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  #61  
Alt 21.08.2014, 09:54
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Gefühle und Gedanken lassen sich nicht einfach abschalten. Sie kommen oder auch nicht und sind zunächst weder positiv noch negativ. Was man jedoch tun kann, ist das aus diesen Gefühlen und Gedanken resultierende Handeln zu kontrollieren. Erst das Handeln ist dann positiv oder negativ.....
Guten Morgen Helmut!
Es geht darum das eine vom anderen zu unterscheiden.

Das Gelassenheitsgebet von Reinhold Niebuhr kenne ich schon sehr sehr lange.
Wir haben diesen Spruch immer als Abschlussgebet in der Gemeinschaft
einer Selbsthilfegruppe aufgesagt und es liegt viel Wahrheit in diesem Text...

Auch jetzt beschäftigt er mich gerade wieder intensiver, nur mit dem "Tun"
hapert es noch so manches Mal....

Liebe Grüße

Jutta

Geändert von gitti2002 (21.09.2014 um 22:48 Uhr) Grund: Zitat gekürzt
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  #62  
Alt 02.09.2014, 14:43
Mimimini Mimimini ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo HelmutL, hallo alle zusammen,
nach einigen Wochen melde ich mich wieder zu Wort. Ich habe euren Wortwechsel verfolgt und er hilft mir, meine Mutter besser zu verstehen. Sie beschreibt sich immer als "Baum, dem die Wurzel abgeschlagen wurde". Ich denke, ich brauche nicht näher auf ihr Befinden einzugehen, denn jeder, der in diesem Forum schreibt und liest, wird sie besser verstehen als ich selbst.

Ich stimme zu, dass der erste Heilungsweg natürlich von Innen kommen muss. Man muss sich mit dem Schicksal abfinden. Es akzeptieren. Das Beste daraus machen. Eben lernen, auch ohne weiterzuleben. Bei meiner Mutter wird es noch Jahre dauern bis sie einigermaßen wieder ins Leben zurückgefunden hat, wenn sie es überhaupt ganz schafft. Auf jeden Fall hat sie sich unwiderruflich verändert.

Ich fühle mich sehr hilflos. Nicht um meinetwillen, sondern um meiner Mutter willen. Ich würde ihr so gerne helfen, doch ich weiß nicht wie. Aber ich bin die einzige, die sie noch hat, da mein Bruder nichts von Gefühlen zeigen hält. Mama sagt am Telefon zu Freunden, dass wir Kinder ihr Halt geben; zu Papa sagte sie am letzten Tag immer wieder, er dürfe loslassen; "die Kinder sind stärker als du denkst". Doch ich fühle mich nicht stark. Ich ertrage es nur, weil ich mein Leben wie ein Buch handhabe. Papa tot, Kapitel zu ende, neues Kapitel. So hart es klingen mag. Aber während Mama jeden Tag weint und sich danach besser fühlt, fühle ich mich immer nur schlechter danach. Deshalb weine ich eben nicht. Nur alle paar Tage habe ich nachts Ausbrüche, was nicht weiter schlimm ist. Viel wichtiger ist mir, wie kann ich Mama helfen? Ich bin nur am Wochenende zu hause und ich freue mich jedes Mal darauf heimzufahren, aber die Stimmung kippt immer sofort, wenn ich Mama sehe.

Ich tröste sie, halte sie in den Armen und schimpfe manchmal mit ihr, wenn sie zu versinken droht. Dann sagt sie "Du hast recht", ich witzel ein bisschen rum und Mama lacht wieder...bis es in einigen Stunden von Neuem beginnt.
Es hört sich nicht so an, aber es ist besonders das, was mich psychisch kaputt macht. Aber ich tue es trotzdem, nützt ja nichts. Aber Jahre halte ich es nicht durch. Grade weil ich die einzige bin, bei der Mama sich ausweinen kann. Wenn sie doch wenigstens ihre Eltern nahe bei sich hätte. Aber ihre Mutter ist schon tot und vor ihrem Vater will sie keine Schwäche zeigen, weil sie ihn mit seinen 86 Jahren nicht aufregen will (Er lebt in Polen). Die Eltern von meinem Vater gehören nicht zur Familie (lange Geschichte). Und da stehen nun wir. Ein einsames Trio quasi.

Wo hier aber alle am zietieren sind, will ich mich nicht scheuen und nenne Euch eines meiner Lieblingszitate : "Der Tod ist ein Horizont, und ein Horizont ist nichts anderes als die Grenze unseres Sehens. Wenn wir um einen Menschen trauern, freuen sich andere, die ihn hinter dieser Grenze wiedersehen." Peter Streiff

Mögen diese Worte vielen Menschen Kraft und Halt geben.
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  #63  
Alt 02.09.2014, 17:53
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Miminini,
mein Vater ist vor mehr als 20 Jahren an Krebs gestorben. Ich erinnere mich aber noch gut an die Zeit vor und nach seinem Tod. 20 Bestrahlungen mit Kobalt hatten das Wachstum des Krebs nicht stoppen können, weitere 10 Bestrahlungen lehnte er deshalb ab. Er versuchte vor allem seine Frau, also meine Mutter, auf seinen Tod vorzubereiten. Er wusste, dass er sterben würde. Manchmal war das sehr direkt. Aber es ist verständlich, dass man in seinem Zustand nicht immer die richtigen Worte findet. Das Krankenbett stand im Fernsehzimmer. Einmal sagte er zu ihr: „Bald kannst Du alles wieder wegräumen“. Er kam dann ins Krankenhaus und ist dort gestorben. Ich wohnte damals in Frankfurt und konnte nicht immer nach Norddeutschland fahren, aber eine Stunde vor seinem Tod war ich dort. Ich kam aus gerade Frankfurt, wusste aber nicht, dass er in wenigen Tagen sterben würde. Als ob er gewartet hätte. Man hatte ihm gesagt, das ich komme. Ich habe versucht, die Mutter zu begleiten, aber der Verlust war für mich auch schmerzhaft. Wichtig war, ihr Zeit zu geben. Einiger ihrer Nachbarn und Bekannten wollten es bald nicht mehr hören. Es hat vielleicht zwei Jahre gedauert, dann wurde es anders. Er fehlte ihr weiterhin, aber sie konnte auch groß ihren Geburtstag feiern. Vielleicht war auch Dein Vater der stärkerer von beiden. Stark sein heißt in diesem Zusammenhang nicht, dass man nicht weint. Es heißt eher, dass man die Gefühle aushält. Meine Mutter hat ihn gepflegt, war aber nach seinem Tod fertig.
Liebe Grüße
Hermann
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  #64  
Alt 02.09.2014, 18:11
mausi69 mausi69 ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Liebe Minimi!

Deine sorge um deine Mama kann ich sehr gut nachvollziehen! Bei mir ist es die sorge um meinem Papa. Ergibt sich nach aussen hin äusserst stark, aber ich kenne ihn und weiß das er fürchterlich leidet. Viel machen kann ich auch nicht nur ihm immer wider sagen das ich für ihn da bin!

Ich weiß das es anders rum viel größere sorgen gebracht hätte. In irgendeinem thread wurde das Thema nach Sterben angeschnitten. Meine Mama hätte die Trauer nie verarbeitet ich weiß zu 100% das sie nach gestorben wäre. Sie hat auch immer gesagt das sie nicht alleine bleibt und ja sowieso vor Papa gehen wird, leider hat sie mit letzterem Recht behalten!

Ja wir können nur für unsere Eltern da sein mehr ist nicht möglich!

LG mausi
__________________
Meine Mama
BSDK ED 05.02.2014

28.07.1949 - 22.06.2014

Du warst es wert so sehr geliebt zu werden!
Du bist es wert, das so viel Traurigkeit an deiner Stelle geblieben ist!



http://www.krebs-kompass.org/showthread.php?t=62514
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  #65  
Alt 12.09.2014, 20:31
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo an Alle
„ja, mach nur einen Plan“ (Bertold Brecht)
In der modernen Gesellschaft macht man Pläne zur Prävention. Wir treffen Vorsorge für unsere Gesundheit, Vorsorge für das Alter, Vorsorge für die Zukunft unserer Kinder. Niklas Luhmann sprach von „nützlicher Ermutigungsfiktion“. Aber für wen ist sie nützlich? Die moderne Gesellschaft braucht das. Warum sollten sonst Menschen Häuser bauen, Lebens- und Rentenversicherungen abschließen, Karriere machen und zur Krebsvorsorge gehen. Die Gerontologen und Werbefachleute haben die aktiven Alten entdeckt, die auch mit 80 noch fit sind. Wenn es trotzdem mal Probleme gibt heißt es „Verlier nicht den Mut, denn alles wird gut“. Wir stören in dieser Welt. Deshalb sollen wir schnell aufhören zu trauern, damit die anderen die Fiktion nicht bemerken. Die vielen Geschichten hier zeigen, dass Krebsvorsorge und Altersvorsorge keine Sicherheit bringen. Früher hieß es: „Wir sind alle in Gottes Hand“. Heute glaubt man an die Prävention oder, wenn man doch krank wird, an die Heilung durch die Mediziner. Aber können wir noch daran glauben? Wer daran glaubt, kann tief fallen. Brecht schrieb: „Drum ist all sein Streben nur ein Selbstbetrug.“ Soweit muss man nicht gehen. Aber der Erfolg des Strebens ist ungewiss. Man muss lernen, mit dieser Ungewissheit umzugehen, ohne zu resignieren. Mancher Plan erweist sich als Selbstbetrug, zum Beispiel die Altersvorsorge für Tanja. Aber das weiß man erst hinterher.
Liebe Grüße
Hermann
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  #66  
Alt 13.09.2014, 01:26
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Hermann und Hallo an Alle,
sehr interessante Überlegungen, die aber von Deinem Schicksal geprägt sind. In der modernen Gesellschaft denken wir an Prävention, weil wir uns diesen (sinnvollen) Luxus leisten können. Vor dem Wohlstand einer breiten Bevölkerungsschicht, dachten die Menschen ans Überleben, denk nur an die Brotrevolten im Mittelalter.

"Der Erfolg des Strebens ist ungewiss", wie hatten hier ja schon "Der Weg ist das Ziel" bzw. Überlegungen über den Sinn bzw. Nutzen eines Zieles angestellt: wer kein Ziel hat könnte sich verlaufen. Wer keine Altersvorsorge betreibt, könnte in die Alterarmut gelangen, weil er länger leben könnte als er selbst erwartet.
In der Regel wird Altersvorsorge im Kollektiv geleistet, viele profitieren davon, andere nicht. Wenn nicht die Hoffnung bestünde, selbst eines Tages davon zu profitieren, gäbe es keine Motivation zur Vorsorge, dann müsste jeder einen Sparstrumpf anlegen, der beiden meisten Menschen wohl keine Altersrente ersetzen könnte.

Die Frage nach dem eigenen Nutzen solcher Vorsichtsmaßnahmen ist das eine, das andere ist die Frage nach einem sozialen Beitrag, den der Einzelne aus Solidarität zur Gemeinschaft leisten sollte, wenn er schon über den Nutzen seines Einsatzes spekuliert.
Wer an den Nutzen von Prävention glaubt, kann "schwer enttäuscht werden", wenn sie beim ihm nicht greift, wer keine Prävention betreibt und damit aus der Solidargemeinschaft fälllt, kann auch schwer enttäuscht werden, indem er z.B. im Alter "auf der Straße landet" und nicht, wie vielleicht von ihm erwartet, in jüngeren Jahren stirbt.
Ende der nächtlichen Überlegungen
Gruß
Geske
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  #67  
Alt 13.09.2014, 01:58
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Hermann,

"Der Erfolg des Strebens ist ungewiss." Stimmt. Wer ein Ziel hat, hat somit zumindest die Chance auf Erfolg. Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht. Wer kein Ziel hat, nach nichts strebt, kann sich bereits heute an den fünf Fingern abzählen, dass er keinen Erfolg haben wird. Das ist für mich der Sinn dieses Satzes.

Brecht war unbestreitbar ein großer Denker. Nur, wer sagt denn, dass er auch immer recht hat und das in allen Lebenslagen? Ich denke lieber selber.


Liebe Grüße,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
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  #68  
Alt 13.09.2014, 11:22
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo an Alle,
Es ging mir vor allem um die Frage, wie man sich auf diese Unsicherheit einstellen kann. Im Juni 1012 hat sich mein Leben völlig verändert, durch die Diagnose. Pläne für die Zukunft erwiesen sich als Selbstbetrug, zumindest war fraglich, was aus diesen Plänen wird. Damals schon war die Prognose schlecht. 14 Monate später ist Tanja dann gestorben. Die Pläne waren für den Papierkorb. Man kann sagen, das seien Einzelfälle. Aber es gibt viele Tausend solcher Einzelfälle. Der „normale“ Mensch lebt mit „Ermutigungsfiktionen“ (Luhmann) und damit mit Betrug und Selbstbetrug. Ich glaube nicht mehr daran. Wenn bei mir morgen eine solche Diagnose gestellt würde, wäre ich wohl in einem halben Jahr tot, denn kämpfen würde ich wohl nicht, um mein Leben bei schlechter Qualität um eine halbes Jahr zu verlängern. Vielleicht habe ich aber noch 10 Jahre Zeit, vielleicht 15 Jahre. Je älter man ist, um so weniger hat man zu verlieren.
Liebe Grüße
Hermann
ps.: Solche „Ermutigungsfiktionen“ gibt es auch in der Politik und in der Wirtschaft.
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  #69  
Alt 13.09.2014, 12:01
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Moin Hermann,

mit Verlaub, ich habe das Gefühl, du liest zur Zeit nur eine Seite des Lebens und filterst zur Zeit nur mit der Brille, die du im Moment trägst. Auch bei uns waren damals alle Zukunftspläne und Träume zunächst in Frage gestellt und später, 2008, wurden sie brutal zerstört und mir wurde die gleiche Brille aufgesetzt wie dir.

Ich trage heute keineswegs wieder eine rosarote Brille. Eher eine Sonnenbrille, um möglichst nicht mehr geblendet zu werden. Wie ich jedoch auch verblüfft feststellen konnte, sieht man durch sie nicht nur etwas dunkler, sondern verschiedene Farben auch wesentlich intensiver.

Was alles nichts bringt, wenn die Brille nicht zur Sehschärfe passt. Das kannst du selbst überprüfen und du entscheidest, ob du eine Neue haben möchtest und ob es eine schwarze Brille oder eine Sonnenbrille wird. Lass dir Zeit bei der Entscheidung.


Liebe Grüße,

Helmut
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  #70  
Alt 13.09.2014, 13:10
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Hallo an Alle,
Es ging mir vor allem um die Frage, wie man sich auf diese Unsicherheit einstellen kann. [...]Der „normale“ Mensch lebt mit „Ermutigungsfiktionen“ (Luhmann) und damit mit Betrug und Selbstbetrug.
Luhmann handelt wissenschaftlich Verhaltenserscheinungen des soziologischen Alltags ab.
Luhmann schreibt auch in seiner "Soziologie des Risikos":
"Man jagt sich Tag für Tag durch den Wald, um gesund zu bleiben und stürzt schließlich mit dem Flugzeug ab. Dann bleibt es eine [nützliche?] Ermutigungsfiktion.... Präventionen, die sich kausal als unwirksam erweisen.[...] Das Risikovertreibungsrisiko bleibt immer noch ein Risiko. (S. 39)
Neu ist das nicht! Wollte man sich dagegen auch absichern, wäre wohl nur die "Vogel-Strauß-Methode" angesagt.
Gruß
Geske
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  #71  
Alt 13.09.2014, 22:29
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo an Alle,
wir stützen unser Leben auf Annahmen, die nicht bewiesen sind. Dazu gehört die Annahme, dass Deutschland weiterhin wirtschaftlich erfolgreich sein wird. Für ca. 80 % der erwachsenen Bevölkerung gibt es gesetzliche Versicherungen. Die bauen weniger auf Fiktionen auf sondern auf einer Art Solidarprinzip. Wenn ich in einem halben Jahr sterbe, habe ich nichts von meinen Rentenbeiträgen, aber die Rentnerinnen und Rentner der letzten 34 Jahre haben davon profitiert. Das Prinzip will ich nicht angreifen. Ich könnte Details kritisieren, will aber hier keine politische Diskussion führen. Dann gibt es das Prinzip der privaten Vorsorge. Dann müsste ich eigentlich als „homo oeconomicus“ handeln, die Versicherungen machen das ja auch. Aber auf welcher Grundlage? Da gibt es zum Beispiel die private Pflegeversicherung. Wie viele Menschen werden in ihrem Leben mehr als acht Monate pflegebedürftig. Vielleicht sind es 20 %. Nun könnte ich ja zu den 20 % gehören. Aber erreiche ich durch diese Versicherung, dass ich auch als Pflegebedürftiger menschenwürdig leben kann? Dafür wird meine Rente wohl nicht reichen. Fraglich ist auch der Sinn der Riester-Versicherung. Es ist eine Wette auf ein langes Leben. Wenn ich früher sterbe, gewinnt die Versicherung, ich hätte das Geld ausgeben können, auch meine Erbinnen sehen dann nichts von dem Geld. Das war übrigens ein Thema, über das ich schon mit meiner Frau gesprochen habe. Hätten wir das Geld für ihre private Versicherung nicht besser zusammen mit ihr ausgeben sollen? Ich wollte für sie das Gute, am Ende war es das Schlechte. „Da steh ich nun, ich armer Tor“ (Goethe). In diesem Fall war die Fiktion für mich selbst und für sie sicher nicht „nützlich“. Ausgegangen bin ich von meinen persönlichen Erfahrungen. Aber viele Menschen machen wohl ähnliche Erfahrungen.
Liebe Grüße
Hermann
Ps: Gerade las ich eine Reklame. „ So bleiben Sie fit und gesund“ Ein Versprechen?
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  #72  
Alt 14.09.2014, 10:54
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Ermutigungsfiktionen spekulieren auf persönliche Vorteile.

Hallo Hermann,
wenn bereits eine Solidarversicherung vorliegt, dann handelt es sich bei der privaten Zusatzversicherung m.E. nicht mehr um die Absicherung eines Grundbedürfnisses, dann ist Privatversicherung eine Art der Geldanlage, Spekulation am Kapitalmarkt. „Geld verlieren“ kann man auch lebend, in zig Geldanlageformen.

Der Unterschied zwischen einer notwenigen Basisprävention und spekulativer Kapitalanlage ist bei einer privaten Zusatzversicherung nicht mehr so eindeutig.
Manche werden durch schlaue Geldanlagen reich, andere bleiben arm. Folglich muss es auch bei den „Ermutigungsfiktionen“ Grenzen geben.
Die gewinnbringende Geldanlage wäre für mich aber keine „Ermutigungsfiktion“ mehr.
Freiberufliche, Selbstständige, die keine feste Altersvorsorge erhalten, leben immer mit der Spekulation auf dem Kapitalmarkt, das sind keine Ermutigungsfiktionen, die auf einen komfortablen Zusatz spekulieren, sondern Präventionen für lebenserhaltende Maßnahmen.

Bei der Frage, was menschenwürdig für den Einzelnen ist, werden die Auskünfte wohl sehr unterschiedlich ausfallen, da wir unter „menschenwürdig“ in der Regel Erhaltung eines bereits bestehenden Lebensstandards verstehen.

Ob die Reklame „So bleiben Sie fit und gesund“ ein einlösbares Versprechen ist, hängt davon ab, wofür sie geschaltet wurde: beißt auf dem Foto jemand in einen Apfel, dann kann das gemachte Werbeversprechen durchaus in die richtige Richtung weisen, weil wir aus Erfahrung wissen, dass Äpfel gesund sind.

Gruß
Geske

Geändert von Geske (14.09.2014 um 11:10 Uhr)
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  #73  
Alt 14.09.2014, 16:52
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo an Alle,
Ich bin keineswegs gegen Prävention. Auch ich nehme meine Blutdrucktabletten. Aber wenn mir jemand versprechen sollte, dass ich dann von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschont bleibe ( „so bleiben Sie fit und gesund“), wäre das problematisch. Solche Gesundheitsversprechen fallen mir negativ auf. Dann habe ich das Gefühl, dass die Kranken verhöhnt werden. Man muss nur bestimmte Dinge und andere nicht tun, um fit und gesund zu bleiben. Wenn man krank wird hat man also das Falsche getan. Meine Frau hat nicht geraucht, ganz wenig Alkohol getrunken und auch sonst gesund gelebt. Zur Krebsvorsorge ist sie auch regelmäßig gegangen. Sie war nicht schuldig. Auch die Ärzte waren nicht schuldig. Gesundheit kann man nicht garantieren, man kann nicht jede Krankheit heilen. Vor hundert Jahren wusste das jeder Mensch. Heute muss man es wieder lernen, zumal viele so tun, als sei alles machbar und wenn es anders laufe habe jemand etwas falsch gemacht. Was bedeutet das nun für mein Leben? Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden. Ein Bekannter erzählte mir von Verwandten. Das alte Ehepaar war sparsam und hat sehr viel Geld gesammelt. Dann ist der Mann an Demenz erkrankt, sie ist dann mit ihre Mann ist Pflegeheim gegangen. Sie haben mehr Geld, als sie in ihrem Leben verbrauche können, aber sie freut sich über ihr Geld. Darüber mag man lächeln, aber es ist ihr Weg. Mein Weg kann das nicht sein. Ich weiß nicht einmal, wie lang mein Weg ist. Vielleicht endet mein Gang nach der ersten Etappe, vielleicht ist er länger. Oder soll man immer nur kurze Wege gehen?
Liebe Grüße Hermann
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  #74  
Alt 14.09.2014, 18:11
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Hermann,

es ist wie du schreibst,-, niemand kann dir sagen wie du deinen Weg gehen wirst, auch nicht wie lange er dauert.-
Wüssten wir die Dauer könnten wir keine Ruhe mehr in unserem Alltag finden.
Vielleicht ist das Leben der Weg und es gibt uns, was wir brauchen bis der Weg zu Ende ist?
Das Leben hält uns einen Spiegel vor und sagt unserem Herzen intuitiv wie wir ihn gehen sollen. Ob es so ist lässt sich aber nur vermuten.

Auf der Urne von meinem Mann waren Spuren eines Weges abgebildet die er hinterlassen haben könnte.
Ich sehe die Spuren als Symbol für den Lebensweg den er gegangen ist - und kann damit etwas anfangen.-
Der Verstand steht dem oft im Weg,- sucht nach Kontrolle und Sicherheit die es nicht gibt...
Jetzt bin ich auf der Suche nach einem neuen Weg und hoffe das mir Geist und Intuition geleichermaßen dabei helfen werden ihn zu finden.

Auch bei meinem Mann hieß es das der Lungenkrebs nicht zwangsläufig vom Rauchen kommen muss. Es gibt auch Nichtraucher die unverschuldet in diese Situation geraten können.
Ich glaube das es vorbestimmt ist wie wir zu Tode kommen.Ob durch Unfall, Krankheit oder durch fremde Hand. Der Zeitpunkt steht vielleicht schon kurz nach der Geburt fest.

Letztlich wissen wir es nicht- und das ist gut so.-


Liebe Grüße

Jutta
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  #75  
Alt 18.09.2014, 09:24
djkprinz djkprinz ist offline
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Standard vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo Hermann,

ich teile die Meinung von Yogi 12.

Unser Weg ist mit unserer Geburt vorbestimmt. Ob wir gesund leben oder nicht.

Wie sonst kann man sich erklären, dass z.B. jemand der nie geraucht hat, an Lungenkrebs erkrankt.

Was passieren soll, passiert. Wie oft habe ich diesen Spruch während der kurzen, aber heftigen Erkrankungszeit meines Mannes gehört. Ja, bestimmt ist es so. Dennoch hilft mir dieser Spruch kaum in meiner derzeitigen Situation.

Liebe Grüße Heike
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