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Alt 11.03.2008, 21:50
sschwester-s sschwester-s ist offline
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Standard AW: Meine geliebte Schwester Susanne

Am 28.02. war Deine Trauerfeier, mein Stern.
Und Deine Beerdigung.

Ich habe kaum Schlaf finden können. Vor diesem Tag hat mir so gegraut.
Meine kleine, zarte Nanne.
Das, was einmal Dein schöner Körper gewesen ist, wurde am 22.02.08 eingeäschert.

Als ich in die Trauerhalle kam, war das Floristen-Team schon beinahe fertig.
Vorsichtig, wie ein überaus kostbares Gut, und dennoch ohne jede Furcht, nahm der netteste der Mitarbeiter Deine Urne und Dich hoch und platzierte Dich inmitten Deines Kranzes aus weißen, rosanenen und violetten Orchideen und weißen Rosen. Deine Urne ist fast darin versunken.

Höher sollte sie auch nicht herausschauen, so waren wir der Meinung.
Irgendwann später sollte ich darüber schmunzeln. Es erschien mir so, als würde meine liebe Schwester inmitten dieser Blütenpracht schlummern und träumen.
Du warst immer so verträumt und Zeit Deines Lebens leicht verschlafen.
Irgendwie hat das so gut gepaßt.

Links und rechts von Deinem kleinen "Thron" standen hohe Vasen, in ihnen Weidenzweige mit leicht herausbrechenden Weidenkätzchen. Dort hineingesteckt waren wiederum unzählige Orchideen in den Farben weiß, zart rosa und violett.

Deine Urne stand auf einem wallenden Tuch, auf das weiße Rosenblätter geklebt waren. Es sah aus, wie die weiche Haut von Fujur, dem Glücksdrachen aus der "Unendlichen Geschichte"....

Vier hohe schmale weiße Kerzen.

Zwei große Bilder 60x90cm von Dir jeweils links und rechts.

Der nette Mitarbeiter vom Floristen-Team hatte insgesamt 60 Teelichter so aufgestellt, dass sie Herzen bildeten. Zwei Stück.

Den Gang säumten hohe Glasvasen, abwechselnd mit weißen Rosen, weißen Kerzen, Orchideen und anderen Arrangements. Zwischen ihnen lagen verstreut weiße Rosenblätter.

Es sah so wunderschön aus. Nur der Anlass war ein so unendlich trauriger und schwerer.


Als Deine Freunde hereinkamen, lief John Williams's "Sabrina" Titelmelodie.

Als alle gesessen haben ertönte leise und immer lauter werdend "Ain't nobody" von Chaka Khan.
Ich weiß nicht, ob es irritierte Gesichter gegeben hat. Ich habe nur auf unsere Mutter geachtet.

Im Anschluss dann "Say I'm your Number One" von Princess. Ich habe immer wieder beim Erklingen des Refrains meinen Finger zu Dir erhoben. Ganz so, wie es Princess auch in ihrem Video macht und wir es so oft getan haben, wenn wir gemeinsam zu diesem Song getanzt haben.
Beim dritten Mal setze unsere Mutter mit ein...

Dann stand Joe auf und hielt seine wunderbare, Trost und Zuversicht spendende Rede. Sie hätte Dir so gut gefallen. Er hat soviel Liebes und Gutes über Dich gesagt. Hast Du es gehört?

Ich war ihm, wie er da vorne stand, so dankbar. Immer wieder habe ich Dankbarkeit darüber empfunden, dass er das für uns getan hat.

Dann erklang Sade's "Kiss of Life", gefolgt von Joni Mitchell's "Both sides now". Hier fing unsere Mutter an bitterlich zu weinen und vor lauter Schmerz und Tränen zu zittern. Ich konnte sie wieder beruhigen und habe sie nicht einen Moment losgelassen. Ihr immer wieder gesagt, sie solle mich anschauen, wenn sie nicht mehr kann. Dass ich sie halte, dass ich stark bin für sie.

Dann trug ich vor, was ich Dir noch so dringend sagen wollte.


"Für meine geliebte große, kleine, witzige, liebevolle, warmherzige, schmusige, wundervolle und so unglaublich tapfere Schwester.
Für meine gute, teure und loyale Freundin.
Für meine Vertraute.
Du wirst mir an jedem Tag fehlen.

Ich trage Dein Herz

E.E. Cummings

Ich trage Dein Herz bei mir,

ich trage es in meinem Herzen.

Nie bin ich ohne es.

Wohin ich auch gehe, gehst Du, meine Teure.

Und was auch nur von mir alleine gemacht wird, ist Dein Werk, mein Schatz.

Ich fürchte kein Schicksal, weil Du mein Schicksal bist, mein Liebling.

Ich will keine Welt, weil Du meine Schöne, meine Welt bist.

Meine Liebste, hier ist das tiefste Geheimnis, um das keiner weiß.

Hier ist die Wurzel der Wurzeln

Und die Knospe der Knospen

Und der Himmel des Himmels

Eines Baumes namens Leben,

der höher wächst als unsere Seele hoffen und unser Geist verstecken kann.

Das ist das Wunder, das den Himmel zusammenhält.

Ich trage Dein Herz.

Ich trage es in meinem Herzen."


Dann erklang Philip Glass "Opening". Unsere Mutter und ich gingen nach vorne und zündeten die ersten beiden Kerzen der vielen Teelichter aus der Herz-Formation an.

Dann bedeutete ich allen anderen uns Folge zu leisten. So ging nach und nach jeder nach vorne, zündete eine Kerze an, blieb andächtig vor einem oder zweien Deiner Bilder stehen. Es war irgendwie sehr schön, das zu beobachten.
Das Lied lief durch. Und begann von vorne. Unser Bruder und Mama gingen nach draußen. Ich ging zu ihnen. Dann kam auch schon der Träger mit Deiner schönen Truhe und Dir darin nach vorne.
Uns in den Armen liegend sahen wir stumm zu, wie er mit Dir an uns vorbeizog.

Ich zeigte allen, dass sie Blumen und Seifenblasen mitnehmen sollten.

Dann schloss ich zu Mama und unserem Bruder auf.
Unsere Mutter nahmen wir in die Mitte.

Die Sonne brach hervor.

Langsam schritten wir hinter dem Wagen mit Deiner Urne hinterher.
Nach 30 Metern konnte unsere Mutter die Tränen nicht mehr länger in Maßen zurückhalten.
Tränenbäche strömten aus ihren hübschen Augen. Es ist nicht gut, es ist nicht normal, es ist nicht vorgesehen, dass eine Mutter ihr Kind zu Grabe tragen muß.
So schritten wir hinter Dir her. Bis zu Deiner letzten Ruhestätte.

Unser Bruder nahm seinen Schal ab und legte ihn in die Erde. So auch seine Kravatte.
Dann ließ er Deine Urne mit dem größten aller Schätze in ihr hinunter.
Unsere Mutter legte als erste eine Blume ieder, eine wunderschöne rote Rose.

Unser Bruder und ich legten Dir eine wunderschöne rote Rose nieder, die für Dich immer der Inbegriff als Blume der Liebe gewesen ist.

Unser Bruder und ich gaben Erde auf Deine Schatztruhe. Während wir das taten, knieten wir nieder bei Dir, mein Engel.

Nacheinander legten alle Freunde Blumen für Dich ab. Manche gaben Erde auf Deine Urne.

Dann ertönte Alan Parson's Project "Eye in the sky" - und ich lief drei, vier Meter und fing an Seifenblasen für Dich steigen zu lassen. Nacheinander stimmte jeder darin ein.
Oh Susanne, es war ein Meer aus wunderschönen Seifenblasen.
Die Sonne hat für Dich geschienen in diesem Moment.

Als ich die Augen für einen Moment schloss, sah ich Dein vor Freude strahlendes Gesicht. Tief in mir fühlte ich mich so, als ob Du Dich ganz unglaublich freuen würdest. So habe ich mich immer gefühlt, wenn ich Dich habe herzlich lachen gesehen.

So viele Seifenblasen. Unendlich viele. Sie flogen davon, hoch und höher.

Unsere Mutter und ich gaben Dir unsere Seifenblasen mit in die Erde. Damit Du sie immer steigen lassen kannst, wenn Du willst, mein Stern.


Ich konnte den ganzen Tag lang fühlen, dass Du mit mir und mit uns warst.
Alle haben gefroren in der Halle und auf Melaten. Die Hände aller waren kalt.

Ich habe nicht einen Moment gefroren. So wie vor zwei Wochen in Deinem Krankenzimmer, wo ich Deinen leblosen Körper ein letztes Mal stundenlang gestreichelt habe.
Meine Hände waren warm, ganz warm.
So konnte ich unsere Mutter immer wieder beiholen. Immer wieder wärmen und sie halten. Sie aus ihrer stärksten Trauer holen.

Ich habe in der Trauerhalle und bei Deiner Beerdigung nicht ein Mal geweint.
Anderen Freunden Trost gespendet, sie gehalten und gestützt.


Ich fing erst an zu weinen, als mein Partner und ich spät abends wieder zuhause waren.

Ich habe so geweint und gefleht, dass ich Dich wiederhaben will. Dass ich Dich so sehr vermisse.
Dass ich nie wieder ein grantiges Wort zu Dir sagen will, wenn Du nur wiederkommst.

Ich möchte Dich bitte wiederhaben.
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Meine geliebte Schwester und Freundin Susanne
Du fehlst uns an jedem Tag

18.11.1967
17.02.2008
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