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Alt 08.10.2012, 09:55
anxious anxious ist offline
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Unglücklich Auch bei mir meine Mutter

Hallo zusammen,

ich habe in den letzten Monaten viel in diesem Forum gelesen und möchte mich nun auch beteiligen und meine Erfahrungen mit dieser Art von Krebs bei meiner Mutter preisgeben. Ich selbst bin 26 Jahre & männlich.

Meine Mutter ist 66 und - leider - nie wirklich ein Arztgänger gewesen, immer nur wenn es wirklich sein musste. Und so war es auch leider mit ihrem Gebärmutterhalskrebs. Schon seit ein paar Jahren merkte Sie wohl Veränderungen, ist aber nie zum Arzt gegangen, hat mit uns kaum bis gar nicht drüber gesprochen und das immer für sich ausgemacht. Aufgrund des Alters und insgesamt 5 Kindern, war der erste Verdacht ein Gebärmuttervorfall der sich im Laufe der letzten Jahre halt immer weiter verschlimmert hat. Anfang diesen Jahres hatte sich der Vorfall dann wirklich dermaßen verschlimmert das sie endlich zum Arzt ging (Hausarzt), der ihr dann sagte das es operiert werden müsste. Nach einigen Untersuchungen etc. wurde dann mit einem Krankenhaus ein späterer OP-Termin vereinbart.
Zu diesem eingepeilten Termin kam es leider nicht, weil meine Mutter eines morgens merklich schwach war und sich dann zum Hausarzt geschleppt hat, dieser sah sie nur an und hat sie sofort ins KH einweisen lassen. Das KH hatte eine relativ gute Gynäkologie aber keine Onkologie. Laut den ersten Untersuchungen ging man immer noch von einem Gebärmuttervorfall aus, dagegen sprachen jedoch die Blutungen. So das das nach einigen weiteren Untersuchungen fest stand, das sie einen Tumor hatte, der sich quasi langsam "raus drückte". Ich spare an dieser Stelle einfach mal Details.

Fakt war, dass das KH aufgrund der Größe des Tumors und er nicht vorhandenen Onkologie wohl etwas überfordert mit dem Fall war. Sie vereinbarten einen Termin für eine OP, bei der sie versuchen wollten den Tumor zu entfernen. Die OP verlief dann allerdings nicht so toll: Diagnose: Tumor hatte sich bereits an die Blase geheftet. So wurden nur ein paar umliegende Gewebeproben entnommen und ein paar Lymphknoten zur Sicherheit entfernt. So lag meine Mutter weiterhin dort und man hörte jeden Tag was neues. Mir wurde das alles sehr suspekt da sich mein Gefühl das die Ärzte dort nicht wirklich wissen was Sie tun können , immer mehr bestätigte (auch durch zuhören von Gesprächen zwischen den Ärzten untereinander). Zum Glück hatte der Chefarzt Kontakt zu Prof. Schneider in Berlin, dieser empfahl aufgrund der Diagnose eine komplett OP und bot sogar an diese direkt in Berlin bei ihm durchzuführen.

Was dann folgte war für uns Angehörigen und auch für meine Mutter eine psychische Qual. Ich musste mit Chefarzt, Oberarzt und Krankenkasse diskutieren und Streiten um diese Verlegung zu organisieren, denn meine Mutter konnte nicht mehr ohne weiteres mit einem privaten PKW verfrachtet werden, da sie aufgrund des Vorfalls nicht mehr sitzen konnte und andauernt blutete. Nach fast 2 Wochen Hin&Her und einem Streit mit dem Management des Krankenhauses hatte ich es dann endlich geschafft meine Mutter verlegen zu lassen.
An dieser Stelle: es ist manchmal wirklich unglaublich wie arogannt manche (Ober)-Ärzte sind, und was sie sich in ihrem Glauben versuchen rauszunehmen! Was Ärzte angeht bin ich für mein Leben erst mal negativ eingestellt und mehr als pessimistisch. Aber das ist eine andere Geschichte...

Angekommen in Berlin wurde sie dann untersucht. Diagnose & Einschätzung war: die Blase muss entfernt werden, ein künstlicher Blasenausgang und eventuell Darmausgang sind unumgänglich. Das war für meine Mutter natürlich ein Schock. Weiterhin sickerte langsam durch, das es sich nicht nur um einen Tumor sondern auch bereits um Metastasen handelte, die sich im Bauchraum und unterer Region bereits breit gemacht hatten. Die OP stand fest und wurde dann durchgeführt. Nach 9 Stunden war sie beendet und das Resultat war, das sie alle sichtbaren Tumore & Metastasen entfernen konnten. Die Blase wurde entfernt und ein entsprechendes Stoma gelegt. Ein vorübergehendes Stoma für den Darm ebenfalls - dieser aber mit Aussicht auf Rückverlegung, da bei der OP "lediglich" etwas kaputt gegangen ist und nichts befallen war.

Sie kam dann wieder zurück in ein regionales Krankenhaus und wurde dort noch 2 Wochen aufgepeppelt.

Nach der OP waren wir natürlich alle erleichtert das alles weg war. Meine Mutter war aber natürlich sehr schwach und die folgenden Wochen nicht einfach. Sie musste anfangen mit den Stomas zu leben und leider gehört meine Mutter nicht zu den Menschen die so etwas "leicht" nehmen, sondern sich eher damit belasten. Trotzdem ging es knapp 1 Monat nach der OP langsam Berg auf! Sie regenerierte sich langsam, war aber jedoch zu schwach für eine Chemo oder Bestrahlung, weswegen man diese erst machen konnte, nachdem sie wieder einigermaßen stabil wäre. In einer Kontrolluntersuchung hat man jedoch festgestellt das sich wieder ein Tumorknoten gebildet hatte, im Bereich der Leisten, so das man dann direkt mit den Radiologen vereinbarte die Bestrahlung zu starten. Meine Mutter ging von da an täglich zur Bestrahlung, doch bereits nach 2 Wochen ging es ihr nicht wirklich gut, sie wurde immer schwächer und aß nichts mehr. Sie hat dann auch verschwiegen das sie Schmerzen hat (ich versteh das manchmal nicht, aber so ist sie leider :-( ). Wir haben dann den behandelnden Arzt gebeten Sie zu untersuchen und der merkte den schlechten Zustand ebenfalls und behielt sie sofort da, um sie weiter zu untersuchen und sie wieder aufzubauen und zu beobachten. Was nun folgte war für alle ein Schock: ein erneutes CT zeigte das sich der Krebs bereits wieder ausweitete, wieder im unteren Bereich, und leider waren auch schon wieder Metastasen zu erkennen. Nach weiteren Cts in der den kommenden Wochen waren selbst die Ärzte darüber verdutzt das sich der Krebs SO SCHNELL wieder verbreitete. Mittlerweile ist der eine Tumor wohl schon wieder 8cm groß.

Stand heute: Sie bekommt 1x pro Woche eine Chemo + täglich Bestrahlung (insgesamt 4-5 Wochen). Danach muss man schauen. Der Arzt machte uns aber klar, dass es sich dabei um eine sehr aggressive Form von Krebs handelt und man ihn nur noch am Wachsen hindern kann, leider nicht mehr.

Ich entschuldige mich dafür, wenn aus meinem Beitrag vielleicht kein roter Faden in zeitlicher Form sichtbar ist, aber alles in allem handelt es sich hierbei um den Zeitraum Mai 2012 bis heute, also knapp 5 Monate, in dem man von der ersten Krebsdiagnose schockiert war, wieder Hoffnung schöpfte durch die OP und nun mit einer niederschmetterenden Diagnose nur noch um Zeit kämpft. Und hier kann uns der Arzt natürlich auch nichts sagen, es kommt nun drauf an wie die Bestrahlung und Chemo wirkt. Vielleicht bleiben uns noch ein paar Monate, vielleicht nur noch Wochen. Es ist einfach so hart zu wissen das es bald vorbei sein wird. Grade wenn man seine Mutter jetzt aktuell durch die Medikamente in recht guter Verfassung sieht, aber man weiß halt das es nur die Medis sind, die diesen Zustand aufrecht erhalten.

Ich habe einige Details im Bericht weggelassen, da ich sonst wahrscheinlich etwas zu emotional gegenüber der Ärzteschaft geworden wäre. Was mich aber wirklich menschlich erschüttert hat, sind Tatsachen das man um so vieles - GELDLICHES - kämpfen muss, um einem schwerkranken Menschen zu helfen. Es wurden seitens des ersten KH's Aussagen getätigt von wegen: wir werden alles in die Wege leiten, wenn sie sich entscheiden ihre Mutter nach Berlin zu bringen. Und als es dann soweit war, kamen von diversen Ärzten herablassende Kommentare, man musste ums Geld streiten wer was übernimmt und und und. Weiterhin konnten die Ärzte in Berlin gar nicht verstehen warum meine Mutter mit einer so blutenden "Wunde" (bzw. tumorbedingt), so lange im ersten KH rumlag, da diese auch einfach septisch hätte werden können. Solche Aussagen trieben bei mir natürlich Wut gegenüber des ersten Krankenhauses hervor. Ich hatte das Gefühl man wollte dort "probieren" ohne wirklich die Kompetenz dafür zu besitzen. Was uns alle auch immer psychisch sehr belastete, waren alle paar Tage wieder andere Befunde. Mal hieß es: keine Metastasen, kein Lymphknotenbefall. Dann hieß es Metastasen überall, Lymphknotenbefall. Mal so, mal so, das man wirklich den Glauben an die Medizin verlor!

Aber naja... darüber könnte ich stundenlang schreiben!

Mittlerweile habe ich die Wut aber auch verloren, weil man einfach hilflos abwarten muss was nun noch passiert, wie viel Zeit einem bleibt. Ich selbst habe Angst vor dem Tag an dem es soweit ist und kann das ganze einfach nicht verstehen. SO schnell, so rücksichtslos kam es nach all den Strapazen wieder und reißt nun ein großes Loch in unser Leben. Ich will nicht das meine Mutter stirbt, doch muss es akzeptieren, das es irgendwann so weit ist. Aber ich denke jeder hier kann nachvollziehen, das man es sich rational erklären kann, doch emotional einfach hilflos vor dieser Situation steht und das alles nicht begreifen kann.

P.S.: ich möchte mit diesem Posting natürlich KEINEM die Hoffnung nehmen!!! Mein Vater ist leider auch an Krebs erkrankt, bekommt jedoch Chemo die sehr gut wirkt und den Krebs sogar veröden lässt! Von daher weiß ich aus eigener Erfahrung das es auch anders geht.
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  #2  
Alt 08.10.2012, 10:46
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: Auch bei mir meine Mutter

Hallo anxious,

ich will von mir berichten, vielleicht verstehst du dann, warum die Ärzte sich kein Bein ausreissen.
Ich hatte einen Tumor im vorletzten Stadium, sehr gross schon. Das wurde mir am 1. März gesagt, zusammen mit der Mitteilung, dass erst am 1. Mai, also geschlagene 2 Monate später die Bestrahlung beginnt, operieren würde man nicht mehr.

Auf meine verzweifelte Frage, warum 2 Monate warten, schauten mich die Spezialisten bei der Tumorkonferenz abschätzig an und meinten: warum kommen Sie erst jetzt ? So ein Tumor wächst mindestens zehr Jahre lang. Sie haben sich nicht gekümmert und wir haben keine Kapazitäten, was gemeinsame Bestrahlung und Chemo betrifft. Nun heulen Sie rum, dass wir Sie aus der Patsche ziehen.....

Das deine Mutter noch eine OP bekommen hat, war eigentlich nicht zu erwarten, denn so wie du es beschreibst, war die Krebserkrankung schon sehr weit fortgeschritten. Und nun bekommt sie auch Bestrahlung, damit sie keine Schmerzen hat. Es gibt selten das Wunder einer Spontanheilung. Und wenn man sich erst zum Arzt bemüht, wenn garnichts mehr geht, muss man auch die Konsequenzen in Kauf nehmen.

Mir hat man gesagt: selber Schuld und genau betrachtet... hatte man auch recht damit.... Nie krank gewesen, alles supi, ein bisschen Ausfluss und Myome, die Beschwerden bereiten und dann das....wer erwartet einen Krebs da unten ? Zumal meine und auch die Generation deiner Mutter nicht viel Ahnung von Papilomaviren hatte. Das kam erst viel später auf.

Ich wünsche dir, dass du deiner Mutter noch beistehen kannst und sie keine Schmerzen erleiden muss. Die Mutter zu verlieren, ist ein harter Schlag. Ich habe auch zwei Söhne, die jahrelang unterschwellig vor Angst gezittert haben.
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton
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  #3  
Alt 08.10.2012, 13:05
anxious anxious ist offline
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Beiträge: 6
Standard AW: Auch bei mir meine Mutter

Hallo nikita,

danke erst mal für deinen Beitrag.
Ich gebe dir in einem Punkt Recht: irgendwo trägt man das Risiko selbst, und wenn man mehrere Jahre / Monaten etwas mit sich rumträgt, muss man gewiss damit rechnen das es sich alles andere als von selbst verbessert.

Allerdings schockiert mich folgendes Zitat:

Zitat:
Auf meine verzweifelte Frage, warum 2 Monate warten, schauten mich die Spezialisten bei der Tumorkonferenz abschätzig an und meinten: warum kommen Sie erst jetzt ? So ein Tumor wächst mindestens zehr Jahre lang. Sie haben sich nicht gekümmert und wir haben keine Kapazitäten, was gemeinsame Bestrahlung und Chemo betrifft. Nun heulen Sie rum, dass wir Sie aus der Patsche ziehen.....
Mal abgesehen vom Eigenverschulden welches man bei so etwas immer trägt, geht es hier immer noch um ein Menschenleben. Eine Aussage von fehlenden Kapazitäten in der Verbindung mit dem Vermerk "aus der Patsche" helfen, finde ich sehr unmenschlich.

Ich denke mit der Diagnose Krebs hat ein Mensch schon mehr als genug zu kämpfen und viele hält auch die Angst vor einer solchen Diagnose davon ab, zum Arzt zu gehen. Natürlich wird es dadurch nicht besser. Aber ich denke man muss den Patienten nicht auf so eine minderwertige Art abstempeln.
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