Thema: Mami
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Alt 08.12.2017, 17:51
desireh desireh ist offline
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Standard AW: Mami

Liebes Mami

Schon wieder sind einige Wochen verstrichen und übermorgen sind es schon 2 Monate. Der Schmerz ist aber noch derselbe. Ich denke täglich an dich, manchmal lächle ich dabei und habe eine lustige Erinnerung.

Paris steht nun endlich vor der Tür und ich freue mich auf die nächsten Tage. Ich freue mich auch aufs Disneyland. Bin gespannt auf die Bahnen und werde mich sicher an unsere Zeit dort erinnern. An die Piratenbahn die du zweimal machen musstest, weil ich so ein Angsthase war und das erste mal nicht mitwollte (aber nachher uuuuunbedingt auch drauf wollte, weil der kleine Cousin so begeistert war )

Irgendwie ging es mir diese Woche besser. Auch wenns draussen stürmt und schneit, denke ich an dich. "Hütt gömmer sicher nöd use, es windet!!", und ich schmunzle wieder.

Aber so nah die Freude ist, überkommt mich auch wieder die Trauer. Habe vorhin meine Mails sortiert und eine vom 28.6. gefunden. Am 27.6. haben wir dir die Diagnose erzählt, zusammen mit deiner Betreuungsperson. Es war so ein schöner Sommertag auf dem Balkon. Aber du hast gewusst, dass etwas gar nicht gut ist. Wir haben es dir erzählt, da dein blöder Hausarzt überhaupt keine Empathie hatte. Du hast so schrecklich geweint und ich ich habe nur leer geschluckt. Ich wollte dir keine Angst vermitteln. Ich musste doch für dich stark sein und dich trösten. Mein Freund hatte selber ganz rote Augen und wir haben dir versprochen, dass wir immer für dich da sind.

Der Tag ist nicht einmal sechs Monate her und dein Todestag ist schon fast zwei Monate her... In so einem Moment möchte ich es noch immer nicht glauben. Ich habe deine Nummer noch immer im Handy. Wahrscheinlich denke ich mir, solange "Mami Zuhause" steht, bist du auch noch da.

Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich am Sonntag nicht da bin und dir eine Kerze am Grab anzünden kann. Aber warscheinlich hast du sowieso ganz viele (auch wenn es nur die von deinem sehr jungen Nachbarn sind). Vielleicht bringt dir mein Freund ja eine. Er denkt auch viel an dich.

Shira vermisst dich glaub auch fest. Sie darf ja nicht in den Friedhof rein, aber wartet immer ganz brav vor dem Tor. Als wüsste sie, dass sie jetzt nicht rumjaulen sollte.


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Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
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Mami, nicht-kleinzelliger Lungenkrebs
28.8.1950-10.10.2017

Papi, Prostatakrebs
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