Hallo Stina,

mein Vater erhielt in den letzten Wochen seines Lebens, die er leider auf einer Intensivstation verbringen musste, immer mal wieder und dann vor allem zum Ende hin Morphine. Die Ärzte sagten uns es handele sich um Präparate die sogar noch viele hundert Mal stärker seien als Morphium und dass diese Mittel den Patienten ganz sicher die Schmerzen nimmt. Aber nicht nur das: es würde auch Ängste nehmen und ein wohliges Gefühl geben. Das zunehmende multiple Organversagen führte sicher auch mit dazu dass mein Vater sich in den letzten Tagen nicht mehr rührte, die Augen nicht mehr öffnete, wie im Koma (war es ja auch) da lag. Er konnte nicht reagieren. Inzwischen habe ich jedoch viel über Koma-Patienten gelesen und glaube verstanden zu haben, dass man heute den Begriff "Bewusstsein" auch in der Medizin sehr viel differenzierter sieht. Die Tatsache dass ein Mensch keine messbaren Reize oder Reaktionen zeigt heisst eben nicht, dass er nicht empfinden kann.... Das habe ich als sehr tröstlich empfunden. Ich stelle mir vor, dass mein Vater sich da schon auf einer ganz anderen Ebene befunden hat. Er war schon auf eine Art weit weg.... aber dass keine Reaktion kommt heisst ja nicht, dass er nicht mehr empfunden hat dass man da ist.

Bei Dir ist das ja nun alles noch ganz frisch. Mein Vater ist am 13.6. gestorben. Ich habe in den ersten Wochen wie besessen im Internet geforscht und gelesen und in Foren nachgefragt, mir die Unterlagen aus dem KH besorgt usw.. Man wird ja nie eine Gewissheit haben wie es unsere Lieben empfunden haben, aber ein gewisses Bild kann ich mir jetzt schon machen (vielleicht habe ich mir dieses Bild auch selbst geformt, auf jeden Fall empfinde ich es jetzt als tröstlicher als unmittelbar nach dem Erlebnis).

Ich wünsche Dir viel Kraft für die nächste Zeit.

Kerstin