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  #1  
Alt 02.04.2007, 17:28
Klara1 Klara1 ist offline
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Registriert seit: 02.04.2007
Beiträge: 1
Standard Nachwirkungen

Hallo!

Habe mich etwas durch das Forum gelesen und möchte zum einen mein Mitgefühl an Trauernde, Angehörige, Hinterbliebene, zum anderen ein herzliches Dankeschön an die Forumsbetreuer aussprechen.

Vor etwas über einem Jahr habe ich meinen Vater verloren. Er war 1,5 Jahre lang krank; die Behandlung schlug immer positiv an und alle glaubten: "Der wird das schon schaffen- wer sonst, wenn nicht er!"

Da ich mich mitten im Studium befand/befinde, habe ich die ganze Sache "irgendwie weggeschoben" bzw. war wohl so geschockt, dass ich immer vom Positiven ausgegangen bin. Ich wusste nie, dass mein Vater sterben würde.

Wir (meine Mutter und ich) "lebten" mit der Krankheit und stellten und situativ auf jede neue "Nachricht", jeden neuen absurden Umstand immer sofort ein und ich dachte immer in kleinen Schritten; nie aber an eine solch unmögliche Konseqeunz, nämlich an den Tod.

Eine Woche vor seinem Tod (er lag im künstlichen Koma) dann die Erlösung:" Es ist alles bestens. Nächste Woche wird er wieder aufwachen. Er kommt durch."
(Nebenbei musste ich immer schwere Klausuren und Prüfungen bestehen, was auch klappte.)
An einem Abend wurde ich angerufen. Meine Mutter sagte, ich solle ins Krankenhaus kommen. Ich fuhr nachts alleine los. (Mein Freund war plötzlich weg bzw. fühlte sich nicht verantwortlich, mich zu unterstützen. Er bot mir an, mich zum Bahnhof zu bringen. Dabei hätte er jeden anderen sicherlich gefahren.)
Ich kam an am nächsten morgen und plötzlich wurde der Sterbeprozess eingeleitet. Meine Mutter und ich verstanden uns blind. Wir sprachen mit meinem Vater; die Beatmung wurde abgestellt.

Dann die ganze Organsisation und Planung der Beerdigung und in den Monaten darauf nur Verpflichtungen, Papiekram, Umstrukturierungen im Haushalt; habe alles gemacht, was mein Vater sonst erledigt hat.
Ich bin auch an körperliche Grenzen gestossen (Gartenarbeit).
Aber wir (meine Mutter und ich) haben uns durch das ganze Dickicht durchgekämpft und haben auch alles alleine geschafft.
Mein Freund ist im letzten Jahr leider noch nicht mal mit mir in Urlaub gefahren, dabei hätte ich mir das so sehr gewünscht.

Ich frage mich (euch), ob es normal ist/war, dass ich so ausgebrannt war (und auch oft noch bin). Ich fühlte mich so sehr alleine, dass ich keine Worte dafür finde. (Das war wohl die unangenehmste Erfahrung in meinem bisherigen Leben.)Ich hatte keine Kraft mehr, habe nur noch mein Studium einigermaßen geregelt, habe nicht mehr gelacht - als sei ich in ein inneres Vakuum gepackt, das ich nicht aufzubrechen in der Lage war. Und irgendwie habe ich den Kontakt zur Außenwelt nicht mehr gefunden. Vordergründig schon, aber ich bin nicht mehr an anderen Menschen wirklich interessiert. Ich erwarte auch nicht, dass sich jmd. mit dem Tod beschäftigen muss oder weniger oberflächlich sein soll. Ich respektiere den Anderen, wie er sich eben darstellt.
Ich hatte gar keine Kraft mehr, auf andere Menschen zuzugehen (und jetzt interessiere ich mich nicht mehr wirklich für sie.) Ich habe in dieser schlimmen Zeit direkt nach dem Tod auch aufgehört, zu sprechen. Ich wollte mit niemandem mehr sprechen, mich mitteilen, zuhören.

Meine Leistungen im Studium waren nach wie vor sehr gut, aber ich kam im letzten Jahr zu langsam voran. Ich habe mich sogar noch nicht mal getraut, eine Arbeit 2 Wochen später abzugeben, weil es mir unangenehm war zu sagen, dass ich mich um die Beerdigung meines Vaters etc. kümmern musste.

Uns haben viele Menschen Hilfe angeboten, aber eher meiner Mutter, weniger mir, da ich ja "nur" die Tochter bin.
Und irgedwie hat sich alles relativiert. Ich weiß, in 100 Jahren interessiert sich kein Mensch mehr für die Dinge, die uns alle gerade umtreiben. Am Ende ist sich jeder Mensch selbst der Nächste.

Das Einzige, was die Menschen mich in meiner Umgebung gefragt haben war, wann ich mit dem Studium fertig bin. Keiner hat mich gefragt, wie es mir geht.Irgendwie bin ich enttäuscht und frustriert.

Ich frage mich, ob das denn nun schon alles gewesen sein soll, ob ich den großen, weisen "Schlüssel zur Vergänglichkeit" bereits gefunden habe und der Rest (Heiraten, Familie gründen, beruflich erfolgreich sein, Vorgartenbeet anpflanzen...) alles nur noch Staffage sein soll? Mit meinem Freund spreche ich nicht mehr darüber.Und meine Freundinnen schweigen immer nur ganz still, wenn ich etwas erzähle.

Jetzt bin ich bald mit dem Studium fertig und habe somit mein von der Gesellschaft erwartetes Leistungspensum erfüllt. Auf meinen Beruf freue ich mich.

Manchmal frage ich mich (eigentlich ziemlich oft), was mein Vater wohl zu alldem gesagt hätte. Ich möchte so gerne, dass er mich anruft oder ich ihn besuchen kann.

Vielleicht kann mich jmd. verstehen? Oder klingt das alles verbittert, zu nüchtern für eine junge Frau?

Viele Grüße
Klara1
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  #2  
Alt 02.04.2007, 20:30
stef777 stef777 ist offline
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Registriert seit: 26.12.2006
Beiträge: 175
Standard AW: Nachwirkungen

liebe klara,

ich kann dich voll und ganz verstehen, befinde mich in einer ähnlichen situation, obwohl mein vater erst vor 3 monaten verstarb. er war jedoch auch 1.5 jahre lang "krank".

ich empfand die ganze krankheitsphase als ziemlich traumatisch, hab schlimme psychosomatische probleme bekommen, konnte mir meine krankheiten nicht erklären, und keiner hat sie ernst genommen...ich hab damals dann schliesslich therapeutische hilfe aufgesucht.

Ich bin am ende meines studiums, muss nur noch diplom machen, was ich nun erst im wintersemester machen werde. das letzte semester konnte ich wegen der krankheit meines vaters nicht mehr richtig studieren, was aber nicht so schlimm war, da ich alle wichtigen scheine schon hatte. dieses sommersemester hab ich mich beurlauben lassen...das war keine so einfache entscheidung, da ich von diversen seiten druck gespürt hatte, doch mein diplom jetzt zu machen...u.a. von meinem mann, der eine woche nach dem tod meines vaters fragte, wanns denn nun konkret endlich losgehe mit dem diplom...ich bin sehr froh, dass ichs verschoben habe und mir die zeit zur erholung genommen habe/nehme...die ersten drei monate nach dem tod meines vaters war ich sozusagen k.o. geschlagen, erst allmählich kommen PHASEN, wo ich denke, nun hab ich die kraft, mich wieder dem leben RICHTIG zuzuwenden (d.h. nicht nur als maskerade vor den anderen). bin jedoch allgemein viel ängstlicher, dünnhäutiger als zuvor; ich hab mittlerweile oft angst, wie ich mein diplom "schaffen" soll...hab derzeit nicht mehr viel von meinem früheren unbeschwerten "mut".

es ist sehr bedauerlich, wie stark der umgang mit krankheit, tod, sterben, trauer in unserer heutigen gesellschaft tabuisiert wird, wie "ungeübt" menschen im umgang damit sind, bzw. manchmal auch bleiben wollen. war hier auch von mehreren menschen in meinem umfeld enttäuscht, u.a. von meiner schwiegermutter, die sich in den 1.5 jahren der krankheit meines vaters genau 0x von sich aus bei ihm meldete, sich komplett drückte, und deren einzige sorge bei der trauerfeier war, in welcher sitzreihe sie sitzen musste......bei sowas fehlen einem einfach die worte. ich kanns nicht vergessen und momentan auch noch nicht verzeihen. bei anderen freunden von mir denke ich allerdings manchmal, "ok, sie könnens einfach nicht nachvollziehen, sie haben so was noch nie selbst erlebt"....

so richtig kann ich auch mit keiner freundin drüber reden, eine hat zwar schon eine oma an altersschwäche verloren, aber das ist dann doch ein wenig anders. ich hab auch oft das gefühl, dass die geduld bei ihnen dann nachlässt, wenn man sich so ne halbe stunde drüber unterhalten hat, was wir aber auch nur anfangs taten, mittlerweile kommt meist nur noch das höflichkeits "wie gehts?"....auch, dass meiner mutter mehr anteilnahme entgegengebracht wird, erlebe ich auch so. verstehe ich auch überhaupt nicht....mein vater war mein ein und alles, warum denke menschen, man sei ja nur die tochter...?

ich bin daher in eine trauergruppe für junge hinterbliebene gegangen. es tut sehr gut, leider trifft sich die gruppe nur alle 4 wochen. allen fällt die balance zwischen der erfahrung mit dem sterben / tod und dem jungen zukunftsgerichteten leben schwer....ich hab dazu auch noch sehr wirre gedanken. mir erscheinen die gedanken hierbei anderer leute in meinem alter auch oft oberflächlich, ohne herablassend sein zu wollen.

wenn du möchtest, können wir uns gerne öfter schreiben.

hier noch zwei zitate, die ich unlängst hier im forum fand:

"Menschen, die sich mit dem Tod angefreundet haben,
können der eigenen Sterblichkeit ins Gesicht sehen und
sich für das Leben frei entscheiden".
(Henri Nouwen, "Sterben um zu leben")

Wenige sind imstande, von den Vorurteilen der Umgebung
abweichende Meinungen gelassen auszusprechen; die meisten
sind sogar unfähig, überhaupt zu solchen Meinungen zu gelangen.
(Albert Einstein)

LG
stef.
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  #3  
Alt 03.04.2007, 11:26
martinaIna martinaIna ist offline
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Ort: Nordhessen Knüll
Beiträge: 221
Standard AW: Nachwirkungen

Hallo Klara,

ich bin zwar nicht verwaiste Tochter sondern Witwe, aber ich kenne das Gefühl, so gar nicht an andere ran zu wollen. Eigentlich kein Interesse an ihnen zu haben.
Bei mir ist es so, wenn ich gerade Zeit für mich brauche, wenn ich mich eigentlich doch erstmal noch mit mir selbst beschäftigen sollte. Wenn ich mit mir selbst noch nicht im Reinen bin, was soll ich dann mit den anderen?
Dazu kommen noch die Erfahrungen im Stich gelassen zu werden, Oberflächlichkeiten etc. Die Enttäuschung die Nichttrauernde mir bereiten. Ich weiß aber auch, wie schwierig es ist, zu mir Kontakt aufzunehmen. Ich blocke es oft ab.
Bei mir läuft beides durcheinander. Mal gehe ich auf andere zu, kann Interesse haben, mal brauche ich Zeit für mich, meine Mimosenzeit- rührt mich nicht an!

Was mir auffiel in deinen Zeilen:

"Meine Mutter und ich verstanden uns blind."
Das muss doch eine gute Basis sein. Ich beneide dich darum. Wo positionierst Du Deine Mutter heute in Deinem Leben?

"Mein Freund war plötzlich weg bzw. fühlte sich nicht verantwortlich, mich zu unterstützen. "
Da lese ich eine große Enttäuschung raus. Habt Ihr darüber mal gesprochen?

"Vielleicht kann mich jmd. verstehen? Oder klingt das alles verbittert, zu nüchtern für eine junge Frau?"
Dein Alter spielt doch dabei keine Rolle- oder? Du bist verbittert, warum sollen junge Leute das nicht sein dürfen?
Um dich herum ist also kein Mensch, der Interesse an Dir hat? Das ist bitter. Sieht Deine Mutter das auch so? Ich meine für Dich? Sieht sie auch nur so öde Leute um Dich?

Ich drück dich,
martina
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  #4  
Alt 03.04.2007, 15:32
Petrulla Petrulla ist offline
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Ort: Baden-Baden
Beiträge: 6
Standard AW: Nachwirkungen

Hallo Klara, Stef, Martina,

ich kann eure Worte super nachvollziehen. Es ist so unglaublich, was man mit den Mitmenschen in solch einer schweren Zeit erlebt. Ich hätte das nie für möglich gehalten.
Mein Vater ist leider am 3.12.2006 gestorben. Seine Diagnose bekam er am 4.5.06. Zuerst war von allen Seiten Verständnis, das wurde aber seltsamerweise weniger, obwohl die Situation ja immer schlimmer wurde. Man ist wirklich sehr allein. Das Schlimme ist, die meisten Mitmenschen, mit denen man den lieben langen Tag zu tun hat, vergessen es nach kurzer Zeit wieder. Ich hatte eine liebe Kollegin, die war da und hat sich auch immer erkundigt und mir angeboten, jederzeit zu ihr zu kommen. Die anderen aus meinem Büro haben zwangsläufig mitleiden müssen, da sie es ja hautnah mitbekamen.
Ich erinnnere mich an den 1.12.06, als meine Schwester anrief und meinte, es wäre wohl besser, wenn wir ab jetzt an seiner Seite bleiben. Ich habe mich dann quasi verabschiedet im Büro, weil klar war, dass ich sobald das Schlimmste eintrifft, auch 14 Tage Auszeit nehme. Da hat man erst gemerkt, wie wenig die Mitmenschen mit solch einer Situation umgehen können. Ich kam mir vor, als hätte ich gesagt. "ich gehe dann mal in urlaub". Als mein Vater gestorben war, kam da gar nichts, was tröstet. Unglaublich, als ob sie sich abgesprochen hätten, sagten sie am Telefon das übliche blabla und "nimm dir die Zeit, die du brauchst", um kurz darauf zu fragen, wann denn wieder mit mir zu rechnen ist. Das hat mich umgehauen. Ich war so enttäuscht und hatte das Gefühl "ein Menschenleben ist nicht mehr wert". Die Welt dreht sich einfach weiter, als ob nichts wäre. Genauso war es im Bekanntenkreis zum Großteil. So furchtbar und unglaublich! Und wie Klara so richtig schreibt: Als trauernde Tochter ziehst du glatt den Kürzeren. Wenn mir jemand begegnet, der tatsächlich mit mir darüber spricht, ist spätestens die zweite Frage: Und, wie geht es einer Mutter? Ok, das ist wichtig, ich weiß. Die Verbindung bestand zuerst und hat auch länger gedauert. Wir Kinder sind ein "Produkt" daraus. Aber der Punkt ist, das ich dadurch das Gefühl habe, die Leute gehen davon aus, ich empfinde keine Trauer. Aber vielleicht wird man zu empfindlich.
Ich habe auch bis zur fast letzten Minute nicht wahrhaben wollen, dass mein Vater tatsächlich stirbt. Als es soweit war, war es ein furchtbarer Schock, das Schlimmste, was für mich passieren konnte. Der Schock sitzt immer noch. Aber ich denke, das ist normal. Sorry, klingt doof, aber ist so. Ich weiß einfach,dass ich damit leben muss, egal was kommt. Ich habe mir auch ein anderes Fell zugelegt. Mit manchen spreche ich nicht mehr viel. Ich sondiere mehr aus, als vorher. Ich bin auf der einen Seite sensibler geworden (für die Menschen,die es verdienen), auf der anderen Seite härter (für die anderen). Und ich finde es ok. Andere machen ja schließlich auch, was sie wollen - wie wir alle feststellen mussten. Und dann ist da noch etwas, das sich verändert hat: Ich habe vor nichts mehr Angst. Ich denke, so verändert sich jeder auf seine Weise. Ganz sicher ist, dass es uns alle auf die ein oder andere Weise reifen lässt.
Ich bin sehr froh, dass ich dieses Forum gefunden habe, auch wenn ich lange gebraucht habe, mich anzumelden. War lange ein stiller Mitleser. Ich kann gar nicht sagen, wie mir das Forum in den ersten schlimmen Wochen geholfen hat und wie es das weiter tut. Das tut so wohl.
Ich hoffe, ich habe nicht zu wirr geschrieben. Ich schicke euch ganz, ganz liebe Grüße, lasst euch nicht ärgern und nicht unterkriegen und bleibt, wie ihr seid .
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  #5  
Alt 03.04.2007, 22:55
Sabitz Sabitz ist offline
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Beiträge: 150
Standard AW: Nachwirkungen

Hallo Ihr Lieben,

ich kann mich dem nur anschließen, da ich auch die eine oder andere Erfahrung mit unseren "lieben Mitmenschen" machen durfte. Einige kann ich etwas verstehen andere(von mir erlebte) weniger.
Liebe Klara,
auch ich habe nicht damit gerechnet, dass mein Vater wirklich sterben würde, selbst als die Befunde sich gravierend verschlechterten und man es meinem Vater auch deutlich ansah. Ich wollte mich dem drohendem Sterben nicht stellen, weil es nicht sein durfte! Ich konnte es nicht begreifen, dass es wirklich auf uns zukam! Ich hatte soetwas noch nie durchgemacht und das ist der Punkt! Die meisten Menschen, die dies nicht durchgemacht haben, können eben auch nicht damit umgehen; mit uns umgehen!!!
Das sich Alleinefühlen und auch das Ausgebranntsein kenne ich .Mein Vater ist seit 7 Monaten tot und immer noch fühle ich mich schneller erschöpft,mutloser, gereizt und antriebsärmer. Mit meiner Mutter kann ich aber immer wieder über meinen Vater sprechen, meistens am Telefon, weil wir weit entfernt voneinander wohnen. Im Freundeskreis wird es schwieriger, da muß ich mir
schon überlegen richtig zu dosieren um sie nicht zu überfordern oder zu
langweilen. In der ersten Zeit wurde mir aufmerksam und mit viel Anteilnahme zugehört, aber es wurde weniger und man fragt kaum noch wie es mir geht.
Ich habe es angenommen und kann es auch nachvollziehen, die "anderen" leben ihr "normales" Leben weiter. Die Gesellschaft verlangt es eben so, der Tod gehört nicht dazu und ist immer noch ein Tabuthema!
Ich denke, so war ich wohl auch und durch dieses"Schockerlebnis", das war es für mich, habe ich die Endlichkeit begriffen. Nichts ist mehr so wie es einmal war und es wird auch nicht "wieder", sondern "anders"!
Das mit "nur Tochter" habe ich nicht so erlebt. Eine Bekannte meinte sogar, es wäre für mich schlimmer, weil mein Vater und ich blutsverwandt sind. Das konnte ich so nicht annehmen, da es ja auch Stiefväter gibt, für die die Töchter empfinden, wie für leibliche Väter.
Die Trauer von Mutter und Tochter sollte man nicht vergleichen, denn die Intensität ist doch ähnlich. Meine Mutter ist (nun doch ein Vergleich) im Gegensatz zu mir aber allein, also sind die Umstände für sie schlechter, da ich
meine Familie habe. Das ist für sie unheimlich schwer allein zu sein. Dann kommt noch dazu, dass sie in ihrer Wohnung sehr viel mehr als ich bei mir zu Hause von schmerzhaften Erinnerungen umgeben ist. Wenn ich sie besuche und dort auch schlafe fühle ich mich auch immer total am Boden.
" Kinder", die ein Elternteil verlieren, konnte ich hier im Forum lesen fallen in
ein tiefes Loch, man verliert ein Stück Identität, ein Teil von uns stirbt mit!
Das kann ich nur bestätigen. Aber die Frage nach meiner Mutter, kenne ich
auch, habe sie aber nicht überbewertet.
Liebe Stef,
wie Du ja schriebst, haben Deine Freundinnen so einen Verlust noch nicht erfahren und können Deine Situation nicht nachvollziehen.
Ich habe Freundinnen, denen es schon so wie mir ergangen ist, aber auch sie sind nicht gewillt( spüre ich ) soviel Gesprächbedarf von mir über meinen Vater (den ich habe ) mit mir zu teilen. Ich denke, das liegt daran, weil sie wieder schmerzhaft an ihren schon länger zurückliegenden Verlust erinnert werden. Somit leistet mir das Forum hier gute Dienste.
Das ersetzt natürlich nicht immer das persönliche Gespräch und mir fehlt es auch öfters. Ich verstehe Dich da total!
Liebe Petrulla,
ja man wird sehr viel reifer, das kann ich nur bestätigen. Ich laß mich auch von "Kleinigkeiten", die ich als "banal" einstufe nicht mehr fertigmachen, denn wenn man so einen Verlust erlitten hat, gibt es weiß Gott wohl wichtigere Dinge, denen man seine Aufmerksamkeit widmen sollte.
Ich versuche auch mehr im Hier und Heute zu leben, als mich in die Zukunft zu träumen, denn eins habe ich voller tiefster Schmerzen begriffen, das so ein Verlust das ganze Leben in Frage stellt und wir sterblich sind.
Liebe Grüße und viel Kraft wünsche ich Euch Allen!!!
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  #6  
Alt 03.04.2007, 23:01
Benutzerbild von Beate'68
Beate'68 Beate'68 ist offline
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Standard AW: Nachwirkungen

Hallo Klara,

viele Deiner ‚Nachwirkungen‘ sehe ich auch bei mir – weniger wegen des Verlustes meiner Mutter als vielmehr wegen meines ersten großen Verlustes. Meine Lebensphilosophie, mein Menschenbild, meine Wertvorstellungen wurden durch meine Mutter wie auch durch den sehr frühen Tod meines Vater - nicht durch meinen Vater selbst – geprägt. Auch wenn mein Vater für mich ein Unbekannter ist, bin ich mir dessen schon lange bewußt, daß mein Leben in ganz erheblichen Maße eben durch seinen Tod geprägt wurde. Der Tod meiner Schwester tat dann noch das seinige dazu und festigte nochmals gewisse meiner Sichtweisen.

Interessant in den folgenden Postings zu Deinem Beitrag bzw. Deinem Beitrag selbst finde ich den Aspekt der Trauernden 2. Ordnung, den manche mit Enttäuschung tlw. Bitterkeit beschreibt: Sicher, oft sind wir, die Töchter/Söhne der Verstorbenen, die vergessenen Trauernden. Wir fühlen uns von anderen im Stich gelassen, sind enttäuscht von den Menschen um uns herum. Aber können wir uns wirklich absolut sicher sein, daß wir uns ohne den Tod unseres Vaters oder unserer Mutter nicht genauso verhalten hätten, wenn es jemandem in unserem Umfeld getroffen hätte? Die Bedürfnisse, die sich für uns aus solchen Lebenserfahrungen ergeben, kann m.E. wenn überhaupt nur jemand ermessen, der selbst schon mal Vergleichbares erlebt hat. Jeder von uns hier hat ganz individuelle Bedürfnisse als Folge seines jeweiligen Verlustes entwickelt. Diese lassen sich nicht verallgemeinern oder eine allgemeingültige ‚Gebrauchsanleitung‘ für die ‚Unwissenden‘ daraus ableiten. Selbst mit all ‚meinen Toten‘ (Vater, Schwester, Mutter + div. Verwandte) glaube ich z.B. nicht den Schmerz ermessen zu können, den jemand durchlebt, der sein Kind oder seinen Partner verloren hat – bei mancher Geschichte hier im Forum spüre ich trotz all meiner ‚Erfahrungen mit dem Tod‘ eine ganz enorme Hilflosigkeit. Die gleiche Hilflosigkeit spürte ich gegenüber meiner Mutter nach dem Tod meiner Schwester. Und vielleicht erlebt die eine oder andere diese Hilflosigkeit momentan ja selbst auch gegenüber dem jeweils noch lebenden Elternteil. Wie aber sollen dann die, die noch nie in ihrem Leben einen wirklich geliebten Menschen verloren haben, wissen, wie sie uns helfen können oder mit uns umgehen sollen? Erwarten wir da nicht zuviel gar Unmögliches von anderen – mitunter sogar selbst von unseren Partnern? Nicht in jedem um uns herum steckt ein Sigmund Freud o.ä., der in der Lage ist, das Thema entsprechend unseren Bedürfnissen zu behandeln.

Wir alle hier wissen, daß uns unsere jeweiligen Verluste geprägt haben. Warum soll aber unser Verlust die Menschen um uns herum so ändern, wie wir es wollen/erwarten ? Klara, Du hast eine auch mir bekannte Nachwirkung sehr treffend formulierte ‚Ich respektiere den Anderen, wie er sich eben darstellt.‘

Das Schicksal hat uns schwer getroffen, laßt uns trotz allem das Beste daraus machen!

Gruß
Beate

Geändert von Beate'68 (03.04.2007 um 23:38 Uhr)
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