder nicht ganz klar kamen, das war ziemlich am anfang) "ich verspreche euch alles wird wieder gut", denkste, nichts its gut. meine mama ist weg, mein elternhaus ist weg, mein vater sauft noch, und ich weine mich fast jeden tag in den schlaf.

falls es euch noch interessiert was ich die drei jahre tat:
da ich bis zum 21.01.2010 werder ausblidung noch führerschein hatte, nahm ich das als erstes in angriff (nachdem wir im mai unser elternhaus verkauften da mein vater eine stolze summe schulden anhäufte) , damit sie wenigsten irgendwo sagen konnte sie ist stolz auf mich. ich machte den führerschein, suchte mir eine ausbildung und eine wohnung. zur zeit habe ich keine arbeit da ich meine lehrabschlussprüfung schon ein halbes jahr hinausziehe da ich gerade nicht weiter weiss. ich komme mir vor wie in einem schwarzen loch, ich strecke die hand aus aber niemand greift sie. und zum selber klettern habe ich keine kraft mehr.


ich habe zur zeit einen partner der mir aber bei diesem thema keine hilfe ist, er hat noch nie jemanden verloren. darüber bin ich froh, so heult wenigsten nur einer jeden tag.


es tut gut die berichte hier im forum zu lesen, man weiss man ist nicht allein, allerdings wünschte ich das alles wäre nie jemandem passiert und leute sterben nur im hohen alter friedlich einschlafend.


jetzt wo ich alles niedergeschrieben habe gehts es mir ein bisschen besser als vor 3 stunden. ich danke der community und dem kompass für dieses forum.

vielleicht kann mir jemand sagen ob das "unnormal" ist nach 3 jahren noch immer nicht loszukommen oder ob ich einfach mehr zeit brauche.

vielen dank fürs lesen und antworten

bernadette

Geändert von Arelia (21.12.2012 um 06:38 Uhr)
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