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Alt 05.09.2006, 15:08
enail enail ist offline
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Ort: Thüringen
Beiträge: 47
Standard Angst vor dem was noch kommt....

seit einigen Tagen bin ich hier immer wieder anzutreffen und suche Erfahrungen um einfach mehr zu wissen um mit meiner Situation besser umgehen zu können.
Dabei habe ich festgestellt das ich nicht alleine bin, das so viele sich mit dem Thema Krebs auseinandersetzen und Angehörige haben die betroffen sind.
doch ich glaube ich muss ersteinmal von vorne beginnen.

bei meinem Pa wurde vor 4 Jahren die Diagnose Hautkrebs gestellt, er war sein ganzes Leben nie krank hatte nie irgendwelche Probleme. es folgten 2 OP`s bei denen die Tumore entfernt worden sind und die anschließenden Rehas, alles lief gut und bei den nachfolgenden Kontrolluntersuchungen wurden keine weiteren Metastasen festgestellt. Er hatte keine gesundheitlichen Einschränkungen und alles lief gut, jetzt wissen wir, das es nicht so war, er hat uns allen was vorgemacht.
Vor 5 Monaten war er wieder in der Klinik, die Diagnose da fortgeschrittene Metastasen in Lunge, Leber, Knochenmark, Nieren. Und immer noch tat er alles ab, die Ärzte lügen und es sei alles nicht so schlimm. Chemo wurde wieder empfohlen und der Termin stand auch schon fest, dann der nächste Schlag, Herzinfarkt, in der Herzklinik bemühte man sich ihn gleich nach der Entlassung zur Chemo in die nächste Klinik zu überweisen, es lief alles schief.
nach nicht einmal zwei Wochen zu Hause der nächste Zusammenbruch, sofort Einweisung erfolgte, da wurde uns mitgeteilt das die Nieren durch den Tumor nicht mehr so arbeiten können und um sein Leben zu erhalten eine sofortige Umlegung in die Urologische Klinik notwendig sei. dies passierte in nicht einmal 30 minuten. nach langem Bangen und Ängsten weil wir ja durch sein Ableugnen der Krankheit, überhaupt nicht wußten was nun wirklich mit ihm ist, folgten viele Gespräche mit den Ärtzten. und was soll ich sagen, schrecklich ich kann es gar nicht so wiedergeben, jedenfalls wurden ihm (ich möchte mich entschuldigen, das ich die ganzen Bezeichenungen dafür überhaut nicht weiß) von den Nieren her zwei Schläuche gelegt, über die nun der Urin abläuft. eine Chemo wird nicht mehr stattfinden, er ist schmerzfrei gestellt und ansonsten alles nur noch eine Frage der Zeit teilten uns die Ärzte mit, länger als 4 Wochen geben sie ihm nicht mehr.
zudem hat er sich im Krankenhaus auch noch den Arm gebrochen, eigentlich den Ellenbogen, das Gelenk und auch da wird nichts mehr gemacht, der Krebs sei schon soweit fortgeschritten das keiner mehr eine OP durchführen wird.
ich kann es immer noch nicht fassen, das ich so blind gewesen bin und Pa geglaubt habe wenn er wieder von seinen Arztterminen kam und sagte das alles in Ordnung sei. Warum hat er das getan? Schuldgefühle habe ich ihm gegenüber, ich hätte ihn vielleicht nicht alleine zu diesen Terminen gehen lassen sollen.

Inzwischen ist mein Pa seit letzten Donnerstag zu Hause, die Pflege haben wir uns als Kinder erst einmal aufgeteilt, dabei sah zum Anfang alles so aus als wenn ich es alleine machen müßte, ich bin dankbar das es nicht so ist.

Sein erster Tag zu Hause lief auch ganz gut, wir haben alle zusammengesessen, er hat mal wieder wie üblich Pläne für die Zukunft gemacht. Er verdrängt die Tatsachen, will sie nicht wahrhaben, die Ärzte haben ihm in unserm Beisein gesagt wie es um ihn steht, doch das sind in seinen Augen alles Lügen.
Mit dem Essen gibt es ständig Ärger, er will nichts essen und schreit uns deswegen ständig an. Trinken tut er ganz gut, könnte aber eigentlich auch mehr sein. Auch den Freitag war ich über seinen Elan und Fröhlichkeit erstaunt und uns ging es dabei ganz gut.
Doch seit Samstag ist schon alles anders, er hat den ganzen Tag geschlafen, mußte zum Essen und trinken regelrecht gezwungen werden, soweit das überhaupt ging. die nacht ist er dann duch die Wohnung geschlichen und hat die Nacht zum Tag gemacht. Seit sonntag ist er gar nichts mehr, selbt Trinken ist ihm eine Qual und er sieht so elend aus. beim Atmen hat er Probleme, man sieht und spürt förmlich wie sehr es ihn anstrengt, der Bauch ist aufgebläht, der Tumor scheint gewachsen zu sein, beim berühren fühlt man das das nicht normal sein kann.

es ist so schrecklich ihn so hilflos zu sehen und ich weiß nicht wie ich helfen kann.
wenn ich nach dem Dienst bei ihm bin und seine Hand halte, ihn streichle möchte ich einfach weinen oder schreien, doch ich habe Angst das er das spürt und handle einfach wie eine Marionette. Hinterher bin ich immer so fertig und verstehe nicht wie ich so kalt sein kann.
Ab Freitag übernehme ich die 24 Stunden Pflege erst einmal für eine Woche. Das stellt für mich auch kein Problem dar, aber die innerliche Angst, das es ihm noch schlechter geht und ich ihm nicht helfen kann frißt mich auf. die letzten Nächte habe ich kaum schlafen können, der Gedanke wieviel Leid muss er noch ertragen raubt mir den Schlaf, das Handy könnte jederzeit klingeln und der Anruf, der mir soviel Angst macht, die Gedanken wieso kann ich ihm nicht helfen, das alles macht mich fertig.

froh bin ich nur so einen super Chef zu haben, der voll und ganz hinter mir steht und mir auch die Möglichkeit einräumt bei Pa zu sein, meine Familie die mich soweit wie möglich unterstützt, das alles hilft zwar schon, aber so wirklich weiß keiner wie es wirklich in mir aussieht.
ich habe in meinem Leben viel Leid gesehen und auch selber schon ertragen müssen, sicher es gibt immer wieder Leute die sagen das stumpft einen ab, aber das ist nicht so.

seit ich hier so einige Berichte von gelesen habe, weiß ich das es andern auch ähnlich geht und das macht Mut. Doch die Angst vor dem ungewissen, was mag noch kommen, ist wie Leim an den Händen, man möchte es abschütteln nicht darüber nachdenken und doch bestimmt es meine Gedanken und das ständig, jede Minute, stunde, ich kann es nicht abschütteln, so sehr ich auch dagegen angehe.

Nie habe ich mich mit dem Thema Krebs befaßt, auseinander gesetzt oder mich darüber in irgendeiner Art informiert. ich habe meinem Pa geglaubt und gedacht OP überstanden, alles wird wieder gut. Lächerlich im nachhinein, ich schäme mich würde ihm gerne einige von meinen Lebensjahren schenken um die Zeit zurück zudrehen um alles ändern zu können.

es ist schrecklich einen Menschen den man liebt zusehen zu müssen wie er leidet und eigentlich mir fällt kein anderes Wort ein verfällt und ohnmächtig daneben zu stehen ohne irgend etwa für ihn tun zu können.
weiß er wirklich wie es um ihn aussieht, oder hat er einfach beschlossen das es halt nicht so ist. ich weiß es nicht, niemand weiß es. wir reden einfach nicht darüber, weder im Beisein von Pa noch wenn wir alleine sind.

wielange wird er noch bei uns sein, wie oft werden wir noch mit ihm sprechen können, wieviele Male ihn berühren, wie oft nachschauen ob er noch atmet...
tränen habe ich noch nicht, doch Verzweiflung und Ängste dafür genug.

Liane
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