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  #1  
Alt 09.01.2013, 17:10
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Schnuppe38 Schnuppe38 ist offline
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Unglücklich Nun gehöre ich auch dazu

Ein liebes Hallo an Euch!

Wie fange ich an? Bisher war ich im Nierenkrebsforum und auch mal bei den Angehörigen. Da gehöre ich jetzt wohl nicht mehr so richtig hin. Seit dem 2. Weihnachtsfeiertag habe ich keinen Paps mehr. Er ist an diesem Morgen um 8.45 Uhr eingeschlafen und hat für immer seine Augen geschlossen. Sein sterben dauerte 13 Tage, es war einfach schrecklich. Fast 10 Jahre litt er an den Folgen des Nierenzellkarzinoms mit allem was man bekommen konnte. Metas, Nebenwirkungen, op´s, Kiefernektrose uvm. Am Ende hat ihn aber nicht der Krebs besiegt, sondern eine Lungenentzündung die durch das Medikament Afinitor ausgelöst wurde. Ich habe in all den Jahren so viel erlebt und gesehen, aber das was ich in den letzten 13 Tagen im Leben meines Vaters gesehen und erlebt habe ist nicht leicht es zu verarbeiten und ich merke, das ich jetzt auch erst damit anfange, das alles jetzt erst hochkommt. Es war auch kein sanftes einschlafen, was ich mir so für ihn gewünscht habe. Nein, es war ein Todeskampf. Immer noch habe ich diese unruhe in mir und so einen Druck, ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Ich hoffe das es besser wird. Am Samstag wird mein Paps beigesetzt, dann hoffe ich, das alles dann ein wenig zur Ruhe kommt.
Ist es Euch auch so ergangen??? Wie war es bei Euch, wann wurde es besser?

LG
Anja
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Die Wahrheit braucht einen Mutigen der sie ausspricht !

Paps Du fehlst mir!!!
22.07.1937 - 26.12.2012
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  #2  
Alt 09.01.2013, 19:27
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Nun gehöre ich auch dazu

Liebe Anja,

es tut mir leid, dass du deinen Papa verloren hast und er so viele Jahre gekämpft hat. Das ist einfach schrecklich, wenn man einen geliebten Menschen so leiden sieht und so hilflos und ohnmächtig ist. Das fühlt sich wahrscheinlich so an, als sei ein Teil von dir mit ihm gestorben...

Mein Vater starb letztes Jahr am 21. Februar daheim und es war auch ein Kampf, für uns nahezu unerträglich. Vieles von dem, was da passierte, habe ich auch erst später begriffen... Ich glaube, dass unsere Seele uns alles scheibchenweise vorgibt, so wie wir es ertragen können, denn der Schmerz ist einfach zu groß. Daher ist es auch kein Wunder, dass du jetzt beginnst, den Tod deines Papas zu verarbeiten. Es wird dauern und du solltest dir auch alle Zeit zugestehen, die du benötigst. Wir alle trauern unterschiedlich und da gibt es kein "falsch" und kein "richtig". In der ersten Zeit nach dem Tod meines Vaters habe ich seine Nähe noch sehr intensiv gespürt. Es fühlte sich für mich so an, als sei er noch da. Dieses Gefühl verschwand nach der Trauerfeier. Alles war so unwirklich und ich dachte immer, mein Papa käme jeden Moment zur Tür herein... Ich fühlte mich wie fremd gesteuert, habe eben funktioniert, nicht mehr und nicht weniger. Ziemlich bald musste ich auch wieder arbeiten und ich empfand diese "reale Welt" als schrecklich. Alles erschien mir so banal, so oberflächlich und der ganze Lärm und die Geräusche haben mich sehr gestört nach der Zeit der Stille.

Die Trauer kam mir vor wie ein reißendes wildes Tier, das mich hinterrücks anfiel und packte. In den "unmöglichsten" Augenblicken musste ich weinen, war tieftraurig und dachte, es würde mich zerreißen. Dazwischen gab es aber auch durchaus "normale" Tage, an denen ich sogar wieder lachen konnte. Dann bekam ich fast ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich dabei ertappte, dass mein Leben nun einmal weiter ging und ich mich sogar wieder freuen konnte. Für mich waren die letzten 10 Monate danach ein Prozess und der ist wohl auch noch nicht abgeschlossen. Mir hat es sehr geholfen, hier zu schreiben und mich auszutauschen. Zu lesen, wie andere mit ihrer Trauer und teilweise widersprüchlichen Gefühlen umgehen. Außerdem hat mir das Buch "Meine Trauer wird dich finden" sehr geholfen (von Roland Kachler). Ich habe für mich einen Weg gefunden, meine Trauer zuzulassen (das ist gut, wenn du das kannst, Anja), zu weinen, wenn mir nach Weinen zumute ist und froh und glücklich zu sein, wenn mir danach ist ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Denn ich weiß, dass mein Vater sich wünschte, dass unser Leben weiter geht. Er hat wie zu Lebzeiten einen sehr wichtigen Platz bei uns und wir reden oft und gern über ihn. Wir schauen uns auch gern Bilder an und tauchen in alte Erinnerungen ein. Und oft spreche ich auch mit meinem Vater, wenn ich seinen Rat benötige oder wenn ich ihm etwas mitteilen möchte. Manchmal laut und manchmal in meinem Inneren und wenn ich Glück habe, vernehme ich tief in mir seine Stimme.

Liebe Anja, die Trauer wird ab nun dein Wegbegleiter sein, aber sie ändert sich mit der Zeit. Bei mir hat sie sich von einem wilden ungestümen Tier entwickelt und sich sozusagen zähmen lassen, doch dieser Prozess hat gedauert. Also verzage nicht und lass alles zu, wenn du kannst. Ich hoffe, du findest hier einen geschützten Raum für dich.

Liebe Grüße
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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  #3  
Alt 09.01.2013, 21:43
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nala1810 nala1810 ist offline
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Standard AW: Nun gehöre ich auch dazu

Liebe Anja;

ich kann mich Miriams Worten nur anschließen, auch meine Mama ging am 12.02.12 von uns.
die letzten 3 Tage waren mein Dad und ich ununterbrochen bei ihr im Krankenhaus, bis sie schließlich einschlafen durfte.

Oft sagen auch heute immer noch Leute das war das beste für sie, aber war es es wirklich?? ISt es wirklich auf der anderen Seite soviel besser. Ich glaube nicht das meine Mutter glücklich darüber war, gehen zu dürfen. Sie wollte eigentlich Leben, aber dieser Krebs frass sie auf.
Ich denke wenn sie uns in der Zeit der größten Trauer sah, ging es ihr auch nicht wirklich besser.
Auch heute noch fast ein Jahr später falle ich plötzlich von jetzt auf nachher in ein großes tiefes Loch voller Tränen.
Besonders schlimm war der Jahreswechsel, ich hatte unheimliche Angst davor, sie so einfach im letzten Jahr zurück lassen zu müssen.

Ich wünsche dir für die nächsten Tage, Wochen und auch Monate alles erdenklich gute besonders viel Kraft. Fühl dich

und nochwas hier konnte ich mir viel von der Seele schreiben unter allen gleichgesinnten und Leidensgenossen.

Nala
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  #4  
Alt 10.01.2013, 07:21
Benutzerbild von fraunachbarin
fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: Nun gehöre ich auch dazu

liebe anja..
es tut mir leid, daß du deinen papa verloren hast. mein aufrichtiges beileid dazu.
meine mutter starb vor 11 wochen. auch ihr sterben dauerte 12 tage und ich war tag und nacht bei ihr. ich weiß, wie es dir geht. ich bin heut noch dabei, diese zeit zu verarbeiten. immer wieder kommen momente hoch und packen mich.
ganz wichtig ist, daß du darüber redest. das tut so gut. ich hoffe, du hast dafür jemanden an deiner seite. da meine schwester ja das gleiche erlebt hat, tauschen wir unsere gefühle immer wieder miteinander aus. und auch bei meinem mann finde ich immer wieder ein offenes ohr, auch wenn ich zum zehnten mal das gleiche thema anspreche. also rede, rede, rede.
das erleichtert dich und du kannst somit besser verarbeiten.
ich wünsche dir ganz viel kraft für die kommende schwere zeit der trauer.
schreib dir hier alles von der seele, auch das tut sehr gut, denn jeder hier hat den gleichen schmerz: einen geliebten menschen verloren zu haben.
alles erdenklich gute für dich.
stille grüße von tine
__________________
MISS YOU MAMA
24.02.1944-15.10.2012
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  #5  
Alt 11.01.2013, 10:14
Benutzerbild von Schnuppe38
Schnuppe38 Schnuppe38 ist offline
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Standard AW: Nun gehöre ich auch dazu

Hallo liebe Miriam, Nala und Tine!!!

Ich danke Euch vielmals!!!! Ihr habt meinen Gefühlen „Worte“ gegeben! Es stimmt alles was Ihr geschrieben habt. Ich habe auch schon so oft meinen Gedanken oder auch die letzten Tage meines Paps aufgeschrieben, sie dann aber wieder gelöscht. Wen interessiert es und wer will das lesen, so dachte ich. Ich wollte mich aber irgendwie mitteilen. Ich kann mit meiner Mama reden, wir haben immer über alles gesprochen auch mit meinem Paps zusammen. Es gab nie irgendwelche Tabus, egal um was es ging. Über seine Krankheit, was kommt, wie es wird. So oft haben wir darüber gesprochen, wenn der Fall eintritt. Mein Paps wollte immer das ich mich erkundige...beim Bestatter usw. Ich hab es immer vor mir hergeschoben. Als er jetzt ins KH kam sagte er zu mir, Kind wenn ich wieder raus bin, dann gehen wir und machen uns schlau. Ja dann gehen wir.... Ich glaube er wußte es, irgendwie. Ich habe in all den Jahren der Krankheit soo viel gesehen und erlebt, aber das was ich in den letzten 13 Tagen im Leben meines Paps erlebt und gesehen habe übertrifft einfach alles.

Meine Mama ist auch sehr Krank, sie hat Blasenkrebs und vor 5 jahren kam noch ein schwerer Herzinfakt, den ich auch miterlebt habe dazu. In letzten fast 10 Jahren habe ich mir immer um Beide sorgen gemacht und war auch immer da. Bin mit zu Arztterminen gefahren, habe Erkundigungen eingeholt, mit Ärzten geprochen usw. Trotz meiner vier Kinder und meinem Mann. Es war wirklich nicht immer einfach, aber sie hatten verständnis und ließen mir den Freiraum den ich für meine Eltern brauchte.

Natürlich und das ist für mich selbstverstänlich bin ich für meine Mama da und sie kann sich bei mir Fallenlassen und reden. Aber ich möchte sie dann auch nicht in diesen Momenten noch mit meiner eigenen Traurigkeit belasten, sie hat es so schon schwer genug. Meine Eltern waren in den über 40 Jahren so gut wie nie getrennt. Sicher konnte man sich auf das unausweichliche vorbereiten, aber auf den Schmerz und die Trauer kann man sich nie vorbereiten. Die letzten Tage meines Paps haben wir gemeinsam durchgestanden. In den 13 Tagen war ich 247 Stunden im KH, meine Mama noch mehr. Und nun kommen nach und nach, Scheibchenweise diese 13Tage hoch. Momente, erlebtes und gesehenes. Alles das was schnell zur Normalität wurde, man keine Zeit hatte sich einzustellen oder zu verarbeiten.

Ich glaube, wenn ich diese Tage Revue passieren lasse, arbeite ich schon etwas auf. Darum werde ich das auch mal alles aufschreiben.
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Paps Du fehlst mir!!!
22.07.1937 - 26.12.2012
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  #6  
Alt 11.01.2013, 21:16
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Mirilena Mirilena ist offline
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Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.519
Standard AW: Nun gehöre ich auch dazu

Liebe Anja,

solltest du eure Geschichte hier erzählen, dann lesen wir sie gern! Und wenn du magst, dann schreiben wir auch etwas dazu.

Es tut mir so leid, dass auch deine Mama so krank ist. Da wirst du ja von Sorgen aufgefressen und kommst nicht wirklich zur Ruhe. Ich hoffe, dass du hier eine Insel für dich findest, wo du alles trüben und traurigen Gedanken loswerden und loslassen kannst.

Alles Liebe
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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