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AW: Depressionen nach der Krebsbehandlung
Hallo Britta,
zu deinen Erfahrungen mit Klinikärzten und Psychonkologie zwei Anmerkungen aus meiner Erfahrung: Ganz schlimm ist IMHO, dass sich Ärzte in D kaum fortbilden - das ist ja auch nicht Pflicht. Und das deswegen Ärzte 'vom alten Schlag' nicht mehr als das wissen, was sie vor 30 Jahren gelernt haben - und es sich in der Praxis immer wieder selbst bestätigt haben, weil sie ja immer wieder die gleichen Therapien 'verschrieben' haben. Und was seit 30 Jahren 'funktioniert', muss ja wohl auch heute noch richtig sein... Ambulant ist das kein großes Problem: da sucht man sich halt bei Bedarf einen anderen Arzt. Stationär muss man aber mit den Ärzten auskommen, die einem vorgesetzt werden. Friss oder strib :-( Und ich bin - weil ich weder alles fressen noch sterben wollte - mehr als einmal aus der stationären Psychiatrie einfach rausgeworfen worden :-) Schon ein seltsamer Laden: die kümmern sich ja rührend um die Patienten, und wollen nur das beste... aber nur genau so lange, bis man als Patient Rückgrat zeigt und widerspricht. Dann heisst es: Wenn wir ihn nicht mit hochtrabendem Psychologen-Geschwätz so klein reden können, dass er sich anpasst - dann eben Zwangsabehandlung oder Rauswurf. Und ganz plötzlich endet die Verantwortung der Ärzte genau am Kliniktor :-( Ich erinnere mich noch gut an den ersten Rauswurf: Wegen Depris/Suizidalität da, teilte mir die Oberärztin bei der Visite mit, ich bekäme jetzt zusätzlich ein Neuroleptikum, weil ich immer 'so nervös' sei. Frage ich also nach dem Namen des Medikamentes (wurde mir sogar genannt) und dann nach Nebenwirkungen. Da guckt die Oberärztin absichtlich dumm, sagt nichts, sondern schaut eine _Krankenschwester_ fragend an. Und die stammelt dann irgendwas von 'ist uns nicht bekannt'. Aha, Stefan hört also die Nachtigall trapsen (und er hat ja nicht nur eine Frau, die im Erstberuf Krankenschwester ist, sondern 2 gute Freunde, die seit 25 Jahren in der Psychiatrie arbeiten) und macht sich kundig. Ergebnis: dieses Neuroleptikum war wegen massiver Nebenwirkungen schon seit Jahren nur noch zur Behandlung von Psychosen zugelassen, gegen die kein anderes Medikament wirkt :-( Das habe ich dann der Stationsärztin gesagt und mich beschwert. Dann kam der Knaller: ich wurde kurz darauf ins Büro der Oberärztin gerufen und durfte Platz nehmen. Mir gegenüber _stand_ im Halbkreis die versammelte Weisskittel-Mannschaft. Oberärztin, Stationsärztin, Stationspsychologe, 2 Schwestern, sogar die Praktikantin - und schauten auf mich herab. Und die Oberärztin beginnt das Tribunal mit dem Satz: "Sie behaupten also, ich lüge sie an !!!" Das ist der Moment, wo der normale Patient spätestens einknickt und angesichts der Übermacht der Doktoren zu Kreuze kriecht :-( Ich habe auch Blut und Wasser geschwitzt - aber hatte 10 Jahre Berufserfahrung an der Uni; wo ich jeden Respekt vor Prof. Dr. irgendwas, formalen Qualifikationen und Uniformen wie Talar oder Weisskittel verloren hatte. Und gelernt, mich nicht so einfach abkanzeln zu lassen, nur weil der andere 'von Amts wegen' meint, mir überlegen zu sein. Also antworte ich: "Nein, sie haben mich nicht belogen. Aber sie haben mir die Wahrheit verheimlicht. Ich habe gefragt, und sie haben sich um eine Antwort gedrückt. Und ich musste erfahren, dass dieses Medikament seit Jahren gegen Depris nicht mehr verordnet werden darf." Daraufhin geschahen 2 bemerkenswerte Dinge: Zum einen fangen die versammelten Untergebenen der Oberärztin an, mich mit Blicken zu erdolchen und rumzutuscheln (aber so laut, dass die Chefin es hört, natürlich): "Unverschämtheit, wie kann der nur, was erlaubt der sich eigentlich, der Oberärztin zu widersprechen..."). Feige Katzbuckler, die ihrer Chefin halt sonstwohin kriechen müssen - wofür gibt es sonst eine Hierarchie... Zum anderen antwortet die Oberärztin: "Woher wissen sie das ?" Auf Deutsch: sie wusste es, hat es dem Patienten aber nicht gesagt, und ist jetzt düpiert, dass der Patient es selbst rausgekriegt hat :-( Ich sage: "Das steht auf der Website des Medikamentenherstellers. Das kann jeder nachlesen, wenn er will." Und weil ich von Natur aus gerne provokant bin, konnte ich mir folgenden Nachsatz an die Oberärztin nicht verkneifen: "Wenn sie das Arzneimitteltelegramm, das regelmäßig auf ihrem Schreibtisch landet, wirklich lesen würden, dann wüßten sie das auch schon lange." Damit war mein Rausschmiss als 'therapierefraktär' natürlich besiegelt :-) So eine Bloßstellung konnte die sich nicht gefallen lassen (zumal die untersten Untergebenen sich schon das Kichern verkneifen mussten). Also sagt Frau Oberärztin, ich könne meine Sachen packen und müßte morgen nach Hause gehen. Und ich könnte jetzt (aus dem Büro) gehen. Ende der Unterhaltung. Weil ich aber gerade Oberwasser hatte, wollte ich das doch ein bischen auskosten, bin sitzen geblieben und fragte "Warum kann ich gehen - bin ich jetzt geheilt?". Antwort: "Wir können hier nichts mehr für sie tun." Ich: "Inwiefern?". Sie: "Wir können hier nichts mehr für sie tun." Ich: "Das verstehe ich nicht, können sie mir das bitte erklären?" Sie: "Wir können hier nichts mehr für sie tun." Ich: Was meinen sie damit genau?" Sie: "Wir können hier nichts mehr für sie tun." Ich: "Das verstehe ich immer noch nicht." Sie: "Wir können hier nichts mehr für sie tun." :-))) Und weil die gute Frau Oberärztin mittlerweile tiefrot angelaufen war, und das unterdrückte Kichern der Weisskittel-Knechte kurz vorm offenen Gelächter war, fand ich das einen guten Zeitpunkt, um einen souveränen Abgang hinzulegen :-) Lange Anekdote, kurzer Sinn: man überlebt als Patient in so einem Laden nur, wenn man a) gut informiert ist und b) die Traute hat, sich zu wehren. Und die haben nunmal viele der Patienten nicht - wie denn auch, wenn sie psychisch eh' schon auf dem Zahnfleisch gehen :-( Zweite Anmerkung, kürzer: Die Psychologen sind IMHO oft noch schlimmer, weil sie perfidere Taktiken haben. Mit ihren 100 Jahren Freud und Nachfolgern versuchen sie, einen dumm zu quasseln. Da gibt es dann keine Vorschriften oder Verbote - nein, natürlich nicht. Und wenn ein 35-jähriger Erwachsener sagt, dass er sich weigert, wie ein 8-Jähriger Laubsägearbeiten als 'Beschäftigungstherapie zu machen, dann heisst es: "Aha. Welches _Problem_ haben sie denn mit diesem therapeutischen _Angebot_ ?". Wobei das Angebot natürlich kein Angebot ist, sondern Zwang. Aber mit etwas Therapie-Erfahrung kommt man mit denen gut klar: einfach den Spiegel vorhalten - oder sie beim Wort nehmen. Der zweite, der mich rausgeworfen hat, war so ein Oberarsch von Psychotherapeut. Einer, der erst zufrieden war, wenn am Ende der Sitzung fast alle Patienten geheult haben. Nachdem ich 4 Wochen lang seine täglichen Gruppensitzungen mitgemacht hatte, habe ich ihn beim Wort genommen. Man muss als Patient in der Therapie ja immer offen und ehrlich sagen, was man empfindet - sonst kann die Therpaie ja nicht wirken, wenn man sich nicht darauf 'einläßt'. Also habe ich ihm irgendwann gesagt, was ich von ihm halte: dass ich ihn für einen zutiefst destruktiven Menschen halte, der seinen Beruf missbraucht, um seine Patienten leiden zu lassen, damit er sich besser fühlt. Und dass er am besten seinen Job hinwerfen und etwas anderes tun sollte, wo er anderen nicht so massiv schaden kann. Und selbst eine Psychotherapie machen sollte. Man ahnt es schon :-) Er hat mich daraufhin vor die Alternative gestellt: entweder entschuldige ich mich bei ihm in aller Form und vor der versammelten Gruppe für mein Verhalten (wofür? für die Ehrlichkeit, die er immer gefordert hat?), oder ich packe morgen früh meine Sachen und gehe. Ich bin dann lieber gegangen... Zitat:
Zitat:
Aber zwischen denen zu unterscheiden, die einem als Patient gut tun, und denen, die einen ausnutzen... das ist halt in diesem 'Markt' nicht so einfach. Weswegen ich nur hoffen kann, dass Sandra bei ihrem stationären Aufenthalt Glück hat mit ihren Behandlern. Bzw., wenn nicht, es rechtzeitig merkt und einfach nach Hause oder in eine andere Klinik geht. Zitat:
Das, was Talem geschrieben hat: "Warum, warum., warum……………" Das sind Gedanken, denen ich mich seit langem konsequent verweigere. Weil sie rückwärts gerichtet sind, und weil sie nicht helfen. Unter der Perspektive bleibt einem nicht mehr als Verzweiflung und Quälerei - weil man über Dinge grübelt, die einfach nicht mehr zu ändern sind. Deshalb bin ich auch immer sehr skeptisch, wenn Therapeuten sofort auf die 'Kindheits-Schiene' kommen. Es mag ja psychologisch sehr spannend sein, was da früher war, und warum das, und wie. Aber es ändert nichts daran, dass das, was wir beeinflussen können, nunmal Gegenwart und Zukunft sind. Über die Vergangenheit kann man endlos grübeln - aber ändern kann man sie nicht mehr. Und für mein Lebensglück und das meiner Frau spielt es keine Rolle, _warum_ nun jemand Krebs, Depris, oder beides, oder sonstwas hat. Nee. Was eine Rolle spielt, ist, wie wir heute und morgen damit umgehen, ohne zu verzweifeln. Und dem jetzigen und zukünftigen Leben möglichst viel Gutes abgewinnen !!! Sicher kann man aus der Vergangenheit lernen - aber man kann (oder sollte IMHO) nicht in ihr leben. Viele Grüße, Stefan |
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AW: Depressionen nach der Krebsbehandlung
hallo Stefan,
ich kann zwar zu diesem Thema nix beitragen, lese aber mit Interesse diesen Thread, vorallem deine Beiträge. Auch wenn es eher privat ist, kann ich mich grade nicht zurückhalten, dir zu sagen, dass ich deine Art einfach klasse finde! Ich denke, du kannst mit deinen weisen Worten aus jahrelanger Erfahrung viel beitragen und unterstützen. Ich finde Dich klasse und Hut ab, wie Du den "weißen Kitteln" an deren Nerven gegangen bist. Köstlich!! alles liebe für dich und deine Frau wünscht euch Schnuff |
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AW: Depressionen nach der Krebsbehandlung
Hallo,
Es halt mit Psychiatern / Psychologen wie überall im Leben: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Und: wer meckert, kriegt recht. Aber das Wehren ist nicht so einfach, wenn man psychisch eh' schlecht drauf ist. Das kommt dann mit der Erfahrung. Nach x mal Klapsmühle und dem y. Therapeuten sieht man die Dinge lockerer ;-) In Wahrheit ist es so, wie meine 'Lieblings-Schwester' Eva in der Klapse mal kalauerte: "Kennen sie den Unterschied zwischen ihnen als Patient und mir als Schwester?" Ich: "Hm... sie haben den weissen Kittel an ?!" Sie: "Das auch. Aber viel wichtiger: ICH HABE DIE SCHLÜSSEL :-)" Dass solche Kalauer leider kein Witz sind, sondern finsterste Realität, hat in D ein Briefträger namens Gerd Postel eindrücklich bewiesen: Der hat sich mit gefälschten Papieren für eine Stelle als Anstaltspsychiater beworben... und er wurde angenommen. Und hat dann als 'Dr. Dr. B.' (B wie Briefträger ;-) lange Zeit lange als leitender Oberarzt in einer großen psychiatrischen Klinik in Sachsen 'praktiziert'. Ohne, dass es jemals einem untergordneten Arzt, Psychologen, Pfleger oder Patienten aufgefallen wäre :-( Wenn das nicht so traurig wäre, müßte man sich vor Lachen wegwerfen... Viele Grüße, Stefan |
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AW: Depressionen nach der Krebsbehandlung
Hallo Ihr Lieben ! Ich hab grad mal etwas frei vom Klinikaltag und hab mir Eure Berichte zum Thema Depression angesehen. Ich bin jetzt seit 5 Wochen in der Psychatrie und mir tut es sehr gut,es war richtig,diesen Weg zu gehen,da ich jetzt gemerkt habe,das ich nicht alleine bin. Ich bin nicht die Einzige,die es nach der Krebsbehandlung erwischt hat,zwar in meiner Gruppe,aber nicht auf der Station.Sich auszutauschen,mal drüber reden zu können,hilft mit unwarscheinlich.Eure Berichte habe ich mit großem Interesse verfolgt und mich teilweise auch drin wiedergefunden. Ich bin zuerst auch den einfachsten Weg gegangen,alle 2 Wochen zum Therapeuten,Monate lang und drehte mich im Kreis,das war eigendlich eher ein weglaufen,als sich dem Ganzen zu stellen,da war aber noch mein kleiner Sohn,den ich nicht allein lassen wollte,aber damit habe ich ihm auch eine ganze Menge angetan,wie soll er ein glücklicher Mensch werden,wenn seine Mutter ihm das nicht beibringt und nurnoch schwarz/weiß sieht.Die Trennung ist hart,aber ich merke,das es mir jetzt schon besser geht und das läßt mich durchhalten.Ich hoffe,das dies auch eine Motivation ist und ermutigt,etwas gegen die Depression zu tun. Dieser Weg ist nicht leicht,aber ein Ausweg. Liebe Grüße Sandra
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AW: Depressionen nach der Krebsbehandlung
Hallo Sandra,
das klingt doch alles richtig gut. Ich freue mich, dass es Dir so gut geht. Leider sind Depressionen in unserer Zeit noch immer nicht "gesellschaftsfähig". Man hat höchsten mal "Depris", weil ein Pups quer hängt. Wer sich professionelle Hilfe holt, wird oft verständnislos belächelt und für die Kliniken und Ärzte gibt es die abwertesten Ausdrücke. Deshalb finde ich es immer klasse, wenn mal jemand berichtet, wie wichtig und gut eine solche Behandlung ist und wie wenig das mit "Klapse" zu tun hat. Ich würde mich freuen, wenn Du weiter berichten würdest. |
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Depression nach Chemo
Hallo ! Ich bin jetzt nach 4 Monaten Psychatrie,am Donnerstag entlassen worden. Mein kleiner Sohn kommt diese Woche wieder zu mir zurück und ich habe einen neuen netten Mann an meiner Seite,ich bin richtig froh,das ich diesen Schritt gemacht habe,denn sonst hätte ich mich wohl immernoch gequält. Mein neuer Partner wollte mich zuerst in Watte packen,weil er meint,das man nach dem Krebs und meiner Lymphknotenentfernung,ganz vorsichtig mit mir sein müsse,das hat sich jetzt aber gegeben,als er mehr Infos bekommen hat,nun geht er super damit um. Ich möchte Euch nur Mut machen,denn es kann auch nach dieser Diagnose alles gut werden. Liebe Grüße von Sandra und David
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AW: Depression nach Chemo
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Ich habe nicht mit Krebs gerechnet, der Krebs hat nicht mit mir gerechnet. Nicht mit meiner Phantasie, meiner Lernfähigkeit, meinem Überlebenswillen... Ursula Goldmann-Posch |
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