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Alt 07.03.2010, 21:57
sami sami ist offline
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Standard AW: Mutter-Kind-Kur , Kind als Begleitung ?

Hallo Doris,

Sei versichert, daß alle diejenigen, denen vergleichbares wie Dir wiederfahren ist, Dich bestimmt nicht merkwürdig finden.
Ich bekam im Januar 2007 meine Diagnose: TD2,5mm, Clark-Level 4. Die Welt ist über mir zusammengestürzt. Obwohl ich schon vorher ziemlich zurückgezogen gelebt hatte, habe ich mich nach der Diagnose noch mehr zurückgezogen. Alle Gedanken drehten sich ab diesem Ereignis um das sch.. Melanom. Das hat mir psychisch und körperlich doch ziemlich zugesetzt. Meine Ärzte in der Uniklinik, in der ich an einer Studie zum Interferon teilgenommen hatte, habe ich ziemlich gefordert. Sobald es an und in meinem Körper irgendwo gepiekt oder gejuckt hatte, bin ich bei den Ärzten wegen "Metastasenverdacht" auf der Matte gestanden. Eine Ärztin hat mir sogar mal bescheinigt, daß ich bis heute der auffälligste Patient in ihrer Karriere gewesen wäre. Selbst heute bei der normalen Nachsorge werde ich von den Mitarbeitern der Sonografie noch sofort erkannt.
2007 haben mich die Onkologen der Uniklinik zweimal sogar in die Psychiatrie geschickt. Mir wurde dringend zu einer Psychotherapie geraten. Parallel dazu wurde ich mit leichten Antidepressiva behandelt. Das sollte während einer Interferontherapie sowieso in erwägung gezogen werden. Ich war dann die erste Zeit beim psychosozialen Dienst des Südwestdeutschen Tumorzentrums zu einem wöchentlichen Gespräch. Irgendwann habe ich dann endlich einen Platz bei einer Psychoonkologin gefunden. Für die "Spielchen" (irgendwelche Dinge vorstellen, Klopftherapie, ...) während der Therapie war ich nicht unbedingt der geeignete Patient. Wir haben dann einfach immer viel geredet.

Und heute? Mit einem gewissen Abstand zur Vergangenheit, kann ich heute sogar ein wenig erleichtert über das erlebte schmunzeln. Ich habe verstanden, was psychosomatische Beschwerden sind. Ich habe meine Lebensfreude wiedergefunden, oder besser gesagt, ich habe für mich den Begriff Lebensfreude neu erfunden. Ich sehe viele Dinge anderst als früher und habe meine Lebensziele neu definiert. Viele Dinge sehe ich nicht mehr so verbissen wie früher ("Wie`s kommt, kommts eben"). Das hätte ich mir vor drei Jahren nicht träumen lassen, daß es mir mal wieder so gut geht. Ich habe sogar wieder eine Lebenspartnerin gefunden, die ich letzten Dezember sogar geheiratet habe.

Das Forum und die lieben Rückmeldungen von Gleichgesinnten haben mir sehr geholfen. Ich hatte nur den riesen Fehler gemacht und zuviel über Einzelschicksale gelesen. Ich habe dann automatisch Krankheitsverläufe anderer auf mich zu übertragen versucht. Mittlerweile weiß ich aber: Beim Melanom kann alles - muß aber nicht. Klar, ich habe heute "erst" drei Jahre hinter mir. Ich blicke aber positiv in die Zukunft und plane auch wieder längerfristig (siehe Heirat).

Scheue nicht davon zurück auf professionelle Hilfe zurückzugreifen. Ich hatte auch erst Bedenken mich in psychologische Hände zu geben. Im Nachhinein bereue ich das aber nicht. Ich hatte leider nur etwas lang gewartet. Insgesamt hat mir die Therapie sehr viel geholfen. Es sind zwar immer nur sehr kleine Schritte gewesen, aber der Erfolg hat sich über die Zeit eingestellt. Die Krankenkasse zahlt eine psychologische Behandlung bei Krebserkrankungen ohne Probleme.

Viele liebe Grüße
Michael
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