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  #1  
Alt 28.11.2008, 13:07
Benutzerbild von Tato
Tato Tato ist offline
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Registriert seit: 03.09.2005
Beiträge: 142
Standard AW: Monate danach - ins Leben zurückfinden

Hallo Anke,

ich bin 25.
Bei einer Psychologin war ich damals schon. Anfangs hatte ich das Gefühl, dass es mir hilft mit jemanden zu reden. Ich kann mich sehr gut selbst (und meine Situation) analysieren. Mein Studium geht auch in die Richtung und ich hatte das Gefühl, dass die Psychologin im Grunde nichts mehr neues beitragen kann.
Ich habe die Sitzungen damals abgebrochen, weil ich kein gutes Gefühl mehr hatte.
Damals gab es auch ein gemeinsames Gespräch mit meinem Vater. Im nachhinein stellte sich heraus, dass die beiden darüberhinaus telefonischen Kontakt hatten, weil er an meinem Zustand interessiert war. Das hat mich doch sehr geschockt, denn ich weiß ja nicht, was sie alles gesagt hat. Auf jeden Fall hat sie ihm auch erzählt, dass ich abgebrochen habe. Er sieht es nicht, dass das wir das Problem miteinander haben... Er denkt, ich bin die, die "durchdreht".

Zwischen zwei Therapien muss ja eine bestimmte Zeit vergangen sein, daher konnte ich keine neue beginnen. Außerdem ist mein Vertrauen in Psychologen durch die bisherigen Erfahrungen nicht gerade groß.

Sicherlich vermisse ich meine Mama ganz doll und das lenkt mich auch häufig von der Arbeit ab. Aber meist bin ich "einfach nur so" in Gedanken, ohne an etwas konkretes zu denken.
Im Moment gehen mir allerdings ganz konkret die Worte aus einem Brief meines Vaters durch den Kopf. Die Wut und Enttäuschung werde ich quasi nicht los. Doch gerade in den nächsten paar Wochen braucht meine Diplomarbeit meine volle Aufmerksamkeit...
Wenn ich arbeiten oder mich anderweitig konzentrieren muss geht das eigentlich ganz gut.

Viele Grüße
Tato
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  #2  
Alt 28.11.2008, 14:27
Stefans Stefans ist offline
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Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 426
Standard AW: Monate danach - ins Leben zurückfinden

Hallo Tato,

Zitat:
Zitat von Tato Beitrag anzeigen
Doch gerade in den nächsten paar Wochen braucht meine Diplomarbeit meine volle Aufmerksamkeit...
Wenn du mit dem Abgabetermin deiner Diplomarbeit in Schwierigkeiten kommst, handle bitte jetzt! Es gibt immer die Möglichkeit, diesen Termin zu verschieben. Informell wird das zwar kaum möglich sein, aber auf dem formal korrekten Weg kannst du das (zumindest war das zu meiner Zeit so, die allerdings schon 15 Jahre zurückliegt). Geh' zum Arzt und lass' dich krankschreiben, und dann stelle an der Uni einen Antrag auf Verlängerung der Abgabefrist. Für deine Zukunft wäre es fatal, wenn wegen der "privaten" Probleme dein Diplom flöten geht bzw. schlechter ausfällt, als es müßte.

Zur Psychotherapie: Ich bin da leider ziemlich erfahren und habe einige von diesen "Fachleuten" verschlissen. Das Wichtigste hast du schon selbst gemerkt: wenn du dich bei einem nicht wohl fühlst, brich die Behandlung ab. Leider ist die Suche nach dem Therapeuten schwierig. Wenn du trotzdem zu einem willst, ist es so, dass du bei jedem Psychotherapeuten, der eineKassenzulassung hast, 5 sog. "probatorische" Sitzungen a 50 Min. nehmen kannst, ohne dass es einer Genehmigung der Kasse bedarf. Diese Sitzungen (und wenn du 5 Termine bei 5 verschiedenen Therapeuten hast) zahlt die Kasse immer. Allerdings können die dir nach Genehmigung einer "richtigen" Therapie auf die genehmigten Stunden nachträglich angerechnet werden.

Es gibt aber seit wenigen Jahren noch eine andere Möglichkeit für den Notfall: Ein Psychotherapeut kann einen Termin mit dir einmal im Quartal als sog. "psychotherapeutisches Gespräch" abrechnen. Heisst: einmal alle 3 Monate kannst du so zu einem Therapeuten gehen, ohne o.g. probatorische Sitzungen in Anspruch zu nehmen und ohne dass eine Psychotherapie beantragt werden muss. Der Therapeut rechnet das direkt mit der Kasse ab, es gibt keine Nachfragen. Mache ich mit "meiner" Psychotherapeutin (die beste der Welt, zu der ich schon seit über 6 Jahren gehe) auch so. Damit ist wenigstens einTermin im Quartal kostenlos. Die anderen zahle ich seit langem selbst (hier: 55 EUR für 50 Min.), weil ich da von der Krankenkasse schon lange nix mehr genehmigt kriege.

Zu dem Thema, dass dich eigentlich beschäftigt: ich hadere seit ewigen Zeiten mit meinem Vater. Und habe irgendwann (mitlanger Psychotherapeuten-Hilfe) begriffen, dass er halt so ist, wie er ist. Und dass ich ihn niemals ändern werde. Und dass es auch nicht meine Aufgabe ist, ihn zu ändern. Vernunftmäßig weiss ich das und halte emotional so große Distanz wie möglich zu ihm, damit ich ruhig schlafen kann. Das geht aber nicht immer, und deshalb kann ich glaube ich nur zu gut verstehen, wie es dir mit deinem Vater geht. In Krisenzeiten halte ich meinen nicht aus und mache mir einen Kopf darüber, wie er ist und wie er handelt... obwohl ich genau weiss, dass an den jedes Gramm Hirnschmalz und jedes Gefühl völlig verschwendet ist.

Das weisst du bei deinem sicher auch, und trotzdem ist es schwer zu ertragen. Schließlich sind Eltern immer noch Eltern... und die infantile Erwartung, dass bei denen doch irgendwas an Gefühl, Anteilnahme, Ehrlichkeit da sein müßte, ist nur schwer abzuschütteln. Trotz aller gegenteiliger Erfahrungen.

Mein alter Herr hat mir gerade gestern wieder den Glauben daran, dass er ein Mensch ist, zunichte gemacht. Weil er nach der kurzen Frage, wie es meiner Frau geht (schlecht, wieder im Krankenhaus, sie wird in absehbarer Zeit sterben) - auf deren Antwort er völlig emotionslos reagiert hat - sofort zum Thema Testament überging. Er wollte wissen, wie wir das geregelt hätten. Sage ich, Berliner Testament: wenn einer stirbt, kriegt der Überlebende alles. Er: ja, aber wenn du danach stirbst. Ich: nichts, dann muss ich wohl ein neues Testament für mich machen. Bis dahin hatte ich gar nicht kapiert, worauf er hinaus wollte. Was er mir dann gesagt hat: er wünscht, dass, wenn meine Frau tot ist, ich doch bitte ein Testament machen soll, dass meinen Nachlass ihm bzw. meiner Schwester vermacht. Denn die normale Erbfolge, dass die Mutter und Schwester meiner Frau die Hälfte kriegen, ginge ja wohl nicht an, schließlich hätte er uns immer so großzügig finanziell unterstützt. Also müsse das dann doch bitte an ihn bzw. seine Tochter "zurück fließen".

Finanziell unterstützt hat er uns immer, kein Zweifel. Aber dass er in so einer Situation als erstes an Geld und Erbschaft denkt, dass hat mich (obwohl ich ihn so langsam kennen müßte) völlig runtergezogen. Seine Schwiegertochter stirbt gerade an Krebs, langsam und qualvoll. Das interessiert ihn nicht. Ihn interessiert auch nicht, wie sein Sohn damt umgeht. Ihn interessiert nur eines: Geld. Er will halt das, was er in der Vergangenheit "ausgelegt" hat, beizeiten wieder zurück bekommen.

Kann man das verstehen? Nein, ich kann das nicht. Ich kann das so wenig verstehen wie du das Verhalten deines Vaters in den letzten Jahren nicht verstehen kannst. Nach dem Telefonat gestern abend habe ich mich hingesetzt und ausgiebig geheult. Aus (genau wie bei dir) Wut, Traurigkeit und Enttäuschung. Und Fassungslosigkeit darüber, wie Menschen so sein können.

Egal, um meinen Vater geht es nicht, sondern um deinen. Und da würde ich dir gerne sagen: vergiss' ihn, er ist es nicht wert, dass du dich wegen ihm seelisch verschleisst. Lass' das nicht zu, sondern konzentriere dich auf das, was für dich wichtig ist. Aber ich weiss, dass das kaum möglich ist. Du wirst irgendwie mit diesem A*schloch leben müssen. Und versuchen müssen, daraus selbst irgendwie möglichst unbeschadet rauszukommen :-(

Ich wünsche dir viel Kraft dafür, dass dir das gelingt!

Viele Grüße,
Stefan
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  #3  
Alt 28.11.2008, 15:00
Benutzerbild von Tato
Tato Tato ist offline
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Registriert seit: 03.09.2005
Beiträge: 142
Standard AW: Monate danach - ins Leben zurückfinden

Hallo Stefan,

ich kann meine Diplomarbeit ohne ärztliche Bescheinigung um insg. 6 Wochen verlängern. Das dürfte ausreichen, wenn ich jetzt langsam anfange zu handeln. Ich hab natürlich schon einiges geschrieben und es fehlt nicht mehr viel, aber ich brauche für Kleinigkeiten eine Ewigkeit... Zudem ist meine Motivation bei Null, obwohl mich das Thema im Grunde interessiert.

Mein Vater denkt auch sehr materiell - daher kenne ich das sehr gut. Er hat mir in dem Brief "gekündigt" - nach dem Motto "mach was du willst, nimm dein Leben in die Hand, meine finanzielle Unterstützung endet".
Ich weiß nicht, was die nächsten Monate finanziell bringen (vor ein paar Monaten hätte er mir sogar noch einen Aufbaustudiengang finanziert... er bricht also seine Versprechen), daher kann ich keine Therapie aus eigener Tasche zahlen. Danke für die Tipps mit den Sitzungen, aber ich fürchte, dass die Anstrengungen mit der Therapeutensuche mich nur noch mehr ablenken. Zudem weiß ich auch gar nicht, ob ich überhaupt eine Therapie will. Ich möchte nichts aufarbeiten, ich möchte abschalten können. Vielleicht ist da eher ein Yoga-Kurs o.ä. angebracht...

Zitat:
Zitat von Stefans
Und da würde ich dir gerne sagen: vergiss' ihn, er ist es nicht wert, dass du dich wegen ihm seelisch verschleisst. Lass' das nicht zu, sondern konzentriere dich auf das, was für dich wichtig ist.
Genau das ist mein Problem. Ich weiß, dass er es nicht Wert ist und will ihn vergessen... aber es regt mich noch auf. Die "Kündigung" der finanziellen Unterstützung hat auch noch ganz praktische Konsequenzen für mich...

So, ich werde mich jetzt überwinden und etwas für die Uni machen.

Viee Grüße
Tato
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