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Alt 17.10.2004, 10:10
Gast
 
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Standard Nun bin ich Witwe

Liebe Andrea,
Dich hat es ja besonders schlimm erwischt. Zu allem Schmerz auch noch die Gedanken ums Finanzielle haben zu müssen. Einfach traurig. Ich habe zwar auch jede Menge Ärger mit Krankenkasse, Rentenversicherung usw. hinter mir, aber es geht wenigstens finanziell weiter. Ich weiß, wie man sich fühlt die ersten Tage, die Du ja gerade durchlebst. Man vergisst viele Dinge, die man jetzt machen muß, oder man will nicht daran denken. Ich habe auch Geld hergeschenkt, weil ich die letzten Tage bei meinem Mann war, statt mich um bestimmte Dinge zu kümmern.
Trotz allem Kummer, sieh die Versicherungsunterlagen von Deinem Mann genau durch (Lebensversicherung - es gibt bei jeder Versicherung Fristen zum Beantragen, Erwerbsunfähigkeitsversicherung - auch hier Fristen, Hinterbliebenenrente für Dich und Waisenrente für Deine Kinder - je eher Du es beantragst, um so eher bekommst Du Geld). Die Gemeindeverwaltung hat mir bei den Anträgen auf Hinterbliebenenrente und Waisenrente sehr geholfen. Mein Sohn ist jetzt um die paar Euros Waisenrente froh, damit er wenigstens sein letztes Semester ohne finanziellen Engpass studieren kann.
Es ist schwer in solchen Zeiten diese Dinge zu erledigen, aber Ihr müsst ja von was leben, Deine Kinder braúchen Sachen für die Schule usw.. Und es ist traurig, dass solche Familien durch jedes soziale Netz fallen, anderen wird es sozusagen hinterhergeschmissen. Und glaube mir, ich weiß auch ohne, dass Du schreibst, was Du denkst. Du bist nicht die Einzige. Denke bitte nicht, wir wollen deshalb nichts mehr mit Dir zu tun haben. Ich glaube, wir fühlen alle mit Dir mit.
Ich gehe jetzt wieder in die Küche. Meine Tochter mit Familie kommt heute zum Essen. Ein Sonntag ohne Einsamkeit. Bei uns in Bayern ist heute Kirchweih. Ich koche eine Ente, das war auch das Lieblingsessen meines Mannes. Hab schon so lange nicht mehr gekocht, es lohnt sich nicht für mich alleine. Sein Bild steht auf dem Küchentisch. Ich habe ihm dazu eine Kerze angezündet. Er schaut mir beim Kochen zu. Es ist, als wenn er den Duft spüren würde.
Was Du sagst, ist richtig. Die 28 Jahre Liebe kann Dir keiner nehmen. Mir geht es genau so. Ein paar Tage noch, dann hätten mein Andreas und ich 30-jähriges Hochzeitsjubiläum. Ich darf gar nicht dran denken. Warum erwischt es immer nur diejenigen, die sich so gut verstehen und lieben.
Wir werden es wohl nie verstehen.

Viele Grüße, bis bald
Thekla
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