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  #61  
Alt 11.10.2010, 09:21
Hoffnung09 Hoffnung09 ist offline
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Standard AW: Junge Hinterbliebene

Finde keine Worte.....

Lass euch alles ganz fest drücken.

Irgendwann, irgendwo sehen wir unsere LIEBSTEN WIEDER.

Stille Grüsse

Finde zur Zeit die Kraft auch nicht.

Glaube an Himmel und Hölle. Unsere Liebsten sind im Himmel und in der Hölle leben wir!
__________________
Wenn du bei Nacht in den Himmel schaust,
wird es dir sein, als lachten alle Sterne,
weil ich auf einem von ihnen wohne,
weil ich auf einem von ihnen lache.
(Antoine de Saint-Exupery)

Euer Matthias 6.3.05 - 22.4.10

(3.4.10)

Geliebt, vermisst und unvergessen.
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  #62  
Alt 26.10.2010, 14:04
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luna83 luna83 ist offline
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Standard AW: Junge Hinterbliebene

Hallo Ihr lieben,

schon sehr lange her das ich hier reingeschaut habe. Viel geschehen in letzter Zeit.

Herzi, schön von dir zu lesen!
Mir gehts genauso wie dir... ein auf und ab... schrecklich. Und je näher der Todestag rückt desto schlimmer wird es wieder für mich. Das kann doch nicht sein das es schon fast 1 Jahr her ist?? Ich denke immer wieder daran zurück. Und auch die schrecklichen Bilder holen mich immer wieder öfters ein. Gehört das dazu?
Vor was ich am allermeisten Angst habe ist Weihnachten.Ich hab keine Ahnung wie ich das überleben soll. Am liebsten würde ich mich echt vergraben. Aber man hat ja keine Chance einfach so zu tun als ob nichts wäre... Weiß noch gar nicht wie ich das hinkriegen soll.

Knuddel dich ganz fest und würd mich freuen bald von dir zu lesen!!


LG luna
__________________
Papa 1954-1984

Mama *1955-2009

2006 rez Mamma CA mit Skelettmetastasen

29.12.09 meine Mama ist für immer eingeschlafen so schnell


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  #63  
Alt 28.10.2010, 22:12
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Angel82 Angel82 ist offline
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Standard AW: Junge Hinterbliebene

Hallo,

mein Name ist Katja und ich bin 27 Jahre. Ich habe meinen Papa am 21.08.2009 verloren. Im Februar 2009 haben wir die Diagnose Lungenkrebs bekommen und von da an fing sein Leiden an. Metastasen OP am Hirn. Danach konnte er nicht mehr essen, nicht mehr laufen. Er bekam einen Rollstuhl und wurde immer schwächer. Meine Mama hat ihn die ganze Zeit zu Hause gepflegt und begleitet. Am Ende verlor er noch sein Gehör und nichts wurde besser. Eigentlich müsste ich froh sein das er von seinem Leiden so schnell erlöst wurde, jedoch schmerzt der Verlust einfach zu sehr. Durch seine starken Einschränkungen konnten wir ihm auch kaum noch Wünsche erfüllen. Er starb im Alter von 59 Jahren und es tut bis heute sehr weh.
Ich habe in der vergangenen Zeit sehr viel in mich rein gefressen und kaum mit jemanden darüber geredet. Nur mein Freund war immer für mich da und hat mich unterstützt und mich aufgefangen als ich dachte mein Leben hat keinen Sinn mehr. Ohne ihn hätte ich es nie geschafft mit der Situation besser zurecht zu kommen.
Umso schlimmer ist es das ich gerade diesen Menschen, den ich über alles liebe am 24.06.2010 durch einen schweren Arbeitsunfall verloren habe.

Jeder Tod eines geliebten Menschen ist grausam und traurig und man denkt es kann nicht mehr schlimmer kommen. Aber ich kann euch sagen, es geht irgendwie immer noch schlimmer...durch den Tod von meiner großen Liebe wusste ich plötzlich wie sich meine Mutti die ganze Zeit gefühlt hat.
Doch heute weiß ich das ich den Tod von meinem Papa nicht verhindern konnte und ich habe die Zeit so gut es geht mit ihm genossen und mich jeden Tag innerlich ein bisschen mehr von ihm verabschiedet. Dies konnte ich bei meinem Freund nicht machen und das zerreißt mir bis heute mein Herz...
Ich habe mir auch sofort psychologische Hilfe geholt und kann jetzt von mir behaupten das ich wenigstens meinen Alltag wieder gut meistern kann.
Ich werde beide nie vergessen und immer lieben. Ich stell mir immer vor wie sie beide im Himmel zusammen sitzen und auf uns alle hinab schauen.

Wer kann schon behaupten einen persönlichen Schutzengel zu haben, der jeden Tag über einen wacht und alle Schritte genau beobachtet!!!!

Ich drücke euch alle und weiß sehr genau wie ihr leidet. Habt den Mut wieder zu lachen, denn das wollen unsere Lieben sehen von da oben...
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02.03.1950 - 21.08.2009

Du fehlst mir so sehr!
Doch eines Tages werden wir uns wieder sehen.



Ich werde dich nie vergessen!

22.10.1982 - 24.06.2010
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  #64  
Alt 03.11.2010, 09:34
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luna83 luna83 ist offline
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Standard AW: Junge Hinterbliebene

Liebe Katja,

manchmal ist es unvorstellbar wieviel ein Mensch aushalten kann.

Es muss sehr schwer für dich sein und ich drück dich
Ja du hast recht, wahrscheinlich wollen Sie uns lachen sehen. Aber das gelingt einem nicht immer. Leider...
Ich kann auch mittlerweile wieder an die schönen Zeiten zurück denken, am Anfang war das bei mir wie ausgelöscht.
Wie lange musstest du auf den Termin beim Psychologen warten? Ich habe da angefragt und mir wurde gesagt vor August nächsten Jahres seien keinerlei Termine mehr frei!!

LG Luna
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29.12.09 meine Mama ist für immer eingeschlafen so schnell


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  #65  
Alt 04.11.2010, 22:42
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Angel82 Angel82 ist offline
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Standard AW: Junge Hinterbliebene

Liebe Luna,

ich muss wirklich sagen das mir der Psychologe geholfen hat wieder mit Freude an die vergangenen schönen Zeiten zu denken. Ich war nur 3 mal bei ihm und er hat mir immer wieder bestätigt das ich alles richtig mache und ich nie denken soll das ich krank bin. Die Trauer verschwindet nicht so schnell aber sie wird ganz langsam schwächer. Es gibt immer wieder Tage an denen man sich eingraben könnte aber auch die vergehen wieder. Ich habe auch ein paar ganz liebe Freunde um mich herum, die mir einfach nur zu hören. Ich rede mir sehr viel von der Seele. Wenn es mir ganz schlecht geht fahre ich ans Grab zu meinem Freund und tanke dort neue Kraft.
Mein Arzt sagte mir auch das es sehr schwer ist einen Termin beim Psychologen zu bekommen und ich sollte versuchen mich selber zu kümmern, das würde schneller gehen. Ich hatte Glück und habe durch einen Freund von einen Tag auf den anderen einen Termin in der psychologischen Ambulanz bekommen. Dort hat man 30 min Zeit mit jemanden zu sprechen. Mein Psychologe hat mir erklärt das man nicht sofort mit einer Therapie beginnt sondern man 5 Probesitzungen machen kann. Diese kann er jederzeit dazwischen schieben und dauern dann 50 min. Wir haben über sehr viel geredet, vor allem über Probleme die im Alltag aufgetreten sind mit denen ich nicht zurecht kam. Er gab mir viele Tipps und sagte ich solle alles das machen was mir früher schon Spaß gemacht hat und es genießen. Ich hab es einfach probiert. Am Anfang war es sehr schwer. Ich bin schon immer gern unter Menschen gegangen und das habe ich auch wieder getan. Mit der Zeit merkt man das es wirklich immer noch schön ist mal tanzen zu gehen. Ich habe es geschafft für diese paar Stunden meinen Kopf frei zu bekommen.
Such dir doch einfach mal eine psychologische Ambulanz in der Nähe und frage ob du dort einen Termin bekommst. Das klappt bestimmt. Der Arzt wird in ein paar Gesprächen mit dir herausfinden ob du eine Therapie benötigst und wird es dir auch ehrlich sagen. Diese muss dann nämlich bei der Krankenkasse beantragt werden. Aber bitte lass dich nicht mit irgendwelchen Medikamenten zu pumpen. Das bringt nichts...

Ich helfe dir sehr gern. Wenn du noch Fragen hast dann meld dich einfach. Ich hoffe das ich dir fürs erste helfen konnte!

Fühl dich ganz lieb gedrückt von mir
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22.10.1982 - 24.06.2010
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  #66  
Alt 07.11.2010, 17:03
Herzi85 Herzi85 ist offline
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Standard AW: Junge Hinterbliebene

Hallo liebe Luna,

die Zeit, sie zieht so schnell an einem vorbei. Es ist unfassbar... Bei uns sind es nun auch schon 8 Monate. Wo ist die Zeit geblieben? Ich habe das Gefühl, es sei erst gestern gewesen...

Vor Weihnachten habe ich auch Angst! Aber vorher habe ich noch Geburtstag. Da habe ich auch große Angst vor, weil es einfach anders sein wird. Er fehlt am Tisch... Am Liebsten würde ich wegfahren, ganz weit weg... Wo ich nicht zu erreichen bin. Solche Feste werden nie wieder so sein wie sie einst waren. Die Lücke ist zu groß und keiner wird sie je wieder schließen können!
Aber ein, wenn auch kleiner Trost ist es, uns geht es allen so. Ich denke, es wird an keinem so vorbei gehen. Das erste Jahr ist das Schlimmste!

Ich denke, es gehört leider dazu, dass uns die Bilder immer wieder durch den Kopf gehen. Schlimm ist es bei mir, wenn alles um mich herum ruhig ist. Morgens z. B., wenn ich wach im Bett liege und dann fange ich wieder an, darüber nachzudenken. Die Bilder werden mir nie aus dem Kopf gehen!

Genauso kann ich es immer noch nicht verstehen, dass er nie wieder kommt. Ich denke manchmal nach wie vor, er ist irgendwo im Krankenhaus. So blöd es vielleicht auch für andere ist, aber das "nie wieder kommen" geht mir nicht in den Kopf. Für mich ist er immer bei mir und wird dies auch ewig sein!

Ich wünsche euch allen noch einen schönen Sonntag! Drück euch!

Liebe Grüße,
Herzi
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  #67  
Alt 10.11.2010, 19:50
mac2010 mac2010 ist offline
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Standard AW: Junge Hinterbliebene

Meine Geschichte

Man mag es drehen und wenden wie man will: ich bin 31, als "junger Hinterbliebener" gelte ich wohl so oder so nicht mehr.

Trotzdem weiß ich, wie es sich anfühlt, wenn einer gehen muß, der eigentlich noch gar nicht will - ich habe meinen Vater am 11.2.1999 an Lymphdrüsenkrebs verloren. Da war ich 20, er 50.

Deshalb denke ich, kenne ich die Gefühle und die Zustände, durch die man so geht - und ja, auch ich habe mir nachher an den Kopf gelangt und gedacht: "Herrschaftszeiten, dieses und jenes hättest du aber wirklich besser anstellen können." Und auch die Gefühle, nicht alles gesagt zu haben was wichtig gewesen wäre, das ist mir wohlbekannt.

Ich schreibe das hier jetzt zum ersten Mal überhaupt auf, weil mir dieses Forum immens imponiert - an Menschlichkeit, an Herzlichkeit, an Wärme und an Anteilnahme habe ich sowas vorher noch nicht gesehen.

Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen, mit der schweren Situation besser zurechtzukommen. Könnte allerdings eine etwas längere Sache werden ;-).

Endlich! - das war mein erstes Wort, als meine Ma an diesem Donnerstag morgens (den Wochentag kenn ich noch auswendig, 11 Jahre danach!) in unser Zimmer kam und meinem Bruder und mir sagte: "Der Hendrik (mein Vater) ist gerade gestorben." Ich gebe zu: meine Reaktion war nicht sehr pietätvoll, aber ich war einfach nur unendlich erleichtert, daß der Leidensweg vorbei war - für ihn wie für uns. Er hatte 9 Monate Lymphdrüsenkrebs, Bestrahlungen hoch 3 und sich nur noch gequält. Als wir schon über die Reha sprachen, kam der Krebs zurück und war nicht mehr aufzuhalten.

Realisiert was da eigentlich gerade passiert ist, habe ich zu diesem Moment nicht. Wir haben gefrühstückt, sind ins Krankenhaus gefahren und da gabs dann die Frage: "Wollen Sie ihn nochmal sehen?" Ich wollte und da hats mich dann zusammengefaltet: wie er da im Bett lag, eine Binde um den Kopf (damit der Kiefer nicht runterklappt), das war so brutal unwirklich. Ins Krankenhaus geht man doch, um Kranke zu besuchen - und was mich wirklich erschreckt hatte, war, daß ich allen Ernstes davon ausgegangen bin, gleich mit meinem Vater ganz normal sprechen zu können. Und dann das. Er zwar irgendwie da - aber auch eben nicht mehr. Alles vertraut, aber doch so un-vertraut. Da lag ein Körper, aber der Mensch, die Seele, war schon weg. Aufgestanden und gegangen.

Die Bilder seines Körpers, wie er so dalag, haben sich mir unauslöschlich ins Hirn eingebrannt. Sie sind jetzt, 11 Jahre danach, immer noch präsent (sie verfolgen mich aber nicht). Ins Hirn eingraviert.

Und, meine Güte, was hab ich an diesem Tag geheult! Im Totenzimmer - geheult. Danach wieder gefangen, nach den letzten Minuten das Personal der Station gefragt - und wieder geheult. Wütend geworden. Auf die Ärzte. Gedacht, sie hätten irgendwo gepfuscht, irgendwas falsch gemacht. Oder nicht genug gemacht. Wieder geheult, die Faust geballt. Dann wieder gefangen, Begräbnis mit-organisiert. Die Bestatterin war da, über den Sarg geredet und? - genau - wieder geheult. Die ersten Stunden sind in meiner Erinnerung nur noch Gedanken- und Gefühlsfetzen. Bruchstücke. Als die Bestatterin weg war, waren wir noch bei Oma und Opa (seinen Eltern) und sie haben uns, glaube ich, was zu essen gemacht. Auf einmal hab ich eine wahnsinnige Präsenz gespürt - als wie wenn er wirklich dagewesen wäre. Als wäre er mit den Öffentlichen schnell ausm Krankenhaus zu uns in den Süden Münchens gekommen. Und nochmal nachgeguckt hätte, wie es uns so geht.

Am gleichen Abend war ich nochmal im Kino und hab mir "Das große Krabbeln" angesehen und mir die Seele ausm Leib gelacht. Kontrastprogramm - und um zu sehen, ob es noch funktioniert. Hat geklappt. Actiongames konnte ich trotzdem ewig nicht spielen.

Die Woche bis zur Beerdigung war ich, glaube ich, jeden Tag draußen in der Aussegnungshalle, wo sie seinen Sarg aufgebahrt haben. Habe Zwiesprache gehalten, dies und jenes gesagt, aber was genau weiß ich nicht mehr. Im Nachhinein hat mir das geholfen, einen Cut zu machen: da vorne liegt in einem Kasten ein Körper, der begraben wird, mein Dad ist schon längst ganz woanders.

Mit diesem Gefühl hab ich dann auch die Beerdigung erlebt: es war unwirklich, weil das, was wir da zu Grabe trugen, irgendwie nur der körperliche Rest gewesen ist. Teilweise habe ich in den Tagen vorher sogar noch Freunde getröstet, die mit dem Tod meines Vaters gar nicht zurecht kamen... . Verkehrte Welt.

Die Trauer kam danach in Schüben - anfangs habe ich täglich geheult (teilweise mitm Auto rechts ran und sich erstmal richtig ausgeweint), mit der Zeit wurden die Abstände größer.

Ein paar Dinge haben mir geholfen:

- die Zeit. Auch wenn es blöd klingt, aber dadurch, daß ich Dinge erlebt habe, die mein Vater eben nicht mehr erlebt hat, habe ich eine Distanz zu den Geschehnissen bekommen. Seien es politische Ereignisse (damals ist Lafontaine als Finanzminister zurückgetreten) oder Arbeitsstellen bzw. der Zivildienst, den ich antrat: mein Vater kannte dieses, mein neues Leben nicht mehr. Wir konnten uns gegenseitig voneinander abnabeln.

- Menschen. Genauer gesagt, der Rest der "Kern"-familie: meine Ma und mein Bruder wußten als einzige, wie ich mich da gefühlt hab. Wir wußten voneinander, wer da gegangen ist. Und wir konnten uns gegenseitig stützen. Die Anteilnahme von Freunden und Bekannten war zwar groß, hat aber für die "schwachen" Momente nicht viel gebracht. Meine Freunde haben mich mit rustikalem Charme aus Trübsinnstälern geholt, indem sie mich einfach ganz normal behandelt haben. Das hat enorm was gebracht.

- Ereignisse. Fast jeder kennt das, daß man auf einmal eine Präsenz spürt, einen Geruch wahrnimmt oder sogar soetwas wie eine Berührung. Bei mir war es letzteres, was mich viel von dem Schmerz hat vergessen lassen und mich mit der Situation besser hat zurechtkommen lassen. Ich glaube, das muß im Frühjahr 99 gewesen sein, da bin ich selber zum Friedhof gegangen, um meinen Vater zu besuchen. Stand an seinem Grab, hab mit ihm geredet, ihm diverse Sachen erzählt und meine Pläne für die Zukunft erläutert. Als ich mich umgedreht hab und zum Ausgang zurückging, hatte ich das Gefühl, da geht rechts neben mir einer. Genauer: er. Und er hat dann seinen Arm um mich gelegt. Und mich bis zum Ausgang begleitet. Man mag das jetzt für wahnsinnig halten, aber ich hatte exakt das Gefühl auf den Schultern, als wie wenn dort ein Arm liegt. Eine Schwere, eine Wärme. Was väterliches, was irrsinnig vertrautes. Vielleicht hab ich mir das auch nur eingebildet und die untergehende Sonne hat meinen Rücken gewärmt - ich weiß es nicht. Es war zumindestens ein turning point in der Trauerzeit. Ich wußte, ihm gehts gut und er schaut auf mich.

Was nach 11 Jahren geblieben ist? Ich wohne 1000 km weit weg von meiner Heimat (und seinem Grab), ich habe bis heute kein Bild von ihm irgendwo aufgestellt (ehrlicherweise muß ich sagen, daß ich Angst habe, mir Tote anzusehen auf Bildern - denn die besseren Erinnerungen trage ich im Herzen, das sind die bewegten Bilder ;-), ich habe das Lachen nicht verlernt, ich träume in großen Abständen von meinem Vater (dann aber meist recht intensiv - so daß der darauffolgende Tag immer ein sehr nachdenklicher wird) und ich muß grinsen, weil ich eine exakte Kopie meines Vaters im Umgang mit Kindern bin (und zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich bei Kindererziehung wohl eher zu den "harten Knochen" gehöre...). Ich glaube noch immer, daß der Tod meines Vaters ungerecht gewesen ist, er war 100% geistig fit, der Körper hat bloß schlappgemacht. Ich bin nicht stolz auf die letzten Worte, die ich ihm 2 Tage vor seinem Tod sagte ("Ich geh dann mal jetzt zur Schule.") und ich vermisse das Vater-Sohn-Gespräch, das ich rasend gerne mit ihm geführt hätte, wenn ich selbst eine eigene Familie hab (was sich erst jetzt abzeichnet).

Ich bin ernsthafter geworden, über den Tod lachen kann ich bis heute nicht, wenn ich Geschichten lese hier im Forum drehts mir den Magen um - aber ich hab jetzt einen direkten Draht zu "dem da oben" durch meinen Vater. Und, auch nicht zu verachten: mein Vater ist immer bei mir. Kein Handy, keine horrenden Mobilfunkkosten, da wo ich bin, ist er, und anrufen braucht man ihn auch nicht. Man hält einfach so Zwiesprache.

Ich bin froh über die Zeit, die ich mit ihm hatte, auch wenn sie viel zu kurz war. Und das verdammte Gespräch, das hole ich noch nach... . Der entkommt mir nicht noch einmal! Und während ich das schreibe, weiß ich, daß er irgendwo in meiner Nähe ist und über genau den Satz schmunzelt.

Lebt mit Vergangenem - aber paßt auf, nicht in der Vergangenheit zu leben. ;-).


Es wird schon alles wieder. Ganz sicher. Versprochen.
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  #68  
Alt 07.01.2011, 19:26
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Angel82 Angel82 ist offline
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Standard AW: Junge Hinterbliebene

Ich hoffe ihr habt alle die Weihnachtstage und auch den Rutsch ins neue Jahr einigermaßen gut überstanden. Ich habe das letzte Weihnachtsfest nicht als dieses gefeiert, sondern dieses Wochenende wie jedes andere behandelt. Ich konnte diese Tage nicht genießen...es tat einfach zu weh.
Immerhin bin ich mittlerweile mit meiner Mutti allein und das gab es noch nie!

Ich habe am Heiligabend erst meinen Papa und dann meinen Freund auf dem Friedhof besucht. Ich habe beiden ein Blümchen hingelegt und eine Kerze angezündet. Bei den beiden zu stehen und zu merken wieviel Zeit schon wieder vergangen ist, ist schrecklich für mich. In letzter Zeit fühl ich mich oft sehr hilflos und habe Angst davor wieder in ein großes Loch zu fallen. Ich vermisse sie so sehr... Auch für das neue Jahr wünsche ich mir nichts mehr als endlich wieder glücklich zu werden und mein Leben wieder zu leben und zu genießen! Ich fühl mich sehr einsam und habe große Angst vor der Zukunft.

Eine sehr gute Freundin hat mir mal ein Gedicht geschrieben in dem sie alles zusammengefasst hat, wie ich mich fühle. Ich denke das triffst es auf den Punkt. In diesem Gedicht geht es um meine verlorene Liebe Tom.

Wer sagt die Zeit heilt Wunden

Wer sagt die Zeit heilt Wunden,
der hat es nicht gesehn,
der hat`s noch nicht empfunden,
wenn Geliebte von uns gehen.

Wer sagt es geht doch weiter,
das Leben und die Welt,
der kennt nicht diese Schwere,
die mich so oft befällt.

Wer sagt, ich kanns verstehen,
er fehlt dir halt so sehr
und kennt die Schmerzen selbst nicht,
sagt besser gar nichts mehr.

Wie will man das denn verstehen,
ihr steckt nicht in meiner Haut,
kennt nicht den Strick um meinen Hals,
der mir den Atem raubt.

Ich weiß, ihr wollt helfen,
mit Worten gut gemeint
doch ist das keine Hilfe,
wenn man nicht mit mir weint.

Und andre schweigen einfach,
weil sie so hilflos sind.
Sie wollen mich nicht verletzen,
doch töten so meinen Tom.

Ich will nicht euer Beileid,
das so kein Trost mir ist.
Was ich brauch ist ein Herz,
das nie meinen Tom vergisst.

Ja, Trost das wär so einfach,
die Nähe, die entsteht,
bei dem Versuch zu trösten,
wenn man den Weg gemeinsam geht.



Dies brauch keine weiteren Worte....

Ich denk ganz fest an euch und in Gedanken drücke ich alle
__________________
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02.03.1950 - 21.08.2009

Du fehlst mir so sehr!
Doch eines Tages werden wir uns wieder sehen.



Ich werde dich nie vergessen!

22.10.1982 - 24.06.2010
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