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Alt 21.11.2002, 19:59
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Standard Frage an Ladina (Buchtipp)......

Liebe S.

Danke für Deine Rückmeldung. Ich habe übrigens noch selber bei Phoenikks angefragt, welches Buch sie in Deinem Fall empfehlen würden: Antwort: Trabert: Als der Mond vor die Sonne trat.

Zur Frage, wie mein Gendefekt endeckt wurde, ist es so, dass irgendwann mal ein Verdacht laut wurde, weil ich immer neue, ganz unterschiedliche Tumore hatte.
Mit 8 Jahren hatte ich ein Burkitt-Lymphom im Bauchraum, kurze Zeit später entdeckten sie ein Teratom. Als ich 12 Jahre alt war, erkrankte ich an einem Fibrillärem Astrozytom. Ein solches wächst in der Regel nie bei Kindern. Glücklicherweise konnte es operiert werden, allerdings ist ein Tumorrest geblieben der aber "ruhig" ist bis jetzt.Ausserdem bekam ich Bestrahlungen.
In späteren Jahren kamen weitere seltene Tumore.

Ich fühlte mich total schlecht, nicht nur wegen dem Krebs und den Therapien sondern auch, weil ich dachte, es ist irgendwie meine Schuld, dass der Krebs immer wieder zurückkommt.

Irgendwann brachte mein Onkologe dann das Stichwort Gendefekt ins Gespräch und fragte mich, ob ich das nicht mal abklären wollte, denn meine leibliche Mama ist kurz nach meiner Geburt an einem Gehirntumor verstorben mit 36 Jahren.

Für die Abklärung wurde mir Blut abgenommen, ich glaube es waren etwa 15ml, das wurde dann eingeschickt zusammen mit den histologischen Befunden aller bisherigen Tumore, dem Alter bei den Erkrankungen und etlichem mehr und ungefähr nach 2 Monaten war das Ergebnis da und die Verdachtsdiagnose bestätigte sich einwandfrei: Li-Fraumeni-Syndrom.

Ich kenne einige wenige Leute, die dasselbe haben wie ich. Wir treffen uns immer bei den Genetischen Beratungen in Basel. Manchmal sind da auch Leute, die sich testen lassen, bevor sie eine Krebserkrankung haben, da Mutter oder Geschwister daran erkrankt sind zu Unzeiten, das heisst generell vor dem 45.Lebensjahr.
Ich für mich denke, es ist für uns, die wir schon eine Erkrankung haben, leichter, zu wissen, dass ein Gendefekt vorhanden ist als für jemanden, der noch nichts hat.
Für mich hat die Entdeckung des defekten Gens irgendwie auch Erleichterung bedeutet.
Ich weiss jetzt zwar,dass ich lebenslang ein 90%-iges Risiko in mir trage, neue Krebstumore zu entwickeln, doch ich weiss auch, dass ich keine Schuld daran habe, dass ich es nicht wirklich verhindern kann.
Dennoch ist es sinnvoll für meinen Körper, wenn ich kanzerösen Stoffen wie Nikotin möglichst aus dem Weg gehe und mich ausgewogen ernähre und mich regelmässig in der Natur bewege und im Moment habe ich eine echt stabile "Gesundheit", im Januar 2003 sind es 3 Jahre, dass ich ausser Therapie bin - solange hatte ich noch nie nichts mehr.
Und bei jedem Gen-Krebsler verläuft die Krankheit anders. Nur im Endstadium ists bei allen ähnlich.

Was ist das bei Dir für ein Krebs? Und welche Abstände liegen zwischen den beiden Erkrankungen?
Möglicherweise würde die Entdeckung eines Gendefektes neue Perspektiven öffnen, bzw. den Kontakt zu versierten Behandlungszzentren erleichtern.
Mir persönlich wurde erklärt, dass ich im Falle einer Neuerkrankung keine Bestrahlung mehr bekommen dürfte, denn auch meine Strahlensensibilität ist leider gestört durch das Syndrom.
Als ich zum ersten Mal bestrahlt wurde, wusste man noch nichts vom Li-Fraumeni-Syndrom und kannte nicht die Folgen.

Liebe S., ist Dir denn angetragen worden, die molekulargenetische Diagnostik zu nutzen, um einen möglichen Gen-Defekt zu entdecken oder rätselt man eher so über Deinen Kopf hinweg.
Es ist furchtbar, das Gefühl zu haben, auch die Ärzte verstehen gar nicht was und wieso Du das hast. Da fühlst Du dich hilflos. Ich persönlich bin froh, dass ich es machen liess, denn so bin ich in ein Zentrum zu einem Arzt gekommen, der sich hiermit auskennt. Ich bin zwar nun eigentlich unheilbar krank,da der Gendefekt bei mir angeboren ist, aber das heisst nicht, dass sie mir nicht mehr helfen, wenn es zu einer Neuerkrankung kommt. Ich fühle mich nicht aufgegeben.

Ich bin gerne bereit, Dir weitere Fragen zu beantworten in diesem Zusammenhang oder auch in anderem, wenn ich es kann.

Alles, alles Gute wünscht Dir für heute mit vielen lieben Gedanken
Ladina
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