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  #1  
Alt 26.03.2006, 22:54
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo Dieter,

du hast länger nicht geschrieben. Wie geht es dir zur Zeit? Ich hoffe, dass du zwischendurch hin und wieder ein wenig Licht siehst.

LG
Andrea
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  #2  
Alt 27.03.2006, 12:54
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo Andrea,
schön, dass Du nachfragst, ich hätte mich aber auch in den nächsten Tagen wieder gemeldet.

Wie es mir geht?

Am Besten schreibe ich mal Auszüge aus meinem Tagebuch, ich habe gemerkt, dass mir das Schreiben ganz gut tut, obwohl ich nicht sagen kann, dass es mir gut GEHT!
Es ist ein ziemliches auf und ab!

14.03.2006
Gestern gings mir ziemlich besch....! Das Loch wurde immer tiefer, konnte mich nicht auf die Arbeit konzentrieren. Bin morgens schweissgebadet aufgewacht, habe wohl heftig geträumt, kann mich aber an nichts erinnern, vielleicht zum Glück.
Dieser unbekannte Traum muss mich wohl den ganzen Tag verfolgt haben.

Heute morgen, trotz wenig Schlaf ( habe bis 2 Uhr geschrieben ) wie neugeboren aufgewacht, Stimmung ein "na ja geht ja ganz gut"! Habe festgestellt, dass mir das gut tut!

Marina ist heute vor genau 8 Wochen gestorben, komisch diese Dienstage tun nicht weh.
Psycho-Doc: er hilft mehr sehr, bringt immer wieder neue Aspekte und Erkenntnisse, merke sie aber erst später.
Arbeit ging locker von der Hand!

Später dann Trauer-Café: fühle mich ganz wohl hier und angenommen, wieder ein paar neue Leute dabei.
Anschliessend Trauer-Gruppe 1. Treffen: auch hier angenehm, kann mich auf die Menschen einlassen, kennenlernen, sympatisch, freue mich auf das nächste Mal in 2 Wochen.

15.03.2006 Zukunft
"Die Vergangenheit ist unwiederbringlich, aber die Gegenwart ist euch überantwortet, und sie gleicht den ungeordneten Bausteinen, die zu Füßen eines stümperhaften Baumeisters liegen: An euch ist es, daraus die Zukunft zu gestalten." (Antoine de Exupéry)

Dieses Zitat beschreibt meine Situation und meine "Aufgabe"!
Meine Zukunftsperspektive mit Marina "alt werden" liegt wie ein Scherbenhaufen vor mir.Ich muss mir aus diesen Scherben eine neue zusammenbauen und es wir eine andere sein.


16.03.2006 Schöne Erinnerungen
Gestern war ich an Marinas Grab, musste mal wieder dorthin. Es ist ein Ort der Ruhe unter den vielen - leider noch kahlen - Bäumen. Hoffentlich wird es bald wärmer, damit dort viele bunte Blumen wachsen können.
Ich bin froh, dass ich diese Stelle gefunden habe, dass ich einen Platz gefunden habe, an dem ich mich mit Marina wohlfühle.
Ich habe heute gerne an sie gedacht, es tat auch nicht weh, es kamen viele schöne Erinnerungen an sie und ich bin froh, dass ich so viele schöne Jahre mit ihr verbringen konnte und durfte.

Es ist ein warmes Gefühl in meinem Herzen

18.03.2006 Marinas Kleider
Der Tag fing ganz gut an bis auf den leichten Brummschädel, war vielleicht ein Wein zuviel gestern! Dafür habe ich endlich mal bis 9.00 Uhr geschlafen.
Schönes Frühstück mit Tochter Jule und Anno!

Heute Nachmittag waren dann Marinas Mutter und Schwester da, um Marinas Kleidung auszusortieren. Es ist so unendlich viel! Sie haben 7 Müllsäcke voll mitgenommen und noch immer sind die Schränke voll. Marina hatte, was Kleidung angeht, wohl etwas Messi-haftes. Hoffentlich nehmen Jules Freundinnen viel mit, ich möchte am liebsten nichts wegwerfen oder Fremden geben.
Das Aussortieren war sehr anstrengend, sowohl pysisch als auch psychisch. Viele Sachen habe ich wiedererkannt und sie erinnerten mich an bestimmte Situationen, in denen Marina sie anhatte.
Schade, keiner meiner Freunde hat jetzt Zeit. Könnte jetzt ein wenig Ablenkung gebrauchen. Aber ich werde den Abend schon gut überstehen, auch mit den Schönen Erinnerungen an Marina.
Und werde noch ein bisschen an der HP schreiben.


Sch..., Marina fehlt!!!!
Ihr Lachen fehlt!!!


19.03.2006 Nachhänger
Der gestrige Tag hängt mir nach!
Die schönen Erinnerungen, die gestern beim Aussortieren von Marinas Kleidung da waren, tuen heute weh! Auch kommen die Bilder von Marinas Leiden wieder!
Ich vermisse Marina so sehr!
Ich möchte, dass sie da ist!
Ich bin traurig!
Ich weiss nicht, was ich heute machen soll!

Heute Mittag werde ich mit meinem Freund einen Spaziergang machen - hoffentlich wird das Wetter besser, im Moment ist alles grau in grau: ich will Sonnenschein!!!
Heute Nachmittag bin ich auf eine Geburtstagsfeier eingeladen. Ich weiss nicht, ob ich hingehen soll. Ich kenne zwar viele Leute, habe sie aber seit Marinas Tod nicht mehr gesehen. Was passiert? Ich glaube ich habe nicht die Kraft, mich dieser Situation zu stellen: Angesprochen werden auf Marinas Tod. Ich möchte Anteilnahme, aber kein Mitleid!
Oder fahre ich später am Abend hin?
Ich weiss es nicht!
Ich muss auch noch ins Büro, ein bisschen arbeiten.
Oder besuche ich jemand anderen?
Chaos im Kopf!! Bin unruhig, find keine Ruhe.
Möchte, dass der Tag vorbeigeht!

Marina du fehlst mir!
Ich weiss, dass Du nicht zurückkommst, aber trotzdem, mein Gefühl möchte was anderes.

20.03.2006 Ich bin traurig!
Ich bin traurig!

Ich bin traurig!

Ich bin traurig!

22.03.2006
Ich war gestern noch an Marinas Grab! Viele bunte Blumen, wie sie es mochte.
Mir geht es besser, bin eher melancholisch, mir fehlt das Kuscheln mit Marina. Ich werde mich jetzt im Bett einmummeln.

23.03.2006 Stich ins Herz
Ich war gerade in der Küche und habe die Spülmaschine leergeräumt. Als ich "Marinas Tasse" in den Schrank räumte wurde mir wieder mal bewusst, dass sie nie wieder aus dieser Tasse trinken wird. Die Bilder von Marinas Leiden und Tod kamen ganz plötzlich und mir mir blieb einen Moment das Herz stehen. Ich fühlte den Schmerz körperlich.

In den letzten Tage erlebe ich oft ähnliches, ich sitze im Büro und habe den Impuls, Marina mal eben anzurufen - so wie ich es oft getan habe -, habe auch schon den Hörer in der Hand gehabt... Oder ich komme nach Hause und denke, dies oder jenes muss ich unbedingt Marina erzählen oder das muss ich Marina mal fragen ,... Jedesmal spüre ich diesen Stich in meinem Herzen.

Hinterher klopft mein Herz ganz fest.

Und ich bin traurig!


24.03.2006 Wochenende: soll ich mich darauf freuen?
Was liegt an?
Eigentlich zu viel, oder doch zu wenig!
Noch nichts geplant.

-Fenster putzen
-Wohnung putzen
-Bügeln
-Auto endlich sauber machen
-Ikea fahren
-Papiere ordnen (Schublade läuft über!)
-Keller aufräumen
-Einkaufen
-Flur putzen
-Stadt gehen, bummeln

Samstag oder Sonntag:
-2tes Mal Marinas Kleidung aussortieren,
-mit Kalle Essen gehen,
-Thomas besuchen,
-mit Wolfgang Fahrrad fahren, wenn das Wetter gut ist und möchte abends gerne mit ihm ein bisschen rausgehen
-für mich sein
-Roni besuchen
-...

Möchte ALLES machen, aber auch gar nichts.

Mal sehen, was ich davon geregelt kriege.
Irgendwie machen die Wochenenden Angst, andererseits freue ich mich drauf, habe viel Zeit, aber nicht genug!?
Was mache ich mit meiner Zeit?
Ich will Alles auf einmal!

5 Wochen bis zum Urlaub! FREU, freu!!!!

25.03.2006 Fensterputzen und Nagellack
Gestern habe ich die Fenster geputzt! (Erfolgserlebnis!). Leider regnet es heute, ich hätte gerne die Sonne ungehindert in die Wohnung strahlen lassen!
Marina und ich haben es meistens gemeinsam mit viel Spass gemacht, gestern habe ich es alleine gemacht.
Wie viele Situationen gibt es, die noch erleben muss, die mich an diesen Verlust erinnern?

Gestern abend haben meine Tochter Jule und ihre Mutter Marinas Kosmetikschrank ausgeräumt. Zuletzt war Marinas "aktueller" Schminkkoffer dran. Jule sagte: "Das ist der Nagellack, mit dem ich Marinas Fingernägel das letzte Mal lackierte habe, als sie es nicht mehr alleine konnte."

Ich konnte mich gut an diese Situation erinnern:

Die Ärzte hatten versucht, Marinas Darmverschluss zu operieren. Sie konnten aber wegen der heftigen Verwachsungen nichts tun und haben sie "wieder zu gemacht". Sie sagten, dass sie nichts mehr machen könnten und Marina bald sterben würde. Marina hatte von der OP und dem Tag davor nichts mitbekommen, da sie wegen der heftigen Schmerzen sehr viel Morphium bekommen hatte. Nach der OP war sie 2 Tage nicht ansprechbar. Als sie dann am 2. Tag langsam zu sich kam, fragte sie, was passiert sei. Ich sagte ihr, dass die Ärzte versucht hätten, sie zu operieren, dass es nicht gelungen ist und dass wir nur noch wenig Zeit miteinander haben würden. Sie fragte: „Muss ich jetzt sterben?“ Ich sagte: „Ja, die Ärzte können nicht mehr tun.“ Ihre Reaktion: „Scheisse!“ Dann haben wir erstmal gemeinsam geweint.
Marina wollte einen Spiegel, den ich ganz schnell besorgte. Sie nahm ihn und sagte:“ Ich sehe ja aus wie ein Elefant!“ und lachte (Sie hatte eine Magensonde gelegt bekommen und der Schlauch kam aus ihrer Nase). „ Und meine Augenbraunen sehen auch Scheisse aus. Die muss mir Jule morgen zupfen, und dann kann sie mir auch gleich die Fingernägel lackieren“.
Am anderen Morgen zupfte Jule ihr die Augenbraunen und lackierte ihr die Fingernägel mit dem Nagellack, den sie gestern abend in der Hand hielt.

Marina wird nie mehr diesen oder einen anderen Nagellack brauchen.

26.03.2006
Der Tag gestern lief dann doch noch ganz gut, obwohl "der Nagellack" noch nachhing.
Ich habe noch ein paar Blümchen für die Fensterbank gekauft, Auto gewaschen und war in der Stadt bummeln.
Abends war ich noch mit Kalle schön essen und auf ein Bier.

Heute Nachmittag startet die 2. "Kleidung-Aussortierung". Ich hoffe, es geht mir besser als letztes Mal.

Schade, dass es wieder regnet, hätte gerne noch einen Spaziergang bei Sonne gemacht.

21:30 Uhr

Die "Aussortier-Aktion" hat 4 Stunden gedauert, und wieder ist ein Teil von Marina weg. Es geht immer mehr von ihr! Auf der einen Seite bin ich froh, andererseits tut es weh!


Mache ich das Alles zu schnell? Muss ich mir damit mehr Zeit lassen?

Aber ich brauche den Platz, ich will Platz haben für mich! Warum tut das so weh! Hoffentlich hört das bald auf!
Ich will nicht mehr, dass es weh tut!


Heute habe ich mir erstmal "frei" genommen.


Liebe Grüße

Dieter
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  #3  
Alt 27.03.2006, 13:27
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo Dieter,

geht es dir beim Lesen deiner Aufzeichnungen auch so, dass du dich gar nicht erinnern kannst, es so formuliert zu haben? Ich wundere mich manchmal, dass da Dinge stehen, die sich zwar genauso angefühlt haben, ich aber nicht mehr weiß, dass ich es bereits geschrieben habe. Ich glaube daran sieht man, dass durch diese Briefe ganz viel Unterbewusstsein zu Tage kommt. Ich denke, das ist sehr gut.

Was soll ich sagen, es erschüttert mich, meine Gefühle in deinen Aufzeichnungen zu lesen. Natürlich austauschbare Begebenheiten, kein Nagellack aber ein Anruf einer lieben Kundin, die es nach fast 18 Monaten noch nicht wusste.

Ich will alles auf einmal und doch nichts. Irgendwie weiß ich auch nicht, was ich will, raus? mich vergraben? Es ist einfach alles falsch.

8 Wochen, Chaos im Kopf. Es wird noch lange so sein.

Weißt du was mich gefreut hat? Dass du von deinem warmen Gefühl ums Herz erzählt hast. Wie schön, dass du es bereits fühlen kannst, auch wenn danach wieder der Absturz kommt und es sich dann eher wie Stein anfühlt, die Wärme ums Herz wird wiederkommen und bestimmt eines Tages bleiben.

Alles Liebe

Andrea
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  #4  
Alt 28.03.2006, 12:20
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo Andrea,

ich hatte gestern ja einen "Freien Tag". Und das war gut so!

Ich bin zu dem Entschluss gekommen, das "Weggeben" von Marinas Sachen weiter so schnell wie möglich fortzusetzten, mir ein paar wichtige Erinnerungsstücke an die Seite zu legen,und den Rest, den keiner möchte/benötigt wegzuwerfen bzw. erstmal im Keller zwischenzulagern.

Ich war gestern den ganzen Tag bewusst zu Hause - hatte mir frei genommen -, um mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Mir ist klar geworden, dass es egal ist, wann ich die Sachen wegtue, es tut mir immer wieder weh! Ich sage mir: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Ende ohne Schrecken!
Ich weiss, dass es schwer wird, aber ich weiss auch, dass ich diese "Nachlass"-Dinge ( u.a Erbschaft etc. ) schnell hinter mich bringen muss, mich behindert es, mich immer wieder mit den gleichen Dingen beschäftigen zu müssen!

Die Erinnerungen an Marina sind in meinem Herzen/meiner Seele und nicht in irgendwelchen materiellen Dingen!

Es war nicht leicht, den ganzen Tag alleine zu sein mit diesen Gedanken, aber es hat sich gelohnt.

Ich werde die Wohnung weiter "entrümpeln", den ganzen Kleinkram (Staubfänger etc.), der sich in den letzten Jahren angesammelt hat und irgendwo in der Wohnung, auf Fensterbänken oder so rumstehen, wegtun. Das trifft auch auf meine "Erinnerungsstücke" zu, die ich/wir aus den vielen Urlauben (irgendwelche Steine, Reiseandenken und auch Geschenke) mitgebracht haben.

Beschränkung auf das Wesentliche!

Ich brauche klare Strukturen!

Das Aufschreiben meiner Gedanken (Tagbuch) hilft mir, meine Gedanken zu ordnen und über meine Gefühle und Gedanken zu reflektieren, was passiert gerade mit mir, wo stehe ich, wo will ich hin. Vielleicht bekomme ich damit das nervige Chaos im Kopf etwas in den Griff?!

Und vielleicht helfen "klare Srukturen".

Es wird weiter dieses Auf-und-Ab geben, da bin ich mir auch sicher, aber die kleinen Lichtblicke geben mir die Zuversicht und die Hoffnung, dass sich die schönen Momente mit diesem warmen Gefühl durchsetzen.

Vielen Dank für Deine Gedanken und

Liebe Grüße

Dieter
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  #5  
Alt 28.03.2006, 14:55
Anemone Anemone ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo lieber Dieter,
Deine Gedanken im Zusammenhang mit dem Tod Deiner lieben Marina gleichen in so vielem genau dem, was ich momentan empfinde (mein Mann starb im Januar). Es ist tröstlich, dass es anderen Menschen genauso geht wie mir. Ich möchte auch so vieles "umkrempeln", habe viele Ideen, aber dann fehlt mir einfach die Kraft, das alles umzusetzen.
Kleider und Schuhe habe ich vor ein paar Tagen weggegeben. Es fiel mir schon arg schwer, das zu tun, aber Du hast Recht: Die Liebe und die Erinnerung hat man im Herzen und nicht im Kleiderschrank. Und je länger ich warte, um so schwerer wird es...
Meine Stimmungen sind auch sehr unterschiedlich. Manchmal bin ich ganz zuversichtlich, kann sogar ab und zu mal so etwas wie Freude empfinden. Dann wieder denke ich, dass ich dieses "neue Leben" einfach nicht schaffen werde und bin ziemlich verzweifelt.
Aber ich denke, dass ich irgendwann genug Kraft gesammelt habe, um alles wieder auf die Reihe zu bekommen.
Viele liebe Grüße und alles Gute für Dich und alle anderen, die betroffen sind,
Anemone
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  #6  
Alt 05.04.2006, 11:24
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Ort: Münster
Beiträge: 28
Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo,

ich möchte mich mal wieder melden!

Hier wieder einige Auszüge aus meinem Tagebuch:

"

28.03.2006 klare Strukturen!
Erstmal vielen Dank für die Mails und GB-Einträge, die ich zum Thema "Aussortieren" erhalten habe. Sie haben mir geholfen, das "Weggeben" von Marinas Sachen weiter so schnell wie möglich fortzusetzten, mir ein paar wichtige Erinnerungsstücke an die Seite zu legen,und den Rest, den keiner möchte/benötigt wegzuwerfen bzw. erstmal im Keller zwischenzulagern.

Ich war gestern den ganzen Tag bewusst zu Hause - hatte mir frei genommen -, um mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Mir ist klar geworden, dass es egal ist, wann ich die Sachen wegtue, es tut mir immer wieder weh! Ich sage mir: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Ende ohne Schrecken!
Ich weiss, dass es schwer wird, aber ich weiss auch, dass ich diese "Nachlass"-Dinge ( u.a Erbschaft etc. ) schnell hinter mich bringen muss, mich behindert es, mich immer wieder mit den gleichen Dingen beschäftigen zu müssen!

Die Erinnerungen an Marina sind in meinem Herzen/meiner Seele und nicht in irgendwelchen materiellen Dingen!

Es war nicht leicht, den ganzen Tag alleine zu sein mit diesen Gedanken, aber es hat sich gelohnt.

Ich werde die Wohnung weiter "entrümpeln", den ganzen Kleinkram (Staubfänger etc.), der sich in den letzten Jahren angesammelt hat und irgendwo in der Wohnung, auf Fensterbänken oder so rumstehen, wegtun. Das trifft auch auf meine "Erinnerungsstücke" zu, die ich/wir aus den vielen Urlauben (irgendwelche Steine, Reiseandenken und auch Geschenke) mitgebracht haben.

Beschränkung auf das Wesentliche!

Ich brauche klare Strukturen!


29.03.2006 2 leere Sonnenliegen
Gestern gings mir ganz gut, der Montag hat mir anscheinend gut getan!

Gestern war wieder Trauergruppe, ich hatte mich darauf gefreut, leider waren 2 Mitglieder nicht da!
Schade! :-((

Thema war: Suche Dir unter den ausliegenden Postkarten die aus, die Deine Trauer am Besten darstellt! Ich habe mir spontan das Bild mit den 2 Sonnenliegen ausgesucht. Als ich mich in dieses Bild vertiefte, packte mich eine tiefe Traurigkeit und ich musste heftig weinen. In diesem Moment wusste ich, dass es das Bild ist, das MEINE Trauer sehr gut darstellt.

Die Gedanken die bei mir beim Betrachten des Bildes kamen und auch heute kommen:
Marina und ich haben in unseren Urlauben häufig auf solchen Liegen (oft auch nur im Sand) in der Sonne gereckelt.

Jetzt sind diese Liegen leer, sie stehen einsam und allein im Sand, es scheint keine Sonne und es ist kalt, sie berühren sich nur ganz wenig an den Fussenden; die Liegen sind hart, es gibt nichts Weiches und Kuschliges, der Sand sieht auch kalt aus, eine Liege steht wackelig auf nur 3 Beinen, das ganze Bild hat nichts Warmes, ich fühle Kälte, ich vermisse die Wärme dieses Ortes.

Diese Liegen warten dort auf 2 Menschen, die Lachen und sich freuen, die "Leben" geniessen, ich möchte mit Marina dort in der Sonne liegen und lachen und "Leben" geniessen.
Ich möchte mit Marina an diesem Strand sein!

Schade, es wird nie mehr sein, das Marina und ich am Strand auf 2 Liegen (oder auch nur im Sand) nebeneinander in der Sonne liegen und lachen und uns freuen und "Leben" geniessen!


30.03.2006 Ausgeglichenheit
Ich fühle mich seit Montag recht ausgeglichen.
Ich kann trauern, aber es überwältigt mich nicht mehr so sehr und ich kann dieses Gefühl akzeptieren.

Ich denke viel an Marina, kann mir die Bilder bewusst "holen"! Ich kann traurig sein, den Verlust spüren, ich kann mich auch ansatzweise an schöne Dinge erinnern, die mich ebenfalls traurig machen, aber nicht mehr so schmerzen.

Ich habe nicht mehr so viel Angst, alleine zu sein. Ich lasse es mehr auf mich zukommen. Mir hat der "freie" Montag mehr Sicherheit gegeben, mit mir alleine sein zu können und das auch zu nutzen.

Wichtig ist für mich, die "Nachlass-Sachen" schnell zu regeln, um den Kopf frei zu bekommen. Ich merke, dass mich das sehr behindert und viel beschäftigt.

Ich hoffe, dass bis zum Urlaub am 29.4.06 das erledigt ist!

Die Trauerlöcher werden bis dahin sicherlich wieder auftauchen, aber ich weiss mittlerweile, dass sie nicht von Dauer sind.


Auf Sonnenschein folgt Regen folgt Sonnenschein!


31.03.2006 Wo bleibt die Zeit?
Als ich heute morgen aufgewacht bin, stellte ich mit Schrecken fest, dass schon wieder Freitag ist. Schon wieder eine Woche rum. Ich habe das Gefühl, dass mir die Zeit wegläuft, dass ich keine Zeit habe.
Ich möchte so viel machen, aber ich habe keine Zeit!
Ich kriege meine Termine nicht mehr unter einen Hut, merke, dass ich mehr Zeit für mich möchte, aber auch dass ich mehr Zeit mit meinen Freunden/Bekannten verbringen möchte.
Prioritäten setzen!
Was ist wichtig?
Eigentlich fühle ich mich doch ausgeglichen!
Was ist los?

17:30

ich sitze gerade mit meinem Laptop auf dem Sofa, höre schöne Musik (Blank&Jones "Relax 2"), die Sonne scheint warm ins Zimmer - gut, dass ich letztes Wochenende die Fenster geputzt habe, bin zwischendurch weggenickt, Entspannung pur - die Musik lässt meine Gedanken fliessen.

Ruhe geniessen - Wegfliegen - 4 Wochen noch - Formentera, unbekannte Insel - Sonne- Strand - Gedanken an vergangene Urlaube - Wärme hüllt mich ein - was erwartet mich? - was erwarte ich - ich freue mich!

Die richtige Musik ist im richtigen Moment etwas sehr schönes Befreiendes!


01.04.2006 "Jetzt warst Du lange genug fort, es wird Zeit, dass Du wiederkommst"
"Jetzt warst Du lange genug fort, es wird Zeit, dass Du wiederkommst".

Mit diesem Gedanken bin ich heute morgen aufgewacht!

Letzte Nacht habe ich sehr unruhig geschlafen, war auch erst spät im Bett ( Durch die spontane DoKo-Einladung war der Abend doch länger als gedacht. ) Ich habe auch wieder geträumt, kann mich aber nur schemenhaft an den Trauminhalt erinnern. Irgendwie hängt mir die Nacht und der erste Gedanke den Tag nach.

Heute Nachmittag bei IKEA mit meiner Tochter:
Ich habe mir eine neue Küchentischplatte gekauft und mich mal umgesehen nach Kleiderschränken und Sideboards. Leider entsprach nichts meinen Vorstellungen. Oft habe ich mich dabei bei dem Gedanken ertappt: "Was würden Marina UND mir gefallen?" Es hätte mir mehr Sicherheit gegeben, wenn wir ZUSAMMEN dort geschaut hätten.

Ich würde meinen Seeelenzustand mit Wehmut bis Sehnsucht beschreiben, und ich merke, dass ich ziemlich "nahe am Wasser gebaut" habe.


Ich vermisse Dich
und es scheint mir unmöglich, ohne Deine Anwesenheit zu leben.
Weil ich Dich liebte,
habe ich Dich so sehr gebraucht.
Und jetzt will ich lernen,
Dich zu lieben,
ohne Dich an meiner Seite zu haben.
(René Juan Trossero)

Wieso bin ich immer diesen Gefühlschwankungen ausgesetzt zwischen der Zuversicht und dann wieder diesem Pessimismus?
Wieso ist nichts stabil in meinen Gefühlen?
Wo ist die Ruhe?

Ich finde meine Mitte nicht!


4 Wochen bis zum Urlaub!


03.04.2006 Aussortiertag 3 - Misstrauen
Gestern, war Aussortiertag 3!

Marinas Kleidung nochmal aussortieren!
Meine Kleidung aussortieren!
Marinas Bücher aussortieren!

Es wird weniger!

Heute kommen nochmal 2 Frauen und suchen sich Kleidung, Bücher und Kosmetik aus.

Ich hoffe, dass nicht mehr so viel übrig bleibt!

Ich habe mich entschlossen, gut erhaltene, "teuere Kleidung" von Marina in einen 2.-Hand zu geben., der Rest geht an eine Jugendhilfeeinrichtung!

Ich bin froh, wenn das alles abgeschlossen ist!

Warte jetzt noch auf den Rentenbescheid.
Die Erbschaft muss noch abgeschlossen werden.
Steuer 2005 muss noch gemacht werden. Davor graut es mir (nochmal in Marinas Unterlagen wühlen!)

Gefühlsmässig geht es mir ganz gut.

Zur Belohnung gab es gestern abend bei Freunden meiner Tochter "mexikanisch", Hühnchen in Schokoladensoße, Reis und schwarze Bohnen -lecker.
Anschlissend noch "Uno" gespielt.
Wir hatten viel Spass und ich konnte viel lachen.
Zwischendurch an Marina gedacht, aber auch mit einem Lächeln im Gesicht, mir fielen andere Spielsituationen mit Marina ein und ich habe sie "am Tisch sitzen sehen" und WIR hatten Spass, sah Marina lachen und fluchen!
Die "schlechten Bilder" konnte ich gut an die Seite schieben.

Ich misstraue diesem Gefühl!!

Darf das sein?

Darf ich...


04.04.2006 11 Wochen
Marina ist heute vor 11 Wochen um 6.55 Uhr gestorben!

Es hat sich was verändert!

Was hat sich verändert?

- Ich akzeptiere ihren Tod
- Ich kann besser alleine sein
- Die ganz tiefen Löcher kommen seltener
- Ich denke öfter mal mit einem Lächeln an Marina
- Ich blicke mit mehr Zuversicht in die Zukunft
- Es gibt ein paar Dinge, auf die ich mich freue
- Die schrecklichen Bilder des Krebses tauchen nicht mehr so häufig auf, ihr Leiden ist nicht mehr so present
- Ich sehe Marinas Lachen und freue mich über ihr Lachen
- Die schönen Momente stehen zur Zeit im Vordergrund
- Mein Leben wird normaler


Ich kann es nicht ändern, dass Marina diese Krankheit bekommen hat! Ich/wir hatten uns ein gemeinsames Leben bis zum Tod vorgestellt. Das haben wir gelebt. Marina ist als Erste gegangen. Es war zu früh, weil wir nicht gemeinsam alt werden konnten. Jetzt werde ich ohne Marina alt.
Es ist nicht das, was ich mir gewünscht habe.


Aber das ist die Realität!

Ich kann sie nicht ändern, so sehr ich es mir auch wünsche!

Wir hatten ein schönes gemeinsames Leben, wir haben uns geliebt.
Ich habe Marina geliebt, wie ich vorher noch nie eine Frau geliebt habe.
Marina hat mein Leben bereichert und ich habe viel von ihr gelernt.
Das werde ich nie vergessen, es war fast ein Drittel meines Lebens, das ich mit ihr verbracht habe, verbringen durfte. Ich bin ihr dankbar für diese schöne Zeit.

Ich vermisse sie sehr oft, ihr Lachen, ihre Zärtlichkeit, ihre Lebenslust, ihren Lebensmut, ihre Kritik, ihr Macken, ihre Launen - sowohl die schönen als auch die nervigen, Ich vermisse die Gespräche mit ihr, die stillen Moment mit ihr.

Ich vermisse Alles, was Marina ausgemacht hat!

Mir bleiben die Erinnerungen an diese schöne und ausgefüllte Zeit und diese Erinnerungen möchte ich nicht vermissen!

"

Liebe Grüße

Dieter
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