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  #1  
Alt 21.11.2005, 09:43
juhlie juhlie ist offline
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Registriert seit: 27.09.2005
Beiträge: 45
Standard komm' nicht mehr raus....

Hallo,

mein name ist jule, bin 38 jahre und im moment total verwirrt, ratlos...in einem tiefen loch...

vor drei jahren ist meine tante an pankreas-krebs verstorben, sie hat furchtbarst gelitten...meine mutter und meine vater waren immer bei ihr, haben sie gepflegt und alles hautnah erlebt und erfahren....

mein vater(ihr bruder)war am boden zerstört als er sie so sehen musste und sie letztendlich verstorben ist...er hat gelitten wie ein hund...wir anderen nicht weniger...

in diesem jahr dann der nächste schock, bei meiner mutter werden im april hirntumore festgestellt nachdem sie umgefallen war und krampfanfälle hatte...

bisher war in der familie meiner mutter nie ein krebsfall bekannt....

wir hofften deshalb, das es möglicherweise gutartige tumore wären....und hofften und hofften......doch ende mai hatte es sich ausgehofft.....

bösartig!!

sie lies sich damals den namen der tumore nicht sagen...heute wissen WIR ihn durch einen zufall....

glioblastom

den schlimmsten den es gibt...

ab diesem zeitpunkt ist in mir jegliche hoffnung gestorben, bin nicht mehr ich selbst....vergrabe mich in meinen gedanken

gestern hat mich mein mann darauf angesprochen das ich überhaupt nicht mehr rede, nicht mehr lache...nix mehr...

jetzt habe ich auch noch angst ihn zu verlieren...ich habe ihm versprochen es zu ändern aber ich weiss nicht wie........................

ich komme aus dem 'traurigsein' nicht mehr raus....

meine mutter weiss nichts davon, ihr gegenüber bin ich stark, meinem vater gegenüber auch...mach ihnen mut....aber selbst schaffe ich es nicht hoffnungsvoll zu sein...

kennt das jemand?

lg
jule
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  #2  
Alt 21.11.2005, 10:47
Benutzerbild von Kerstin63
Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Registriert seit: 30.10.2002
Ort: Norddeutschland
Beiträge: 155
Standard AW: komm' nicht mehr raus....

Hallo Jule,

ich denke ich kann so in etwa nachempfinden, wie Du Dich fühlst. Bei mir kam das ganz tiefe Loch allerdings erst nachdem mein Vater letztes Jahr im Juni gestorben ist (Darmkrebs). Ich hoffe es ist trotzdem OK wenn ich dir hier bei den Angehörigen antworte.

Ein halbes Jahr vor meinem Vater ist meine Tante gestorben, die Schwester meiner Mutter, auch an Krebs, natürlich wussten wir damals noch nicht dass es dann nur 1/2 Jahr werden würde. Wenn sowas Schlag auf Schlag kommt, dann ist es natürlich noch umso schwerer, wie auch in deiner Familie.

Ich war auch immer im Zwiespalt zwischen meinen Gefühlen und dem Abrund an dem ich zeitweise stand, und meiner eigenen Familie mit Mann und zwei Kindern, den Ansprüchen denen man auch hier gerecht werden muss und möchte und irgendenwann nicht mehr kann.

Denkst Du denn, dass die Gefahr besteht deinen Mann zu verlieren wenn Du nicht "funktionierst"? Ich kann verstehen wenn Du dir jetzt auch noch darüber Sorgen machst, aber ich denke im Normalfall muss man sowas doch nicht befürchten, oder?.... Natürlich ist es für Deinen Mann schwer nachzuvollziehen, wie Du unter Deinen Sorgen und Ängsten leidest. Mein Mann konnte streckenweise auch nicht verstehen was mit mir passierte, z.T. verstand ich es ja selbst nicht. Natürlich ist es auch schwer für den Partner damit klar zu kommen, aber es ist nun mal eine schwere Zeit für Dich und Deine Eltern.

Manchmal ist das Loch in das man fällt so tief, dass man aus eigener Kraft nicht (nicht, oder nicht so schnell) wieder da rauskommen kann. Hast Du schon mal über professionelle Hilfe nachgedacht? Ich war aus anderen Gründen bereits in Psychotherapie als mein Vater so krank wurde, und mein Thera war dann ein ganz wichtiger Begleiter und Halt in dieser Zeit. Mit irgendwem muss man über all das reden können, gerade wenn man z.B. dem Betroffenen /den Eltern und der Familie gegenüber versucht stark zu sein.

Mit "zusammenreissen" ist es manchmal nicht getan.... wenn es zuviel wird und alles über einem zusammen bricht.

Vielleicht hast Du auch einen Hausarzt oder Frauenärztin der/dem Du Dich anvertrauen kannst, der/die Dir dann bestimmt weiter helfen kann.

Ich wünsche Dir viel Kraft für die nächste Zeit und dass Du einen Weg für Dich findest.

Kerstin
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  #3  
Alt 21.11.2005, 10:55
sonja.schuster sonja.schuster ist offline
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Registriert seit: 30.10.2005
Ort: Überlingen
Beiträge: 50
Standard AW: komm' nicht mehr raus....

Hallo Jule,

ich habe gerade Deinen Beitrag gelesen, weil ich auch in einer ähnlichen Situation bin. Du bist nicht alleine mit Deinem Kummer, glaube mir. Hier im Forum gibt es viele Menschen, denen es genau so ergeht, aber jeder empfindet es natürlich auf seine Weise.

Mein Vater liegt seit 4 Wochen auf der Intensivstation, wird beatmet und hat jetzt einen Luftröhrenschnitt zusätzlich, die Ärzte wissen nicht mehr weiter, was noch getan werden könnte. Die Ursache seiner Erkrankung ist immer noch nicht klar, deshalb geben wir auch die Hoffnung nicht auf. Meine Tante (seine Schwester) hat gerade die 2. Chemotherapie nach Brustkrebs, sie hat schon beide Brüste weg und jetzt einen neuen Tumor Richtung Lunge. Mein Cousin, meine Tante mütterlicherseits und mein erster Mann sind an Krebs gestorben. Ich selbst habe mit 28 Jahren eine Unterleibsoperation gehabt, war damals aber noch rechtzeitig und hat nicht gestreut, so daß seither, ich bin jetzt 51 Jahre alt, keine Probleme mehr habe und die Nachsorgeuntersuchungen o.k. sind.

Ich möchte Dir damit zur sagen, daß Du nicht verzweifeln sollst. Weine ruhig und versuche einmal, hier im Chat Deine Gedanken los zu werden. Ich habe bis vor 3 Wochen nie gechattet und hielt dies immer für "dummes Kinderspielchen", aber hier im Forum ist das ganz anders. Ich schöpfe so viel Kraft und Trost aus diesem Medium, daß ich mich jetzt auch entschlossen habe, zu den Geburtstagseinladungen meiner Freundinnen (werden beide nächste Woche 50) zu gehen. Ich weiß noch nicht, ob ich es durchstehe und ob ich weine oder lache, ich werde sicher viele Menschen dort treffen, die alle meinen Papa kennen und nach ihm fragen werden, - aber ich weiß, daß er NICHT will, daß ich nur zuhause sitze und weine.

Ich bin für ihn auch immer die starke Tochter, auf die er so stolz ist (bin das einzige Kind)!!!! Auch er ist ein unglaublich willensstarker Mann, Marke "Deutsche Eiche", wenn Du weißt, was ich damit sagen will. Er war zu sich und zu anderen immer recht hart, wenn es um Gesundheit und vor allem um Krankheit ging, aber alles nur Fassade! Nun liegt er da, ist geistig vollkommen fit - na ja, er bekommt natürlich Schmerzmittel und Stimmungsaufheller usw. - , kann nicht sprechen, hat trotz allem Schmerzen und möchte heim. Aber dies ist genau der einzige Wunsch, den ich ihm bei aller Liebe derzeit nicht erfüllen kann, er kann nicht einmal einen Buchstaben mit seiner Hand auf die Bettdecke malen, weil ihm dazu die Kraft fehlt. Er wird beatmet, ernährt über eine Darmsonde, weil der Magen bereits entfernt ist und er überhaupt nicht mehr schlucken und sprechen kann, hatte jetzt Ende Oktober eine Darmverschluß-Operation mit anschließender Lungenentzündung mit Operation, damit alles ablaufen kann, jetzt eben seit fast 4 Wochen auf Intensivstation, und nun zur "Krönung" den Luftröhrenschnitt, damit er "leichter" atmen kann. Er bekommt medizinisch gesehen alles Notwendige, aber ihn so leiden zu sehen macht mich jedes Mal total fertig. Ich weine viel und sehe schon aus wie ein verquollenes Monster. Es macht mir aber nichts aus, wenn andere sehen, daß es mir schlecht geht, weißt Du. Manchmal fluche ich auch richtig lästerlich, wenn ich alleine bin, um meine Wut und Verzweiflung raus zu lassen.

Schließlich braucht mich meine Mutter auch, denn sie ist gesundheitlich sehr angeschlagen und kann den Zustand von Papa nicht verkraften. Die Klinik ist auch weiter von unserem Heimatort entfernt, so daß nicht jeden Tag Besuche möglich sind. Auch bei ihr bin ich die starke Tochter, soll sie sich doch nicht auch noch Sorgen um mich machen müssen, weißt ja selbst, wie man denkt.

Hast Du jemand, der Dich zuhause auffängt? Bist Du gläubig? (Tschuldige, ist vielleicht eine sehr intime Frage, aber meiner Mutter z.B. hilft es sehr, ich selbst hadere eher mit "dem da oben").

Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, daß Du diese Zeit bald hinter Dich lassen kannst, und fühle mit Dir. Vielleicht hilft es Dir, wenn Du Dich hier im Forum beim Chat mit beteiligst, Du wirst sehen, es gibt viele Menschen, die in einer solchen Situation stecken. Habe einfach Vertrauen und den Mut, Dich hier weiter anzuvertrauen.

Geändert von sonja.schuster (21.11.2005 um 10:57 Uhr)
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  #4  
Alt 21.11.2005, 11:12
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: komm' nicht mehr raus....

Liebe Jule,

Du ärmste weisst ja vor Angst nicht mehr ein und aus - ich weiss noch genau wie hilflos ich mich gefühlt habe, als meine Mama die Diagnose "Krebs" bekam. Ich hatte solche Angst und konnte nichts tun als Diagnose für Diagnose abwarten. Ich möchte mich hier meiner Vorrednerin anschliessen: Wenn Du das Gefühl hast, Du schaffst es nicht allein, dann such Dir Hilfe bei einem Arzt. Es ist keine Schande, einen solchen Schlag nicht allein verarbeiten zu können.

Und jetzt auch noch Angst Deinen Mann zu verlieren? Dazu möchte ich Dir gerne raten: sprich mit ihm, öffne Dich - nur so kann er verstehen was Du durchmachst. Sag ihm wie sehr Du fürchtest, Deine Mutter zu verlieren. Wie sehr Dich die Hilflosigkeit belastet, und wie sehr Dich all das lähmt. Offenheit ist in einer solchen Situation die einzige Möglichkeit, sich nicht zu entfremden. Er kann Deine Gedanken nicht lesen - Du musst sie ihm mitteilen. Vielleicht kann er Dich dann stützen, damit Du den Weg nicht allein schaffen musst.

Ich wünsche Dir alle Kraft, die Du für die kommende Zeit brauchst!
Andrea
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  #5  
Alt 29.11.2005, 09:43
juhlie juhlie ist offline
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Beiträge: 45
Standard AW: komm' nicht mehr raus....

danke für eure lieben worte!
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  #6  
Alt 29.11.2005, 09:49
juhlie juhlie ist offline
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Registriert seit: 27.09.2005
Beiträge: 45
Standard AW: komm' nicht mehr raus....

es hat mir in so weit geholfen, daß mal jemand meine gedanken gelesen hat....das sie irgendwo sind und nicht nur in meinem kopf...sie werden deshalb nicht freundlicher aber...ich weiss auch nicht...

lg
jule
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  #7  
Alt 03.12.2005, 14:13
leonore leonore ist offline
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Beiträge: 182
Standard AW: komm' nicht mehr raus....

hallo juhlie, ich glaube dir, dass du aus diesem loch allein nicht raus kommst, wie denn auch, jetzt noch die verlustangst um den mann. hier bei uns gibts ambulante hospizschwestern die für die kranken und genauso wichtig für die angehörigen da sind. ich bin froh, dass jetzt nach dem tod meines schatzes diese frau da ist, die mich anruft und besucht, egal um welche zeit, mir zuhört bei der ich weinen kann und auch zum 100mal die gleiche geschichte erzählen darf. vielleicht wäre das auch für dich eine hilfe. einen geliebten menschen leiden zu sehen und machtlos gegen die krankheit zu sein, bringt einen an den rand der verzweiflung. vielleicht kannst du ja mit deinem arzt mal darüber reden, dass du hilfe brauchst. man muss nicht alles allein tragen vielleicht kannst du ja auch deinem mann erklären, wie es in dir aussieht. ich wünsche dir viel kraft für dieses gespräch. sei lieb gegrüßt von leonore
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