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Alt 05.03.2015, 04:24
anjin_san anjin_san ist offline
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Standard Ein guter Freund hat es nicht geschafft...

Vor über zwei Jahren, ich erhielt meine Diagnose und wurde in die Klinik eingewiesen, teilten wir ein Zimmer. Er war es, der mich damals aufrichtete und mir Mut zusprach. Ohne ihn hätte ich die schwere Zeit weniger gut durchgestanden. Und das obwohl er zu der Zeit schon einiges durchgemacht hatte. Man hatte bei ihm ursprünglich eine fehlerhafte Diagnose gestellt und behandelte ihn mit Chemo auf Lungenkrebs. Dabei hatte er ein Lymphom und eine sekundäre AML. Nach 1,5 Jahren wurde das erkannt. Er erhielt die nächste Chemo sowie zwei Transplantationen (Eigenblut und Zwillingsbruder). Aufgrund der falschen Diagnose hatte der Krebs bereits gestreut und die Nieren versagten. Der Tumor am Brustbein und den in der Wirbelsäule bekamen die Ärzte in den Griff. Auch die Leukämie wurde erfogreich bekämpft. Nach einer Weile funktionierten sogar die Nieren wieder. Dann kam der nächste Rückschlag. Knochenkrebs im Kniegelenk. Auch der wurde erfolgreich behandelt. Aber der Krebsindikator, die Leichtketten, blieben hoch. Bis Mitte Januar 2015 sah es recht gut aus. Die Leichtkettenwerte sanken. Nicht sehr schnell aber doch in hoffnungsvolle Bereiche. Erreicht wurde dies mit weiteren Chemos.

Januar 2015 kam dann der nächste Rückschlag. Er wurde mit Schmerzen in der Brust und Atemnot eingeliefert. Die Leichtketten waren wieder explodiert und es hatte sich ein Tumor in der Brust und einer am Hinterkopf gebildet. Auch der Knochenkrebs war zurück. Der hatte nun die Hüfte befallen. Die Chemo die dann folgte sollte die Leichtketten reduzieren. Mitte Februar machten die Ärzte eine weitere Chemo von der Entwicklung der Blutwerte abhängig. Letzte Woche wurde Blut abgenommen und diese Woche sollte die Entscheidung fallen, wie die Behandlung fortgeführt wird.

Doch dazu kam es nicht mehr. Am Freitag wurde er erneut eingeliefert, da es ihm nicht gut ging. Es wurde festgestellt, dass seine Stammzellen kaum noch Blut produzieren. Die Ärzte konnten kaum noch etwas tun. Vor wenigen Stunden rief mich seine Frau an.

Mir geht es gerade nicht gut. Irgendwie fehlen mir gerade die Worte. Deswegen schreibe ich hier einfach was ich gerade denke. Wir wollten noch eine Runde mit meinem Roadster drehen und abends bei einem Glas Whisky quatschen. Aber entweder lag er oder ich in der Klinik oder wir kämpften mit irgendwelchen Nebenwirkungen der Chemos. So kam es nie dazu. Und nun ist es zu spät. Ich brauche hier in diesem Forum nicht von Schicksal oder Pech und ähnlichen reden. Jeder der hier mitliest weiß wie gefährlich Krebs sein kann. Oft ist es Glück, wenn man ihn übersteht. Meine Frau sagt, er schaut jetzt von oben auf uns. Mir hilft das nicht. Ich glaube nicht an Gott oder ein Leben nach dem Tod. Ich denke, er lebt in unseren Gedanken weiter. Er wird mir fehlen.

Er war ein guter Mensch. Mit Mitte vierzig hinterlässt eine Frau und eine Tochter.
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