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  #1  
Alt 29.03.2008, 17:32
Benutzerbild von sylvia32
sylvia32 sylvia32 ist offline
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Registriert seit: 26.03.2006
Ort: Düsseldorf
Beiträge: 103
Standard ...Aggression...

Hallo ihr Lieben,

ich weiß nicht wie ich es richtig beschreiben soll, aber ich versuche es mal...
Meine Mama hat seit 2006 die Diagnose Darmkrebs und bekommt eine Palliative Therapie...Eigentlich ist sie sehr tapfer und nimmt alles mit viel Mut und Kraft in kauf...wir haben ein sehr gutes Verhältnis und ich bin immer, egal wann sie mich braucht für sie da...wir meistern das ganze, soweit man das schafft, sehr gut...Ich habe keine Geschwister o.ä....bin also ganz allein...Natürlich habe ich ein soziales Umfeld, das für mich da ist...und nun kommt mein Problem...Ich bin seit Tagen total aggressiv und wütend, eigentlich jedem Menschen gegenüber der mir zu Nahe kommt...Ich habe das noch nie in dieser Form erlebt...ich fühle mich wie ein kleines Kind dem man das Spielzeug wegnehmen möchte...Ich rege mich über die kleinste Kleinigkeit auf gerade auch was meine Mutter angeht...Mir tut das so unendlich leid, aber ich komme da irgendwie nicht raus...
Kann das sein das das eine Art Schutz ist...um alles nicht mehr an mich ranzulassen...

Bitte..!!! Kennt ihr diese Reaktion? Über antworten wäre ich dankbar...

Lieben Gruß
Sylvia
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  #2  
Alt 29.03.2008, 21:52
Benutzerbild von Andrea Susann
Andrea Susann Andrea Susann ist offline
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Registriert seit: 16.01.2008
Beiträge: 69
Standard AW: ...Aggression...

Oh ja, sowas kenne ich.........

Hallo Sylvia32,

über Jahre stehst Du schon unter seelischem Stress, Deine Reaktion ist deshalb nicht verwunderlich. Irgendwann ist die Seele wohl überspannt, schreit auf und man fängt zu beißen an. Jede Kleinigkeit wird als persönlicher Angriff aufgenommen. Es ist nicht leicht da rauszukommen. Zu meiner Person, ich habe zwar keine Verwandten die Krebs haben aber im ganz nahen Bekanntenkreis ist jemand so betroffen wie Deine Mutter, Darmkrebs mit Metastasen in Leber und Lunge. Meine Eltern habe ich schon sehr früh verloren, mein Mann ist seelisch erkrankt, meine Schwester, vier Jahre älter als ich, hat diese Glasknochen, eine Tante von mir starb vor kurzen, Hirnschlag, sie war mir eher Schwester als Tante, kaum älter als ich. Eine Tante schon über Jahre im Pflegeheim, schwer Alzheimer, mein Lieblingsonkel schwer herzkrank und und und......ja und ich habe einen kleines Textilgeschäft und das fordert auch.......was meinst Du wie bei mir eine Zeit die Aggressionen hoch kamen.

Ich bin für alle und für jeden da aber ich nehme mir seit einiger Zeit auch Zeit für mich, geht nicht anders sonst klappe ich zusammen. So habe ich mir eine Digicam zugelegt und streife an den Wochenende durch die Botanik für ein paar Stunden, Kraft tanken kann ich dort draußen, ich sehe Dinge an denen ich früher achtlos vorbei ging und freue mich dran. Ok, es gäbe da noch den Gang zum Arzt, ein paar Beruhigungspillen aber das ist etwas was ich nicht so gern möchte, sehe ja was diese Pillen bei meinem Mann anrichteten, entweder total überdreht oder das Gegenteil.

Wie Du da rauskommst kann ich Dir nicht sagen, nur dass Du nicht allein mit bist mit Deiner Reaktion bezüglich des Lebens.......das Leben fordert so viel und manchmal denke ich.......wie halten es die Menschen aus die so krank sind, wie bloß..........

Lieben Gruß
Susann
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„Die Zeit heilt nicht alles; aber sie rückt vielleicht das Unheilbare aus dem Mittelpunkt.“

Ludwig Marcuse
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  #3  
Alt 29.03.2008, 22:25
stella29 stella29 ist offline
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Registriert seit: 13.02.2008
Beiträge: 829
Standard AW: ...Aggression...

Ich vermute auch, daß es deine Art Selbstzuschutz ist.

Auch ich kann mich noch gut daran erinnern, daß ich absolut launisch und biestig würde - vorallem meinen Freunden gegenüber.

Aber: Eben nur weil ich nach Aussen stark sein wollte und meine Wut und meinen Schmerz über diese schlimme Krankheit nicht zeigen wollte. Doch - ich hab sie gezeigt, indem ich eben anders wurde.. Auch keine Lösung. Ich hätte einfach auch mal schwach sein sollen - auch wenn ich das bis heute nicht will.

Drück dich !
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  #4  
Alt 29.03.2008, 23:34
Sabine36 Sabine36 ist offline
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Beiträge: 185
Standard AW: ...Aggression...

Liebe Sylvia,

auch ich denke, dass das ein ganz "normaler" Prozess ist. Man weiß einfach nicht mehr wohin mit seiner Wut, Angst, Hilflosigkeit und sucht dann ein Ventil. Bei dem Einen sind es Aggressionen, der Andere wird still in sich gekehrt.
Ich bin durch mein inzwischen Erlebtes mit dem Thema Krebs (immer als Angehörige) viel dünnhäutiger als früher geworden, leichter verletzbar. Oft ist es auch das Unverständnis der Umwelt...manchmal hatte ich das Gefühl, einfach mitten reinschlagen zu müssen. Wobei ich viele Dinge heute, mit Abstand betrachtet, nicht mehr ganz so eng sehe. Niemand, der nicht Ähnliches erlebt hat, kann wirklich nachvollziehen, was in Einem vorgeht, wenn man einen geliebten Menschen auf solch schwerem Weg begleitet.

Als ich dann merkte, dass ich mit all dem nicht mehr alleine fertig werde, habe ich eine Gesprächstherapie begonnen, die mir sehr geholfen hat. Aber bis ich soweit war, hat es fast 5 Jahre gedauert.

Was ich Dir sagen möchte...auch Du bist nur begrenzt belastbar, dass Du jetzt so reagierst, wie Du reagierst, kann auch ein Hilferuf Deines Körpers sein. Vergiss Dich nicht ganz, gönne Dir von Zeit zu Zeit Entspannung für Körper und Geist. Ich weiß allerdings auch aus eigener Erfahrung, dass das leichter gesagt als getan ist.

Ich wünsche Dir und Deiner Mutter viel Kraft für Euren Weg.

Liebe Grüße
Sabine36
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Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar
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  #5  
Alt 30.03.2008, 07:36
Benutzerbild von Jutta
Jutta Jutta ist offline
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Ort: Im Süden
Beiträge: 3.328
Standard AW: ...Aggression...

Hallo Sylvia,

alle meine Vorschreiberinnen haben dieselben Erfahrungen gemacht, und ich hoffe, dass du siehst, dass du mit deinen Gefühlen absolut nicht alleine bist. Unser Kopf sagt uns, dass solche Gefühle in dieser Zeit doch garnicht sein dürften. Doch unsere Seele reagiert, sie sucht sich für all diese Berge an Gefühlen und Ängste ein Ventil. Jeder der über eine längere Zeit einen lieben Menschen begleitet hat diese Phase dieser Gefühle. Viel werden es nicht zugeben, denn es darf doch nicht sein.

Bei jeder Begleitung eines meiner Lieben hatte ich irgendwann diese Phase, es war der Druck und Ausdruck aus einer seelischen Belastung, die wenn man alleine ist so schwer zu ertragen ist. Du bist an der Grenze der Belastbarkeit und deiner seelischen Kraft, kannst dich nicht wie früher, bildlich gesprochen, an deine Mutter anlehnen und darüber reden, oder einfach nur ihren Schutz genießen. Die Rolle hat sich gewandelt, dass du diejenige sein mußt, die beschützt, die sorgt und tröstet.

Das Gespräch mit meinem Umfeld suchen hat mir dabei nicht wirklich geholfen, da ich spürte wieviel Unverständnis in den Gesichtern zu finden war (sie kannten diese Situation ja nicht oder konnten es wirklich nachempfinden). Was mir half, raus in die Natur oder während einer Autofahrt, irgendwo da draußen einfach nur zu schreien alles raus zu lassen, was sich angestaut hat. Dazu schrieb ich mir einfach all meine Gedanken vom Herzen, irgendwann Monate später löschte ich alles wieder. Aber der Druck und dieses kraftlose Gefühl hatten ein Ventil gefunden, und ganz langsam kehrte die "Normalität" wieder ein.

Ich wünsche dir, auch ein Ventil zu finden, vielleicht hilft dir alleine schon das Wissen, oder einfach nur das Loslassen hier, dass du mit diesen Gefühlen absolut nicht alleine bist. Falls du denkst du kommst nicht alleine damit klar, spreche mit deinem Hausarzt, dass er dir ein leichtes Mittel gibt, das alles wieder etwas ausgleicht.
__________________
Jutta
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