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  #1  
Alt 05.08.2011, 19:56
Micha1974 Micha1974 ist offline
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Standard Meine Mama ist nun ein Engel!

Erstmal mein tief empfundenes Beileid für alle hier, die einen Menschen durch diese fiese, hinterhältige und skrupellose Seuche verloren haben! Es ist der absolute Horror und ich fühle mit Euch allen mit!

Bis vor zwei Wochen war ich noch im Forum für Angehörige unterwegs! Vor ca. 10 Wochen hat meine Mama die Diagnose Lungenkrebs im letzten Stadium (inkl. multipler Lebermetas) bekommen! Ich weiß nicht, ob sie die Wahrheit verdrängt hat oder ob ihr wirklich nicht klar war, was das heißt! Jedes Gespräch über die Krankheit, ihre möglichen Folgen und Details (wie z.B. eine Patientenverfügung) wurde von ihr und von ihrem Mann (mein Stiefpapa Werner) direkt im Keim erstickt. Sie wollten es einfach nicht wissen. Also habe ich aufgehört, darüber reden zu wollen und sie in ihrer Welt in Frieden zu lassen!

Obwohl mir irgendwie klar war, dass dies nicht gut enden würde, habe ich mich an jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer gekrallt, die Wahrheit verdrängt und mit wildem Aktionismus dagegen gekämpft!

Nach der ersten Chemo ging es ihr soviel besser und sie musste drei Wochen lang nicht punktiert werden! Dieses drei Wochen konnte sie zuhause mit ihrem Mann und ihrem Hund genießen! Nachdem die zweite Chemo aufgrund von zu schlechten Leukos verschoben werden musste, nahm der Albtraum seinen Lauf..... und ließ sich einfach nicht mehr aufhalten!

Das Wasser in der Lunge kam immer öfter, so dass sie am Ende jeden dritten Tag zur Punktion musste! Jede einzelne Punktion war für meine Mama die Hölle! Sie hatte so große Angst vor Schmerzen... Wenn es soweit war, fing sie immer an zu singen, um sich selbst zu beruhigen. Sie hat sich krampfhaft an die Bettkante gekrallt, so dass ihre Arme gezittert haben! Die letzten gefühlten 10 mal habe ich sie auch hier begleitet, ihre Hände gehalten, sie beruhigt und versucht, sie abzulenken... Diese Bilder, wie sie halbnackt, krank vor Angst vor mir sitzt und mich ansieht.... werde ich niemals vergessen! Anschließend ging es immer viel besser und so sind wir danach immer in den Park und haben Kaffee und Kuchen genossen!

Am 18.07.2011 kam dann die zweite Chemo und ich habe WIRKLICH gehofft, dass es ihr danach wieder besser geht, sie wieder nach Hause kann und wir mindestens noch ein paar Monate hat...

Doch es ging ihr jeden Tag schlechter. Seit dem 20. Juli hat sie nicht mehr essen, trinken oder schlafen können. Sie hatte Schmerzen, schlimme Atemnot und ihr war total schlecht! Fast 24/Tag saß sie nur noch auf der Bettkante, da sie nicht mehr liegen konnte... Sie hatte kaum noch Haare und auch die Mütze, die wir ihr geschenkt hatten, trug sie nicht mehr!

Obwohl ich irgendwie nicht gläubig bin, hat es mich in die Kapelle gezogen, habe dort eine Kerze angezündet und einen "Brief" an Gott geschrieben! Die pure Verzweiflung suchte sich ihren Weg und ich suchte Hilfe! Leider vergeblich!
Dann ging es ganz schnell,.... am Donnerstag bat mich der Oberarzt zum Gespräch! In diesem Moment hatte ich das Gefühl, mir zieht jemand den Boden unter den Füßen weg, alles in mir verkrampfte und raubte mir den Atem. Ich habe den Schmerz in meinem Herzen gefühlt! Der Oberdoc riet mir von einer weiteren Aufnahme in die Intensiv-Station ab, da der Zustand meiner Mama aufgrund von saurem, metabolischen Blut sehr schlecht und eine Verbesserung nicht mehr zu erwarten sei! Stattdessen empfahl er, meiner Mama mit Morpium die letzten Tage so wenig quälend wie möglich zu machen! Ich habe dieses Gespräch nur durch einen Schleier von Tränen und einer Flut von Angst und Traurigkeit erlebt und letztendlich dem Doc zugestimmt.... wollte aber noch mit Mama darüber reden!

Schweren Herzens und dem festen Plan, ruhig zu bleiben und meiner Mama keine Angst zu machen, ging ich zu ihr zurück! Ihre Reaktion auf meine Worte und Fragen, hat mir endgültig das Herz zerrissen... Sie sah mich mit großen, ängstlichen Augen an und fragte ... So schlimm steht es um mich?

Boh, sorry, geht grad garnicht mehr, muss kurz Pause machen und schreibe später weiter!

Michaela
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  #2  
Alt 05.08.2011, 20:17
Rosinchen Rosinchen ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

hallo. liebe Michaela

ich bin auch ein Lungenpiper, hatte bis jetzt aber Glück, noch zu überleben.
Ende 2009 die 2. Krebsdiagnose Lungenkrebs, Adenokarzinom, 1996 schon mal Brustkrebs und der Schock, er ist wieder da, der übermächtige Feind und nichts ist mehr , wie es einmal war.
Es tut mir so leid, das deine Mama gleich eine so schreckliche Vorschau bekommen hat, furchtbar und meine Mama , die an Leberkrebs gestorben ist, wollte auch nichts von ihrer Erkrankung wissen und ist innerhalb von 3 Monaten gestorben. Ich bin 59 , aber als sie vor 25 Jahren bei uns zu Hause starb, kann ich heute noch all die Stunden aufzählen, die ich an dem Sterbetag erlebt habe. Mein Vater war schon lange tot und nun war ich niemandes Kind mehr. keiner konnte mir mehr aus meiner Kindheit erzählen!!und das ist schlimm.
Ich drücke dich ganz doll und wünsche dir ganz viel Kraft, das alles zu gut wie möglich auch für deine Gesundheit zu verkraften
Rosi
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  #3  
Alt 05.08.2011, 20:19
monika100 monika100 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Liebe Michaela,

eher zufällig kam ich bei deiner Geschichte aus, sie treibt mir die Tränen in die Augen. Es tur mir so leid, was deine Mutter und auch Du mitmachen musstest.
Ich kann dich nur in den Arm nehmen ...

LG Monika
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  #4  
Alt 05.08.2011, 20:40
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Liebe Michaela,

es tut mir sehr sehr leid, dass Du so etwas erleben mußtest.
Ich schicke Dir eine liebe Umarmung.

Deine Mama hat jetzt keine Schmerzen mehr.
Ich kann Dich nicht wirklich trösten. Sende Dir nur ganz liebe Grüße
Carla
__________________
Mein lieber Vati ist am 17.7.2011 um 16.30 Uhr in meinen Armen friedlich eingeschlafen.

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark
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  #5  
Alt 05.08.2011, 21:45
Sonnenschein78 Sonnenschein78 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Liebe Michaela, auch dich nehme Dich virtuell in die Arme. Treibe mich wegen meiner Ma im Angehröigenforum umher - auch LK. Kann deine Gefühle bei Diagnosenstellung so sehr nachvollziehen. Hoffnung, Angst, Wut, Verdrängung usw.

Als du die letzten Tage geschildert hast, überkamen mich meine Gefühle. Mein Papa ist vor knapp 2 Jahren an nem Zungenrandkrebs gestorben, auch er sass nur noch im Bett, er war so unruhig, und wollte es dennoch nicht wahrhaben. Verdrängung - vielleicht eine der besten Medizin. Wie bei so vielen traumatischen Erlebinssen - auch das möglche Wissen des eigenen Todes-(zeitpunkts) - setzt Verdrängung ein und schützt uns Menschen, dass überwältigend Schreckliche nicht zulassen zu müssen.

Ich denke, dass bei Dir häufig die Bilder vor Augen treten, der schrecklichen letzten Stunden. Ich weiss nicht, ob es ein Trost ist, aber auch ich hatte wochenlang meinen totkranken, sterbenden Papa vor Augen, das war schrecklich. es hat gedauert, aber irgendwann, wenn ich an ihn gedacht habe oder von ihm geträumt habe, hatte ich wieder meinen vollkommen gesunden Papa vor Augen. Und das hilft mir, in meiner Trauer um ihn weiterzukommen, es fassen zu können, den Schmerz zulassen zu können und schöne Erinnerungen - an gesunde Zeiten - abrufen zu können.
Ich wünsche Dir viel Kraft, Liebe Grüße, Sunny
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  #6  
Alt 05.08.2011, 21:49
MavoLiMa MavoLiMa ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

ich bin sprachlos möchte dich einfach nur in den arm nehmen! ich finde keine worte

alles liebe
annika
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betroffen: meine mama (1952)
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Für immer eingeschlafen: 07.07.2011
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  #7  
Alt 05.08.2011, 22:12
Micha1974 Micha1974 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Da bin ich wieder....

Höre mir nun schon seit 1,5 Stunden in Schleife die 3 Songs an, die gestern auf der Trauerfeier gelaufen sind (Herbie / Der Weg, Unheilig / An Deiner Seite orchester version und K.D.Lang mit Halleluja)...

Mußte dringend mal was raus lassen und mich so richtig gehen lassen! Hat geholfen..

Könnte hier ganze Romane schreiben, werde aber versuchen, mich etwas zurückzuhalten...

Carla44: Ich glaube, wir sind uns schon im Forum für Angehörige begegnet! Nochmals mein herzliches Beileid! Dass meine Mama jetzt nicht mehr leiden muss, lindert zwar meinen Schmerz, doch die letzten Bilder haben sich so in meine Seele gebrannt, dass es richtig weh tut und ich hoffe, dass ich diese Bilder irgendwie loswerden kann und meine Mama vor der Erkrankung in meinem Herzen ist!

Rosinchen: Es beeindruckt mich, dass Du soviel Kraft hast, hier fremden Menschen tröstende Worte zu spenden! Wenn ich glauben könnte, würde ich Gott fragen, wie er es wagen kann, einzelnen Menschen eine solche Bürde aufzulegen und zuzulassen, dass diese Seuche so viele Leben zerstört und sich immer weiter verbreitet! Auch ich habe jetzt keine Eltern mehr (mein Papa starb vor 17 Jahren am Herzinfarkt) und langsam, jetzt wo die Betäubung nachlässt, wird mir schmerzlich klar, was das heißt! Wenn es auch bei meiner Mama zu spät ist, so gibst Du doch Hoffnung, dass sich kämpfen lohnt! Ich wünsche Dir ganz ganz viel Kraft und Lebensmut, auch Deine jetzige Erkrankung zu überstehen!

Mama75: Als ich gelesen habe, dass Dein Sohn erkrankt ist und wieviele Liebste Du schon verloren hast, habe ich gemerkt, dass mein Herz doch noch nicht ganz zerrissen ist... so schlimm das mit meiner Mama auch ist, aber wenn der Feind ein Kind und damit die Eltern befällt, muss es das schlimmste Gefühl sein,... ich glaube, das kann ich, die keine Kinder hat, nicht mal ansatzweise nachvollziehen! Ich denke an Euch und hoffe inständig, dass es gut ausgeht! Irgendwann muss ja mal Schluss mit Leiden sein.

Ich Euch alle und bin sehr dankbar, mich hier mit Euch austauschen zu können... Man sagt ja, schreiben reinigt die Seele und obwohl ich in meinem Umfeld viel Hilfe und Verständnis erfahre, ist es doch was anderes, mit Menschen zu "sprechen", die das Gleiche mitgemacht haben...

Werde dies hier schonmal "posten" und mich dann später nochmal melden...

Liebe Grüße
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  #8  
Alt 05.08.2011, 22:32
Micha1974 Micha1974 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Sonnenschein78:

Dass Du Deinen Vater bereits an diese Seuche verloren hast und nun Deine Mama den Kampf aufnehmen muss, tut mir sehr leid! Das muss die Hölle sein!

Ich hoffe inständig, dass es bei Deiner Mama anders ausgeht und sie den Kampf gemeinsam mit Dir gewinnen wird! Wir alle wissen, wie schwer und schmerzhaft es ist, einen liebsten Menschen hier begleiten zu müssen und wieviel Kraft man braucht! Aber wie Du wahrscheinlich schon bei Deinem Papa gemerkt hast, entwickelt man in solchen Zeiten Kräfte, die man zuerst nicht erwartet....

Auch Dir MavoLima vielen Dank für die Worte und !
Unsere Mama´s und alle lieben Menschen (und Tiere), die wir verloren haben, sind jetzt an einem besseren Ort und sehen uns zu, wie wir weiterhin unser Leben meistern! Sie haben keine Schmerzen, keine Angst und werden für immer an unserer Seite sein! Davon bin ich überzeugt und daran glaube ich ganz fest!

Ganz liebe Grüße und

Michaela
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  #9  
Alt 05.08.2011, 22:46
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Liebe Michaela,

die Bilder der letzten Tage und Stunden am Bett meines Vatis habe ich auch immer wieder gesehen. Und dann irgendwann hatte ich ja diesen Traum, wo er noch relativ jung und auf alle Fälle gesund war, gegessen und gelacht hat.

Da wußte ich, dass diese Bilder der früheren Erinnerungen doch stärker werden. Natürlich sehe ich auch heute noch die letzten Minuten vor mir, kann jedes Geräusch und jeden Geruch, jede Bewegung und jeden Atemzug wie einen Film immer wieder ablaufen lassen. Aber es macht mir jetzt keine Angst mehr, dass ich vielleicht nur noch diese Bilder sehen könnte. Ich weiß, dass die anderen Erinnungen ebenfalls da sind. Sie waren nur die ersten Tage unter all dem Schmerz verborgen.

Ich konnte mir jetzt sogar schon mal meine alten Fotoalben ansehen. Es gibt so viele Bilder von Papa und mir zusammen. Das war mir gar nicht so bewußt vorher. Mir kamen bei einigen Erinnerungen nur die Tränen, weil es eben nie wieder so sein wird. Aber es ist schön, diese Erinnerungen zu haben.

Muss schon wieder Taschentücher holen...
Liebe Grüße
Carla

Es sind eben erst knapp 4 Wochen her, alles noch so frisch und doch ist er schon so lange nicht mehr hier.
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Mein lieber Vati ist am 17.7.2011 um 16.30 Uhr in meinen Armen friedlich eingeschlafen.

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  #10  
Alt 05.08.2011, 23:12
Micha1974 Micha1974 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Liebe Carla.

auch ich musste nun wieder die Taschentücher holen,...

Habe Deine Geschichte ja etwas mitverfolgt (im Forum für Angehörige) und muss Dir meine tief empfundene Anerkennung ausdrücken, dass Du bei Deinem Papa warst, als er eingeschlafen ist!
Ich habe meine Mama im Stich gelassen und sie war ganz alleine als sie starb!
Die Tage davor und auch die davor war ich meistens den ganzen Tag bei ihr im Krankenhaus, habe alles für sie getan, was in meiner Macht stand und einfach bei ihr zu sein. Ich war die ganze Zeit stark und habe mich zusammen gerissen, nicht an ihrem Bett zu weinen, ihr stattdessen irgendwie Mut zu machen und sie abzulenken!
Seit dem Gespräch mit dem Oberarzt jedoch bröckelte meine Mauer stündlich, so dass ich immer wieder aus dem Zimmer gehen musste, damit sie mich nicht weinen sieht! Sie sah so schlimm aus, die Angst vor dem Tod immer im Blick! Trotz hoher Morphiumdosen war sie sehr unruhig, schreckte immer wieder auf, riss ihre Augen auf, versuchte, mit der Hand etwas zu greifen und stöhnte... Dieses Stöhnen und diese Augen konnte ich immer schlechter ertragen. Eine Schwester holte einen Seelsorger, bei dem ich mich erstmal richtig ausgeheult habe... und danach mit etwas mehr Kraft zurück zu Mama..

Am Samstag Nachmittag kam dann der Pfarrer um ihr die letzte Salbung zu geben... Dieser Moment hat meine restliche Mauer mit einem mal komplett zerstört, ich bin weinend zusammmen gebrochen und konnte mich kaum bremsen! Ich weiß ja nicht, ob und was sie zum Schluss noch mitbekommen hat, aber ich glaube, jetzt war ihr klar, dass sie bald sterben wird! Auch das viele Morphium konnte ihr diese Angst (verständlicherweise) nicht nehmen!

Ich war dann noch einige Stunden bei ihr und habe ihr für alles gedankt, ihr gesagt, wie sehr ich sie liebe und dass sie gehen kann, dass es okay ist, die Augen zu schließen und einzuschlafen! Irgendwann kamen noch 2 meiner Geschwister und so haben wir uns am Bett abgewechselt!

Irgendwann wurde sie ruhiger und schreckte nur noch selten hoch! Dann kam eine weitere Seelsorgerin und ihre Worte haben veranlasst, dass ich aufgegeben und meine Mama in ihrem schwersten Moment alleine gelassen habe!

"Helga, du kannst jetzt loslassen, der Herrgott erwartet Dich, hab keine Angst..." Da war es bei mir vorbei, ich musste da raus, das war zuviel, kein Verdrängen und hoffen mehr möglich, alles so nah und real... In dem Wisssen, dass meine Geschwister (die sich die letzten Wochen so gut wie nie haben blicken lassen) mich nun endlich mal ablösen und der, im Nachhinein total kranke Plan, nach Hause zu fahren um für den nächsten Tag Kraft zu schöpfen, ließen mich nach Hause fahren. Ich konnte und wollte nicht wahrhaben und glauben, dass sie morgen nicht mehr da ist! Ich habe sie im Stich gelassen!!!

Später haben mir meine Geschwister gesagt, dass sie nun auch zuhause sind, da Mama nun ganz ruhig schlafen würde und ....
2 Stunden später kam der Anruf!!!
Von da ab kreiste erstmal nur ein Gedanke durch meinen Kopf.. ich habe sie alleine gelassen... in ihrem Todeskampf alleine gelassen! Das werde ich mir niemals verzeihen!

Ich kann nicht mehr, muss aufhören, melde mich bald wieder..
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  #11  
Alt 05.08.2011, 23:17
MavoLiMa MavoLiMa ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

ihr findet immer alle so tolle worte... ich bin immer wieder sprachlos!

aber michaela, ich erinner mich wieder. ich habe es dir vermutlich scon mal geschrieben. du hast sie nicht alleine gelassen. sie hat sich verabschiedet und wollte alleine sein. meine mama hat immer gesagt, sie möchte in DEM moment alleine sein. sie hätte angst, dass wir sie nicht loslassen würden. deine mama hatte ihre innere ruhe gefunden und wollte vielleicht auch alleine sein. du hast alles absolut richtig gemacht! es sollte so sein. deine mama hätte vielleicht ihren abschied nie gefunden und wäre wieder unruhig geworden... ich glaube sie wollten es alles so!

ich bin so traurig, wenn ich das alles sehe. und da ich verdrängungsprofi bin, heule ich gerade wie blöde...

alles liebe
annika
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  #12  
Alt 06.08.2011, 09:24
schuetze1263 schuetze1263 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Hallo Michaela,

meine herzliche Anteilnahme zum Tod deiner Mama.
Ich kann so gut nachvollziehen, wie du dich gerade fühlst.
Aber du hast deine Mama nicht im Stich gelassen......warst in den letzten Wochen immer für sie da.
Auch ich habe meine Mama über 2 Jahre während ihrer Erkrankung begleitet.....und letztendlich ist sie für immer gegangen, als ich mal grade einen Nachmittag keine Zeit wegen der Erstkommunion meiner Tochter hatte.
Noch nach über einem halben Jahr frage ich mich, warum ich an diesem Tag den Termin nicht abgesagt habe und bei Mama geblieben bin....denn ich habe es irgendwo in mir gefühlt, dass sie uns an diesem Tag für immer verlässt.
Als dann mein Handy klingelte, wusste ich schon, bevor ich dran ging, dass es meine Schwester ist, die mir sagte, dass Mama es geschafft hat.
Bitte mach dir keine Vorwürfe, weil du nicht bei ihr warst.
Vielleicht hat sie genau auf diesen Augenblick gewartet, als sie allein war.

Liebe Grüße
Simone
__________________
In Liebe geboren.
In Liebe gelebt.
In Liebe gestorben.

Meine geliebte Mama
14.10.1945 - 15.01.2011
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  #13  
Alt 06.08.2011, 10:10
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Liebe Michaela,

danke für Deine lieben Worte.

Ich lese Deine Zeilen und mir laufen schon wieder die Tränen. Eine Umarmung und Dich festhalten, das ist alles, was ich Dir im Moment schicken kann. Wirklich tröstende Worte gibt es nicht.

Du warst so viel für Deine Mutter da. Hast an Ihrer Seite gesessen und sie begleitet. Du konntest Ihr noch alles sagen, ihr noch danken und ich bin mir sicher, dass sie alleine gehen wollte. Mach Dir bitte keine Vorwürfe.

Ich dachte an dem Samstag auch, dass mein Vati geht, wenn ich dann zu Hause bin nach über 10 Stunden an seinem Bett. Viele Menschen können besser loslassen, wenn sie dann alleine sind.
Aber mein Vati wollte mich unbedingt dabei haben. Er brauchte meine haltende Hand, hat es mir immer wieder sehr deutlich gezeigt. Auch am Sonntag, als er dann wirklich eingeschlafen ist.

Es war auch niemand Anderes da, der es hätte machen können, meine Mutter nicht, mein Bruder nicht und einen Seelsorger hatten wir nicht.

Liebe Michaela, ich wünsche Dir viel Kraft in diesen schweren Stunden. Ich hoffe, dass Du jemanden an Deiner Seite hast, wo Du Dich fallen lassen und anlehnen kannst.
Ich denke an Dich und umarme Dich.
Carla
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Mein lieber Vati ist am 17.7.2011 um 16.30 Uhr in meinen Armen friedlich eingeschlafen.

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  #14  
Alt 06.08.2011, 12:25
Sonnenschein78 Sonnenschein78 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Liebe Michaela, Deine Worte haben es vollkommen auf den Punkt gebracht "Man entwickelt eine Kraft, was man vorher nicht erwartet hätte". Das stimmt absolut. Das ist sicher auch der Grund dafür, dass man dann - ich zumindest, sicher viele andere auch - in so ein immenses Loch fällt und erschöpft ist, wenn der Kranke, in dem Fall mein Papa, es geschafft hat zu gehen. Während der ganzen Zeit geht man über seine Grenzen.

Ich möchte Dir noch etwas dazu schreiben, dass Du nicht bei Deiner Ma warst. Nämlich genau das, was alle andeen zuvor auch schon geschrieben haben. Du hast sie nicht allein gelassen. Ich habe bei meinem Papa wie auch bei anderen Angehörigen die Erfahrung gemacht, dass der/die Sterbende mitentscheiden kann - irgendwie - wann und in welchem Rahmen er geht. Nicht alle, viele haben einen Kamof bis zum Schluss, aber dennoch einige. Das kannst Du nicht beeinflussen, ohne kaputt zu gehen, weil Du tagelang dabei sitzt. Ich hoffe, dass das mit der Zeit bei dir ankommt und Du erkennst, dass Du alles getan hast, was Du tun konntest, dass die gefühlten "Versäuminsse" in den Hintergrund rutschen. Beim Sterben gibt es glaube ich kein richtig und falsch. Fühl Dich gedrückt.
Sowohl meine Oma als auch der Uropa meiner Tochter hatten Tag- und NAcht jemanden der Familie am Bett. Und wann sind sie gegeangen?! Als derjenige, der dabei saß, für 2 Minuten aufm Klo war.

Ich hoffe, es ist ok für Dich wie auch die anderen, wenn ich noch was zum Gehen meines Vaters schreibe - kannte damals den KK noch nicht - und merke, dass es gut tut, einfach zu schreiben. Mein Papa hat gewartet, bis meine Schwester da war (sie lebt nciht in Deutschland). Eigentlich wollte sie nur eine Woche bleiben, geplant war ihr Urlaub zu Hause, weil sie meinen Sohn, der gerade geboren war, sehen wollte. Und dass das dann mit Papa so schnell ging (er galt als geheilt, dann Metas, drei Wochen später war er tot), ist sie geblieben, und er hat es voll ausgekostet. Ich habe gebetet, dass er stirbt, solange sie da ist - die Vortellung sie fliegt und sieht ihn nie wieder - grausam. Einen Tag vor der geplanten Rückreise konnte er gehen. Alleine. Wir haben uns so wie Du gefühlt. Er lag auf der Palliativ, die Schwestern wollten anrufen, wenn es absehbar ist. War es nicht. Er ist nach tagelangen Kampf, so wie Du ihn auch schilderst, einfach eingeschlafen, ein Pfleger war grad nach ihm schauen. Ich denke heute, er wollte es so. Nicht ganz allein sein, aber uns nicht belasten.
Wir waren an dem abend auf der Hochzeit meiner Schwiemu, und als wir um 1h in unserer Unterkunft waren, rief meine Mama an, dass Papa es geschafft hat. Als ich die genaue Uhrzeit erfahren habe, lief mir ein Schauer durch MArk und Bein. Er ist genau dann gestorben, als wir die Feier vrlassen haben. Als wollte er uns einen schönen Abend (naja, sofern das in der Situation möglich ist) haben lassen.
Dieser Gedanke hat mir im Nachhinein Frieden gegeben. Meine Mama meine Schwester und ich sind dann nachts noch zu ihm und haben in aller Ruhe Abschied genommen. Bei der hinfahrt zur Palliativ (30km) war ich wie ferngesteuert. war allein, weil mein Mann bei den Kindern bleiiben musste. Hatte nur 2 Stunden, weil ich gestillt habe. Wie ich das geschafft habe? Ich weiss es nicht.

Ich wüsnsche Dir alles, alles Liebe und dass die Zeit kommt, dass die ewig auftauchenden Bilder der letzten Zeit überdeckt werden von denen der liebevollen Erinnerungen.

Ich hoffe, ich habe nicht zu viel über mich geschrieben, wenn doch, tut es mir leid.
Ich fahre nun mit meiner Ma zum Friseur, es wird die Hölle, sie lässt sich gleich eine Glatze rasieren, weil die Haare von der Bestrahlung ausgehen. Sicher ist das auch ein Grund, dass ich nun schriebe, schreibe, schreibe. Liebe Grüße an Alle, besonders gerade an Dich, Michaela - Sunny
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  #15  
Alt 10.08.2011, 16:17
Micha1974 Micha1974 ist offline
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Standard AW: Meine Mama ist nun ein Engel!

Hallo an alle hier...

Musste mir in den letzten Tagen eine Ausziet von hier nehmen... Wannimmer ich hier schreibe, wird alles so real und meine Betäubung läßt nach! Das tut weh!

Mein Gefühlsleben ist derzeit arg "wirr". Die meiste Zeit wirkt bei mir noch immer die Verdrängung. Manchmal bin ich dermaßen gereizt, dass ich alles und jeden einfach nur noch anschnauze. Sonntag bin ich mit einer solchen Sch..... Laune baden gegangen und auf einmal kam mir der Gedanke, ... ich muss Mama anrufen.... nach einer Millisekunde wurde mir klar, dass das ja nun nicht mehr möglich ist! Dann gingen die Schleusen auf und ich habe mir die Seele wund geweint! Das Schlimmste ist, dass ich wußte, wieviel Angst meine Mama vorm Sterben und vorm Tod hatte!

Heute habe ich meinen Stiefpapa besucht... Die Couch neben ihm leer zu sehen, ist jedes Mal ein Schock u nd ich frage mich, wie es ihm drinnen geht! Er möchte überhaupt nicht über Mama reden, er kann es einfach nicht ertragen! Jetzt hat er auch ihren Hund abgeben müssen, da er es alleine nicht schafft! Das muss doch die Hölle für ihn sein!

Ich meine, ich habe mein Zuhause, meinen "Mann", meinen Kater und mein Leben, doch was hat er jetzt noch?

An Sonnenschein 78:
Natürlich kannst Du mir gerne über Deinen Papa schreiben, da brauchst Du Dich auch ganz bestimmt nicht für zu entschuldigen!

Wie geht es Deiner Mama zurzeit? Wie geht es Dir?


Habe hier ein sehr schönes und auch tröstendes Gedicht gefunden:

Wenn Engel einsam sind

Wenn Engel einsam sind
in ihren Kreisen,
dann gehen sie von Zeit
zu Zeit auf Reisen.

Sie suchen auf der ganzen Welt
nach ihresgleichen,
nach Engeln, die in Menschgestalt
durchs Leben streichen.

Sie nehmen diese mit
zu sich nach Haus –
für uns sieht dies Verschwinden
dann wie Sterben aus.

Renate Eggert-Schwarten

Liebe Grüße an Euch alle und ..... haltet durch...
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