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  #1  
Alt 10.03.2008, 01:20
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Myriam

Eigentlich wollte ich hier ihren Lebensweg beschreiben. Habe aber alles wieder gelöscht. Statt dessen könnt ihr hier die Ansprache des Pfarrers auf ihrer Beerdigung lesen, nichts könnte sie besser beschreiben.

Traueransprache Myriam Lang

Liebe Familie, liebe Angehörige, liebe Freundinnen und Freunde der Verstorbenen.

Myriam Lang war in ihrem Leben, wie mir scheint, eine starke, aber sich nicht aufdrängende Frau, klein von Wuchs, etwa 1,60 m gross, aber voller Energie. Sie konnte sowohl das Gute, Leichte annehmen, das ihr wiederfahren ist, als auch das Schwere. Nichts drückt das so aus wie der Spruch, den sie sich bewusst für ihre Traueranzeige ausgesucht hat:

"Die Schutzengel fliegen manchmal so hoch,
dass wir sie nicht mehr sehen können,
doch sie verlieren uns nie aus den Augen."


Was für ein Bild vom Leben entwirft dieser Spruch! Es ist ein buntes, frohes Bild, das ein wenig auch Myriam's Leben und ihre Art zu leben wiederspiegelt.

Nehmen sie nur die Blumen und den Garten, ein Raum voller Farben und Leben, die sie liebte. Sie hatte den "grünen Daumen", und diesen hat sie auch ihrer Tochter Vanessa vererbt, die heute als Floristin arbeitet.

Aber nicht nur für Pflanzen hatte sie ein Händchen, sondern auch für Kinder. Über 10 Jahre lang hat sie in Ludweiler das Kleinkinder- und Kinderturnen geleitet, und das mehrmals die Woche. Sie hat sogar extra dafür Lehrgänge besucht. Sie konnte gut mit Kindern umgehen - und Kinder liebten sie! Mit 10 Kindern hatte sie im Turnen angefangen, und später waren es auch schon mal 40. Diese Zahlen sprechen für sich.

Auch zu Hause waren immer gerne Kinder bei ihr. Die Freundinnen und Freunde ihrer beiden Töchter waren stets daheim willkommen, und die kamen auch dann noch vorbei, als die Kinder schon ausgezogen waren!

Ihre beiden Töchter und die Enkelinnen und überhaupt die ganze Familie lagen ihr immer am Herzen. Jeder konnte zu jeder Zeit zu ihr kommen, und sie hat geholfen, wo sie konnte.

Sie hat sofort gemerkt, wenn es jemandem nicht gut ging. Da konnte man ihr nichts vormachen. Man konnte zwar sagen: "Mir geht's gut.", doch sie spürte, ob das der Wahrheit entsprach oder nicht, denn sie war mitfühlend, sensibel. Sie hatte im Umgang mit Anderen wirklich Fingerspitzengefühl.

Die Eigenschaft, mitfühlen zu können, zeigte sich dann auch noch an einem anderen Punkt in ihrem Leben, nähmlich wenn sie geholfen hat, ihre pflegebedürftige Grossmutter zu pflegen um ihre Mutter zu entlasten. Aber auch über die Grenzen der Familie hinaus hat sie den Menschen, so gut es ging, unter die Arme gegriffen. Für mehr als eine ältere Person in der Nachbarschaft hat sie zum Beispiel, wenn diese nicht mehr konnten, geputzt.

Wie eben schon gesagt, war ein grosser Schwerpunkt in ihrem Leben ihre Familie: ihre Kinder und Enkelinnen - und ihr Mann. Ihre Frau hat sie, Herr Lang, von ganzem Herzen geliebt, und sie haben ihre Frau von ganzem Herzen geliebt. Sie haben sich gegensetig gestützt, sie haben sich gegenseitig ergänzt. Sie bildeten eine Einheit, sie haben nie etwas auf den anderen kommen lassen.

Sehr gut ist ihnen noch das Datum in Erinnerung, an dem sie ihre Frau zum ersten Mal gesehen haben. Das war damals nicht geplant, sondern eher ein Zufall, als sie sich am 21.12.1971 über den Weg gelaufen sind. Sie hatten eine Party bei sich veranstaltet, und eine gewisse Myriam Schwarz kam in Begleitung einer ihrer Bekannten auf das Fest. Es war bei ihnen beiden Liebe auf den ersten Blick, und so kam es dann, dass am 31.8.1973 aus Myriam Schwarz Myriam Lang wurde. Und sie, lieber Herr Lang, wurden, ich sage das mit einem Schmunzeln, zu "Myriam sein Mann".

So lebte Myriam Lang ihr Leben, das bunt und hell sein konnte, das aber auch seine dunklen bis schwarzen Abschnitte hatte. Am vergangenen Sonntag ist dieses Leben zu Ende gegangen.

Und was kommt nun?

Ich habe in der Bibel einen Spruch gefunden, der mir wie kein anderer zu Myriam Lang zu passen scheint, denn er drückt die Zuversicht aus und Hoffnung. Hätte Myriam Lang diese Worte sprechen können? Sie heissen:

"Du wirst mich nicht dem Tode überlassen"
(Pslam 16,10)


Ein fröhlicher, zuversichtlicher Mensch spricht diese Worte. Es ist ein Mensch, der das Leben - und Gott - lobt, der nicht daran zweifelt, dass Gott es gut mit ihm meint. Vieleicht würde uns der Mensch erzählen, dass er, solange er lebt, immer wieder dem Tode entronnen ist. Und darum ist er auch gewiss, dass auch zukünftig der Tod nicht das letzte Wort über ihn haben wird.

Lassen sie uns Myriam Lang in die Hände Gottes legen und sie ihm abgeben, dass er das Seine tue. Er ist frei, auch die Toten, diejenigen, die er ins Leben gerufen hat, nicht dem Tod zu überlassen, sondern sie in ein neues Leben zu rufen.

Bei ihm ist Myriam Lang gut aufgehoben. Sie ist bei ihm, und bei Gott wird sie leben, denn der Gott des Lebens wird sie nicht dem Tod überlassen.

Amen.



Ich durfte für genau 36 Jahre, 2 Monate und 3 Tage sie auf ihrem Weg begleiten. Danke!

Euch allen Gottes Segen und eine gute Nacht

Helmut
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  #2  
Alt 10.03.2008, 19:11
Ela4811 Ela4811 ist offline
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Standard AW: Myriam

Lieber Helmut,

ich kannte deine Frau nicht, aber die Ansprache war sehr bewegend und mir kamen die Tränen.

Deine Frau war eine außergewöhnlich Frau. Und leider sind es immer die Menschen, die anderen helfen und ihre eigenen Bedürfnisse zurück stecken, die früh von uns gehen müssen.

Ihr alle wart immer für sie da bis zu ihren schwersten Stunden.

Ich wünsche dir viel Kraft

Ela
__________________
Mam
* 18.06.1949 + 08.01.2008

Wenn wir Dir auch die Ruhe gönnen,
ist voller Trauer unser Herz;
Dich leiden sehen und nicht helfen können,
das war unser größter Schmerz.

Ich werde Dich ewig lieben!!!
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  #3  
Alt 10.03.2008, 22:41
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HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Myriam

Danke, Ela!

Heute Abend möchte den 2-ten Teil der Ansprache hier niederschreiben. Ich habe ihn selbst verfasst, der Pfarrer hat ihn dann vorgelesen. Ich hätte es nicht gekonnt.

Für Myriam

Wir alle kennen Myriam. Sie war eine starke Frau und trotzdem leise. Ohne viele Worte hat sie das getan, was sie tun musste. Sie hat ihr stilles, erfülltes Leben gelebt und war immer für andere da. An sich selbst dachte sie zuletzt.

Wenn wir gleich nach draussen gehen, so tun wir das bitte so, wie sie gelebt hat. Still und leise.

Einen Wunsch hätte ich noch:
Bestimmt kennt jeder von euch einen Menschen, dem ihr gerade heute ein liebes Wort, eine liebe Geste schenken könnt. Macht es ihr zum Gedächtnis. Vielleicht wird dadurch diese Welt ein winziges Stückchen wärmer.

Dank an alle, die ihr heute diese letzte Ehre erweisen.

Helmut

27. Februar 2008

Geändert von HelmutL (14.04.2012 um 20:06 Uhr) Grund: Redaktionelles
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  #4  
Alt 10.03.2008, 23:28
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Daumen hoch AW: Myriam

Am Mittwoch, oder Donnerstag, letzte Woche hatte ich mich nach dem Mittagessen auf unsere Couch im Wohnzimmer zum Ruhen hingelegt. Ich war fast eingeschlafen. Erschrocken fuhr ich hoch, das Herz schlug mir bis zum Hals: ich habe Myriam rufen hören. Nicht von innen, aus dem Gedächtnis. Sondern von aussen, mit den Ohren. Ich hatte vorher auch nicht an sie gedacht. Ich weiss nicht, wie ich es sonst beschreiben soll.

Der Ruf klang nicht ängstlich oder verzweifelt, sondern ganz normal, wie sie mich immer rief, wenn sie mit mir reden wollte.

Ich bin mir absolut sicher diesen Ruf gehört zu haben. Obwohl ich mich zurücklegte und ganz leise war und lauschte, nichts war mehr zu hören. Auch nicht in meinem Innern.

Helmut
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  #5  
Alt 11.03.2008, 00:03
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Daumen hoch AW: Myriam

Auf einer Kommode in unserem Wohnzimmer steht eine kleine Madonna. Aus Holz geschnitzt, in einer kleinen, angedeuteten Felsenlandschaft. Davor steht, auf nacktem Stein, ein kleines Teelicht. Hinter der Madonna eine Ranke mit kleinen weissen Blüten. Daneben eine dicke weisse Kerze mit einem aufgelegten blau/goldenen Kreuz.

Von der Couch aus, wo sie die letzten Wochen geschlafen hat, konnte man die Madonna sehr gut betrachten.

Oft habe ich gesehen, wie Myriam dort sass und betete. Oft sah ich in ihrem Gesicht Verzweifelung und Angst und Tränen. Manchmal aber auch Frieden. Sie hat mir nie erzählt was sie dabei dachte. Ich kann es nur erahnen. Wahrscheinlich hat sie meistens für andere gebetet. Für unsere beiden Töchter, unsere beiden Enkelinnen, für mich. Dass Gott ihr noch Zeit schenken möge, die Kinder zu sehen, die unsere Jüngste mal haben will. Dass sie, wenn es denn soweit ist, friedlich und ohne Schmerzen gehen darf?

Diesen letzten Wunsch hat Gott ihr erfüllt, wenn auch früher als wir es uns gedacht haben.

Manchmal haben wir auch gemeinsam auf der Couch gesessen. Sie müde und erschöpft in meinem Arm. Und wir haben beide gebetet, jeder für sich, wahrscheinlich jeder für den anderen.

Gute Nacht

Helmut
Angehängte Grafiken
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Geändert von HelmutL (11.03.2008 um 21:22 Uhr) Grund: Bild eingefügt
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  #6  
Alt 03.01.2010, 20:22
Benutzerbild von Conny2712
Conny2712 Conny2712 ist offline
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Standard AW: Myriam

Lieber Helmut,
auch ich habe meinen Mann rufen gehört. Nicht im Traum, sondern in der Realität.
Ich ging zur Arbeit. Auf einmal hörte ich meinen Namen. Er rief "Conny". Ganz normal, wie er immer gerufen hat. Ich habe es schon einige Male gehört. Ich finde es schon merkwürdig.
Ich glaube, dass sie da sind und auf uns aufpassen. Man hat manchmal komische Erlebnisse.
Aber es hat einige Ereignisse gegeben, da habe ich gedacht, du warst bei mir und hast
dafür gesorgt, das es klappt. So war es mit meinem Auto. Ich mußte ein neues haben.
Da ich ein Automatic-Fahrzeug brauchte, er hat komischer weise dafür gesorgt, das ich genau so ein Auto gefunden habe. Schon merkwürdig.
__________________
Francis *11.09.49 + 16.03.2009
Nichts wird mehr sein wie es war. Wir suchen dich oft und hatten gehofft, die Tür geht
auf. Du kommst herein und alles wird wie früher sein. Wenn Liebe könnte Wunder tun und Tränen Tote wecken, so würde dich schon lang nicht mehr die kalte Erde decken
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