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  #1  
Alt 04.04.2011, 01:14
Javelin Javelin ist offline
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Registriert seit: 17.03.2011
Beiträge: 8
Standard Nichts ist mehr wie es war...

wie es hätte sein könne ... wie es hätte sein sollen....
2010 sollte das Jahr des grossen Umbruchs werden. Nach Jahren einer geführten und gelebten Fernbeziehung mit allem Auf und Ab die eine solche Beziehung mit sich bringt war es dann soweit. Du hattest einen Job hier bei mir im Süden gefunden. Eine tollen Job in einem Team von echten Kollegen und Freunden... Bei Deinem ersten Besuch in Deiner neuen Heimat eroberte dieses kleine Städtchen am Rande des Schwarzwaldes Dein Herz. Du fühltest Dich angekommen. Die Wohnung die wir besichtigten rief förmlich Deinen Namen - Andrea. Alles schien zu passen - Dein grosser Tag am Do 25.11. warst Du da - bist Du angekommen in Deinem neuen Leben Deiner / unserer Zuknuft - wir hatten ja so unendlich viel Zeit......
Am Wochenende musste ich den ärztlichen Bereitschaftsdienst holen - Du fühltest Dich nicht gut.
Montags suchtest Du Dir Deine neue Hausärztin - Mittwochs Dein 1. Arbeitstag - du musstest mitteilen das Du ins Krankenhaus musst dringend Deine Kollegen Dein Chef zeigten sich als echte Menschen - Freitags warst du dann bei mir in Kalrsruhe im St.Vincent..
Wenige Tage später brach unsere Welt immer weiter in Trümmer - Metastase in der linken Rippe... Wir waren wie gelähmt.... Am 21.12 die endgültige Daignose nichtkleinzelliges Adenokarzinom unheilbar - aber behandelbar - Zeit gewinnen ( wir hatten doch unendlich Zeit ) ... Du wolltest mir noch Irland zeigen die Insel die Dich in ihren Bann geschalgen hat - wir wollten noch Muscheln essen gehen -......... Hoffnung - die Krankheit ist behandelbar wir kämpfen gemeinsam mit dem Ärzteteam.. 1. chemo am 06.01.2011 .. die Hoffnung lebte weiter... aber ich sah auch Deine Schmerzen - spürte Deine Angst.... und ich spürte noch etwas - wie ein Gewissheit von Dir Besitz ergriff - eine Gewissheit das die Zeit für vieles nicht mehr reicht... Du hast mich eines Abends gebeten ich solle nach Deinem / unserem ersten Enkel das jetzt im August geboren wird schauen... August das sind doch nur wenige Monate - Hallo da sind wir beide dabei... ( wir haben noch etwas Zeit ).... Ende JAnuar ist die zweite Chemo geplant ... Die erste zeigt ihre ersten Nebenwirkungen... Du hast Schmerzen - die Nächte voller Unruhe.... 2. Chemo wird verschoben... zuerst musst der bruchgefährdete Oberschenkel behandelt werden... ( wir haben noch etwas Zeit )... Die Bestrahlung beginnt.. alles schick - alles läuft wir kämpfen wir kämpfen um Zeit und Lebensqualität...Die Ärzte die Schwestern alle schlägst Du mit Deiner Art in den Bann... mit deinen lächelnden Augen.. Samstags eine Tachykardie.... CT - nichts mehr ist schick nichts mehr läuft.... Besprechung mit dem Ärzteteam - Dein Oberarzt hatte Trännen in den Augen... ( wer holt mich raus aus diesem Film )... Chemotherapie ist noch möglich aber ob sie bei diesem rasch wuchernden Tumor noch anspricht ??? Du fragst ob es dabei noch um Monate geht die eine erneute Chemo bringt ? Nein - Du entscheidest Dich dafür die uns noch verbleibende Zeit zu Hause zu verbringen... Valentinstag... mir schnürrt es die Luft ab - wir lächeln halten uns fest - Du naschst die Pralinen .. Der Tag Deiner Entlassnug rück näher - ich ruf in meiner Firma an.. meld mich ab auf unbestimmte Zeit ( nur noch ein wenig mehr Zeit ) Mittwochs fahren wir gemeinsam zu Dir nach Hause... Ich halte die ganze Zeit Deine Hand sehe wie Deine Blick hinausgeht die Eindrücke einsammelt.. Du bist zu Hause - geniesst die Mittagssonne auf Deinem Balkon... Die Leute vom ambulanten Hospizdienst kümmern sich rührend um uns - wir haben ja nur uns... Ich rufe unsere Kurze an - sage ihr Bescheid wie es um Dich steht.. Ihr seht euch nochmal - Du wirfst eine Blick auf das Ultraschalbild ..... Du schickst die beiden wieder nach Hause... Unsere Welt steht still doch die Welt draussen rast unvermindert weiter....
Der Supergau... in der Nacht vom 07. auf den 08.03. ich erbreche mich nur noch - unsere hausärztin meint ich müsse ins krankenhaus unbedingt... ich will nicht weg von dir... du machst mir noch tee sorgst dich um mich....( das arf alles nicht wahr sein )... ich werd abgeholt - komme in Quarantäne... Ursache unbekannt ein Virusinfekt eben... Mittwoch - Du erhälst eine Platz im Hospiz ( ich kann Dich nicht begleiten - kann nicht bei Dir sein - will raus zu Dir ) Du lässt mir durch unsere ehrenamtliche Helferin ausrichten es geht Dir gut - du fühlst Dich wie in einem Hotel... Endlich Freitag ich darf raus - endlich - endlich wieder bei dir sein... ( ein klein wenig mehr Zeit nur ) .. wir sitzen auf dem Balkon geniessen die nachmittagssonne.... ich leg dir ein buch in deinen nachtisch will samstag dir daraus vorlesen - es ist eine überaschung... Samstag mittag ich mach mich gerade fertig will zu dir - du rufst an ich versteh dich kaum trännenerstickt deine stimme und dann noch die sauerstoffmaske - ich verstehe nur arm gebrochen... die schwerster sagt etwas von einem spontanbruch oberarm... ich will los sofort zu dir.. bis ich im krankenhaus bin bist di schon im OP.. Der bruch muss genagelt werden.... ( was musst du noch ertragen ) ....... Ich bleib bei dir .... Nichts soll geschehen was du nicht möchtest... ich bin an Deinem Bett - halte Deine Hand streichel Dein Geschit - sehe in Deine Augen - du fragst ob Du das Spiel beenden darfst - mir schnürrt es immer mehr die Luft ab - Ja Andrea du darst das spiel beenden - ja du hast alles richtig gemacht ( hab ich das auch auch ?? ja du hast genug gekämpft.... In der Nacht hast Du lust auf Pizza - die Nachtschwester bestellt Dir eine ... Es ist sonntag der Oberarzt verpricht mir das Du Montag wieder ins Hospiz darfst ( ich habe das gefühl Du bist dort sicherer wir haben dort mehr Zeit )... Nachmittags .. ich muss etwas essen will nur kurz was essen... dein trauriger Blick in dem so unnendlich viel Liebe ist du kannst nicht mehr sprechen deine Hände streichen mir über mein Haar.....Das Fieber steigt weiter... Es ist Montag nach ein paar Minuten dösen an Deinem Bett - ich hol mir schnell einen Kaffee - frisches Wasser für Dich... Den Atem verändert sich ich spüre wie Du gehst - draussen singen die ersten Vögel ich öffne das Fenster - ihre Stimmen sollen Dich uns begleiten... Ich werde plötzlich selbst ganz ruhig.. halte dich in meinem Arm... streichle Deine Wangen ... küsse Dich .... Du gehst ganz leise ganz sanft zur Tür hinaus über die Brücke über welche ich Dir nicht folgen kann... Es ist 06:10 Uhr - es ist keine Zeit mehr - Unsere Welt ist nur noch ein Trümmerhaufen.... Du bist gegangen - und doch ist ein Teil von Dir bei mir / in mir... Und ich weiss wir werden uns wiedersehen... Dann haben wir Zeit....

Es vergeht seit jenem 14.03.2011 kein Tag an dem ich nicht das Gefühl habe es zerreisst meine Brust.. Es vergeht kein Tag an dem ich mir nicht wünschen würde, wenn wir den schon auseinander gerissen werden, ich nicht hätte den Weg für Dich gehen können.

" Ein Freund ist ein Mensch, der die Melodie deines Herzens kennt und sie dir vorsingt, wenn du sie vergessen hast " ( Albert Einstein ) das warst Du - nur Du kanntest die Melodie meins Herzens...
Andrea
07.06.1964 - 14.03.2011
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  #2  
Alt 04.04.2011, 10:00
DaniB. DaniB. ist offline
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Beiträge: 20
Standard AW: Nichts ist mehr wie es war...

Lieber Javelin,
deine Geschichte hat mich zu Tränen gerührt und ich kann mir sehr gut vorstellen wie du dich jetzt fühlst. Ich habe so eine ähnliche Geschichte im August 2010 erlebt. Meine Mama wurde am 20.08.10 (an meinem Geburtstag) ins KH eingeliefert. Mit unendlichen Schmerzen. Nach ein paar Tagen die Diagnose Krebs! Keiner von uns wusste wie es einem geschah, keiner wollte es wahr haben. Sie ist doch noch so jung (47) und der wichtigste Mensch in unserem Leben. Nach 14 Wochen Kampf ist Sie am 08.11.10 friedlich und ohne Schmerzen eingeschlafen. Ich kann es noch immer nicht verstehen. Fühl dich ganz doll gedrückt und ich wünsche dir viel Kraft für die nächste Zeit!
Lieben Gruß Dani
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  #3  
Alt 04.04.2011, 11:38
Polarlicht Polarlicht ist offline
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Registriert seit: 04.04.2010
Beiträge: 24
Standard AW: Nichts ist mehr wie es war...

Lieber Javelin,

es tut mir unendlich leid für Euch beide. Ich weiß wie Du dich fühlst,Tag für Tag dieser Schmerz etwas so wertvolles verloren zu haben.
Ich verlor meinen Vater vor über ein Jahr und jeden Tag,jeden verdammten Tag frage ich mich warum mußte ausgerechnet mein Vater gehen ?
Man sagt die Zeit heilt alle Wunden, aber wann ist diese Zeit gekommen ?
Ich möchte ihn nur noch einmal sehen,nur ein einziges mal ihn bei mir haben.
Dieser verdammte Krebs ,wie ich ihn hasse.
Ich fühle mich unendlich leer .
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft für die nächsten Wochen,Monate und Jahre.
Vielleicht wird dieser Schmerz irgentwann etwas erträglicher.
Es grüßt Dich
Polarlicht
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  #4  
Alt 06.04.2011, 14:52
Javelin Javelin ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 17.03.2011
Beiträge: 8
Standard AW: Nichts ist mehr wie es war...

Ich danke allen hier für die geschriebene und auch die stille Anteilnahme.
Die Krankheit ob nun als Betroffener oder als Angehöriger oder eben als Hinterbliebne reisst unsere Welt aus den Fugen.
Und in jeder dieser Positionen treibt sie uns bis an die Grenzen dessen was wir ertragen können und darüber hinaus.
Wir erkennen wer als Freund oder Verwandter tatsächlich zu uns steht. Einige verschwinden einfach aus unserem Leben weil sie mit der Situation nicht umgehen können oder auch nicht wollen ( sowas passt manchen eben einfach nicht in ihr heiles Weltbild und ist auch viel zu anstrengend ).Dafür begegnen wir Menschen die unsere Achtung und unseren Respekt mehr als verdienen.
Es sind die stillen wahren Freunde die einfach nur da sind - jene Helfer ob ehrenamtlich oder proffesionell die uns begleiten durch die Krankheit hindurch egal wie auch immer die Chancen stehen. Jenen Hausärzten die zu jeder Tages- und Nachtzeit kommen - den ambulanten Hospizdiensten ohne die eine Betreuung zu Hause oft nicht möglich wäre - den Mitarbeitern in den Hospizen und all jene die ich nicht erwähnt habe.
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  #5  
Alt 18.04.2011, 22:28
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Registriert seit: 03.03.2007
Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Standard AW: Nichts ist mehr wie es war...

Hallo Javelin,

mann, ich hab deine Geschichte jetzt erst gelesen. Sorry. Deine Schilderung hat mich an eine Zeit erinnert, die bei mir schon lange zurückliegt. Obwohl, manchmal ist es so, als wäre es gestern gewesen. Ich kann sehr gut nachempfinden, wie du dich fühlst. Dann noch eure besondere Situation ........

Es ist nicht der falsche Film, leider. Oft hab ich selbst mir gewünscht, es wär so. Du tust es noch. Verdammt schwer.


Liebe Grüsse

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

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  #6  
Alt 17.06.2011, 02:56
Javelin Javelin ist offline
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Registriert seit: 17.03.2011
Beiträge: 8
Standard AW: Nichts ist mehr wie es war...

wie zäher schleim fliessen die stunden, die tage an mir vorüber. die nächte sind leer, die tage ohne wirkliche bedeutung. mir fehlt dein lachen, deine stimme selbst deine nächtlichen sägeaktionen fehlen.. eigentlich wollte ich über pfingsten aufs wgt endlich wäre mal die zeit dafür aber ohne dich ? wozu ? im august kommt dein / unser enkel lilly-andrea.. mit der freude schwingt auch soviel wehmut mit .. ich vermiss dich so sehr
__________________
" Ein Freund ist ein Mensch, der die Melodie deines Herzens kennt und sie dir vorsingt, wenn du sie vergessen hast " ( Albert Einstein ) das warst Du - nur Du kanntest die Melodie meins Herzens...
Andrea
07.06.1964 - 14.03.2011

http://www.youtube.com/watch?v=GmYPZLaUKu4
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  #7  
Alt 17.06.2011, 11:58
mia32 mia32 ist offline
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Registriert seit: 22.10.2010
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Beiträge: 151
Standard AW: Nichts ist mehr wie es war...

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