Thema: Und nun?
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Alt 06.10.2005, 04:14
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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Standard AW: Und nun?

Meine liebe Susanne

Wenn du hier wärst oder wir bei dir du wüsstest was ich machen würde, dich ohne Worte in den Arm nehmen und nicht mehr loslassen. So wie wir am Gotthard beide unseren Tränen freien Lauf liessen.

Es tut unsweh, deine Not hier erst jetzt gefunden zu haben, sind aber fast nie im Hinterbliebenen Forum. Vielleicht aus Angst vor diesem Tor, dem Gang über diese Brücke.

Du hast uns eine Mail geschickt, darin hast du angedeutet ne erwähnt, dass e snicht so gut get, aber als wir dann verscuhten diesen Thread zu finden über die Suchhilfe des KK stiessen wir nur auf den Thread "Erfahrungsaustausch" im LK, alle anderen tauchen gar nicht auf - also gingen wir mal auf die Suche nahc dir und nun haben wir dich gefunden.

Deine gedanken verstehen wir serh gut auch die der anderen auch wenn sie sogar im gegenteiligen sind, schon komisch gell, nur wir glauben, dass es eine sehr zwiespältige Situation ist in der wir, als Betroffene, Angehörige und Hinterbliebene oder du als Angehörige und Hinterbliebene uns befinden.

Du sprichst eins sehr wichtiges Thema an - wieviel Hilfe sollte von anderen spontan kommen und wieviel muss man sich Erbeten oder gar Erbetteln. Genau das Erbetteln, also auf den Knien nach Hilfe rufen liegt uns nicht, heisst über den eigenen Schatten springen, denn wir alle sind es im grossen und ganzen nicht gewohnt nach Hilfe zu fragen. Du und ich, liebe Susanne sind uns sehr ähnlich wir geben viel, sind immer da auch wenn wir schon auf unseren Stockzähnen daher zu laufen kommen. Es fällt uns schwer nach Hilfe zu fragen oder uns selber auch einmal in den Mittelpunkt zu stellen.

Briele hat es mir erst vor ein paar Tagen deutlich gesagt, und sie hatte recht "War sie die einizge oder einer der wenigen die spürte, dass es dir nicht gut ging?" Offentsichtlich ja, denn wie es dir erging, ging es auch mir. Ich hoffte in der Familie oder im Freundeskreis, dass jemand nicht nur einfach oberflächlich die Standardfrage stellt "und wie geht es dir?" und man diese mit der gleichen Alltagsfloskel beantwortet "gut oder so lala!", sondern, ich hoffte innigst, dass sie ohne grosse Worte spürten es geht einfach besch...., aber es war nichts, komischerwieise nicht einmal von Willy, weil er so mit seiner eigenen Not und Ängsten zu tun hat.

Wir erwarten, so wie wir feinfühlig das Befinden anderer erspüren, dass sie dies auch können und unsere Not spüren, leider ist dem nicht so und das enttäuscht und schmerzt.

Das Verlieren der sogenannten Freunde ist ein Phänomen das bereits in kranken Tagen seinen beginn findet udn sich nach dem Tod fortsetzt und es hält nicht nur Einzug bei Freunden, sondern auch innerhalb der Familie.

Ich mag mich an die Zeit erinnern als Willys Eltern starben, innert 4 Wochen. Die ganze Familie war versammelt und hat Abschied genommen von ihrer Schwester oder Schwägerin, Tante oder Gotte oder dem Bruder, Schwager und Onkel. Die Welt ging für sie unter, nur niemand hat seither nachgefragt wie es dem einzigen Sohn geht der beide Eltern in so kurzen Abständen verlor und dazu noch bald darauf seine eigene Krebsdiagnose erhielt. Schon koommt kein Telefon mehr um nachzufragen, sie leben in ihrer Welt bestehend aus vielen kleinen und teilweise auch sehr grossen Sorgen, nicht in der Lage sich auf andere einzulassen.

Ich verstehe sehr gut was du damit meinst wenn man dich fragt wie es die Kids verkraften und es ihnen geht, die Frage ist wirklich wieso kann man die Kinde rnicht selber Fragen, weil man Angst hat sich mit einem trauerndem Kind auseinander zu setzen, weil man in der Gesellschaft es immer noch nicht gewohnt ist, dass auch Kinder trauern und sogar Anrecht zum Trauern haben. Lieber fragt man eine erwachsene Person oder gar nicht als etwas Falsches zu hören oder zu sagen. Es kommt der tag wo wir mit unserer Trauer resignieren udn nichts merh sagen dies gilt erst recht für Kinder, und ich glaube tief drin, spürst du genau das dies zu drohen scheint, nicht heute, aber vielleicht übermorgen, ein Schweigen mitten in der Trauerzeit - das ist ja verherrend oder?

Man hofft im stillen nach dem spontanen Nachfragen wie es einem geht - man will es nicht unter die Nase reiben müssen, aber statt dessen erfährt man solche Verletzungen wie es Andrea S so gut beschrieb mit ihrem "befreundetem Ehepaar" sie gab ihnen eine letzte Chance zu zeigen, dass sie als Freunde für sie da sind an diesem für Andrea so schweren Tag das Überstehen des 1. Todestages. Einmal mehr liessen sie Andrea im Stich, spürten nicht was sie mit der Einladung gebeten hatte, ein wenig Beistand diesen Tag zu überstehen. Nicht viel wollte sie, nur etwas Zeit für sie und ihren Gedanken und ihre Trauer. Statt dessen erhielt einen Korb und der schmerzt, auch wenn es wiederum eine andere Seite, ja gute Seite sogar aufzeigt - sie weiss nun wo sie steht und wie sie zu handeln oder reagieren hat.

Viele hier kennen uns wahrscheinlich nicht, wissen auch nicht, dass unser 21jähriger Sohn an Cystische Fibrose / Mukoviszidose leidet, auch eine tödlich verlaufende Krankheit die bereits im Babyalter sich manifestiert. Wir erhielten die Diagnose erst als er 3,5, Jahre alt war, bis dann kämpften wir gegen einen Mr. Nobody wie wir die Krankheit ohne Namen nannten. Meine damalige Freundin war da als ich nur 2 Stunden zuvor die Diagnose per Telefon erheilt, und doch kam sie nicht zurecht dass wir ums Leben von Pascal kämpften und sie 2 kerngesunde Kids hatte. Der Kontakt ist abgebrochen, hinterlassen hat es schöne gemeinsame Erinnerungen und viele Wunden die heute noch weh tun. Eine Szene im Verlauf von Pascals krankheit kommt mir immer wieder in den Sinn, ich musste einmal mehr wegen einer seiner Lungenentzündungen zum Kinderarzt, ich wartete inm Wartezimmer und musste zwangsläufig zuhören wie sich die anderen wartenden Mütter unterhielten. Sie jammerten udn beklagten sich wie ihr Kind/ihre Kinder schon wieder einen Schnupfen hatten, nach 3 Wochen schon wieder Ich sass da und dachte so leise vor mich hin wie schön wäre es wenn ich nur hier sitzen könnte ich muss zum KA weil mein Kind nur einen Schnupfen hat, wegen einem Schnupfen waren wir nie beim Doc. es war immer hart auf hart wenn wir gingen. Es wurde mir bewusst wie die Menschen um mich herum sich mit Banalitäten beschäftigten und diese für sich zu einer Tragödie werden liessen.

Ich sass da und kämpfte, um das Leben meines Sohnes, ich sitze heute da und kämpfe um das Leben von Willy und Pascal und nun auch um meines. Ich sitze da in mitten vieler Menschen und doch bin ich alleine, wie es hier schon so gut beschrieben wurde. Obwohl ich/wir Signale aussandten - wir möchten nicht alleine sein - sind wir doch alleine.

Vor ein paar Tagen habe ich mit einer Bekannten telefoniert deren Mann vor 10 Monaten an Lunegnkrebs gestorben ist, sie sagte mir, weisst du es tut weh wenn Menschen für mich eine Entscheidung treffen ohne mich überhaupt zu fragen, ein Beispiel war, sie erfuhr, dass ehemalige sehr gute Freunde von ihr ca. 3 Moante nahc dem Tod ihres Mannes an eine Konzert gingen das sie schon lange vor dem Tod ihres Mannes gemeinsam besuchen wollten und die Karten bereits geholt hatten,. Die Karten hatten die Freunde bei sich. Als der Tag X des Konzertes kam, war sie erstaunt als sich niemand gemeldet hatte um zu verienbaren wann sie sich treffen wollten. Es kam heraus, dass sie beide Karten einfach jemandem anderen übergeben hatten, obwohl unsere Bekannte sie schon längst bezahlt hatte, denn die besagten Freunde entschieden in ihrem Namen es sei zu früh nach dem Tod ihres Mannes an ein Konzert zu gehen. Sie wurde einfach übergangen. Auch wir haben es schon öfters erlebt, dass wir "übergangen-ausgeschlossen" werden. Willy antwortet dann immer wieder "er lebe noch" ne sogar noch krasser sgat er es " er sei noch nicht gestorben und denke auch nicht nur wegen ihnen dies zu tun" das gleiche gilt aber auch für Hinterbliebene "sie leben auch noch".

Wir haben viele Freunde verloren, aber auch viele andere neue, bessere gewonnen, das ist im ganzen Krebsleiden nebst der neuen, anderen udn intensiveren Beziehung zum Partner eines der wenigen positiven Aspekte der Krankheit. Viele dieser neuen Freunde haben wir nicht einfach so kennen gelernt sondern hier im KK oder in der Selbsthilfegruppe.

Darüber sind wir froh und es hilft enorm über die schmerzende Erfahrungen im normalen Freundeskreis hinweg zu sehen und zu kommen.

Nun gehe ich mal in ie Heja Gute Nacht zusammen eure Liz und Willy im Doppelpack
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Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
Liz MS im Rolli. Gebärm.ca. 8/05
Mami 10.4.1934 - 7.9.2009
inoper. Hirntumor 10/07, Blasenkrebs 1/09
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