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Alt 27.01.2007, 17:19
Stefans Stefans ist offline
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Registriert seit: 27.01.2007
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Standard Vorstellung - nach 15 Tagen...

Hallo,

ich schreibe hier nur als Angehöriger (Ehemann). Und es ist heute gerade mal 15 Tage her, dass meine Frau weinend von der ambulanten Gynäkologin nach Hause kam und sagte: "ich habe wahrscheinlich Brustkrebs."

Seither haben sich die Ereignisse überschlagen - es ging alles so schnell, dass wir mit dem Kopf gar nicht hinterher kamen. Freitag Vorbefund, Mittwoch darauf Klinik, Biopsie, Untersuchungen auf Metastasen, Montag drauf OP (Amputation links und Lymphknoten links)...

Naja... diese ersten Phasen kennen sicher alle von euch: erst Schock und Ungläubigkeit, dann Panik, und nach der OP Erleichterung, dass 'das Böse' entfernt wurde. Das richtig Böse wird noch kommen, weil meine Frau wegen der befallenen Lymphknoten an einer Chemo wohl nicht vorbei kommen wird. Auch, wenn der histopathologische Befund erst Anfang nächster Woche vorliegen wird. Dann wird man wissen, wann und wie es nun genau weiter geht. War jedenfalls ein ziemlich beschissener Einstieg in's neue Jahr :-/

Im Moment geht es meiner Frau körperlich und seelisch wieder vergleichsweise gut. Und Ende nächster Woche wird sie wohl nach Hause kommen. Dann müssen wir halt sehen... Ich weiss, dass es meiner Frau viel schlimmer geht als mir; aber auch ich habe in den letzten 2 Wochen gemerkt, wie meine Kräfte Tag für Tag langsam aufgezehrt werden. Wir haben gleich anfangs besprochen, was wir anderen sagen, wie wir es sagen, und wer es sagt. Und das bin ich, um meine Frau erstmal "abzuschirmen". Von daher habe ich seither, ausser Besuchen bei meiner Frau, eigentlich nur telefoniert und mich im Netz kundig gemacht.

Telefoniert so viel, dass ich schon gar nicht mehr weiss, wann mit wem wie oft worüber... Und das härteste dabei sind immer noch die tragisch-mitleidigen Bekundungen mancher Angehörigen :-( Und weil ich eh' schon selbst 5 Telefonate am Tag machen muss, und dann noch 5 mal angerufen werde... liege ich z.Z. spätestens um sieben im Bett und schalte den Apparat einfach ab. Und spreche mit besonders 'problematischen' Angehörigen, die einen mit tonnenweise Mitleid und Tränen überschütten, überhaupt nicht mehr. Mehr, als nicht geht, geht eben gerade nicht.

Auf der anderen Seite hatten diese 2 Wochen auch viel Positives. Meine Frau ist in einer sehr guten Klinik, in der sie sich (den Umständen entsprechend) gut aufgehoben fühlt. Nicht nur medizinisch, sondern auch vom persönlichen Umfeld. Der Laden ist so anthroposophisch angehaucht; und obwohl ich da ja nur immer mal kurzzeitig zu Besuch bin, bin sogar ich sehr beeindruckt von dem Respekt und der Menschlichkeit, mit der das Personal dort - von Chefärztin bis Physiotherapeutin - mit den Patientinnen umgeht. Hätte nicht geglaubt, dass es sowas in einem deutschen Krankenhaus noch gibt.

Auch manche Verwandte und gute Freunde sind uns eine echte Stütze. Zudem ist der Job meiner Frau wegen der Krankheit nicht gefährdet. Und ich als Arbeitsloser habe genug Zeit, ihr auch künftig den ganzen 'Formalkram' von Putzen, Kochen, Einkaufen bis Krankenkasse und Versorgungsamt weitgehend abzunehmen, ohne dabei in großen Zeitstress zu geraten. Dass wir keine Kinder haben, haben wir oft bedauert... aber in dieser Situation sind wir wirklich froh darum.

Ebenso froh sind wir darüber, dass unsere Verwandschaft viele hundert km weit weg lebt. So bleibt es meiner Frau erspart, dass Schwiegermutter, Tanten usw. täglich eine Stunde heulend bei ihr am Krankenbett sitzen. Denn wenn wir eines in den letzten Wochen gemerkt haben: heulen, uns Sorgen machen und uns bemitleiden... das können wir schon allein ganz ausgiebig, dafür brauchen wir wirklich keinen mehr von aussen.

Ein riesiges Plus im Moment und für die Zukunft ist, dass meine Frau und ich seit 20 Jahren liiert sind. Diese Krebserkrankung ist nicht die erste Lebenskrise (wenn auch die bisher schlimmste), die wir miteinander durchstehen. Aber wir kennen uns nunmal in- und auswendig und wissen seit langem, dass wir uns gegenseitig immer bedingungslos aufeinander verlassen können. Ausserdem haben wir es hier Zuhause sehr schön - auf einem alten großen Bauernhof mit Hund, Schafen und Papagei - und wenn meine Frau demnächst zur Chemo Zuhause ist, dann wird es Frühling. Die Sonne scheint, alles blüht und wächst, und unser Hund (den wir kurzerhand zum 'Therapie-Hund' erklärt haben, weil er so sensibel und fürsorglich ist) kümmert sich liebevoll um uns. Bessere Rahmenbedingungen für die Gesundung meiner Frau können wir uns von daher im Moment kaum vorstellen. Wie es dann wirklich wird, kann nur die Zeit zeigen...

Was ihr jetzt schon bemerkt habt, und was ich zu entschuldigen bitte: ich neige gerade dazu, weitschweifig rumzuschwafeln. Wer nicht will, muss es ja nicht lesen. Es ist nur so, dass meine Frau gerade viele fürsorgliche Mitpatientinnen, Ärztinnen, Schwestern, die Klinik-Psychologin usw. hat. Und auch, wenn es ihr viel schlechter geht als mir... so habe ich dennoch schnell gemerkt, dass auch ich als Ehemann mit meinem Kram irgendwo hausieren gehen muss, wenn ich meine Kräfte auf Dauer bewahren will. Manche Leute heulen heimlich in ihr Kissen oder schreiben Tagebuch... ich tue das dann halt hier und anderswo im Netz, weil da Leute mit gleichen Erfahrungen sind. Weil da gerade vieles ist, was einfach dringend 'raus muss'. Da müsst ihr halt gerade drunter leiden - Pech gehabt ;-)

Viele Grüße,
Stefan
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