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Alt 20.12.2003, 09:02
Gast
 
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Standard Verstorbene standen am Bett meines Papas

Hallo Faith,

mir ging es ähnlich wie Dir. Ich hatte auch so große Angst davor, wenn es mal bei meiner Mutti soweit wäre. Der Tag kam, war zwar heftig, aber er verlief nicht so dramatisch, wie ich es mir vorstellte. Ich betrat das Zimmer der Intensivstation, mein Vater saß neben Muttis Bett. Ich sah sie, plötzlich hörte ich auf zu weinen: "sie ist ja gar nicht mehr da drin" war mein erster Satz. Für mich sah es so aus, als ob die Maschinen einen bereits verlassenen Körper "am funktionieren" hielten. Von "Leben" konnte ich bei ihrem Anblick nicht sprechen.
Auch ich hatte dieses Herzrasen, die Schwindelgefühle. Und als ich zu ihr gesprochen hatte, während ich ihre lauwarme, fast kalte Hand hielt, hab ich oft an die Zimmerdecke geschaut.
Ich hatte das Gefühl, daß sie alles eher aus dieser Richtung beobachtet, mitbekommt.
Sie hatte bereits morgens einen Herzstillstand, wurde reanimiert, war nur für Sekunden ansprechbar, dann fiel sie ins Koma.
ich sagte noch zu meinem Vater: "ich glaube, sie ist heute morgen schon raus, sie ist gar nicht mehr da!"
Was auch noch seltsam ist:
ich erkannte sie nicht, ihr Gesicht war irgendwie so entstellt.
Sie war mir so fremd.
Wenn ich mich an ihren Anblick an ihrem Todestag erinnern möchte, kann ich es irgendwie nicht mehr. Ich kann mich nur noch an Details erinnern, aber nicht mehr an das ganze Gesicht. Komisch. Meinem Vater und meiner Schwester geht es genauso.
Wenn ich mich an sie erinnere, dann so, wie sie früher, vor ihrem körperlichen Verfall aussah.
Wieso ist das so? Ein Schutzmechanismus? Der Anblick im Krankenhaus war grauenvoll, ich hatte Angst, mich nur an dieses Bild von ihr zu erinnern. Aber nichts davon.
Diesen Frieden, den Du beschreibst, den habe ich auch gefühlt.
Das ist wirklich schwer zu beschreiben. Dieser unendliche Frieden...ich hatte sogar das Gefühl, mit mir selbst und mit der ganzen Welt "im Reinen" zu sein. Ganz komisch.

Liebe Grüße von
Christel