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  #1  
Alt 25.02.2006, 23:30
tonixx tonixx ist offline
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Registriert seit: 18.02.2006
Beiträge: 5
Standard Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo,

ich lese seit einiger Zeit immer mal wieder in diesem Forum. Was mich eigentlich interessiert ist wie Ihr im Alltag so mit der Krankheit umgeht?! Ich hoffe das ist nicht irgendwie im falschem forum.

Ich hatte 2002 Hodenkrebs. Direkt nach meinem Zivildienst, ich habe gerade im ersten Semester angefangen zu studieren. Mir wurde ein Hoden entfernt. Es folgte Bestrahlung.
Das war damals für mich alles kein Problem. Ich habe die Behandlung durchgezogen, wenn auch teilweise schlecht vertragen. Das hat vielleicht alles 2 Monate gedauert. Ich habe diese ganze Sache verdrängt. Als ich gesund war habe ich mich gefragt was ich weiter machen möchte. Da das Studium mir keinen Spaß gemacht hat, habe ich eine Lehre angefangen.

Die Krankheit habe ich verdrängt. Das war für mich alles nicht mehr existent.
Gut zwei Jahre später (2004) kam dann eine erneute Diagnose. Ein 7cm großer Tumor. Die Behandlung hieß Chemotherapie. Aufgrund der vorherigen Bestrahlung ziemlich schlecht vertragen. OK, ich war ca. 6 Monate Krank. Dann konnte ich wieder arbeiten. Ich habe meine Prüfung gemacht und meine Lehre bestanden. Und damit war ich fertig. Ich wollte diesen Lebensabschnitt beenden.
Nun ist eigentlich alles gut. Ich wurde übernommen. Mir geht es momentan zwar ziemlich schlecht, alles ist super anstrengend für mich, aber ich bin froh das ich nach der Lehre übernommen wurde.

Und nun ist es 2006. Ich habe ständig Angst dass es wiederkommt!? Mir geht es im Moment einfach nur schlecht. Ich lasse mir aber nix anmerken. Versuche immer „gut drauf zu sein“. Ich spiele dieses ganze Leben gerade als „Mr. Nice Guy“. Mein Job ist mir wichtig. Der ist sehr stressig. Unter der Woche habe ich viel Arbeit und kaum Zeit darüber nachzudenken. Und immer wieder am Wochenende stürze ich in eine depressive Phase.

Aber wie soll man wirklich damit klar kommen?! Ich bin ganz ehrlich, ich weiß nicht was ich darüber denken soll das ich dass 2. mal Krebs bekommen habe.

Ich weiß auch überhaupt nicht wo es in meinem Leben hingehen soll. Ich bin gerade mal 24 Jahre. Aber ich denke ständig an Krebs. Es ging eine Zeit lang. Ich habe mir gesagt, dass ich diese ganze „Scheiße“ einfach verdränge und vergesse. Das hat auch beim ersten Mal gut geklappt. Nur ist es nun anders. Ich kann es nicht mehr verdrängen. Es verfolgt mich jeden Tag. Ich habe nun eigentlich alles hinter mir. Aber ich kann kaum noch schlafen. Ich habe ewig Kopfschmerzen. Ich habe einfach Angst dass es wieder kommt.

Das Problem ist eigentlich dass ich mit niemanden darüber reden kann. Es ist nicht so als wenn ich keine Freunde habe. Ich habe mir nur einfach angewöhnt oberflächlich zu sein. Spricht mich jemand ganz direkt auf meine Krankheit an, dann mache ich Witze darüber. Ich ziehe alles ins lächerliche. Tue einfach so, als wäre das für mich alles „gegessen“ und erledigt. Das ist irgendwie eine Abwehrreaktion. Ich will nicht darüber nachdenken. Weil ich einfach weiß dass ich selbst nicht damit klar komme.
Nach der Chemo habe ich eine Kur gemacht. Eigentlich wollte ich das nicht. Ich wollte direkt wieder arbeiten. Aber ich musste einfach einsehen dass ich es nicht konnte. Während der gesamten Krankheitsphase habe ich mir einen vor gemacht. Ich habe immer gedacht das ich in 3 Wochen wieder arbeiten gehen kann.
Bei der Kur war es ganz lustig. Ich habe einfach viel Party gemacht. Das hört sich eventuell etwas komisch an. Aber ich habe einfach dass gemacht worauf ich Lust hatte. Wie auch immer. Ich wollte immer mit dem Kopf durch die Wand. Ich wollte nicht über die Krankheit nachdenken. Darüber hinaus war es bei der Kur eh so, dass die meisten irgendwie 60 waren. Was soll ich mit solchen Leuten reden?! Klingt jetzt vielleicht abwertend. Aber ich war 23. Da liegen einfach mal ca. 40 Jahre zwischen. Also habe ich es mir einfach gemacht, Ich habe die Sache einfach als Urlaub gesehen. Geredet habe ich mit kaum jemand über meine Krankheit.

Das hat bisher immer gut funktioniert. Aber jetzt nicht mehr. Irgendwie ist in letzter Zeit alles anders. Ich habe die letzte Behandlung nun so ca. 1,5 Jahre hinter mir. Meine „Wunden“ sind verheilt. Die Ärzte bescheinigen mir dass ich wunderbar mit der Sache klarkomme. Jeder Arzt, alle haben mich bewundert. Fanden es alle super dass ich damit so gut zu Recht komme. Zweifelhafter Ruhm. Ich falle gerade. Ich glaube dass es spät ist. Vielleicht bin ich ein Spätzünder. Das ich wohl heute noch lebe ist irgendwie knapp gewesen. Das haben sie alle gesagt. Und nun? Das ist alles so fern für mich. Ich glaube kaum dass ich das gewesen bin, wenn ich an die Krankheitsphase zurück denke. Das war irgendwer anders. Damit habe ich nichts zutun. Das war nicht ich.

Ich habe mir einfach angewöhnt eine Maske zu tragen. Und jetzt habe ich ein Problem. Ich kann diese Maske nicht mehr absetzen. Der Typ der einfach mit allem klarkommt und darüber noch Witze macht ist nicht mehr da. Ich komme gar nicht mehr klar. Kann kaum noch schlafen. Bin ewig gestresst. Habe nur noch Kopfschmerzen. Anstatt meine Probleme anzugehen habe ich mir angewöhnt Aspirin und Schlaftabletten zu nehmen. So finde ich wenigstens Ruhe. Und am Tag kann ich arbeiten weil ich genug Aspirin intus habe. Und manchmal trinke ich auch nur noch ohne Ende um einzuschlafen.

Hey ich war Krank. Viele erzählen einem dann dass man doch schon soviel hinter sich hat. Das man dass Leben aus einer anderen Perspektive sehen kann. Das man weiser ist und Lebenserfahrung hat. Ehrlich gesagt kann ich auf diese Erfahrung gerne verzichten. Und ich will das Leben nicht aus einer anderen Perspektive sehen.

Was soll ich nun machen? Auf der einen Seite hat es immer wieder gut geklappt die Krankheit zu verdrängen. Auf der anderen Seite sieht man die Fassade langsam bröckeln. Ich kenne mich kaum noch selbst. Aber ich funktioniere. Oder soll ich was anderes machen? Aber was? Ich glaube nicht dass ich mit jemanden darüber reden kann. Das kostet mich viel Überwindung das hier zu schreiben. Ich kann nicht weinen und nicht lachen. Ich fühle nichts mehr. Ich habe Freunde verloren und keiner kennt mich wirklich. Niemand weiß wie es in mir aussieht.

Ich kann das alles nicht. Das ist es einfach. Nicht mehr und nicht weniger. Ich kann das alles nicht. Das erste Mal Krebs war OK. Damit kam ich klar. Beim zweiten Mal war ich nicht mehr da. Diese scheiß 95% Heilungschance interessieren niemanden wenn es wieder da ist.

Ich war viel zu sehr damit beschäftigt wie meine Umgebung mit der Krankheit klarkommt. Ich habe vergessen zu sehen wie ich damit klarkomme. Und nun habe ich Angst davor. Ich habe Angst vor meinen eigenen Gefühlen. Ich will nicht mehr. Ich könnte jetzt ewig weiter schreiben. Aber was soll’s. Ich habe Angst diese Sache in mir zu öffnen. Wenn ich Zeit habe und nachdenke. Ich suche irgendwie den Weg zu einer besseren Welt. Ich bekomme in meiner Welt gerade kaum noch Luft. Habe Freunde und meine Beziehung verloren. Ich stehe alleine da. Obwohl so viele Menschen um mich sind. So viele „gute Freunde“, aber ich bin alleine. Mich selbst belügen funktioniert immer noch am besten. Ich erwische mich schon selbst beim üben.

Ich glaube ich schreibe hier gerade etwas zu viel. Vielleicht könnt Ihr mich verstehen. Vielleicht auch nicht. Eventuell bin ich nur ein bekloppter.

Und wahrscheinlich werdet Ihr sagen dass ich versuchen soll darüber zu reden. Das ist ein guter Rat. Das ist richtig. Logisch und konsequent. Aber es geht nun mal einfach nicht. Ich kann es nicht. Ich will das in mir nicht öffnen. Das soll zu bleiben. Mein Leben lang. Damit will ich nichts mehr zutun haben.

Ich weiß auch gerade nicht mehr warum ich das überhaupt hier rein schreibe. Ich weis es nicht. Ich schreibe was ich denke. Vielleicht kann einer das verstehen. Vielleicht auch nicht. Im Moment ist bei mir einfach alles schlecht. Ich kann meinen freunden in die Augen schauen und fühle mich trotzdem allein. Keiner kennt die Gedanken in mir. Und ich glaube das ist auch gut so.
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  #2  
Alt 25.02.2006, 23:56
DTFE DTFE ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo tonixx,
dass du hier im Forum liest und jetzt auch geschrieben hast ist bereits eine Möglichkeit damit klar zu kommen. Du hast damit den ersten Schritt getan um diese Frage: "Und wie kommt ihr damit klar" für dich zu beantworten. Du musst dich nicht öffnen. Du hast auch das Recht diese Maske auf zu behalten. Ich habe aber den Eindruck, dass du das ändern möchtest aber fürchterlich Angst vor den Gefühlen hast, die eh schon da sind. Das Gefühl alleine inmitten von Freunden zu sein, eine Rolle zu spielen, sich nicht zeigen zu wollen und dennoch sich danach zu sehnen - ich glaube dieses Gefühl kennen viele hier im Forum. Lass dir Zeit - du bist nicht bekloppt ! Und wenn es dir danach ist, dann schreibe einfach drauf los.
Du bist schon auf einem guten Weg.
viele Grüße Doro
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  #3  
Alt 26.02.2006, 01:01
bkrull bkrull ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

was hattest du denn eigentlich für einen Tumor beim 1ten und 2ten Mal ???

ich sende dir auf alle Fälle schon mal gute Genesungswünsche
B.Krull
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  #4  
Alt 27.02.2006, 22:13
Marcella Marcella ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo tonixx,
das tut einem ja in der Seele weh, was du schreibst. Mein Sohn ist 2004 an Hodenkrebs erkrankt mit gerade 18 Jahren. Damals hat man operiert und dann wait and see gemacht, da alles im Anfangsstadium war. Ein gutes halbes Jahr später hat er dann eine Metastase bekommen und musste sich einer Chemotherapie unterziehen, ein totaler Schock für uns. Trotz allem hat er es gut überstanden. Nun hoffen und beten wir, dass alles gut bleibt. Mir als Mutter geht es häufig schlecht, ich kann das Thema einfach nicht verdrängen und habe sehr viel Angst. In 8 Wochen macht unser Sohn sein Abitur und hat eine Superstelle, die er im Sommer antreten wird. Er ist durch seine Krankheit viel reifer geworden.
Ich kann dir nur raten, genieße dein Leben! Sicherheit gibt es nirgendwo und für niemanden!!! Mir hat mal ein Ausspruch sehr geholfen: "Wie schrecklich, eines Tages 80 Jahre alt zu sein und rückwirkend festzustellen, dass man jeden Tag seines Lebens Angst vor dem Tod hatte."
Das was du durchgemacht hast, das ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Phase in deinem Leben, die du längst überwunden hast. Mit großer Sicherheit bist du dauerhaft gesund!!! Bitte glaube daran!!! Hast du Eltern, Geschwister oder gute Freunde, mit denen du über deine Ängste sprechen kannst? Ich wünsche dir so sehr, dass es dir seelisch bald besser geht. Versuche dich an kleinen Dingen zu erfreuen. Lass dich nicht von trüben Gedanken unterkriegen. Frag in der Apotheke mal nach Johanniskraut, das ist total harmlos und hilft ungemein. Und denk immer daran, du hast es überstanden, du bist gesund!!!
Viele liebe Grüße sendet dir von Herzen
Marcella
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  #5  
Alt 28.02.2006, 11:56
kilena kilena ist offline
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Daumen hoch AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

hey tonixx,
hut ab vor dem, was du schreibst, ich denke es ist schon ein weg in die richtige richtung..ich wünsche dir das dies hier für dich eine art ventil werden kann, ein neuer anfang vielleicht. hab nicht angst vor deiner eigenen courage dich irendjemanden mitzuteilen.meiner meinung nach solltest du die vergangenheit nicht weiter versuchen zu verträngen sonder dich ihr stellen - auch wenn dadurch womöglich dein freundeskreis etwas kleiner werden könnte, weil einige damit nicht umgehen können,aber sei du selbst und versteck dich nicht - sicherlich wirst du mit der zeit lernen dich dem einen oder anderen mehr und mehr zu öffnen, sofern du mit dir selber erst einmal ins reine kommst. dazu gehört denke ich auch, das du dir der situation von damals bewußt wirst, was hätte auch schlimmsten falls passieren können...was hattest/hättest du in dieser situation am meisten vermisst? - sind es nicht die dinge die man jetzt um so mehr schätzt und genießen kann?eine fähigkeit die in unserer gesellschaft verloren geht...es kann auch nicht verkehrt sein gefühle/verletzbarkeit zu zeigen...das alles gehört doch zum leben! ich denke wenn man sich all dessen bewußt ist, ist man auch bereit sich mit dem tod auseinander zusetzen - so das man davor zu keinem zeitpunkt mehr angst haben muß.ich tu dies immer wieder, durch todes fälle im familienkreis, es ist logischerweise jedesmal schmerzlich, aber es gehört zu einem leben dazu, und diese sichtweise hilft mir im hier und jetzt zurecht zukommen...jeden tag zugenießen und auszuleben, ohne maske - es gibt auch leute die fühlen sich sicherlich wohl darunter, für diejenigen scheint es auch okay zu sein - den eindruck habe ich bei dir aber nicht...ich bin mir sicher du schafftst das! ganz auslöschen kann man die vergangenheit nie - sie wird einen prägen, ob man will oder nicht. zum damaligen zeitpunkt, tat dir dein schutzmantel sehr gut, um weiter zukommen...aber die zeiten ändern sich.
liebe grüße
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  #6  
Alt 02.03.2006, 18:31
Marcella Marcella ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo, tonixx,
wie geht es dir? Melde dich doch einmal wieder! Ich wünsche dir alles Liebe und Gute!!
Marcella
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  #7  
Alt 13.03.2006, 18:15
daisho daisho ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo tonnixx,

habe grad eben hierzu auch ein Threed eröffnet.
Muss dir zustimmen, nach dem ersten Mal bei mir hieß es auch 95 % usw.
Tja, wenn man zu den 5 % gehört sieht die Welt schon anders aus.

Höre auch zu oft, dass ist doch operiert worden, dann ist das doch in Ordnung.
Ich gehe damit zu Bett, wache damit nachts auf und morgens stehe ich damit auf. Die Gedanken kreisen ständig um den "Mist"

Kann das ziemlich gut verstehen.
Wünsche dir alles Gute
Gruß Gerd
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  #8  
Alt 18.03.2006, 00:21
tonixx tonixx ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hi,

vielen Dank für Eure Antworten. Es fällt mir sehr schwer über alles zu reden. Wenn ich lese was ich selbst geschrieben habe, ja dann weiß ich nicht mehr ob das gut war oder schlecht. Manchmal klappt das mit dem Verdrängen einfach sehr gut. Und dann wieder überhaupt nicht. Je mehr man sich damit beschäftigt desto schwieriger wird es natürlich dies alles zu verdrängen.

Ich glaube ich brauche noch etwas Zeit. Ich traue mich im Moment nicht mich dieser Situation zu stellen. Ich habe gerade wieder meine Phase in der ich alles nur vergessen will. Ich will von keinem was über die Krankheit oder so erfahren.

3 Wochen noch, dann habe ich Urlaub. Davor habe ich am meisten Angst. Dann habe ich zuviel Zeit über alles nach zu denken. Am liebsten würde ich weiter arbeiten. Jeden Tag arbeiten das man bloß nie mehr über diese ganze Sache nachdenken muss.

Gruß Micha
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  #9  
Alt 21.03.2006, 11:05
krabat krabat ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo Tonixx,

ich lese Deine Berichte schon was länger und für mich hört sich das nicht schön an. Du hast offensichtlich ein ernsthaftes Problem mit der Verarbeitung Deiner Situation. Du hast selbst gemerkt, dass Verdrängung nix mehr bringt - richtig? Als Du Hodenkrebs bekommen hast, hast Du auch nicht darauf vertraut, dass Du das schon selber in den Griff bekommst. Es ist absolut nichts Ehrenrühriges dabei, wenn man sich bei Problemen (welchen auch immer) professionell helfen lässt. Ich an Deiner Stelle würde einen Psychologen/Psychotherapeuten aufsuchen.

Gruss
Krabat
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  #10  
Alt 21.03.2006, 19:05
cpanic cpanic ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo Tonnix,

als ich deinen Beitrag las musste ich mich sofort registrieren. Bis auf ein paar Feinheiten dachte ich, ich hätte es selbst geschrieben.
Du leidest glaube ich genauso wie ich unter einer Karzinophobie. Ich (36) wurde schon vor mehreren Jahren an einem Hodentumor operiert, danach Chemo. Seitdem eigentlich nur ein Gedanke: Krebs! Man macht andere Dinge, beschäftigt sich, stürzt sich in Arbeit. Für die Außenwelt alles scheinbar ok, aber in Wahrheit nur ein einziger Gedanke: Krebs! Wenn du willst können wir gerne mal mailen, ein paar Dinge würde ich glaub ich gerne mit dir austauschen.
Ich dachte eigentlich ich wäre der einzige Mensch auf dieser Welt mit diesem gewaltigen Problem, scheinbar doch nicht.

Viele Grüße

Frank
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  #11  
Alt 21.03.2006, 20:05
Joerg69 Joerg69 ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo Tonnix,

leider bin ich noch gar nicht so weit wie Du ich bin gerade nach der zweiten Chemo zuhause und kann nicht mehr viel machen. Ich habe einfach keine kraft mehr durch die Chemo. Ich weis gar nicht wie ich die dritte noch überstehen soll. Ich bin Psychisch am ende. Ich kann nicht mehr Schlafen und habe Albträume. Ich hoffe das sich alles wieder legt bei mir und dir denn icih bin jetzt 36 Jahre alt und kann nicht mehr weiter.

Bleibt alle gesund Jörg
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  #12  
Alt 26.03.2006, 01:04
tonixx tonixx ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo,

vielen Dank noch mal für Eure Antworten! Frank, würde gerne mal Erfahrungen austauschen… Meine eMail = tonixmixx@gmx.de

Sicher, man sollte in gewissen Situationen den Weg zu einem Psychotherapeuten wagen. Aber ich weis nicht ob dies bei mir der richtige Weg ist. Fast hätte ich es auch getan, aber wenn ich mal in anderen Threads schaue habe ich die Angst dass man mit Medikamenten abgekanzelt wird. Ich weis nicht ob das richtig ist. Klar, ich hatte gerade Montag wieder einen Tag an dem mir alles nur superschwer viel. An dem ich mich am liebsten verkriechen würde, in eine Höhle wo keiner mich findet. Aber ich glaube dass es was anderes ist was ich suche. Ich suche Verständnis.
Ich möchte niemanden hier „auf den Schlips treten“, aber ist dass nicht scheiße? Viele hier im Forum sagen hier schnell: „Nimm mal Johanniskraut“, „geh zum Psychiater, der verschreibt dir was“. Ich glaube ich habe kein Problem was sich mit Medikamenten lösen lässt. Und ich will das auch nicht. Ich will genau das ja verhindern. Sonst kann ich auch weiter machen und meinen Frust wegtrinken und anderes Zeug nehmen. Aber das kann doch nicht die Lösung sein?! Oder bin ich hier der Typ der irgendwas nicht kapiert?

Ist das die Lösung? Das ist eine sehr ernste Frage?! Wie ist da Eure Erfahrung? Soll ich nun Medikamente nehmen? OK, ich habe da ein Problem, dann schmeiße ich mir mal was ein? Sicherlich habe ich Probleme. Und sicherlich habe ich Momente in denen bei mir nur alles schwarz ist. Und alleine komme ich da kaum raus. Aber wenn Medikamente eine Lösung sein sollen frage ich mich ob hier nur die Wirkung und nicht die Ursache bekämpft wird. Denn es bringt mir gar nichts dieses Problem bei seinen Wirkungen zu bekämpfen. Ich glaube das sollte ich eher an der Ursache angehen….

PS: Ist das nicht alles beschissen, dass wir unser Innerstes nur in einem Forum posten können? Wenn kein Freund, keine Familie da ist, die mit einem so was besprechen kann. Wie alleine ist man dann wirklich? Trotz aller Freunde, wie alleine ist man auf dieser Welt? Wie einsam kann man sein?

PSS:
Und wie einsam ist man wenn man sich nicht mehr traut dass zu sagen, was man wirklich denkt? Das 2. Mal Krebs war für mich wie ein mieser Tritt von hinten, wie ein krasses Foul im Fußball. Das gehört sich nicht. Nach dem 1. Mal habe ich mein Leben gerade erst wieder aufgebaut. Ich war regungslos. Ich war Gefühllos. Beim 2. Mal war ich Tod. Mein Geist, meine Seele, ich konnte weder lachen noch weinen. Ich habe alles nur durchlebt. Und heute stehe ich hier. Hier und heute. Und ich fühle jeden Abend meinen Körper ab. Und ja, an der stelle an der der 2. Tumor war ist es wieder dicker als normal. Ich dachte ich bilde mir das nur ein. Deshalb habe ich es fotografiert. Damit ich mir sicher sein kann. Ja, er ist dicker. Und es tut weh. Und ich will nicht mehr. Deshalb gehe ich nicht zu meinem Arzt.
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  #13  
Alt 26.03.2006, 11:19
PantaRei PantaRei ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo Tonixx, hallo zusammen,

in einem anderen Thread habe ich gerade eins auf die Mütze bekommen, weil ich mich gegen Medikamente gewendet habe.

Ich denke, dass Medikamente das Falsche sind, ausser dann, wenn man wirklich eine Depression hat. Ich hoffe und wünsche Dir, dass Du keine Depression hast. Eine depressive Verstimmung ist was anderes und das haben wir sicherlich alle von Zeit zu Zeit und das zu Recht (Übrigens leiden Krebskranke nicht häufiger unter richtigen Depressionen als der Rest der Bevölkerung; sicherlich haben wir aber häufiger eine depressive Verstimmung = Schlechte Laune).

Schiss vor anderem Krebs habe ich auch und im ersten halben Jahr nach der OP hatte ich das so sehr, dass ich meinte, in der Brust oder im Hals Schmerzen zu haben.

In dem anderen Thread habe ich auch über meine zwar geringen, aber SEHR GUTEN Erfahrungen beim Psychotherapeuten geschrieben (http://www.krebs-kompass.org/Forum/s....html?t=17114). Und ich kann es nur wiederholen: Die Gelegenheit, mit der Psychotherapeutin drüber zu sprechen fand ich gut. Endlich ein Mensch, mit dem man - ohne Rücksicht zu nehmen auf dessen Gefühle - reden kann. Die Möglichkeit hat man bei Menschen, die einem nahe stehen eben nicht und überhaupt können Verwandte, Freunde und Bekannt oft ganz schlecht über das Thema reden - die sind damit überfordert. Also versuche es mal.

Angst zu haben, dass Du dort Medikamente bekommst, musst Du nicht. Soweit ich weiss, verschreiben Psychotherapeuten keine Medikamente, v.a. keine Antidepressiva, weil das in der Regel gar keine Ärzte sind, sondern Psychologen. Schau mal unter http://www.dapo-ev.de/adressen.html - ich würde das nutzen!

Hast Du eigentlich mal über eine Reha nachgedacht?

Ich denke, es ich wichtig, dass Du Dich nicht einigelst und nicht in Deinen kommenden Urlaub dauernd grübelst. Auch darüber würde ich mit einem Psychologen reden.

Sieh mal zu, dass Du mit irgendwem ins Gespräch kommst ... Über Ängste zu reden ist - denke ich - schon entscheidend, wenn man dauerhaft schlechte Laune hat und so wie Du schwermütig ist.

Schönen Sonntag und viel Erfolg und Glück,

PantaRei
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  #14  
Alt 27.03.2006, 18:57
daisho daisho ist offline
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Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hallo zusammen,

kann mich in Tonixx gut reindenken. Das erste Mal gings eigentlich. Ab zur Bestrahlung, Risikominderung und man geht mit einer 5% Wahrscheilichkeit auf ein Rezidiv sowie Metastasen nach Hause. Alle Ärzte sagen, das wars, jetzt können Sie davon ausgehen, dass die Geschichte vorbei ist.

Erste Nachuntersuchung, Zack auf der anderen Seite. Ja, beim zweiten Mal ändert sich da doch einiges. Und auch bei mir ist es so, jede Kleinigkeit wird genau begutachtet. Man steht damit auf und geht damit zu Bett.
Für die Außenwelt ist alles i.O.

Kommentare sind häufig der Art: Das ist doch operiert worden! Da ist doch nichts mehr.

Seitdem 2 Mal habe ich weniger Lust auf Gesellschaft und mein Urologe sagt, das wäre durchaus in Ordnung, ich benötige mehr Ruhe und soll sie nehmen.

Habe mir mal die Wahrscheinlichkeit ausgerechnet, ui sag ich nur, diese Verkettung in dem Zeitraum ist schon extrem unwahrscheinlich. Daher kann ich das von Tonixx nur bestätigen, die 90 % oder so interessieren wirklich nicht.

Tonixx, aber ich stimme den anderen zu, nicht einigeln, versuchen zu kämpfen. Therapeut ... weiß auch nicht so, ist wahrscheinlich das Beste.

Alles kann man aber nicht auf die Psychoebene schieben. Bei mir zumindest gibts einige körperliche Probleme wie ein Immunsystem was auf einem niedrigen Lvl ist und sich nicht erholt usw.

Ich denke aber PantaReis Vorschläge sind die Richtigen.

Wünsche euch allen nie wieder Rückschläge
Gruß Gerd
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  #15  
Alt 02.04.2006, 02:05
tonixx tonixx ist offline
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Beiträge: 5
Standard AW: Und wie kommt Ihr damit klar?

Hi,

ja das ist irgendwie schwierig: "Man steht damit auf und geht damit zu Bett.", trifft es schon sehr genau. Und das will ich nicht verstehen. Ich konnte immer alles ganz gut verdrängen. Und nun, wo alles scheinbar vorbei ist kommt es auf einer ganz anderen Ebene wieder. Das ist echt mieß. Ich dachte ich könnte das endlich alles abschließen. Aber vielleicht muss man auch einfach akzeptieren dass man damit nie abschließen wird.

Es ist gut zu wissen dass es nicht nur mir so geht. Das allein hilft mir irgendwie schon. Mit seinem näheren Umfeld kann man ja leider nicht so darüber reden, also hilft das hier schon. Gerne würde ich auch mal mit einem Therapeuten darüber reden. Aber dafür fehlt mir im Moment der Mut. Das Problem an einer solchen Situation ist ja, dass man selbst kaum den Mut findet um die nötigen Schritte dafür zu machen. Es ist phasenweise gut und phasenweise fast unerträglich. Mal kommt man gut mit allem klar, mal geht für einem die Welt unter. Und quasi immer hat man das Gefühl, und die Gedanken das es wieder kommt. Man sieht es vor sich, wie man wieder aus seinem Leben gerissen wird. Aus seinem Job, aus allem was man sich "mühsam" erarbeitet hat. Und dann merkt man wie man mit seiner eigenen Art seine Freunde, Familie auf Distanz bringt und riskiert selbst diese Beziehungen zu verlieren.

Was soll man dazu noch sagen. Es ist einfach an der Zeit selbst die nötigen Schritte einzuleiten. Aber genau davor habe ich Angst. Sobald mir das mal gelingt werde ich mich melden. Aber solange ich alles mit meinen Alltag versuchen kann zu verdrängen, solange wird das wohl irgendwie funktionieren.

Zwischenmenschliche Beziehungen und Smalltalk werden durch das alles natürlich nicht leichter. Und das sind so Sachen die heute natürlich sehr gefragt sind. Achjam vielleicht wünsche ich mir auch einfach nur eine Welt in der man auf sowas rücksicht nimmt. Aber nachdem man seine körperliche Krankheit "durchlebt" hat wird halt erwartet das man auch sonst wieder funktioniert.

Ist alles gerade zienkich wirr was ich schreibe... Aber ich verstehe mich ja selbst kaum noch. Wieso kann nicht alles sein wie früher? Wieso kann mann nicht alles vergessen? Ich finde das alles unfair.

Gruß Micha
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