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  #1  
Alt 21.10.2004, 14:47
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Ich war dabei als er ging!

hallo an alle die das fühlen was ich fühle,
es ist jetzt ca 7 wochen her als mein schwager ( bodo 42 ) in meinem armen starb. wie und warum möchte ich mir nun von der seele schreiben.
mein mann ( uwe 40 ) ist seit 4 jahren krebspatient (lungenkrebs mit nebennierenmetastasen), inoperable. wir kämpften gut drei jahre mit der diagnose und mein schwager hat uns dabei sehr unterstützt. trotz 750 km entferung war er immer da wenn eine schlimme situation auftrat und stand uns zur seite. vor ca 1 jahr teilte er uns mit, das er an hautkrebs mit lymphknotenbefall erkrankt ist, was für die gesamte familie ( 5 kinder )ein erneuter schlag war. nun standen wir meinem schwager zur seite, besuchten ihn, bauten ihn auf. er wurde operiert, ging zur reha und zählte als geheilt, ging wieder arbeiten. alles war wieder ok. da wir nun aber schon etwas länger erfahrung mit dieser teufelskrankheit haben, sagte ich ihn immer, nimm es nicht auf die leichte schulter, mach ct und pet untersuchungen, es kann wieder kommen. er tat es nicht, hatte angst vor den ergebnissen. vor 7 wochen, erhielten wir von seiner frau die mitteilung das er wieder im krankenhaus liegt, lungenkrebs und 1 woche später wurde uns telefonisch mitgeteilt, wenn wir ihn noch einmal sehen wollten müßten wir schnell kommen. das gefühl was wir beide in diesem moment empfanden ist nicht in worte zu fassen. wir fuhren innerhalb von 15 minuten los und waren spät abend in der klinik. das bild was uns da entgegen drängte war unfassbar. wir sprachen mit den ärzten und die sagten einfachnur noch, er stirbt, wir können da nichts mehr tun. damit haben wir uns nicht zufrieden gegeben und telefonierten alle samt im umfeld umher um eine klinik zu finden die ihn aufnahm. wir wollten denn noch einen versuch starten mit einer chemo sein leben zu verlängern. wir wollten einfach nicht aufgeben, zusehen wie ein junger mann stirbt. er kam nicht zur ruhe in seinem zimmer, quälte sich und sagte immer, ich muß hier raus. wir riefen in der klinik meines mannes an und faxten die berichte und befunde und unser doc sagte, wenn sie ihn hier runter bringen können, nehme ich ihn auf und wir setzen sofort eine chemo. wenn er sterben muß, haben wir es wenigstens versucht. wir charterten einen helikopter, die familie legte zusammen und organisiertenin wenigen stunden den flug. die familie beschloss das ich ihn begleiten sollte, weil ich die nötigen erfahrungen hatte und ärzte und klinik kannte. es kam kein helikoter, es kam eine kleiner privatjet und so flog ich mit. ich vergesse nie das bild, wo die gesamte familie hinter uns fer schaute und die frau meines schwager zu mir sagte, hilf ihn. für mich zählte nur noch eins, ich wollte meinen schwager helfen, ihn retten, so wie ich meinem mann seit 4 jahren beistand und half. mein schwager war sofort ruhig als wir abgeholt wurden und ich glücklich. in der klinik angekommen war alles vorbereitet, ein tolles zimmer und alle waren besorgt und kümmerten sich um ihn. nicht so eine besenkammer wie in der vorherigen klinik, wo man ihn zum sterben abgestellt hatte. nu war ich fast 48 stunden auf den beinen und die schwestern gaben sich mühe mir klar zu machen was jetzt aufmich allein zukommt und ich habe es nicht verstanden, bis die ärztin mich aufklärte, dass mein schwager in wenigen stunden sterben wird. ich konnte es nicht fassen was sie da sagte aber mein schwager lächelte. trotz krankheit meines mannes, wo ich oft situationen hatte das er mich verlassen wollte, stand der tod vor mir und ich war ganz allein. ich konnte ihm nicht mehr helfen, nur noch bei ihm sein. erhatte sich beruhigt, war glücklich in diesem bett zu liegen aber er sprach seit dem flug nicht mehr. ich sahs bei ihm, streichelte ihn die ganze zeit, sprach mit ihm und drei stunden später hörte er auf zu atmen. in meinem armen mein toter schwager und er hatte immer noch sein lächeln auf dem gesicht. die familie reiste am nächsten tag geschlossen an, aber die stunden bis sie eintrafen war ich allein. es waren unglaublich schlimme stunden für mich. ich sah immer meinen mann vor mir und frage mich ständig, darf ich das überhaupt? nun quälen mich fragen wie, hätte er gewollt das seine frau bei ihm war, habe ich ihm etwas weg genommen? nämlich den abschied von seiner frau? diese bilder von diesen 48 stunden verfolgen mich, ich muß ständig daran denken wenn mein mann vor mir steht. es war für mich ein furchtbares erlebnis und ich weiß, ichmuß es verarbeiten. aber diese beiden fragen lassen es nicht zu das ich mich damit auseinander setzen kann, denn ich sehe dannmeine schwägerin vor mir, weiß wie groß die liebe zwischen diesen beiden menschen war. sie stellte mir fragen, detailierte fragen. fragen die sie nicht hätte stellen brauchen wenn sie dabei gewesen wäre. ich denke einfach, ich habe beiden menschen etwas genommen, obwohl es nicht meine entscheidung war, ihn zu begleiten. werde ich irgendwann diese frage verarbeiten?

liebe grüße, peggy
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  #2  
Alt 21.10.2004, 15:24
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Ich war dabei als er ging!

Hallo Peggy,
Mensch, ich ich habe eben vielleicht einen Schreck bekommen!! Warum ,kannst Du Dir ja sicher denken.

So detailliert kannte ich die Geschichte ja noch nicht, aber Vorwürfe brauchst Du Dir meines Erachtens weiß Gott nicht machen, im gegenteil Du wolltest helfen und Du hast geholfen. Dass es dann doch so schnell ging, konnte niemand ahnen, außerdem hast Du Deinem Schwager und seiner Familie nochmal Hoffnung geschenkt, schließlich hätte es ja klappen können! Ganz ehrlich, auch wenn es sich blöd anhört, Deine Stärke und Deine Willenskraft finde ich absolut bewundernswert!
Liebe Grüße
Susanne
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  #3  
Alt 21.10.2004, 16:20
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Ich war dabei als er ging!

hallo susanne,

lieb von dir und es freut mich. immer wenn ich uwe ansehe, sehe ich bodo und wenn ich an bodo denke, sehe ich uwe. mit den beiden fällen allein ist es ja nicht zu ende, denn uwes schwester und mein vater sind ebenfalls erkrankt. mein vater lebt seit 10 jahren damit und uwes schwester wurde vor 3 jahren operiert. bisher sieht es bei ihr gut aus, sie geht auch zu den ständigen kontrollen. mein vater ist da schon schwieriger, er hat in unbestimmten abständen immer mal eine metastase und wurde bisher allerdings immer erfolgreich operiert. uwes mutter macht mir auch sorgen, nicht wegen krebs aber immerhin hat sie von ihren 5 kids, wovon uwe der jüngste ist, einen verloren und zwei sind noch erkrankt. für sie war es auch ein schlimmer schlag als bodo uns verlassen hat. manchmal frage ich mich, ob ich je eine chance habe, mal an andere dinge zu denken. dabei bin ich eiin sehr glücklicher mensch. wiederspricht sich das? ich weiß auch nicht was ich manchmal denken soll und dennoch ist es mir unheimlich wichtig so vielen menschen wie nur möglich zu helfen, unsere erfahrungen weiter zu geben, zu unterstützen.
durch die jeweiligen erfahrungsaustausche geht es mir gut, komisch nicht. ich habe dir ja schon geschrieben das ich genau nach empfinden kann was du fühlst. ist schon eine furchtbare sache die einen da begleitet. vor 4 jahren bin ich über nacht schlagartig erwachsen geworden und dabei wollte ich so schnell garnicht reifen.

liebe grüße, peggy
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