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Alt 26.01.2005, 17:57
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Standard 1. Niere raus, 2. Niere nun auch befallen. HILFE !

Hallo Manu,

zuerst einmal: Ich habe keine eigenen Erfahrungen mit dem Leben an der Dialyse. Aber ich stand 2002, nach der Entfernung meiner linken Niere und einem weiteren Tumor in der rechten Niere, vor der gleichen Frage (ich denke, auch wenn meine zweite Niere noch teilweise vorhanden ist, und ich momentan noch ohne Dialyse auskomme: Bei einem metastasierenden Nierenzellkarzinom kann es jederzeit passieren, dass irgendwann meine rechte Niere auch raus muss).

Für mich war damals auch der Gedanke an die Dialyse unfassbar.

Dann habe ich eines gemacht: Ich bin "in die Höhle des Löwen" gegangen. Ich wollte Informationen aus 1. Hand.

Ich wollte sehen, WAS da WIE gemacht wird. Und ich wollte mit den Betroffenen selbst reden.

Ich habe seinerzeit hier bei uns in der Dialysestation KEINEN einsamen Menschen gefunden. Ich habe NUR Menschen gesprochen, die froh und dankbar waren, dass es die Dialyse gibt. Menschen, die dankbar waren, dass sie WEGEN der Dialyse noch leben, weil es die Dialyse gibt.

Die Patienten in dem Dialysezentrum kennen sich alle untereinander und sagten, sie wären fast wie eine eigene kleine Familie. Weil man sich ja immer wieder sieht. Der eine liest, der andere sieht fern, einer strickt oder macht sonst etwas W Ä H R E N D der Behandlung mit der Maschine. Manch einer schläft auch.

Natürlich war es damals und ist es auch heute für mich (und sicherlich für keinen anderen) erstrebenswert, Dialysepatient zu werden. Und auch bei mir hat es (nach den Besuchen im Dialysezentrum) einige Zeit gedauert, bis ich für mich akzeptieren konnte: Wenn es für mich in Frage kommen sollte, werde ich diese Therapiemöglichkeit annehmen und durchführen.

Natürlich ist sie mit Unannehmlichkeiten verbunden: Eingeschränkte Flüssigkeitszufuhr, Diät, Abhängigkeit von der Maschine (auch im Urlaub) etc. (Übrigens hat gerade zum letzten Punkt mir ein Patient gesagt, wie er das handhabt: So ein Urlaub läßt sich ebenfalls planen. Er sucht sich von daheim die entsprechende Dialysestation am Urlaubsort aus, nimmt Kontakt auf - und dann geht am Urlaubsort alles so weiter wie daheim. Und die Familie kann weiterhin ihren Urlaub machen.)

Natürlich darf man nicht vergessen, dass über allen Dialysepatienten eine grosse Hoffnung schwebt: Die Spenderniere, und damit die Nierentransplantation. Hier müssen wir Tumorpatienten realistisch sein: Wir kommen erst auf die Warteliste, wenn wir einige Jahre absolut tumorfrei sind. Und wenn ich die Ärzte damals richtig verstanden habe, würde es Probleme geben mit dem Immunsystem nach einer Transplantation. Man würde dem Patienten Mittel geben, die das "Abstoßen" des Transplantats verhindern sollen (sogenannte Immunsuppressiva) - nur geht dadurch das Immunsystem völlig in den Keller. Und das könnte dazu führen, dass das Metastasenwachstum "explodiert". Wie gesagt: Mir wurde das damals von mehreren Ärzten so gesagt.

Und trotzdem ist meine Devise: Meine (Rest-) Niere rechts so lange wie möglich zu erhalten. Bislang stimmt auch meine Nierenfunktion (ist bereits bei Deiner Mutter eine Kreatinin-Clearance durchgeführt worden ??? - ggfls. welcher Wert kam dabei raus? Diese Untersuchung, sofern sie bisher nicht durchgeführt worden ist, ist extrem wichtig, denn nur dieser Wert gibt definitiven Aufschluß über die Nierenfunktion, und NICHT das Serum-Kreatinin !!). Und ich weiß, daß vielleicht irgendwann (früher oder später) auch für mich die Frage Dialyse Ja oder Nein gestellt wird.

Die Antwort heißt dann: Leben oder nicht. Ja oder Nein. (So hart wie das jetzt auch für Dich klingen mag - aber genau DAS habe ich damals in der Dialysestation immer wieder von den Patienten gehört: OHNE Dialyse würde ich heute nicht mehr leben.)

Übrigens gibt es auch die Möglichkeit (wenn es räumlich machbar ist) nach einer gewissen Zeit der Dialyse-Eingewöhnung zu Hause in den eigenen 4 Wänden zu dialysieren, wenn man dementsprechende Hilfe (ggfls auch Laien, die angelernt würden)hat. Damit könnte man dann die Zeiten der Dialyse flexibel halten: z.B. nachts dialysieren, um tagsüber nicht an die Maschine zu müssen.

Aber wie gesagt: Oberstes Ziel für mich ist die Erhaltung meiner rechten Niere - so lange wie eben möglich. Und dies sollte m.E. auch (wenn die Nierenwerte Deiner Mutter stimmen) und nicht zu starkes Tumorwachstum vorhanden ist, Euer Ziel sein. Vielleicht läßt sich die Dialyse nicht auf immer und ewig hinausschieben, aber jedes Jahr ohne Dialyse ist sicher ein Jahr mit mehr Lebensqualität.

Vielleicht läßt sich herausfinden, WOVOR Deine Mutter Angst hat - vielleicht lassen sich die Ängste mildern, wenn man weiß, wovor man Angst hat. Und vielleicht kann man sich dann genau dazu in einer Dialysestation mit einem Nephrologen, mit Patienten etc. genau über diese Ängste unterhalten. Meiner Erfahrung nach bringt es nichts, Ängste zu leugnen, zu unterdrücken oder zu verdrängen. Häufig hat man Angst, weil man sich "vorstellt, wie schlimm alles ist" - ohne genau zu wissen, was im Detail auf einen zukommt.

Mir hat damals geholfen, was mir unser "Landarzt" gesagt hat: Tun Sie alles, um Ihre Niere zu erhalten. Genießen Sie diese Zeit. Und informieren Sie sich trotzdem beizeiten. Und wenn es dann einmal soweit sein sollte, werden Sie vielleicht auch dankbar diese Errungenschaft der Medizin annehmen können und Ihre Angst vor der Maschine im Laufe der Zeit verlieren.

Ich wünsche Deiner Mutter trotzdem, dass sie ihre Niere, notfalls auch mit Untertützung von "entwässernden Medikamenten" (1. Weg VOR Dialyse - auch eine Empfehlung meines Hausarztes) erhalten kann.

Alles Gute für Euch

Jürgen

N.B.: Untenstehend noch ein Link, der einiges an Informationen bietet.

Noch eine N.B.:
Auch ich durfte damals, obwohl ich 1-Bett-Zimmer und Chefarztbehandlung als Privatpatient hatte, nach meiner Thermoablation (ein ähnlich minimal invasiver Eingriff wie das Lasern) 2 Tage nach der Behandlung nach Hause. Das ist also nichts Ungewöhnliches.

http://www.nierenbuch.de/6_dialyse/5...emodialyse.htm
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