Könnt ihr mir helfen bitte?

[Angela W.]

Hallo,
im Frühjahr 2006 hörte meine Schwester einen Knall aus ihrer Wohnung, nachdem sie hoch gerannt war fand sie unseren Vater auf dem Boden in seinem eigenen Erbrochenen. Sie brachte ihn sofort ins Krankenhaus. Die erste Diagnose lautete Bauchspeicheldrüsenentzündung. Nach weiteren Besuchen bei Ärzten und einer Überweisung nach der anderen bekamen wir die Diagnose BSDK. Lebenserwartung max. August. Dies ist jetzt genau 4 Jahre her und Papa hält sich noch sehr tapfer.

Wir mussten unseren Vater noch oft ins Krankenhaus bringen, die Ärzte sagten immer, dass er es vielleicht nicht schaffen wird. Papa rappelte sich immer wieder auf und konnte wieder nachhause. Es war mal besser, mal schlechter...

Inzwischen wiegt mein Vater ungefähr so viel wie ich (43 kg) und sieht aus wie ein Hautüberzogener Knochen. Er ist Aschfahl, seine Augen sind riesengroß, seine Zähne stehen hervor und seine Nase ist sehr spitz.

Letzte Woche bekam er Morphiumtabletten verschrieben, dadurch konnte er nicht mehr auf die Toilette. Alles was er zu sich nahm erbrach er nach kurzer Zeit wieder.
Letzten Freitag war es wieder so weit. Wir riefen morgens einen Krankenwagen. Er konnte sich noch ohne Probleme selbständig anziehen, zum Krankenwagen laufen, ins Krankenhaus gehen, sich ausziehen, dort ins Bett legen.
Er hatte sehr viel gebrochen, dabei war in der Speiseröhre eine Ader geplatzt und er verlor sehr viel Blut. Dennoch war er noch völlig klar.

Wir packten ihm ein paar Sachen zusammen, kamen 2 Stunden später ins Krankenhaus und bekamen einen Schock. Er lag dort wie tot, man erkannte nur an der Bewegung des Brustkorbes dass er noch lebte. Er wurde immer mal wach, war verwirrt, halluzinierte, fing an zu reden, schlief wieder ein. Man sagte uns, dass läge am Morphin. Wir baten die Schwestern die Dosis zu verringern, wir haben ihn ja schließlich nicht zum Sterben dorthin gebracht. Er darf nicht mehr essen und nicht mehr trinken. Die Ärzte haben ihm eine Magensonde gelegt um feststellen zu können ob es nachblutet.

Dieser Zustand hielt bis Sonntag morgen an. Seit gestern ist er mal klar, mal verwirrt, mal bösartig, mal lustig. Heute war sein Zustand unverändert zum gestrigen.

Ich habe das Gefühl dass es seine letzten Tage sind und würde gerne wissen was noch auf uns zukommen kann. Wir wissen nicht, ob wir ihn im Krankenhaus lassen sollen oder ob wir ihn nachhause holen sollen. Einerseits werden die Ärzte tun was sie können und sind in der Lage ihn schmerzfrei zu lassen, andererseits wissen wir, dass mein Vater lieber noch ein paar Tage zuhause ist, als ein paar Wochen im Krankenhaus. Allerdings weiss ich nicht ob ihm bewusst ist, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass er zuhause unter sehr großen Schmerzen leiden wird.

Bitte antwortet mir schnell!!!

[sonja1973]

Hallo Angela,
vielleicht besprichst du das mit den Ärzten, wie das wäre wenn dein Vater nach hause käme und wie man das mit dem Morphiumpflaster handhaben könnte...
Die Mutter meiner Freundin ist letztes jahr gestorben..im Krankenhaus...sie war aber nicht alleine, ihre Lieben waren alle bei ihr als sie gehen musste.Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, dies einzurichten, das immer jemand bei eurem Vater ist....
Alles Gute für euch und viel Kraft wünsch ich euch allen
sonja

[Bremensie]

Hallo Angela,
Wäre für euchein Hospiz eine Alternative. Dort würde dein Vater so gut wie möglich schmerzfrei gehalten werden und ihr als Angehörige dürftet immer bei ihm sein.
LG Erika

[Angela W.]

Ich danke euch schonmal für die Ratschläge. Wir konnten uns bis jetzt noch nicht entscheiden, aber meine Schwester ist der Meinung, dass er sicher lieber noch 3 Tage zuhause anstatt 3 Wochen im Krankenhaus ist.
Ich hoffe so sehr dass sein Zustand nicht noch schlimmer wird, gab es bei euch noch irgendwelche Dinge, die bei meinem Vater bisher noch nicht aufgetreten sind. Ich kann mir zwar nicht vorstellen dass es noch schlimmer wird, möchte aber auf alles gefasst sein.

[Kirsten67]

Liebe Angela,

wenn Ihr sicher seid, dass Dein Vater lieber zu Hause sein möchte, ist das ein guter Grund zu versuchen, ihm das zu ermöglichen. Habt Ihr ihn mal gefragt?

Wenn Ihr ihn zu Hause betreuen wollt, gibt es Hilfe über ambulante Pflegedienste und oft auch über ambulante Hospizdienste. Und dann auch noch über den Hausarzt.

Die Frage, was auf uns zukommt, haben wir uns auch gestellt. Geholfen hat mir das Buch "Zeit des Abschieds: Sterbe- und Trauerbegleitung" von Monika Specht-Tomann, Doris Tropper. Kürzer aber auch sehr informativ ist die Broschüre der Krebsgesellschaft NRW http://www.krebsgesellschaft-nrw.de/...begleitung.pdf


Viele Grüße
Kirsten

[HeikesFreundin]

Viele Krankenhäuser haben auch PalliativBetten - in denen die Menschen
ähnlich eines Hospizes von extra ausgebildeten Palliativ-Ärzten und - Schwestern versorgt werden.

Um den Papa nach Hause zu holen ein paar Gedanken:

- ist wirklich gewährleistet, dass 24 Stunden rund um die Uhr jemand bei ihm und im Notfall handlungsfähig ist?
- seid ihr informiert über "Pflege" bzgl richtiger Lagerung eines Menschen, damit er nicht noch Sekundärschäden bekommt wie zB Dekubitalulcera (die sehr schmerzhaft sind)
- fühlt ihr alle, die die Pflege übernehmen wollt psychisch und physisch in der Lage, auch im Notfall adäquat zu handeln?
- habt ihr eine Ahnung, was genau da auf euch zukommen kann?
- ist wirklich gewährleistet, dass der Papa zuhause schmerzfrei sein kann? (Morphinpflaster sind nicht immer das Mittel der Wahl -> schlecht kontrollierbare Wirkstoffaufnahme durch unterschiedliche Hautbeschaffenheit und Stoffwechsel der unterschiedlichen Menschen)
- denkt ihr alle, die ihr beteiligt seid, dass ihr auch im großen Schmerz fair zueinander bleiben könnt? (nicht selten beginnen Menschen sich nachher Schuld zuzuschieben .... "wenn du nicht dann und dann dieses getan oder unterlassen hättest wäre Papa noch da" usw....)
- ist dafür gesorgt dass möglicherweise auch 2 Personen nachts da sein können, falls der Papa unter sich macht und jemand benötigt wird um den Papa auf die Seite zu drehen und zu halten (weil er es selber nicht mehr schafft?)
- habt ihr jemanden um euch herum (Krankenschwester oder Altenpfleger im Bekanntenkreis, die euch n bissel was zu Scherkräften erzählen können?)Das ist wichtig weil sich sonst bei unsachgemäßem Hochziehen im Bett die Hautschichten von einander lösen können.

Das ist was mir spontan auf die Schnelle einfällt ...

Wenn ihr nach dem Durchsprechen all dieser Punkte noch immer denkt:
"Wir können Papa zuhause gut und adäquat versorgen"
dann schenkt ihm die Zeit zuhause.

Wenn nicht, dann tut es ihm und euch nicht an sondern sucht einen Platz im Hospiz oder eine Palliativstation, wo ihr an seiner Seite sein könnt, ohne ihn und euch noch mehr zu belasten ...

Alles Liebe,
Angie (ex. AP mit Hospizerfahrung)

[rudi1970xxx]

Hallo,
Weiss nicht ob es hier direkt reinpasst,aber:
Ärzte verabreichen gerne VENDAL , ein Morphium.Gibt man dieses handelt es sich dabei defacto um ein Todesurteil.
bei geschwächten Menschen wissen Ärzte dass bei der Gabe von Vendal der Patient das im Normalfall nicht mehr überlebt.
Gruss

[HeikesFreundin]

Hallo Rudi ...

Gibt man dieses handelt es sich dabei defacto um ein Todesurteil.

das möchte ich SO nicht stehenlassen.
Mit diesem Medikament werden sogar Kinder behandelt zB nach Autounfall - auch diese sind dann geschwächt.
Vendal gibt es in vielen mg-Feinabstufungen bezüglich der Dosierbarkeit
und kann sogar auch verdünnt werden.
Es ist richtig, dass Menschen mit geringem Körpergewicht
stärker überwacht werden müssen - aber das müssen auch Menschen mit
zB Asthma, chron Bronchitis und anderen Erkrankungen.

Es tut mir leid, wenn es bei euch so zusammengekommen sein mag, dass jemand nach der Gabe dieses Medikamentes für immer eingeschlafen ist - aber da spielten dann ganz gewiß auch noch andere Faktoren rein ...

Wobei Du recht hast ist, dass Ärzte oft abwägen müssen was sie tun.
Manchmal ist für das ärztliche Gewährleistenkönnen der Schmerzfreiheit des Patienten notwendig, eine Dosis zu erhöhen - manchmal auch unter Inkaufnahme einer Verschlechterung des Zustandes.
Das aber hat nichts mit diesem Medikament zu tun, das kann auch bei der Gabe von Hydromorphonen so sein.

Wobei: Schmerzfreiheit für den Patienten sollte für uns alle an höchster Stelle stehen, wenn man ihm ansonsten nicht mehr helfen kann.

Herzliche Grüße
Angie

[rudi1970xxx]

Hallo,
Es geht ja um Menschen die sich im Endstadium befinden und schon sehr geschwächt sind.
Klinikgespräch:
"was hats denn bekommen?"
"Vendal?Ach so.Na dann stirbts eh in ein paar Stunden"
Habe direkte Verwandte die in der Medizin tätig sind.Deren Meinung ist eben jene.
Gruss

[Angela W.]

Hallo,
gerade komme ich aus dem Krankenhaus. Mein Vater ist seit heute depressiv und hat Atemnot. Die Magensonde wurde entfernt. Allerdings ist er wieder völlig klar und nicht mehr verwirrt. Ich kann nicht deuten ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist.
Allerdings ist sein Urin nicht mehr braun sondern nur noch orange, das liegt an der hohen Konzentration sagt der Arzt.
Am Freitag holen wir ihn nachhause, er will es so. Gestern hatte er dunkelrot-violette Flecken zwischen Wange und Ohren, diese sind heute wieder weg.

Könnt ihr mir sagen welche Symptome noch auf uns zu kommen? Es ist so schlimm jeden Tag dorthin zu kommen und nicht zu wissen wie man die jeweiligen Veränderungen deuten soll und ich möchte auf alles gefasst sein.

[Boxerhund1]

Zitat von rudi1970xxx

Hallo,
Es geht ja um Menschen die sich im Endstadium befinden und schon sehr geschwächt sind.
Klinikgespräch:
"was hats denn bekommen?"
"Vendal?Ach so.Na dann stirbts eh in ein paar Stunden"
Habe direkte Verwandte die in der Medizin tätig sind.Deren Meinung ist eben jene.
Gruss

hallo Rudi,

du verwechselst da aber Ursache und Wirkung. Ein Totkranker bekommt nicht Morphium (mit welchem Markennamen spielt eh keine Rolle), daß er stirbt, sondern er stirbt und bekommt Morphium (und eventuell noch andere Medikamente dazu), um ihm die letzten Stunden erträglich zu machen - schmerz- und angstfrei.

Schwere Schmerzmittel werden bei schweren Schmerzzuständen gegeben - also auch bei Unfallopfern, frisch operierten Patienten usw. - und nicht "nur" bei Krebskranken im Endstadium.

Deine medizinischen Verwandten wissen das sicher - und sie beziehen sich mit solchen Aussagen auf Patienten, bei denen der Sterbeprozess weit fortgeschritten ist.

[Angela W.]

Am Freitag den 20.08.2010 um 19.41 uhr ist unser papa endlich erlöst worden.

[Elisabethh.1900]

Liebe Angela!

Ich möchte Dir und Deiner Familie mein herzliches Beileid aussprechen!

In stiller Trauer!

Elisabethh.

[Boxerhund1]

mein herzliches Beileid

mit stillem Gruß

[Antje123]

Liebe Angela
Eine ganz feste Umarmung von mir.
Antje