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Alt 30.07.2002, 08:57
Gast
 
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Standard Hilflose Helferin

Hi Marlies,
weiss schon, wie Du's meinst mit dem "Heim".
Trotzdem: Du kannst als Krebspatient offenbar "stecken" wo Du willst, ... Du bist umgeben von "Laien" und "Nichtsahnenden" Menschen. Das ist jetzt vielleicht wieder mal krass ausgedrückt von mir, hat aber sehr viel Wahres.
Sag doch mal ehrlich: Würdest DU Dir wünschen, in so einer Situation, wo Du unheilbar krank bist, von Pflegern umwimmelt zu werden, die keine Ahnung davon haben, WIE sie mit Dir umgehen müssen?
Das passiert Dir auch in stinknormalen Krankenhäusern, ehrlich!

Das ist ja das Dilemma unserer Gesellschaft. Wir sind einfach nicht fähig, mit Schwerkranken und dem Tod umzugehen, weil der Tod für uns ein ewiges Tabuthema bleibt. Also baut man Sterbehospize, wo Menschen sind, die sich darauf spezialisiert haben. Das hat ja irgendwie auch sein Gutes, ja, aber andererseits ... ist dies dann nicht bloss eine reine "Abschieberei"? Die Sterbenden zu den Sterbenden, ... so wie wir es mit den Alten machen: Die Alten zu den Alten!
Du bist in dieser Gesellschaft halt einfach abgeschrieben, wenn Du nicht mehr der "Norm" entsprichst!
Genau so geht's mit den Krebskranken. Die Krebskranken zu den Krebskranken. (Tumorkliniken, hm?) Und von den Menschen, die AIDS haben? Das gleiche!
Wir sollten endlich mal umdenken, und lernen, Krankheit und Tod in unser "gesundes" Leben mit einzubeziehen. Wovor haben wir bloss solche Angst? Ist doch lächerlich!

Das sind nun mal jene Dinge, Marlies (ich bin nicht wütend auf Dich, sondern auf diese Tatsache, gell?), die ich als Betroffene immer wieder sehe und erleben muss. Ich bin nämlich in dieser Gesellschaft nichts wert, wenn ich nicht so funktioniere, wie es von mir erwartet wird. Den Gedanken an den Tod, oder dass ich sterben könnte, wird völlig verdrängt. Man sieht - aus medizinischer Sicht - bloss meinen Körper und den Krebs, ob er weg ist oder nicht - und je nach Körpersituation werde ich demnach bereits in ein "Schema" gedrückt. Wenn ich "gesund" bin, habe ich weiter so zu funktionieren, und wenn ich "krank" bin, ... habe ich gefälligst NICHT zu sterben!
Aber wenn wirklich alles nichts mehr nützt, erst wenn man sieht, dass das Sterben unausweichlich wird, ... dann ist jeder völlig hilflos und weiss gar nicht, wie er damit umgehen muss.
DA ist die Lücke!

Ich finde, jeder, der zumindest einen Pflegeberuf ausübt, sollte diesbezüglich lernen, wie man mit Krankheit und dem Tod umgeht. Aber woher sollen diese es lernen, wenn schon nicht mal die Ärzte, Professoren, Lehrer, Vorgesetzten es wissen?
Die verdrängen dies in der Regel genau so, denn alles ist ja nur immer auf das Leben ausgerichtet und konzentriert. Das ist ja auch gut so, denn das Leben ist Leben, ... aber der Tod und das Sterben gehören genau so dazu!

So, jetzt habe ich wieder mal meinen "krassen" Dampf abgelassen.

Kado? Bitte melde Dich doch noch mal. Ich bin nicht wütend auf Dich, okay?
Stell ruhig Fragen hier. Denn wenn Du keine Fragen stellst, kann ich Dir nicht versuchen zu helfen!

Liebe Grüssli
von der "krassen" Brigitte
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