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Alt 24.03.2009, 23:47
Hans75 Hans75 ist offline
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Registriert seit: 24.02.2008
Beiträge: 5
Standard Papa ist jetzt ein Jahr tot

Hallo,

vor gut einem Jahr habe ich das erste Mal hier geschrieben:
http://www.krebs-kompass.org/forum/s...ad.php?t=31369

Leider hatte ich nur Gelegenheit für eine handvoll Beiträge. Mein Papa ist zwei Wochen später gestorben.
Ich hatte lange Zeit nicht die Kraft darüber zu reden, oder hier im Forum weiterzuschreiben und auch jetzt fällt es mir wahnsinnig schwer über den Verlust meines Vaters zu sprechen.
Ehrlich gesagt habe ich noch mit niemanden wirklich! darüber gesprochen. Es war für mich das schlimmste Erlebnis meines Lebens.
Am Wochenende war Jahrmesse und ich habe meinen kleinen Altar mit Bild und Andenken meines Vaters abgebaut und habe jetzt ein Bild von ihm in meinem Zimmer hängen.

Leider kann ich nicht viel positives über den Krankheitsverlauf erzählen. Es ging alles sehr, sehr schnell. Ende November die Diagnose Lungenkrebs und Anfäng März ist er gestorben.
Am meisten zu schaffen gemacht hat ihm die Chemotherapie. Er hat von Anfang an sehr, sehr heftig darauf reagiert mit Übelkeit, Schlappheit, gegen Ende konnte er nur noch im Krankenhaus liegen und schaffte es, wenn überhaupt noch, alleine zur Toilette. Dann hatte er auch noch ein Loch in der Speiseröhre, ein Stand wurde gesetzt. Das war schon in der vorletzten Woche.
Ich glaube, er hat sich immer dagegen gewehrt krank zu sein. So konnte die Behandlung nicht anschlagen. Er hat bis zum Ende davon geredet wieder nach Hause zu gehen, einen Motorradurlaub mit mir zu machen, ans Nordkap zu fahren, er wollte sich sogar noch im Krankenhaus einen neuen BMW kaufen, er war da noch total klar im Kopf. Er hat sich nie mit der Krankheit abgefunden.
Dann wurde er immer müder, schlief immer längere Zeit, war immer weniger Ansprechbar... Phasen der Klarheit wechselten ab mit Desorientierung.
Ich war so oft ich konnte bei ihm, saß einfach nur Stundenlang an seinem Bett wenn er schlief. Die letzten 3 Tage verbrachte ich bei ihm im Krankenzimmer.
Wir haben nie über seinen Tod geredet, wir haben nie darüber geredet, dass er vielleicht nicht wieder gesund werden wird. Ich wollte das Thema nie ansprechen, da er immer vom Leben geredet hat. Und er wollte mir wahrscheinlich einfach nicht weh tun. Es war ok so.
Er wußte ich bin für ihn da. Immer bin ich für ihn da.
Dann kamen die letzten Tagen. Es war seltsam, ein schleichender Tod, er war immer weniger klar im Kopf. Aber sogar am letzten Tag versuchte er nocheinmal aufzustehen, wollte nach Hause gehen! Schaffte es nocheinmal sich im Bett aufzurichten, wir halfen ihm kurz auf die Beine und dann sank er wieder zurück... Er wollte nie aufgeben

Ich bin grade nur noch heulen, wenn ich diese Zeilen schreibe... das für mich schönste an dieser Zeit war, dass sich meine Eltern, die lange geschieden sind, noch zweimal getroffen haben. Einmal als es meinem Vater noch recht gut ging.
Das zweite Mal war ein Tag vor seinem Tod, meine Mutter hat ihm einen schönen Stein mitgebracht und ihm diesen in die Hand gedrückt. Er muss es irgendwie mitbekommen haben, denn später in der Nacht fragte er mich in einer kurzen Wachphase nach meiner Mutter und wollte diesen Stein wieder haben... er hat ihn mit ins Grab genommen.

Dann fingen seine Organe an zu versagen... ich möchte da garnicht ins Detail gehen, es war teilweise kein schöner Anblick, aber die Medikamente haben ihm die meiste Zeit geholfen ruhig zu sein und keine Schmerzen zu spüren.
So starb er Sonntags Punkt 12 Uhr, der Atmen wurde schwächer, die Pausen dazwischen länger... ich hab das Bild immer noch vor Augen als sei es gestern gewesen.

Ich war auch danach lange bei ihm, ich glaube ich war ncoh drei Stunden an seinem Bett und konnte nicht aufhöhren zu weinen. Nach und nahc kamen die wichtigsten Verwandten um sich zu verabschieden und ich verließ als letzter das Zimmer...

Er lag so ruhig da, seine Haut fühlte sich so kalt an... aber er war zufrieden, es war vorbei.

Es war mein persönlicher Wunsch ihn offen aufzubahren, so konnte jeder der es wollte, nocheinmal persönlich von ihm Abschied nehmen. Auch ich hatte so noch Zeit. Ich war die nächsten Tage jeden Tag und jeden Abend einige Zeit in der Leichenhalle bei meinem Papa und redete mit ihm. Er lächelte mich immer an.


Ich kann nicht sagen, dass ich den Tod meines Papas, jetzt, ein Jahr später, überwunden habe. Das hängt sicher auch mit anderen Faktoren zusammen: ich bin leider mit meiner Stiefmutter in eine Erbauseinandersetzung geraten, die den Tod von Anfang an überschattete.
Aber es ist jetzt auch das erstemal, dass ich mich nocheinmal so detaliert an die Tage damals erinnert habe... und es hat gut getan.

Ich wünsche allen Hinterbliebenen, dass ihr gut mit eurem Verlust umzugehen lernt. Ich bin der festen Überzeugung, wir sehen uns alle wieder. Ich werde meinem Papa wiedersehen, meine Oma, meine Katzen. Und ich bin mir auch sicher, dass diese immer auf uns herabsehen und bei uns sind.
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