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  #1  
Alt 04.12.2008, 00:52
Jule841 Jule841 ist offline
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Registriert seit: 04.12.2008
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Standard Angst vorm Leben

Ich weiß nicht wie ich anfangen soll...ich sprech nie über meine Gefühle...bin immer kontrolliert...jetzt ist das schlimmste passiert....es war nie in meiner Vorstellungskraft....sie fehlt mir so.....acht Wochen sind jetzt vergangen und ich hab Angst vor jedem Tag.... ich hab Angst es irgendwann akzeptieren zu müssen....nein sie kommt wieder...sie war immer da....ich will nicht mehr...Angst vorm Leben...ich will nicht weiter....nicht ohne meine Mama....sie wusste das ich das nicht schaffen würde ohne sie......sie hat so dagegen angekämpft....sie wollte nicht....sie hat micht nicht alleine gelassen.....und doch bin ich alleine und hilflos weil ich mein scheiß Leben nicht mehr will.
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  #2  
Alt 04.12.2008, 16:19
Benutzerbild von Petra_S
Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Hallo Jule,
...120 Leser keiner weiß so recht was er sagen soll - ich auch nicht. Aber es wäre vielleicht ein Anfang, wenn du noch ein bischen erzählen könntest, ich weiß auch das schreiben hier fällt schwer, die Gefühle überrollen einen, man heult und schluchtzt in den PC, bekommt keinen klaren Gedanken zurecht, alles in einem schreit und ist wund... und doch durch den Schmerz des Ausdrücken des Ungalublichen, des Nichtverstehens und Nichtwahrhabenwollens fand ich zu mir selber wieder, nein - DAS ist nicht was man will, vom Kopf her wußte ich das ich akzeptieren MUSS - man hat ja keine Wahl. Aber zu dir - wie alt bist du??? Kannst du ein wenig über deine Mutter erzählen? ...die Krankheit?

Versuch es, dann können dir sicher auch mehr Menschen ein paar Wort zu deinen Nöten schreiben!

Halte erst einmal jeden Tag irgendwie durch - auch wenn alles ganz furchtbar ist und keinen Sinn macht!

Gruß Petra
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  #3  
Alt 04.12.2008, 20:06
Bremensie Bremensie ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Hallo Petra,
ja im ersten Augenblick ist das alles unfassbar. Man steht neben sich und weiß im Grunde genommen nicht was man zuerst und zuletzt tun soll. Man fühlt sich so verdammt allein. Mein Lebensgefährte starb an dieser sch... Krankheit anfang des Jahres. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht im Geiste mit ihm zu reden,ihm meine Erlebnisse zu erzählen. Manchmal schimpfe ich auch ein wenig mit ihm dass er einfach ins Regenbogenland gegangen ist. Ich bin aber sicher er passt von da aus auf mich auf. Dies wird deine Mutti auch tun. Mir hilft es auch mit anderen über meinen Schmerz zu reden. Hast du um dich herum liebe Verwandte oder eine gutr Freundin die dich in deinem Schmerz ein wenig auffangen können. Nimm dir Zeit für deine Trauer. Nicht umsonst heißt es Trauerjahr. Auch wenn du nach und nach wieder am Leben teil nimmst wird deine Ma immer in deinem Herzen sein.
Liebe Grüße und ein ganz dickes Kraftpaket schickt dir Erika
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  #4  
Alt 04.12.2008, 22:32
Jule841 Jule841 ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Bin 24 Jahre. Ich fühle mich wie sechs, in den Armen liegend bei meiner Mama. ICh hab sie sterben sehen. Sie hat drei Tage gelitten. Ich weine jeden Tag weil ich diese Erlebnisse nicht verarbeiten kann. Jeden Schrei jede Halluzination jede Träne hab ich miterlebt und kann nicht mehr begreifen was ich da gesehen hab. Ich bin völlig überfordert. Nichts mehr ist schhön. Mein Leben hat keinerlei Sinn. Ich mach mir so schlimme Vorwürfe. Ich bin vor zwei JAhren weg gegangen. 200 km. ICh hätte das nie tuen dürfen ich hab sie einfach alleine gelassen. Nur um meine Ausbildung zu machen. Ich wollte noch so viel mit ihr machen. Ich fühl mich so hilflos denke immernoch sie kommt bald wieder. Ich verleugne sogar ihren Tod um mich besser zu fühlen. Wenn ich weiß sie hat mich nicht alleine gelassen gehts besser. ICh will das der Schmerz aufhört. Und gleichzeitig möchte ich mich bestrafen das ich nicht für sie da war. Wir haben jeden zweiten TAg telefoniert. Aber das ist nicht das gleiche. Ich kann nicht mehr. Es geht nicht vorbei.
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  #5  
Alt 04.12.2008, 22:56
Benutzerbild von ErikaS
ErikaS ErikaS ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Hallo Jule, lass dich erst einmal in den Arm nehmen.... Hier sind Menschen die dich verstehen. Schreibe alles auf und lass dich trösten. Ich konnte auch nicht immer bei meiner Mama sein. Aber doch waren wir eng miteinander verbunden. Ich wusste was meine Mama denkt und wie sie denkt. So ist es jetzt noch. Wir sind die Töchter unserer Mütter und tragen vieles in uns. Sie haben uns geprägt und in uns leben sie weiter. Unsere Mütter wollten bestimmt nicht das wir so leiden und doch mussten sie es geschehen lassen. Ehren wir sie, indem wir unser Leben führen, so wie sie uns es gelehrt haben. Habe keine Angst, es geht, jeden Tag ein bisschen mehr.
Ilona
__________________
Ein Mutterherz ruht sich nun aus, im letzten stillen Erdenhaus. Doch was es tat und was es gab, das leuchtet über Tod und Grab.

In ewiger Erinnerung an
meine Mama 26.09.1933-16.03.2008meinen Papa 19.07.1934-28.06.1988
meine Schwiegermutti 22.03.1922-02.02.1999meinen Schwiegervati 26.04.1911-07.06.1976
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  #6  
Alt 04.12.2008, 23:17
Benutzerbild von Leuchtfeuer
Leuchtfeuer Leuchtfeuer ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Liebe Jule,

auch von mir erst mal ein ganz herzliches Beileid . Ich wünsche Dir viel Kraft für die nächste Zeit.

Bitte mach Dir keine Vorwürfe! Du kannst doch überhaupt nichts dafür. Ich bin auch sicher, dass Deine Mutter Dir nichts vorwirft. Sie hatte eine scheußliche Krankheit...

Gib Dir Zeit. Jeden Tag ein kleiner Schritt...

Ich hoffe, Du hast ein paar liebe Menschen (Familie und Freunde) um Dich herum, die Dir jetzt zur Seite stehen. Aber auch hier im Forum wirst Du immer auf offene Ohren treffen. Hier ist immer wer, der liest oder schreibt, der genau so fühlt wie Du.

Deine Mutter schaut auch weiter auf Dich. Eure Bindung bleibt immer bestehen. Liebe kann nicht sterben.

Viele liebe Grüße,
Leuchtfeuer
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  #7  
Alt 04.12.2008, 23:35
Jule841 Jule841 ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Alle sagen es wird besser doch ich sehe grad wie meine Familie kaputt geht weil ich es nicht schaffe Abschied zu nehmen. Es wird schlimmer statt besser. Ich hab das Gefühl niemand kann wirklich verstehen was ich fühle und was ich durchmache. Und alle um mich herum schaffen es Trauer zuzulassen aber haben auch alles wieder im Griff nur ich nicht. Die Welt dreht sich weiter und ich sitze in der Mitte und möchte austeigen.

Geändert von Jule841 (04.12.2008 um 23:37 Uhr)
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  #8  
Alt 05.12.2008, 17:49
Euphemia Euphemia ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Hallo Jule,
auch ich sitze hier vor dem PC und fühl mit dir.
Ich habe nicht erst kürzlich einen Menschen verloren, sondern meine Mama starb, als ich neun war. Ich war damals wohl noch zu klein um die Schmerzen zu ertragen und außerdem hat mir niemand gezeigt wie man trauert. Denn ein Stück weit muss man das wohl auch lernen.

Jetzt mit zweiundzwanzig, bzw. schon vor einem Jahr habe ich anfangen müssen mich auseinanderzusetzen und muss nun all die Trauer, die Selbstvorwürfe und was sich noch alles angehäuft hat hervorkramen. MIr ging es so schlecht, dass ich in einer psychatrischen Klinik war. Ich wollte nicht mehr leben, hatte Depressionen und Ängste.

Ich schreibe das, um dir zu zeigen wie sehr ich mit dir mitfühlen kann und hoffe du nimmst es nicht übel, wenn ich dir den Tipp gebe, vielleicht mal professionelle Hilfe zu suchen, d.h. zu einem Psychologen zu gehen o. ä.

Ich finde, du klingst sehr verzweifelt und hoffnungslos. Wenn man an den richtigen Therapeuten gerät (die Chemie muss schon stimmen), kann das auch eine sehr große Hilfe zur Bewältigung der Situation sein.
Natürlich nimmt der einem nicht die Trauer und Verzweiflung, aber hilft, einen Umgang damit zu erarbeiten. Außerdem ist das eine völlig unabhängige Person, mit der man reden kann, die nicht zur Familie oder zum Freundeskreis gehört, die man belasten kann so viel man will und wo nichts nach außen dringt.

Was ich gelernt habe und wichtig finde ist, dass man allein ist in seinem Kopf und mit seinen Gefühlen. Ich kann mit dir mitfühlen und mir vorstellen wie es dir geht, aber ich kann dich bestimmt nicht vollständig verstehen. Das kann keiner, nur man selbst!

Das nur als Anregung. Mir hat es und hilft es immer noch sehr und ich habe erreicht, dass es mir wieder ein ganzes Stück besser geht.

Ich wünsche dir alles, alles Gute und viel Kraft! Gib die Hoffnung nicht auf und glaub an dich!

Euphemia

Geändert von Euphemia (05.12.2008 um 17:57 Uhr)
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  #9  
Alt 05.12.2008, 18:02
Ronnya Ronnya ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Liebe Jule....
Mein aufrichtiges Beileid zu deinem schwerem Verlust....
Und möge das ewige Licht immer für deine Mama scheinen...


Ja,es ist schrecklich und grausam und tut weh und man weiß nicht wie man mit der Situation umgehen kann...
Wir alle verstehen dich ,denn wir haben ähnliches durchlebt.
Was ich dir damit sagen will ist,das du hier gut aufgehoben bist....
Schreib deinen Schmerz auf ....schrei ihn an den Monitor....
Wir werden versuchen dich auf diesem Wege hier ein wenig aufzufangen ....

Du hast schlimmes erlebt,ich denke den Tod eines geliebten Menschen mitzuerleben,ist mit Schlimmste was einem passieren kann.
Es sind Erlebnisse dich sich fest in dir einbrennen ,die ein Fundament in deinem Innerem bilden werden....
Mach dir keine Vorwürfe....das hätte deinen Mama nicht gewollt....
Man findet keine Worte des Trostes,es gibt auch keine....
Darum nehme ich dich fest in den Arm,du tapfere Tochter deiner Mutter......

Viel Kraft wünsch ich dir
Regina
__________________
______________________
Erinnerungen ,die nicht verblassen,
bilden ein festes Fundament in unserem Inneren
Mein geliebter Vater - 16.6.2008
Und immer sind da Spuren deines Lebens
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  #10  
Alt 05.12.2008, 22:01
Jule841 Jule841 ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Niemand weiß was ich denke. Jeder glaubt ich bin ein starker Mensch doch immer öffter denk ich schaff das nicht. Sie war immer da. Jeden Abend bin ich wie ausgewechselt. Keiner bekommt es mit. Die Tränen, die Verzweiflund, die Angst. Gestern haben wir Weihnachtsfeier von meiner Arbeit gehabt. Ich hab meiner Freundin einen gefallen getan und bin hingegangen. Diese Menschen sind meine Ersatzfamilie und somit war es umso schlimmer. Das Wichteln hat so sehr an Weihnachten errinnert. Ich hatte so Angst davor das jeder merkt das ich so unendlich leide. Ich hab es geaschafft bis auf Frank ( mein Chef und gleichzeitig sehr wichtiger Mensch für mich) und Jana (meine Freundin und Arbeitskollegin) hat es keiner gemerkt. Doch die Angst nie wieder ein normales Leben führen zu können ist unendlich groß. Leider denke ich bin ich nicht wie andere Menschen in meinem Umfeld. Ich kann mit meiner Trauer nicht umgehen. Ich weiß das jetzt ganz viele von Euch mir versuchen zu helfen und mir sagen das das nicht so ist, aber ohne meine Mama hat mein Leben keinen Sinn. Ich wünschte ich könnte anders denken doch ich bin leer und sprachlos. Der Schock lässt nicht nach ich bin wie paralysiert. Der wichtigste Mensch in meinem Leben ist weg warum soll ich dann noch? Wär ich bloß an Ihrer Stelle gegangen. Sie hat das nicht verdient.
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  #11  
Alt 06.12.2008, 10:08
Benutzerbild von Desi
Desi Desi ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Liebe Jule!
Habe deinen Thread hier verfolgt, und muss nun auch einmal was schreiben.
Erst einmal möchte ich dir sagen wie unendlich leid mir dein Verlust tut.
Ich bin 3 Jahre älter als du, und habe im Februar diesen Jahres meinen über alles geliebten Dad verloren. Er war mein Seelenverwandter. Er hat was gedacht und ich habe es ausgesprochen und umgekehrt.
Er hat zwei Jahre gekämpft, wirklich gekämpft. Mein Dad ist zwei Wochen vor seinem 55 Geburtstag gestorben. Auch wir hatten noch so viel vor. Ich habe meinen Dad zusammen mit dem Rest meiner Familie beim Sterben begleitet. Der Dad der er am Schluss war, war nicht mehr der Dad der er immer vorher war.
Mein Dad hat gekämpft bis zum Schluss, auch an seinem Todestag, konnte aber dann letztendlich doch in Frieden gehen. Wir haben in gehen lassen, weil es keine andere Möglichkeit mehr gab.
Mit ihm ist ein Teil von mir mitgegangen.
Ich habe mich so oft nach dem Warum und Wieso gefragt. Darauf werden wir aber nie eine Antwort bekommen.
Auch ich hätte mein Leben für das meines Dads gegeben.
Aber so etwas funktioniert nicht.
Ich kann alles das was du schreibst so gut nachvollziehen. Die übermenschliche Trauer, dieser unendliche Schmerz, diese Sehnsucht wieder bei Ihnen sein zu wollen.
Dieses nach aussen hin stark zu sein, aber doch gleichzeitig so unendlich verwundbar.
Du musst nicht strak sein, lass es raus. Du musst die Trauer akzeptieren, das ist ein langer und verdammt steiniger Weg. Glaub mir, ich und alle anderen hier mussten und müssen diesen Weg immer noch gehen.
Aber ich glaube nicht das deine Mum gewollt hätte, das du dein Leben lang so unglücklich bleibst und alles in Frage stellst.
Mach dir auch bitte keine Vorwürfe, das du wegen deiner Ausbildung weggezogen bist. Deine Mutter wäre wahrscheinlich auch krank geworden, wenn du das nicht gemacht hättest.
Deine Mutter wird stolz auf dich sein, stolz eine so tolle Tochter auf die Welt gebracht zu haben.
Und das Band der Liebe kann auch der Tod nicht trennen.
Ich weiss, du denkst jetzt wahrscheinlich redet ihr nur alle, der Schmerz ist trotzdem noch da. Stimmt, der Schmerz wird auch immer bleiben, dein Leben lang, aber er wird irgendwann ein bisschen schwächer werden, und dir nicht mehr jeden Tag die Luft zum atmen nehmen.
Wenn du merkst, du wirst alleine mit dem Schmerz nicht fertig, dann such dir Hilfe. Und das ist bestimmt nichts schlimmes oder etwas wofür man sich schämen muss. Man braucht manchmal jemandem im Leben, der einen für das Stück eines Weges an die Hand nimmt, und begleitet.
Ich wünsche dir ganz ganz viel Kraft diesen Weg zu gehen!
__________________
In Liebe Daddy geb. 27.02.54 gest. 08.02.2008
Du wirst für immer in meinem Herzen sein.
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  #12  
Alt 06.12.2008, 13:47
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Zitat:
Zitat von Jule841 Beitrag anzeigen
Ich mach mir so schlimme Vorwürfe. Ich bin vor zwei JAhren weg gegangen. 200 km. ICh hätte das nie tuen dürfen ich hab sie einfach alleine gelassen. Nur um meine Ausbildung zu machen.
Liebe Jule,

dieser Satz von Dir lässt mich nicht los. Mach Dir doch keine Vorwürfe. Schau, das ist es doch sicher gewesen was Deine Mutter wollte: Du solltest ein selbständiger Mensch werden, der fest auf seinen Füßen stehen kann. Sicher war sie stolz auf Dich, dass Du den Mut hattest, für Deine Ausbildung wegzugehen. Bestimmt hat sie Dich nicht leichten Herzens gehen lassen - aber ich glaube ganz sicher, sie war stolz auf ihre Tochter.

Und, wenn es soweit ist, hat man nie genügend Zeit mit den Eltern verbracht. Natürlich nicht, man wird erwachsen, man nabelt sich ab, man braucht die Distanz um selbst zu reifen. Eltern müssen ihre Kinder irgendwann loslassen. So läuft das Leben und so ist es richtig.

Natürlich tut es sehr weh - und das wird auch eine lange Zeit so bleiben, aber mach Dir bitte keine Vorwürfe, weil Du erwachsen geworden bist! Ich fühle mit Dir - ich bin zwar gut 10 Jahre älter, aber als meine Mutter starb wollte ich auch so gern die Zeit zurückdrehen. Ich wollte wieder das behütete Kind meiner Mutter sein - die Zeit zurückdrehen zu dem Punkt, als die Verbindung noch viel enger war. Und ich wollte so gerne die Chance bekommen, all die verpassten Gelegenheiten nachzuholen, die Pläne die man hatte und verschoben hat, weil die Freunde irgendwann wichtiger werden als die Eltern. Trotzdem hört die Verbundenheit nicht auf, ich höre auch heute noch manchmal die Mahnende Stimme meiner Mutter wenn ich etwas tue, was sie nicht gutgeheißen hätte.

Ich glaube, damit schlägt sich jeder herum, der ein Elternteil verliert - egal wann.

Jule, wenn Du das Gefühl hast, es nicht allein schaffen zu können, dann nimm Dir Hilfe. Es gibt im Leben Momente, in denen man nicht stark sein muss, und es ist auch keine Schande wenn man sie nicht ohne Hilfe übersteht.

Warum hast Du das Gefühl, dass die Familie zerbricht? Weil jeder anders mit dem Verlust umgeht?

Wenn Du möchtest, erzähle davon - hier gibt es viele, die Dich verstehen. Auch wenn ihnen oft die Worte fehlen.

Liebe Grüße
AndreaM
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  #13  
Alt 06.12.2008, 15:33
Benutzerbild von Leuchtfeuer
Leuchtfeuer Leuchtfeuer ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Liebe Jule,

Du hast jedes Recht dazu, Deine Trauer auch nach außen zu zeigen, wann immer Dir danach ist. Du bist doch deswegen nicht schwach! Vielleicht hast Du selbst den größten Anspruch an Dich, stark und gefasst zu sein? Und Du merkst, dass es Dich überspült? Trauer sucht sich einen Weg. Und der nach "außen" ist der heilsamere - so zumindest habe ich es immer empfunden. Weißt Du ...mir sind oft an den "unmöglichsten" Stellen die Tränen gekullert. Wenn ich mich immer hätte zusammenreißen müssen, wäre ich bestimmt geplatzt. Niemand hat mich schräg angesehen. Und wir müssen doch niemandem etwas beweisen.


Ich habe - als mein Vater schon im Sterben lag (was ich seinerzeit noch nicht wahrhaben wollte...) - sehr gute Gespräche mit einem Krankenhausseelsorger führen können. Er konnte mir meinen Schmerz nicht nehmen... das konnte und kann keiner... aber ich konnte etwas davon rauslassen. Er hat mir nicht übergestülpt, wie und was ich jetzt aktzeptieren und denken "müsse", sondern mich so sein lassen, wie ich fühlte. Er hat mich einfach ein Stück weit begleitet. Ich möchte Dir hier nur aufzeigen, dass es auch eine solche Möglichkeit gibt... vielleicht wäre diese Art der Hilfe auch was für Dich?

Ich bin auch überzeugt, dass Deine Mutter stolz auf Dich ist und will, dass Du eines Tages wieder mit einem Lächeln im Gesicht an sie denkst.

Liebe Grüße
Leuchtfeuer

Geändert von Leuchtfeuer (06.12.2008 um 16:27 Uhr)
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  #14  
Alt 07.12.2008, 22:49
Jule841 Jule841 ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Ich hab das erste mal überhaup über meine Gefühle gesprochen. Ich denke nich das ich überhaubt dazum im stande bin jemanden zu erzählen was für schlimme Gedanken ich hab. Meinen Freunden nich damit ich sie auf gewisser Art auch schützte. Ich möchte nicht das sie sich Sorgen machen oder Angst um mich haben. Und einem Ausenstehenden nicht denn ich kann schwer in Worte fassen was mich bewegt. Es ist hier das erste Mal das ich spreche. Und selbst hier ist se jeden Tag eine Überwindung. Ich schäme mich sehr dafür das ich nicht wie alle anderen hier genau benennen kann welcher Krebs es war und welch OP´s gemacht wurden. Ich weiß nur das der Schmerz so schlimm ist das ich nicht mehr weiter weiß. Ich weiß auch nicht genau was ich erzählen soll. Sobald ich Namen oder Geschichten von meiner Familie schreibe schnürt sich alles bei mir zu und diese Gedanke das es nicht mehr weiter geht kommen wieder. Ich wehre mich regelrecht zu verarbeiten. Lasse keinen an mich ran.Antworte auf Fragen von Freunden nur mit Standartantworten wie : "das wird schon wieder....oder ja mir gehts gut...so ist das Leben...".
Seit neun Wochen schlaf ich weinend ein und morgens weine ich noch bevor ich zur Arbeit gehe. Dann schalte ich einen Knopf und bin absolut beherrscht. So ist mein Leben ab jetzt?
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  #15  
Alt 08.12.2008, 08:31
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Angst vorm Leben

Hallo Jule,
ich hoffe nicht, dass dein Leben so sein wird ab jetzt. Und obwohl ich glaube, dass die Menschen sehr blind und taub für das unbeholfene, lautlose schreien Hilfebedürftiger geworden sind, hoffe ich dass z.B. dein Chef Frank (?) und dein Kollegin dich ein klein wenig durchschauen, hinter deine Maske blicken... Es gibt ein Gedicht, einen Text "Bitte höre was ich nicht sage!" von
Charles C. Finn, such dir den mal im Netz. Du wirst sehen, er drückt aus was du meinst. Ja, leider geht es vielen Menschen so, wir verlernen zu reden, trauen uns nicht aus den verschiedensten Gründen. Und man glaubt es kaum, auch hier gibt es schon so etwas wie einen "guten Ton" - die Gesellschaft (wer immer das sein mag) meint zu wissen WIE man trauer äußern DARF, also ein bestimmter vorgegebener Verhaltenskodex auch hier. Aber was holft das nun dir? Nichts, liebe Jule, ich befürchte ganz ohne dein Zutun wird es vielleicht sehr schwer möglich sein, dass ein Mensch an dich heran kommt. Aber, wenn du EINEN, wenigstens EINEN MENSCHEN in deiner näheren Umgebung hast, dem du vertraust und von dem du glaubst, dass er die Stabilität hat, deine Trauer mit aushalten zu können, vielleicht druckst du ihm den Text mal aus und dann sollte er verstehen... Außerdem kannst du in kleinen Schritten, so wie es dir möglich ist hier sagen/ schreiben was du fühlst, nicht immer werden alle verstehen, aber irgendwer wird dich sicher verstehen. Ich kenne einige Leute, die sich durch das Forum kennengelernt haben, jetzt Freundinnen, Liebespaare oder nur Weggefährten auf Zeit sind. Aber eins ist leider klar, deine "Unschuld" hast du nun wohl verloern, du "WEIßT" nun - was Verlust ist, was Zeit bedeuten kann, Liebe usw., usw. alles bekommt einen neuen Wert. Und der Weg ist lang und hart, aber in ganz klitzekleinen Schritten, mit Rückschritten wird es "lebbar" - irgendwie... Ich war selbst schon schrecklich depressiv und habe einen kleinen Trick gelérnt in der Zeit. Schriftlich habe ich mir Regenwolken, Gewitterblitze, Sonnen verdeckt von Wolken, Sonne ohne Wolken am Ende eines Tages zur Einschätzung aufgeschrieben in mein Tagebuch. Kannst du Tagebuch schreiben...? Oder Briefe an deine Mutti...?

Noch eins möchte ich dir schreiben. Ich habe selbst drei Töchter, zwischen 20-25. Als mein lieber Freund krank war, bewarb sich die Jüngste gerade knapp 300km von uns entfernt. Es kam ein Anruf, eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, wir waren sooo stolz! EINEN Tag (!!!) nachdem er für immer gehen mußte, hatte sie drei Tage Probearbeiten - sie hat es geschafft, fix und fertig, aber sie hat es geschafft, er hatte ihr mit auf den Weg gegeben, sie solle ihre Träume wahr machen, solle so bleiben wie sie war... Uns auch ich würde mir wünschen, dass ich alles so weit richtig gemacht habe, dass meine Kücken fliegen können - auch ohne mich, dann hätte ich meine Aufgabe für ihr Leben richtig gemacht!
Verlier den Mut nicht, bleib hier bei uns, du hast den Weg schon begonnen zu gehen!
Liebe Grüße Petra
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