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Alt 15.07.2010, 21:11
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Ich hatte mit Katrin im September gewettet das ich schneller als sie 5 Kilo abnehme. Sie hat mit unfairen Mitteln gewonnen. Das war einfach nicht richtig. Ich finde das müssten wir ausdiskutieren. Außerdem bin ich nie dazu gekommen meinen Wetteinsatz einzulösen. Heute habe ich es endlich geschafft und die fünf Kilo sind gepurzelt. Liebling, du kannst stolz auf mich sein und wenn es korrekt zugegangen wäre hätte ich jetzt gewonnen. Kuss und Klaps, Schatz!

In der Familie war Katrin für alle Huddi. Ich glaube Ihr jüngerer Bruder hat Sie als Kleinkind Huddi gerufen und das gefiel allen und wurde gepflegt. Katrin mochte Ihren Zweitnamen. Wir hatten eine Menge Kosenamen füreinander und zwar passend zu jeder Lebenslage. Viele habe ich auch schon wieder vergessen. Wenn Sie mir aus dem Bad zurief Schatz ich wiege ein Kilo weniger sagte ich zu Ihr, toll Pummelchen. Wenn ich Sie verwöhnte, neckte ich Sie mit, möchte die olle reiche Tante (insider), die sich übrigens sehr gut gehalten hat und die sich im besten Haus der Stadt auch mal was junges knackiges gönnt vielleicht eine Fussmassage. Wenn ich sang war ich Paolo. Paolo singt schrecklich. Naja, und so weiter. Alles verrate ich euch nicht. Die anderen behalte ich für mich.

Ich war am Rheinufer spazieren. Hätte ich mal besser sein lassen. Heute Abend wird gefeiert. Überall Party. Mädels rausgeputzt und in Flirtlaune, Pärchen händchenhaltend, gute Stimmung und jede Menge Lärm. Ich konnte es kaum aushalten. Ich bin so froh wieder daheim zu sein. Ich gönne heute Abend niemand Spaß. Ich wünschte der Rhein würde über das Ufer treten und alles und alle wegspülen. Die Verliebten, das Lachen, der Lärm, mein Neid und mein beschissenes Leben.

Im September lösten wir Katrins alte Wohnung auf. Ihr Bruder half mit. Katrin wohnte bereits zwei Monate mit mir zusammen und war nur ab und zu in Ihrer Wohnung in Laubenheim. Die Wohnung sah schon recht auseinander gepflückt aus. Es war ja auch nur noch Lagerraum. Ihr Bruder gab einen dummen Kommentar ab und machte den Fehler sich zu wiederholen. Mein Schatz ging auf Ihn los. Ich glaube am liebsten hätte Sie ihn die Treppe runtergestoßen. Wenn Ihr jemand dumm kam wußte Sie sich zu wehren. Der Bruder tat mir Leid aber er hatte eine Abreibung verdient. Der Vater und ich standen mit offenen Mündern daneben und dachten wohl beide wenn ich mich einmische reißt mich der Orkan mit. Sie konnte so unglaublich temperamentvoll sein. Sie beruhigte sich, wollte ihn aber nicht mehr in Ihrer Nähe haben. Ihr Bruder verschwand für fünf Minuten vor die Tür und kam dann wieder um mit Katrin über den Vorfall in Ruhe zu sprechen. Für Katrin war die Angelegenheit erledigt und wollte einfach nicht mehr mit Ihm reden. Weil er nicht verstand, forderte Sie ihn abermals auf zu gehen. Der Vater intervenierte und Sie beruhigte sich wieder. Ihr Bruder konnte Sie leicht in Rage versetzen. Er ist ganz in Ordnung. Die beiden hatten wohl nicht viel gemeinsam und Katrin fand Ihn nervig, mochte Ihn aber letzlich doch. Sie schimpfte zwar immer wieder über Ihre Familie aber brauchte deren Halt. Über Ihren jüngeren Bruder habe ich Sie nie etwas schlechtes sagen hören. Er war Ihr Liebling. Es war nur traurig das er als es Katrin so schlecht ging in Australien war. Das ist kein Vorwurf. Niemand von uns wußte was uns erwartet. Katrin freute sich immer über Nachricht von ihm und berichtete mir gleich.

Ich habe mir eine Musik-CD gekauft. Das Beste von Rio Reiser. Auf meinem Weg zum Saturn bin ich durch eine Einkaufspassage gekommen. An einem Eisstand wartete ein junges Mädchen. Sie war gekleidet wie Katrin. Sie trug ein Lieblingsoutfit von meinem Schatz. Jeanshemd, schwarze Leggins und schwarze Snickers mit weißen Sohlen. Die Haare trug sie nach oben gesteckt, war auch noch blond und hatte in etwa dieselbe Figur. Alles stimmte. Das Gesicht konnte ich nicht sehen. Ihrer Größe nach vielleicht gerade mal 16 Jahre alt. Katrin sah umwerfend aus in Ihren Sachen. Ich sehe immer wieder Frauen die in der Hitze wie in den letzten Tagen Leggins tragen. Das muß doch kaum auszuhalten sein. Katrin wollte gut aussehen aber sich wohlfühlen. So verrückt, wie die, war Sie nie.

Wenn ich mich auf einen Flirt einlasse was würde ich sagen? ... Was willst du von mir? Möchtest du eine starke Schulter zum ausweinen? Händchenhalten, jemanden mit dem man über alles reden kann, gemeinsam sein, eine eingeschworene Gemeinschaft; kein Ärger, kein Frust, kein Stress, keine Angst weil du da bist; alles bewußter erleben, weil zu zweit; der Alltag wird zum Abenteuer. Vielleicht willst du auch nur Spaß und Sex. Du mußt dich schon mitteilen. Ich bin nicht zynisch, mir passiert auch Gutes, die Frage ist nur wann, nein, es ist ganz einfach so das ich schon 41 bin und vielleicht nicht mehr lange lebe. Weißt du es gibt Leute die sterben noch viel jünger. Meine Frau, Katrin ist Ihr Name, hatte Gebärmutterkrebs. Hast du eine Ahnung was das bedeutet. Sie ist Tod und ich allein und das bleibe ich. Danke für dein Interesse! P.S. Vielleicht bin ich doch zynisch.

Ich wurde nett angelächelt, höflich eingeladen der Dame ein paar nette Worte zu sagen als Auftakt für das erste Date. Sie fragt sich immer noch ob der Typ eine nette Stimme hat. Es nervt und ich bin über mich selbst verärgert wenn ich so kindische, verlegene Rollenmodellversuche wahrnehme.

Wenn ich durch die Straßen in Mainz laufe und die Menschen beobachte frage ich mich immer wieder was ist bei euch los. Wüßten wir alle von unseren Tragödien müßten wir uns den ganzen Tag in den Armen liegen und weinen.

Ich weine um Dich mein Schatz.

Der Tod Katrins ist nicht umkehrbar. Ich muß damit leben und fühle mich schlecht wenn ich mich freue. Irgendwann werde ich mich wieder freuen ohne ein schlechtes Gewissen zu haben und Sie wird es verstehen. Sie war dem Leben zugewandt und hätte nicht gewollt das ich mich vergrabe. Ich vermisse Sie aber so unglaublich und Sie nie mehr an meiner Seite zu wissen, nicht zu wissen wie es Ihr geht, nie mehr Ihr ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern, Ihren entzückenden Mund zu küssen, Ihr eine Strähne hinters Ohr zu streichen, Ihr ins Ohr zu flüstern, ich liebe Dich macht mich traurig und läßt nur wenig Freude zu.

Genau vor einem Jahr wurde bei Katrin die Wertheim-OP durchgeführt. Ich weiß noch wie tapfer Sie war und wie wir uns verabschiedeten. Sie hatte so einen Kittel, der hinten offen war an und ich durfte Ihr die Schleife binden. Ich machte Ihr noch ein Kompliment dann waren auch schon die Schwestern da. Das Zimmer auf Station erschien mir als sie Sie herausgeschoben hatten Richtung OP-Saal auf einmal riesig. Ich kam mir so verloren vor. Ich konnte nichts tun, nur abwarten.

Geändert von gitti2002 (03.11.2016 um 23:28 Uhr)
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