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  #61  
Alt 22.10.2005, 09:45
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Lady Molly Lady Molly ist offline
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Standard AW: Und nun?

Guten Morgen,

der schwierige Umgang mit meiner ältesten Tochter ist gestern abend mal wieder eskaliert und nun ist sie ausgezogen, d.h. bei ihrem Freund untergekrochen. Da ich sie, laut Aussage von ihrem Freund psychich unter Druck setze und weder als Mutter noch als Hausfrau etwas tauge und sowieso keine Ahnung habe, ist es wohl besser so.
Ich habe doch wirklich erwartet das sie, wenn sie auszieht sich erwachsen verhält und versucht auf eigenen Füssen zu stehen und nicht einfach vor den Problemen wegläuft und bei ihrem Freund (der noch selber mit Mitte 20 im Elternhaus wohnt) unterkriecht. Im Januar wird sie 18 und mit "Gewalt" halten ist nicht mehr, aber ich bin sowas von enttäuscht, was habe ich bei ihrer Erziehung falsch gemacht? Unser Verlust ist nicht lange her, meine anderen Kinder müssen nun schon wieder mit neuen Umständen klar kommen...
Natürlich hat es regelmässig Stress gegeben um Hausaufgaben, Hausarbeit und Zeit die mit der Familie doch auch mal verbracht werden sollte. Natürlich weiß ich auch das das in diesem Alter fast als normal angesehen werden kann. Aber mit meiner zweiten Tochter, die ein Jahr jünger ist, habe ich das gegenteilige Problem, sie übt sich in "perfekter" Tochter, möglichst ganz erwachsen um mich nicht weiter zu belasten. Nach aussen bekommt man Angst vor ihrer Reife, die ich ihr auch nicht ganz absprechen will, aber sie geht erst auf die 17 zu und ich möchte nicht das sie versucht mir den vollwertigen (Gesprächs-)Partner zu ersetzen, das ist nicht ihre Aufgabe.
Ich bin wieder mal alles so leid und frage mich wirklich, warum?

Traurige Grüsse,
Susanne
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  #62  
Alt 22.10.2005, 10:05
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Und nun?

Mensch Susanne,

lass dich einfach mal ganz feste in den Arm nehmen
Diese "Ausraster" sind normal und ob du es glaubst oder nicht, mir ist vor einiger Zeit etwas ähnliches passiert. Ich konnte diese überheblichen Widerworte nicht mehr ertragen und habe meine Tochter abends um 23.00 Uhr rausgeschmissen. Ich war so wütend und verzweifelt, hatte so einen Hass auf mein Leben und darauf, dass Claus nicht mehr da ist, dass mir die Sicherungen durchgebrannt sind. Mann hatte ich danach ein schlechtes Gewissen, wie konnte ich mich dermaßen wenig in der Gewalt haben. Als sie am nächsten Tag nach der Schule nicht nach Hause kam, war ich am Boden zerstört. Sie hielt es dann auch nicht wirklich lange aus und abends konnten wir uns dann in Ruhe aussprechen miteinander.

Lass sie ihre Erfahrungen sammeln. Ich denke, dass die Mutter ihres Freundes auch nicht unbedingt sehr erfreut ist... Vielleicht solltest du ihr nur ganz klar und deutlich erklären dass, wenn sie denkt sie sei so erwachsen und so viel "besser" als du was Haushalt oder was auch immer betrifft, sie dich dann auch bitte für gar nichts in Anspruch nehmen kann. Weder die Wäsche noch finanzielle Unterstützung. Wer alt genug ist zu gehen, sollte auch alt genug sein zu sehen, dass er alles geregelt bekommt. Die Alternative für sie ist ja, dass sie jederzeit wieder nach Hause kann.

Hast du mit deiner jüngeren Tochter über deine Ängste schon gesprochen? Wenn sie weiß, dass du das nicht von ihr erwartest, dass es für dich ok ist, wenn sie ausgeht und sich mit Freunden trifft, dass du das Alleinesein einfach auch lernen musst, dass sie keine Verantwortung für dich übernehmen muss, wenn sie sich dennoch so und nicht anders verhält, denke ich, ist es ok. Jeder Mensch ist (Gott sei Dank) anders und vielleicht ist sie ganz einfach von Natur aus der Ausgleich.

Nimm vor allem die "Anfeindungen" der Großen nicht persönlich. Auch in ihr herrscht jetzt Gefühlschaos, Verzweiflung und Traurigkeit. Natürlich wünscht man sich, dass, gerade wo sie erleben musste, wie schnell man einen Menschen verlieren kann, sie sich zu dir liebevoller verhalten sollte. Aber vielleicht ist es auch ganz einfach ihr Protest weil das Leben so furchtbar ungerecht ist. Sie liebt dich, da bin ich mir sicher und alles andere ist eine Reaktion. Denn so wenig, wie sie weiß, was genau in dir vorgeht, ebenso wenig weißt du, was ihre Seele im Augenblick durchleidet..

LG
Andrea
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  #63  
Alt 22.10.2005, 10:15
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Standard AW: Und nun?

Liebe Petra,

wir jammern nicht, wir tauschen uns aus ;-) und weinen manchmal zusammen, erleichtern uns durch das Schreiben und bekommen alleine durch die Anteilnahme der Anderen etwas Trost. Mir selber hilft es einfach zu lesen wie es euch geht und auch wie es bei euch war. Manchmal entdecke ich Parallelen, manchmal nicht und trotz vieler Unterschiede sind wir Trauernde doch alle verbunden. Du hast hier etwas aus deinem Leben erzählt und ich kann mehr als verstehen das du Wut empfindest. Tröstende Worte? Worte die Hoffnung machen? Mir sind sie leider abhanden gekommen, wenn es sie überhaupt je gab. Ich weiß nur das wir Tag für Tag hinter uns bringen sollten bis auch wir es geschafft haben und mit etwas Glück werden die schönen Tage doch ab und zu auch mal zu uns kommen.

Liebe Doris,

auch bei mir hängt es an: Ich sehe keine Zukunft mehr für mich.
Ja, ja, auch ich habe Kinder, sogar noch "kleine", also wie kann ich denn solche Gedanken haben? Aber nichts macht wirklich Spaß, ich erledige das was erledigt werden muß, verfalle ab und zu in hektische Betriebsamkeit, treffe Verabredungen, stopfe also meine Zeit voll. Mir hilft ein wenig jeden Tag für sich anzugehen und nicht zu weit zu schauen. Das klappt zwar nicht immer, aber wenn ich zu genau hinsehe und mir dann wieder mal klar wird, dass Ewald nie wieder, wirklich nie wieder mit mir reden wird, ich ihn nie wieder in diesem Leben sehen werde, dann schmerzt es einfach noch zu sehr.
Ich bin bei aller Annahme des Verlustes nicht bereit den Schmerz voll auszuleben. Ich glaube ich werde dann verrückt. Das bedeutet aber wieder ich MUSS an die Worte des Trostes glauben, alles wird wieder besser, die Sonne wird wieder scheinen usw. Wieder etwas bei dem ich zwiespältig empfinde und es einfach hasse.

Ich hoffe du hast dich hier nicht mißverstanden gefühlt? Das würde mir sehr leid tun, denn auch wenn unsere Wege nicht gleich sind, wissen wir alles was der Weg bedeutet.

Lieben Gruss an euch beide,
Susanne
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  #64  
Alt 22.10.2005, 10:54
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Standard AW: Und nun?

Liebe Andrea,

leider sind die Eltern ihres Freundes einverstanden und wahrscheinlich froh das ihr Sohn "Eine" abbekommt. Er ist ein lieber, netter Kerl, aber selber sowas von unselbstständig, arbeitslos (er bewirbt sich seit 1 Jahr zwar, aber der echte Elan fehlt) und mehr als übergewichtig.
Die jetzige Situation hat sich über Jahre aufgebaut, es war schon immer schwierig mit ihr. Als Mutter habe ich bestimmt meine Fehler gemacht, aber ich konnte auch nicht zulassen das ihr Verhalten das Leben von uns allen laufend beeinflusst. Ich habe so ziemlich alles versucht. Sie durfte bei ihrem Freund schlafen, er hier usw. Ich mag auch nicht mehr, ich habe nicht die Kraft mich weiter mit ihr auseinander zu setzen. Am Montag werde ich das Jugendamt informieren, Töchterchen will ja auch ihr Geld, die Halbwaisenrente und ihr Kindergeld (wir, der Rest der Familie stehen durch ihren schnellen Auszug vor dem finanziellen Aus, also muß ich nun doch Ämter abklappern) und ich habe keine Lust rechtlich für eine fast 18 jährige verantwortlich sein, die vielleicht nun die Schule schleifen läßt oder sonstwas für weitere dumme Ideen hat. Mama hat die Schnauze voll.
Ein erneuter Einzug bei mir wird es nicht geben, ich habe unzählige Gespräche mit ihr hinter mir in denen sie ganz vernünftig wirkt, alles abnickt, mit mir gemeinsame Lösungen gesucht hat, um sich dann umzudrehen und ihren Mist weiter zu machen. Schau, eine Portion Wut ist bei mir dabei, sie will erwachsen sein, trotz aller Warnungen, nicht nur von mir? Dann bitteschön, aber auch mit alle Konsequenzen. Das wusste sie.
Ich lasse hier kein Zimmer leer stehen in der Hoffnung Madam zieht es doch wieder heim. Das Zimmer wird einer der Jungs bekommen, die nun noch gemeinsam in einem sind. Sollte meine Tochter in Not geraten, werde ich sie natürlich vorübergehend aufnehmen.
Vielleicht geht auch alles gut, auch wenn sie mit ihrem ersten Freund gleich Familie spielen muss, denn ich bekomme es immer noch nicht in den Kopf wie man zwei Zimmer im Elternhaus als eigene, abgeschlossenen Wohnung bezeichnen kann, mir droht meine Tochter hier heraus zu holen und vieles mehr. Alles der Freund meiner Tochter, meine Tochter wollte zu ihm ziehen, weil sie ihn liebt, er hat mir alles mögliche an den Kopf geschmissen.
Das ist auch der Grund warum meine Tochter ohne Schlüssel gehen musste, denn ich sehe es nicht ein das die beiden hier weiterhin kommen und gehen können wie es ihnen passt. Ich hoffe nur das sich durch den Abstand unsere Beziehung entspannt. Ihr Freund hat meiner anderen Tochter gegenüber angedroht das die Sache ein Nachspiel haben wird und ich stehe hier alleine mit Wut und Trauer und Sorgen über den Lebensweg meiner Grossen. Toll, nun erwartet aber bitte niemand von mir das ich als Mama und die Ältere zuviel Einsicht zeigen werde, nein, keine Mutter sollte so behandelt werden.
Da bin ich mir ganz sicher und so lange meine Wut nicht verraucht ist, erlaube ich mir nachtragend zu sein, erstmal ;-) und dann sehen wir weiter.

Meiner Zweiten haben ich schon gesagt das sie "übervernünftig" ist.
Sie hat mir inzwischen schon erklärt was sie in der Schule gelernt hat, welche Ernährung im Alter angebracht ist und das sie später bei mir darauf achten wird (Alles Igitt-Essen) und das ich doch mal Tee trinken soll... Sie spürt einfach meine Belastung und versucht ihr möglichtes. Glaubt nur nicht das nicht auch hier mal die Fetzen fliegen, aber das sind reinigende Gewitter, die der eine dem anderen nicht nachträgt. Auch sie hat einen Freund, den zweiten, "festen" inzwischen und lebt in der Beziehung, wie auch in der Schule eine Reife vor... Sie hat Ewald mit versorgt, war vorher schon reifer als meine andere Tochter und hat durch das Begleiten ihres Vaters einen Sprung gemacht, sie macht sich viele Gedanken und versucht sie im Gespräch zu ordnen. Schön das zu sehen, aber wie oben schon geschrieben, ja, ich muß ihr ab und zu mal in den Popo treten, damit sie sich "altersgerecht" auf die Piste begibt.

Dafür das ich einige Tage nur gelesen habe, reicht meine Worteflut mal wieder, oder? *gg*

Susanne
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  #65  
Alt 22.10.2005, 11:21
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Und nun?

Dafür das ich einige Tage nur gelesen habe, reicht meine Worteflut mal wieder, oder? *gg*

...hättest vielleicht besser früher geschrieben.

OK, damit wäre es ja geklärt und dein Standpunkt ist nachvollziehbar und verständlich. Ob es unbedingt notwendig ist, das Jugendamt einzuschalten wage ich jedoch zu bezweifeln. Wenn deine Tochter ein eigentständiges Leben führen möchte, dann lass sie sich auch um diverse finanzielle Dinge kümmern. Ob ihr das Kindergeld zusteht,weiß ich jetzt gar nicht, denn eigentlich dient dies ja zur "Erziehung"... Das Waisengeld wird euch vermutlich auch nicht retten - mich jedenfalls zwingt es höchstens zu einem verbitterten Lächeln.... Deine Tochter kann sich ja Wohngeld beantragen oder selbst bei den Behörden nachfragen, was ihr denn zusteht. Freiwillig würde ich ihr, nachdem was du jetzt geschrieben hast, keinen Euro geben. Soll ihr Freund doch sein Arbeitslosengeld mit ihr teilen, wenn er denkt, sie sei bei ihm besser aufgehoben.

Wenn ich du wäre, würde ich mich jedenfalls um gar nichts kümmern, was sie betrifft, solange es nicht unbedingt notwendig ist. Komm du lieber erst wieder zur Ruhe, schließlich sind da noch drei andere Kinder, die ihr Mama vielleicht gerne nochmal ein wenig ruhiger und ausgelassener erleben möchten. Reisende soll man nicht aufhalten und wer weiß, vielleicht kehrt jetzt ja tatsächlich Ruhe ein und ihr vier erlebt jetzt wieder harmonischere Tage.

LG
Andrea
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  #66  
Alt 22.10.2005, 23:48
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo alle zusammen!
Es gibt Tage an denen sollte man wohl besser im Bett bleiben, na ja aber selbst das ist an diesen Tagen wahrscheinlich auch ganz schlimm! Wollte heute Schuhe kaufen… ich laufe durch Läden in denen ich zuletzt mit meinem Liebsten war – mir ist als müsste ich mich nur umdrehen weil er hinter mir geht…(er ging entgegen vieler Männer gern mit uns „Weibern“ einkaufen), dann läuft ein Typ an mir vorbei und zieht „seinen Duft“ hinter sich her (!!!Frechheit…) und mitten im Gang vor mir steht ein Pärchen (“Mittelalter“- wie ich) und er sieht sie mit verliebt funkelnden Augen an (so ähnlich hat mich mein Mann auch angesehen, als seine Gesichtszüge noch nicht so von Schmerzen beherrscht wurden!) … es wird einfach nicht besser und ich weiß nicht in welches Loch ich mich verkriechen soll. Das Komische ist die meisten Leute um mich herum glauben, dass ich schon ganz gut „drüber weg“ bin !!!

Zitat Doris: Tröstende Worte? Worte die Hoffnung machen? Mir sind sie leider abhanden gekommen, wenn es sie überhaupt je gab. Ich weiß nur das wir Tag für Tag hinter uns bringen sollten bis auch wir es geschafft haben und mit etwas Glück werden die schönen Tage doch ab und zu auch mal zu uns kommen.

Ich danke euch für KEINE tröstenden Worte (das ist ernst, nicht ironisch gemeint) – ich denke ich bin z.Z. für keinerlei Trost empfänglich.

Susanne: Nach der Trennung, als mein Exmann auszog und ich krampfhaft versucht habe meine kleine „Weiberfamilie“ seelisch gesund über die Runden zu bringen hatte ich mit meiner damals 14/ 15jähr. Großen schlimme Auseinandersetzungen, ich glaube ich konnte mit ihrer Art mit dem Schmerz umzugehen nicht klar kommen. Sie hat dann mal zu mir gesagt „Was machst du hier immerzu einen auf Familie, diese Familie gibt es nicht mehr…!“ das hat mich damals schwer getroffen, was hätte ich denn tun sollen, als den “Rest“ der Familie zusammenzuhalten? Aber Recht hatte sie doch :“DIESE“ Familie gab es nicht mehr und darüber was sie wahrscheinlich „UNTRÖSTLICH“ auch nicht durch uns, die sie sehr lieb hatten und doch nur weiter leben mussten …irgendwie. Vielleicht war ihre Situation so, wie meine heute, ich will nicht durch irgendwelche Alternativen, Notlösungen getröstet werden – ich hatte die Beziehung, welche ich mir so sehr gewünscht hatte …! Wie stand deine Große zu ihrem Vater? Für meine Große war er der „Prinz“, also ich glaube ihre „erste Liebe“-wie ja auch immer von Töchtern behauptet wird. Ich musste damals auch sehen wie ich mit meinen anderen Töchtern mit dem A… an die Wand komme und es hat mir manchmal bald das Mutterherz zerrissen, vor lauter Konsequenz, aber wir habe heute nach Jahren ein sehr offenes und liebevolles Verhältnis. Aber es sind schmerzhafte Zeiten die du jetzt durchmachst, auf die du gerade jetzt ganz gut hättest verzichten können! Im Übrigen haben sich alle meine drei Töchter sehr früh einen "festen Freund" gesucht, was wohl auch mit der verloren gegangenen "Sicherheit u. Geborgenheit" zu tun hat.

… Tag für Tag hinter uns bringen, ja so läuft es und macht mir gleichzeitig so Angst, denn das Leben hat mich „klein gekriegt“ und dagegen haben WIR doch immer gekämpft! Ich habe keine Lust mehr zu kämpfen (im Moment-vielleicht erwacht sie ja noch mal) und ich kann mir auch nichts vorstellen, womit ich mich wieder mit dem Leben versöhnen könnte (Quatsch, doch: meine Weiber – immer wenn sie da sind…, wenn ich sie auch mit Wehmut beobachte und hoffe „er“ sieht sie!). Aber evtl. werde ich ja auch mal Omi und dann kann ich wohl dem Charme des jungen Lebens nicht widerstehen… Leider hat meine Große schon festgestellt, es wird sehr schwer werden, denn unser Stolli wäre der liebste und geduldigste „Opi“ gewesen, er war ein Kindernarr und hat jedes Kind, egal wie alt, immer ernst genommen als Persönlichkeit – hat sich für die Gedanken, Frage u. Wünsche ehrlich interessiert. Wie gesagt, er war ein Wunder …! Er hat uns alle aufgefangen, obwohl er selbst am Boden lag, na ja vielleicht kniete er zu diesem Zeitpunkt schon..!

Soooo, nun will ich auch mal wieder meine Tasten ruhig halten. Ich wünsche euch einen erholsamen Sonntag.

Liebe Grüße Petra
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  #67  
Alt 23.10.2005, 13:52
doris stephan doris stephan ist offline
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Hallo ihr Lieben,

das habe ich jetzt aber nicht gewollt, es gab kein Mißverständnis und ich habe mich auch nicht mißverstanden gefühlt.
Ich sitze zur Zeit in so einem tiefen Loch und komme nicht mehr raus.
Ich dachte es wird mit jedem Tag besser, aber nein es wird von Tag zu Tag schlimmer. Ich glaube einfach, daß ich im Moment kein guter Gesprächspartner bin. Ich weiß, daß wir alle im selben "Boot sitzen", aber ich glaub ich schaffe das nicht, habe nicht mehr genug Kraft, sitze nur und heule und heule...Ich tue alles was man von mir erwartet, weil man es von mir erwartet, sonst würde ich wohl garnichts mehr tun.

Bitte nicht bös sein, ich meld mich irgendwann wieder, lese aber ab und zu mit.

Ganz liebe Sonntagsgrüße

Doris.
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  #68  
Alt 23.10.2005, 14:03
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Und nun?

Meine liebe Doris

diese Tage, an denen einfach gar nichts mehr geht und nichts den Kloß im Hals lösen kann, sind so schrecklich zu ertragen. So gerne würde ich dir helfen. Wie einfach ist es doch bei den Kindern, wisst ihr noch? Wenn sie gefallen sind und geweint haben, hab ich sie in den Arm genommen und auf ihr "Weh gepustet", es einfach weggeblasen. Wäre es doch nur noch immer so einfach.

Ich bin froh, dass du geschrieben hast, denn es wäre schrecklich, wenn aus Versehen etwas gesagt würde, was der kranken Seele noch weiter Schaden zufügt, das darf nicht passieren.

Ich bin seit Claus Geburtstag auch wieder in dem "lasst mich alle in Ruhe" Zustand. Ich hatte mir wirklich eingebildet, dass es mit dem ersten Todestag besser würde. Wie blöd ich doch bin, nichts ist besser, jedenfalls nie lange genug, um wirklich zu Kräften zu kommen.

Ihr wisst ja mittlerweile, dass ich Sprüche oder Liedertexte oft zur Hilfe nehme, gestern ist mir dieser wieder in die Hände gefallen, weiß nicht, wo ich ihn gelesen hatte, aber ich denke, er passt:

"Erst wenn wir die dunkelsten Stunden überlebt haben,
ahnen wir, was Auferstehung heißt

Liebe Doris, du musst genau das tun, was du für dich als richtig empfindest. Wenn dir das Schreiben mit uns im Augenblick nichts bringt, dann warte einfach, bis du es wieder brauchst. Aber bitte hör nicht auf zu schreiben, weil du denkst, dass deine derzeitige Stimmung nicht passt. Versprochen?

Dir und allen anderen einen erträglichen Sonntag. Bei uns kämpft die Sonne sich hin und wieder zwischen den Wolken hervor. Irgendwie passt dieses Naturschauspiel im Augenblick zu meiner Stimmung. Immer wieder erneut der Versuch, es zu schaffen, aber irgendwie sind die dunklen Wolken stärker...

LG
Andrea
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  #69  
Alt 23.10.2005, 17:53
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Lady Molly Lady Molly ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo ihr Lieben,

an solchen Tagen schiebe ich gerne das Tief mit auf´s Wetter.
Bei uns ist es trübe, trübe, trübe. Wie soll man einen klaren Gedanken fassen?

Ich bin immer noch stinksauer auf meine Tochter und gleichzeitig tut es so weh, hilflos dabei zu stehen, zu sehen wie sie ihre Geschwister, ihre Großeltern und auch mich verletzt, das bißchen was wir uns in den letzten Wochen an neuer Struktur in unserem Leben erkämpft hatten ist weggeblasen.
Und auch hier wieder diese Zerissenheit, ich könnte sie am Kragen packen und schütteln und gleichzeitig mache ich mir solche Sorgen um sie und habe Angst das sie einen Fehler gemacht hat der sich erst in ferner Zukunft rächen wird.
Ihr Freund bekommt übrigens kein Geld vom Staat, denn seine zwei Zimmer sind ja bei Mami und Papi. Er lebt von Ersparten und was seine Eltern ihm zu kommen lassen (Bedarfsgemeinschaft). D.h. meine Tochter hat auch keinen Anspruch auf Unterstützung von Aussen, denn die setzt ja erst bei Hilfebedürftigkeit ein.
Das ist doch gerade das was mich so sauer macht, wollen sich erwachsen schimpfen, wohl auch heiraten und am besten noch ein Kind bekommen, aber können sich nicht mal selber ein Dach über dem Kopf leisten. Wenn man das heute erwachsen sein nennt, dann Gute Nacht.
Finanziell werde ich das trotz der geringen Halbwaisenrente doch merken, auch wenn ich nun etwas weniger Lebensmittel brauche und dies und das für meine Tochter wegfällt, verringer sich die Festausgaben nicht und da wir seit dem Tod meines Mannes nur Kindergeld und Rente(n) beziehen...
Naja, meine zweite Tochter und ich habe uns geeinigt beide zu arbeiten, sie wird sehen das sie etwas findet um ihr Taschengeld und ihre monatliche Fahrkarte zu bezahlen, ich hätte so oder so nicht auf Dauer hier sitzen können, möchte ich auch nicht. Aber ich komme mir immer so getrieben vor.
Seit fast einem Jahr ist um mich herum jemand sterbenskrank und stirbt auch, laufend müssen Dinge erledigt werden, neue Probleme tun sich auf. Inzwischen habe ich wieder Probleme mit meinen Herzklappenfehler, der Magen spielt verrückt und am liebsten würde ich weglaufen.

Petra, ich kann im Moment nicht mal beantworten wie mein Mann und meine Tochter zueinander wirklich standen, ich kann mich nicht mal wirklich an das Leben "davor" erinnern. Ich weiss nur das alles unfair ist und ich hier alleine stehe. Ich kann mich nicht an Ewald kuscheln und meinen Frust los werden und einen Ersatz dafür gibt es nicht.

Ich finde es unheimlich lieb das ihr mir eure Erfahrungen mit euren Kindern mitteilt. Ich weiss ja auch das manche gerade im Ablösungsprozeß richtig sauer auf ihre Eltern (Mutter) werden müssen, um überhaupt sich lösen zu können, aber ich mag nicht mehr das Verhalten anderer, auch nicht das Verhalten meiner Tochter, entschuldigen. Ich komme mir vor als wenn ich das schon mein ganzes Leben mache. Wo bleibe ich denn? Wie soll es mir denn eines Tages besser gehen, wenn ich immer das mache was als richtig angesehen wird und wer bitte setzt fest was richtig ist?

Liebe Doris, da passen deine Zeilen dazu. Auch du sollst das tun was dir gut tut und nicht das was erwartet wird. Das wir uns sicher nicht auf die schiefe Bahn begeben ist wohl klar, aber müssen wir wirklich funktionieren?
Ich freue mich wenn ich von dir lese, auch wenn du meinst es ist nicht passend, was soll ich denn über mein Tochter-zieht-aus-Drama sagen? Ich habe niemanden sonst ausser die Menschen hier, traurig, aber wahr.
Dich Doris, auch Petra und Andrea, alle die hier lesen und auch mich, lieben andere Menschen. Manche von uns haben Kinder, manche noch Eltern oder Geschwister, gute Freunde und trotzdem sind wir allein. Nicht immer, nein, aber oft genug.

Meine Schwiegermutter ist viel unterwegs, kegelt und geht oft auf den Friedhof. Vier Kinder, einiges an Enkelkindern und auch ein paar Ur-Enkel bleiben ihr. Man sollte doch meinen ihr gehts besser als mir? Sagte sie doch zu mir, ich hätte ja noch die Kinder, hat sie doch auch... Aber nein, obwohl sie laufend beschäftigt ist fühlt sie sich einsam und weiss nicht wie es weiter gehen soll. Sie hat Mann und kurz darauf den Sohn verloren. Niemand wird diese zwei Menschen ersetzten, weder als Mann, Opa, Bruder, Sohn, Vater und was die beiden sonst gewesen sind, denn sie waren einfach sie selbst.
Wir verstehen das wohl, die Welt um uns herum scheinbar nicht.

Ich glaube das ich nie wieder weiter denken kann als einen Tag, denn immer wenn ich das versuche muß ich mir das Leben ohne Ewald vorstellen und das geht nicht, es ist unmöglich.

Ich kann mich nicht mal entscheiden ob ich traurig bin oder wütend, alles ist *schreibt man hier nicht*

Uns allen einen guten Start in die neue Woche!
Susanne

P.S. Liz und Willy, ich denke sehr oft an euch und hoffe ich lese bald wenigstens eine Mininachricht, mache mir Sorgen. Umarme euch und höre das Murmeltier! Susanne
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  #70  
Alt 23.10.2005, 19:06
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo, alle zusammen, die sich zum PC schleppen und wenigstens mal sehen wollen, ob wohl wer was geschrieben hat...! Schon beängstigend, dass uns diese Stimmung alle erwischt hat, dabei fängt das dunkle Wetter erst an...Obwohl ich es gut finde, nun hate es endlich eine Berechtigung wenn man sich mit Tee und Buch aufs Sofa zurück zieht und wenn man sich bei Sauwetter mal rausschleppt, muss man auch nicht so viele Leute sehen u. grüßen!

Mir geistert nun der bevorstehende Gebutstag (Erdengeburtstag) meines Mannes im Kopf rum, kommenden Freitag... Ich weiß, ich schaffe es nicht so konsequent zu sehen wie Andrea, aber vorsorglich habe ich mir erst mal frei von der Arbeit genommen. Er war immer sehr interessiert am Weltall und Einsteins Theorien, vielleicht gehen wir ins Planetarium, da laufen verschiedene Programme unter anderem mit Pink Floyd- und Queenmusik. Musik war seine "Droge" um sich aus der harten, grausamen Realität heraus zu holen. Er hat auch selbst Schlagzeug gespielt, bis ihm der Schmerz die Kreativität nahm... Ja, es geht nur einen Tag nach dem anderen rum zu bringen.

Susanne, ich wollte damit nicht andeuten, dass du deine Tochter verstehen solltest, sondern, dass sich Situationen nach Wochen, Monaten auch wieder anders anfühlen können. Du fühst jetzt Entäuschung und Wut, könntest ihr vermutlich den "Hals rumdrehen" (tschuldigung) und daran kannst du, selbst wenn du wolltest, wahrscheinlich nichts tun. In der Zeit der Krankheit und auch vorher habe ich immer getan, was getan werden mußte und nach meiner Kraft oder Gefühlen zu fragen schien mir im Angesicht der Probleme, auch nicht so wichtig. Dieses Schema habe ich so antrainiert, dass ich regelmäßig am Samstag einen kleinen Sturz in das NIChTS mache, wenn Wochenende ist und ich allein bin, keiner was von mir will. Dann klappt erst mal garnichts mehr und ich frage mich... naja immer die gleichen traurigen Fragen.

Liebe Doris, ich verstehe deinen Satz nicht so ganz, ich habe auch kein Mißverständnis gesehen. Ich glaube dich zu verstehen, das ist es was ich meinte, als ich sagte ich wollte nicht "jammern". Mir fehlen auch die Worte, angesichts des Schmerzes, der Ungerechtigkeit und so drehe ich mich immer wieder im Kreis und habe immer wieder nur die gleichen Dinge zu berichten, alles wiederholt sich und so rufe ich auch keine Freundin an, der ich alles zum 100 sten Mal so schildern müßte. Sie werden dann still und wissen nicht was sie sagen sollen, wahrscheinlich auch weil ich "untröstlich" bin und dann tun sie MIR schon wieder leid, weil ich sie in diese Situation gebracht habe... Naja uns hat allerdings auch keiner gefragt. Aber es entsteht dann auch die Situation, dass mein Gegenüber denkt "...mit meinem Kleinkram brauche ich sie nun auch nicht voll zu reden, sie hat andere Probleme...!"

Andrea-konntet ihr denn ein paar schöne Stunden anläßlich der zu erwartenden Stelle für deine Tochter verleben?

Was ich gestern nicht erwähnte und eigentlich auch unwichtig ist, aber typisch für mich: bin gefrustet ohne Schuhe heim (ohne "neue"Schuhe) - war mir plötzlich egal, latsche ich weiter mit den alten rum :mirdochegal!

So nun hab ich wieder genug rumgeschriebe, ich hoffe es war kein grober Unfug dabei ! Erholt euch noch ein bisschen, bevor die Woche wieder los geht!
Viele Grüße Petra
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  #71  
Alt 23.10.2005, 19:23
Blue Blue ist offline
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Hallo Zusammen,

hab jetzt lange gebraucht bis ich alles gelesen habe und ich hab wohl auch schon alle Stimmungslagen hinter mir. Die Tempoindustrie habe ich beim lesen ordentlich angekurbelt - aber das darf ich. Nein, Kinder habe ich nicht, schade. Obwohl ich nicht weiß was besser ist.

Das darf ich jetzt, das ist in den letzten 4 Monaten mein Standardspruch geworden. Ich muß nicht mehr stark sein, obwohl das Herz in der Hose ist, Ich muß keine Erwartungen erfüllen, ich muß auf niemand Rücksicht nehmen. Ich laß mich treiben wie ein Blatt im Wind. Ohne Plan und ohne Ziel. Das darf ich jetzt.

Vor 4 Monaten hat mich Jürgen einfach alleine gelassen, nach knapp 6 Jahren Hirntumor-Diagnose und nach 8 Wochen Pflegezeit Zuhause. Im Rückblick ist es mir schleierhaft, wie ich damals erkannt habe, daß wir uns auf dem letzten Weg befinden und ich Zuhause bleiben muß. Auch weiß ich nicht mehr wie ich das ausgehalten habe in der Pflegezeit, dem ständigen Kampf mit dem Hausarzt und meine Bockigkeit, Jürgen Zuhause zu behalten. Im Rückblick ist mir das alles schleierhaft.

Ja, auch ich mußte mir anhören, daß ich noch jung wäre. Meine Antwort darauf war dann irgendwann, daß das kein Trost ist, im Gegenteil, der Weg ist scheinbar noch so lange. Ja, auch ich habe noch immer große Probleme mit meiner Umwelt. Die Menschen vergessen und wundern sich, daß ich nicht mehr der Mensch wie zuvor bin.

Ja, auch ich möchte in diesem anderen Leben wieder Fuß fassen, aber noch immer brauche ich Zeit. Die Alltäglichkeiten schaffe ich nur mit großer Kraftanstrengung, keiner kann das nach 4 Monaten verstehen. Alltägliche Dinge wie kochen, Wäsche machen oder Wohnung aufräumen machen mich total fertig und schließlich gehe ich wieder arbeiten. Freundliche Hinweise "ich soll mir psychologisch helfen lassen" habe ich auch bekommen. Meine Antwort darauf ist, ich finde das Normal.

3 Wochen nachdem es passiert ist ging ich wieder arbeiten, muß ja von irgendetwas leben. Das war viel zu früh, erst da löste sich der Schockzustand und erst da habe ich wirklich begriffen was passiert ist. Und das Umfeld nimmt keine Rücksicht - egal wie schlecht man aussieht. Die fragen sich alle nur, was hat sie den jetzt schon wieder.

Und dann gibt es gute Tage, da spüre ich Jürgen um mich. Höre ihn über irgendeine verrückte Idee von mir lachen und ihn sagen: Mädchen mach doch. Da wache ich morgens gelöst auf und bin im Gleichgewicht und der Tag wird gut. Dann bin ich froh, daß unsere Liebe gehalten hat und das wir es zusammen geschafft haben. Dann weiß ich, daß ich ihm alles gab, was ich hatte.

Dann kommt das tiefe Tal, das keiner versteht. Die Zweifel ob den alles richtig war. Die Angst, sich im Leben alleine zurecht zu finden und allem gewachsen zu sein. Dann rutscht das Herz wieder in die Hose und ich bedaure mich mal wieder selbst. Und der Weg scheint noch so lange. Dann tut es weh, wenn die Menschen erschrecken wenn sie mich sehen. An solchen Tagen würde ich mir gerne ein Schild anheften: „Mir ist etwas Schlimmes passiert, aber ansteckend bin ich nicht!“

Ja, während der Krankheit hat sich schon ein Großteil der Freunde abgewandt - ich denke das ist Normal. Jetzt sind kaum noch „alte“ Freunde übrig geblieben. So sind die Menschen. Aber dafür habe ich ein paar wenige neue Freunde dazu bekommen, die ohne viel Worte verstehen und einfach nur da sind. Nichts beschwichtigen, nichts verdrehen, einfach alles so stehen lassen.

Meist wirke ich tapfer, weil ich kein Mitleid möchte. Es fällt mir sehr schwer um Hilfe zu bitten, das konnte ich nie. Es fällt mir sehr schwer zu sagen es geht mir echt beschissen. Da fahre ich eher schreiend mit dem Auto durch die Gegend.

Aber: Das darf ich jetzt!

Jürgen wird mir mein Leben lang fehlen, kein Ton wird ihn je ersetzen können. Auch ohne Kinder denke ich oft, schade, daß er das nicht sieht. Schade, daß er mir jetzt keinen Rat geben kann. Schade das er nicht mit dabei ist. Und ich frage mich immer und immer wieder: Was würde er jetzt an meiner Stelle machen. Klar; leben. Aber wie?

Wozu nun der Eintrag? Um hier meine Gedanken zu erzählen und zu wissen auch Ihr habt das Erleben müssen und Ihr wisst, wovon ich rede. Auch um Anstöße für neue Gedanken zu erhalten. Ja, auch um Hilfe zu bekommen, wenn ich mich verrenne und bockig bin.

Danke

Blue
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  #72  
Alt 23.10.2005, 19:42
Benutzerbild von AndreaS
AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Und nun?

Dann möchte ich ganz einfach sagen: Willkommen Blue in unserer traurigen Gemeinschaft, auf die wir alle gerne verzichtet hätten und die jetzt, da alles so ist wie es ist, ein Segen ist.

"Mir ist etwas Schlimmes passiert, aber ansteckend bin ich nicht!“

hätte große Lust, mir ein T-Shirt machen zu lassen, einfach klasse dieser Satz!

Schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast und hoffentlich hilft auch dir das Lesen und Schreiben hin und wieder, und wenn es nur hilft, wieder weinen zu können, damit der Druck ums Herz nachlässt.

LG
Andrea
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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  #73  
Alt 23.10.2005, 19:52
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo Blue!
...wollte mich gerade rausschleichen aus dem Internet, aber irgendwie will ich doch noch ein paar Worte los werden.

Ohne Kinder war eure Zweisamkeit bestimmt sehr intersiv und naja, mit Kindern ist es einerseits nicht so still, andererseits ist man oft überfordert - tja - egal ob besser oder nicht. Du hast Recht, wir sollten uns öfter bockig sagen, wir dürfen das. Ich habe mir auch schon für kluge Ratschläge zurecht gelegt "Ach, so hast du das gemacht als dien Mann starb..." - meist leben diese Menschen in unzerstörter Familienidylle und sind darauf aus, das das "Problem" schnell aus der Welt muss. Ich glaube ich bin gerade ungerecht, vielleicht ist es auch der einzige Rat den sie haben, weil sie selbst über das Thema Tod auch nicht reden können, aus Angst vor der Angst...?!

Aber die Frage WIE würde mein Liebster weiterleben, die beschäftigt mich auch ganz schlimm. Obwohl wir uns sehr gut kannten und einschätzen konnten, das weiß ich einfach nicht. Ich habe ihm selten Anlaß zu Sorge um meine Gesundheit gegeben und wenn, dann hat er sich "wie eine Mutter" um mich gekümmert!

Bis bald - Petra
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  #74  
Alt 23.10.2005, 20:26
julchen julchen ist offline
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Standard AW: Und nun?

hallo lady molly
meine tochter,die du unter dem namen nordisch kennst,hat mir heute diese seite gezeigt,um mich zu fragen,ob dein brief nicht auch von mir sein könnte,ganz abgesehen davon,dass ich auch susanne heiße.beim lesen liefen mir so die tränen runter weil du haarscharf meine situation beschrieben hast,vom april bis jetzt scheinen unsere leben sehr identisch gewesen zu sein.auch ich gehöre zu den ja so starken frauen die ja alles gut in den griff kriegen,was auch einerseits stimmt.andereseits frage ich mich auch nach dem wozu eigentlich noch,obwohl lich gern lebe und ein sehr bodenständiger mensch bin.mir fehlt mein mann,der vor 8 wochen gestorben ist,überall und am schlimmsten,wenn ich mich gern mit ihm über irgendetwas freuen würde.dieses leben miteinander teilen fehlt einfach und das können mir auch meine drei kinder nicht ersetzen.die gehen,ja auch berechtigterweise ihre eigenen wege und versuchen jeder selbst mit dem verlust klar zu kommen.es tut gut zu lesen,dass andere gleiche probleme wälzen,man nicht alleim damit auf der welt ist.alle anderen,die nicht auch schon einen sterbenden menschen,den man geliebt hat und noch heute tut,begleitet haben,verstehen einen sowieseo nicht.ich freue mich,dich kennen gelernt zu haben und wünsche dir hoffnung auf die zukunft.
susanne aus hannover
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  #75  
Alt 24.10.2005, 03:09
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Lady Molly Lady Molly ist offline
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Standard AW: Und nun?

Liebe Petra,

den Erdengeburtstag von deinem Mann im Planetarium zu begehen ist bestimmt eine gute Idee. Er wird euch begleiten.

Ja, wir haben uns vom Leben, von der Notwendigkeit etwas antrainieren lassen und immer wenn ich ein klitzekleines bißchen nur an mich denken möchte, habe ich Angst das etwas passiert, das ich an einer wichtigen Stelle versage, mir der Himmel auf den Kopf fällt. Du hast hier geschrieben du willst nicht vergessen, du willst nicht das es dir besser geht. Ich möchte auch das alles so ist wie vor einem Jahr oder auch zweien. Man hat so viel Zeit im gemeinsamen Leben verschwendet, sich gegenseitig weh getan, Kleinigkeiten in den Vordergrund gestellt (bei uns war es nicht immer die perfekte Liebe und Ehe, wir hatten unsere Hoch´s und Tief´s) und nun wäre ich froh wenn ich mich über Ewalds Eigenheiten noch einmal aufregen könnte. Aber ich will auch weiter gehen, das neue Leben schätzen lernen und kann es nicht. Es käme mir wie ein Verrat vor, so als wenn es Ewald nie gegeben hätte. Wenn wir unser Erdenleben hinter uns lassen, was bleibt denn von uns? Ich habe durch die verstorbenen Großeltern nun schon mehrmals Wohnungsauflösungen mitgemacht und jedesmal denke ich dabei an meine paar Sachen an denen ich hänge. werden sie in einer Kiste verschwinden, so wie mein Körper? Ich konnte ziemlich gut und schnell Ewald Sachen ausräumen, aber ich habe ziemlich alles möglichst in seinem Sinne weiter gegeben, vieles natürlich auch selber behalten und Andenken für die Kinder weg gelegt. Manches kann ich bis heute nicht anrühren, manche Speisen nicht essen und ich glaube Weihnachtsplätzchen werde ich in diesem Jahr nicht backen, es würde mir das Herz brechen, denn kein Ewald kommt und futtert sie weg. Ich werde keine Extraplätzchen mit Marmelade nur für ihn backen... Nun habe ich mich verzettelt... Wollte noch was zum Einkaufen sagen, auch das ist furchtbar. Mein Blick fällt auf die Herrensachen und ich prüfe automatisch das Angebot und die Preise bis mir einfällt das ich diese Dinge nicht mehr kaufen brauche, denn mein Mann ist tot. Für mich selber kaufe ich ab und zu etwas und frage mich dann wofür ich das überhaupt gekauft habe, interessiert doch nicht wie ich aussehe, denn der auf den es an kam, strahlt mich nicht mehr an, aber dann denke ich wieder, wenn er mich sehen kann, wäre er sehr enttäuscht von mir, wenn ich mich zu sehr gehen lasse. Vielleicht kannst du es auch ein wenig so sehen und das nächste Mal Schuhe kaufen?

Hallo Blue,

ich wiederhole mich, aber auch über dein Posting freue ich mich. Ich bin traurig über den Grund der uns zusammen führt, aber wirklich froh hier nicht alleine zu sein. Liest sich bestimmt wieder mal recht ungeschickt. Aber ihr, du Blue, versteht schon.

Ich bin mir nicht sicher, wie das nun mit den Kindern ist. Kinder geben vielleicht einen Grund zum weiter machen, trösten schon in einer schwer zu beschreibenden Form. Manche sehen Kinder auch als "in ihnen lebt man weiter" an. Gleichzeitig belastet es unheimlich den Kindern zu sagen das jemand sehr, sehr krank ist, sterben könnte. Sterben wird. Gestorben ist. Der eigene Schmerz, die eigene Trauer sind schlimm und dazu blutet das Herz, weil man die Kinder nicht davor bewahren konnte. Nun steht man alleine da und wenn mir etwas passiert, was wird dann?
Ob Trauer mit oder ohne Kinder, vieles ist gleich und anderes unterscheidet sich. Es ist einfach so.

Das darf ich jetzt!
Den Gedanken kenne ich und was ist das so ungewohnt ohne Ewald alles zu entscheiden. Mir fehlt das Gespräch. Aber ich darf jetzt auch ein wenig rumspinnen, denn ich bin Witwe und die werden manchmal schrullig ;-) Ich darf mir heraus nehmen alleine meinen Weg zu gehen, denn das Schicksal hat es so bestimmt und mit alleine meine ich das ich zwar immer meine Familie berücksichtige, aber sicher nicht die Menschen die erwarten das ich in die Form passe die jeder im Leben übergestülpt bekommen soll. Nein, auch ich denke, trotz der momentanen Probleme mit meiner Tochter, das wir normal sind. Es ist normal zu trauern ohne Zeitmaß, es ist normal sich trotzdem zu streiten, dumme Dinge zu machen, genauso wie zwischendrin mal zu lachen, mal zu vergessen und wenn´s nur ein Minütchen ist wie schwer das Leben sein kann. Wer will sich wagen nachdem was wir erlebt haben uns zu sagen wie wir sein sollen?

Eure Sprüche gefallen mir:
„Mir ist etwas Schlimmes passiert, aber ansteckend bin ich nicht!“
"Ach, so hast du das gemacht als dein Mann starb..."

Ich mag diese Art der Ironie sehr gerne und denke: "Das darf ich jetzt."

Warum auch nicht, habe ich nicht gekämpft, gehofft, begleitet, getröstet, gelernt, geliebt, getrauert? Ihr wisst genau was es bedeutet die Diagnose zu hören und den Weg bis zum Schluß zu gehen. Ich frage mich wie bitte ich das geschafft habe? Wie konnte ich so offen damit umgehen, auf dieses Ende mit Ewald zusteuern ohne den Verstand zu verlieren? Manchmal wollte ich weg laufen, nichts mehr sehen, nichts mehr hören. Aber ich habe es geschafft, ich war bei meinem geliebten Mann und muß mir nichts vorwerfen, also soll doch bitte die Allgemeinheit, die sicher nicht mit uns am Sterbebett gesessen hat und sehen musste, hilflos, was geschieht, die nicht mit uns bis zum letzten Moment auf DAS Wunder gehofft hat, uns nicht sagen was wir zu empfinden haben und sich unser schnell entledigen mit dem Rat wir sollen uns Profihilfe holen. Ich lehne diese Art der Hilfe nicht generell ab, denke aber nicht jedem kann auf diesem Weg geholfen werden (leider) und zu schnell wird erwartet das alles wieder gut ist. Wir sollen uns doch nur Hilfe holen damit wir die anderen nicht belasten, sie nicht daran erinnern wie schnell es jeden treffen kann und einfach nur in unsere Gesellschaft, in der man normal sein muss, jung und gesund, fröhlich und attraktiv sein muß, wieder rein passen. Wie können wir auch so anders sein? Täglich sterben doch Menschen und wir tun so als wenn unser Schicksal die Welt anhalten müsste... Unsere Welt hat aber angehalten, müssten die anderen das nicht merken?

Liebes Julchen,

nordisch hat dir den Weg zu uns gezeigt. Das ist gut. Du hast eine feine Tochter, ich erlaube mir mal das Urteil, auch wenn ich sie nur aus dem Forum hier kenne.

Deine Worte sind unsere Worte, unsere Empfindungen. Ich verstehe dich sehr gut, nicht immer steht man in der Trauer und der Verarbeitung auf der gleichen Stufe, aber doch kennen wir wohl alle alle Varianten, alle Gedanken, alle Tiefs.

Wie du siehst bin ich eine alte Quasseltante, zumindest, wenn ich erst mal angefangen habe. Es tut wirklich gut, einmal weil man verstanden wird und auch weil man nicht alleine ist (so traurig wie das ist). Ich habe hier mal geschrieben das ich mit weiteren Witwen versucht habe zu reden, Bekannte im "realen" Leben. Es hat nicht gepasst, warum auch immer. Hier fühle ich mich immer noch gut aufgehoben und wenn ich mit meinem Tippen fertig bin, bedaure ich manchmal die Leser und frage mich selber wo bitte diese Gedanken genau herkommen, fühle mich dafür meist besser.

Ich hoffe du hast die Möglichkeit regelmässig bei uns vorbei zu schauen und auch dir wird es ein bißchen helfen. Danke das du dich gemeldet hast.

Nun hoffe ich nur das ihr alle schon gut schlaft, denn das werde ich nun auch versuchen, morgen, äh, nachher ist Tag 1 der Jobsuche.

Liebe Grüsse,
Susanne
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