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Alt 06.03.2013, 08:35
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: Papa, bitte trag mich zurück ins Leben

Liebe Gina,
ich kann Dich sehr gut verstehen - ich hatte die gleichen Gedanken...
Ich war zwar in der letzten Nacht bei meiner Mami, war bei ihr als sie starb, aber in den Nächten davor habe ich sie alleine gelassen im Hospiz.
Und es war genauso wie bei Euch - ich hätte nicht damit gerechnet, dass es so schnell geht... Sie hatte den Tag wie üblich im Rollstuhl verbracht, sie hat fast normal gegessen - die meisten anderen Bewohner des Hospizes haben das Bett überhaupt nicht mehr verlassen, da dachte ich, wir haben noch mehr Zeit, dachte, ich muss mir meine Kraft noch einteilen...

Und genau wie ihr habe ich mich auch gescheut von einem "normalen" Ablauf abzuweichen, weil ich befürchtet hätte, meiner Mami damit Angst zu machen.

Ich habe mich sehr lange mit diesen Gedanken gequält - inzwischen habe ich mich halbwegs damit arrangiert, dass wir (wir beide - meine Mami und ich) das eben so gut gemacht haben, wie wir es konnten. Das, was ich eigentlich gewollt hätte (meine Mami retten, ihr alles Leid ersparen), konnte ich leider nicht...

Dass am Anfang die Erinnerungen an die Krankheit übermächtig sind, war bei mir auch so - viele Nächte habe ich geträumt, dass meine Mami krank ist und ich nicht helfen kann... Mit der Zeit ändert sich das und die Erinnerungen an den gesunden Menschen werden stärker...

Und dass Du herzlos bist, brauchst Du sicher nicht zu befürchten - im Moment bist Du noch wie betäubt, das ist glaube ich eine sehr sinnvolle Schutzfunktion der Seele... Du wirst noch viel trauern und weinen, es wird immer wieder Wellen geben.

Es ist sehr viel, was jetzt zu verarbeiten ist, ich wünsche Dir viel Kraft und hoffe, Deine Mama und Du könnt Euch gegenseitig ein bißchen helfen.
Alles Liebe,
Anja
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