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Alt 22.12.2007, 23:13
Kölner Leser Kölner Leser ist offline
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Standard AW: Nachbehandlung des Magenkrebses nach Mac Donald Methode

Hallo Anna,
hallo Ulrike,

ich möchte hier doch etwas einschieben:

Das Mac-Donald-Therapieregime ist vor allem in den USA und in Ländern, in denen überwiegend in den USA ausgebildete Ärzte arbeiten, erfolgreich. Man muß dazu aber auch wissen, "Der Weg", selber Ärztin, hatte auch darauf hingewiesen, daß dort weniger radikal operiert wird. In Deutschland, bzw. Westeuropa, erfolgt mit der Magenoperation eine weitläufige Resektion der Lymphknoten in dem Bereich. Diese sind oft Träger von Mikrometastasen und diese verursachen später oftmals Rezidive. Etwas trivialisiert: Je mehr Lymphknoten entnommen, unabhängig davon, ob mit Metastasen oder ohne, desto geringer die Wahrscheinlichkeit eines Rezidives (nebenbei kann man an der Anzahl der entnommenen Lymphnkoten auch die Fertigkeit eines Chirurgen besser einschätzen, auch wieder sehr stark vereinfacht ausgedrückt). Diese ausgeweitete Lymphadektomie, also diese weiträumige Ausräumen von Lymphknoten, wird aber in den USA beispielsweise gar nicht oder nur von wenigen Ärzten praktiziert. Zwangsläufig ist also alleine durch die Form der Operation eine ganz andere Nachsorge notwendig und das Risiko für einen Patienten wegen einer Lymphknotenmetastase ein Rezidiv zu erleiden ist vielfach höher als in Europa.
Hier setzt das Mac-Donald-Regime mit der zusätzlichen postoperativen Bestrahlung an. Diese Bestrahlung soll, neben der Chemotherapie, die ja hier (mit zweifelhaftem Erfolg) teilweise auch nach den OPs eingesetzt wird, Mikrometastasen, insbesondere die Lymphknotenmetastasen, angreifen und vernichten. Das Ergebnis selber ist nicht so gut, wie eine ausgedehnte OP mit großer Lymphadektomie, zudem mit wesentlich mehr Nebenwirkungen, auch langfristigen, verbunden. Statistisch liest sich das natürlich erfolgreich, weil die wesentlich schlechtere Ausgangslage bei nicht ausgedehnten OPs dadurch verbessert werden kann. (Ein Beispiel um die unterschiedliche Datenlage im Ausgangszustand zu schildern: Wenn Du 100 Euro besitzt und ich gebe Dir 100 Euro dazu, hast Du Deinen Besitz dadurch verdoppelt. Besitzt Du bereits 10.000 Euro ist die Steigerung nicht 100%, sondern nur 1%.)
Die Mac-Donald Form macht bei ausgedehnter Operation deshalb keinen besonderen Sinn, sie stiftet keinen Nutzen. Es gibt hier natürlich auch zahlreiche Studien die sich mit den Auswirkungen beschäftigen (www.pubmed.com, gastric cancer und chemoradiation eingeben), weil vor einigen Jahren diese Therapieform für die (amerikanischen) Patienten natürlich eine tolle Verbesserung war. Bei westeuropäischer Operationstechnik aber nicht sinnvoll. Man muß sich auch hier immer vor Augen halten, daß die Bestrahlung massive Nebenwirkungen haben kann. Im Alter von 37 Jahren, also mit einer bei gut verlaufender OP und angenommener Rezidivfreiheit langen Lebenserwartung, m.E. absolut fatal - insbesondere wenn dem kein Nutzen entgegensteht.

Letztlich bleibt die Frage, warum die Uniklinik das empfiehlt. Ich vermute, daß man bei Annas Schwester bei der Magenentfernung nicht umfassend die umliegenden Lymphknoten entfernt hatte und das Rückfallrisiko damit senken möchte. Aber ich würde mich darauf, also auf eine Meinung dazu nicht verlassen und möglichst international tätige Zentren - Uniklinik Heidelberg ist sicherlich eine gute Anlaufstelle - ansprechen. Auf gar keinen Fall sollte das Therapie-Regime aufgrund von Berichten hier im Forum oder subjektiven Einschätzungen eingesetzt werden. Die Bestrahlung kann die Lebenserwartung, wie die Chemotherapie, drastisch reduzieren. Hier tauscht man oft das eine Übel gegen ein anderes, das dann fünf oder mehr Jahre später in Form einer neuen Erkrankung ausbricht. Die Einstellung "mehr hilft mehr" ist in dem Zusammenhang, gelinde gesagt, riskant.

vG,
KL
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