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  #1  
Alt 27.11.2005, 15:15
nordisch nordisch ist offline
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Registriert seit: 16.08.2005
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Standard "egal"

Nun lebt mein Papa fast 3Monate nicht mehr und ich nehme immer mehr eine "egal"-haltung ein. Mir ist einfach so ziemlich alles egal. Ich sag meinen Freunden zu und sag oft wieder ab, ich hab einfach keine lust und wenn sie dann irgendwie "sauer" sind is es mir egal. Jetzte meinte sogar ein Freund das ich mich auch gar nich mehr melde, was stimmt, ich melde mich bei keinem mehr, die können sich ja melden.. Ich will so eine Einstellung gar nich, aber ich bekomm sie einfach nich weg..
"Früher" hab ich mich immer gemeldet bei allen, man konnte sich auf mich verlassen, wenn ich zugesagt hab, war klar ich komme auf jeden fall, aber das ist nun nicht mehr so.
Wenn andere Probleme haben, hör ich nich ma mehr richtig zu, es is mir auch egal, was die für Sorgen haben, mich fragt ja auch keiner wie es mir geht. Aber es is einfach so, das ich immer zu gehört hab, egal wie es mir ging.

Kennt ihr das oder wisst ihr wie man das wegbekommt?
Ich will nich weiter "anti" sein, aber es klappt einfach nicht..
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  #2  
Alt 27.11.2005, 16:54
Benutzerbild von Petra_S
Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: "egal"

Liebe Nordisch,
leider weiß ich keinen Rat für dich, eigentlich möchte ich dir nur antworten, dass du nicht allein bist. Meine älteste Tochter ist 3 Jahre älter als du und mein Lebensgefährte war für sie wie ein väterlicher Freund, sie waren so etwas wie seelenverwandt. Ich weiß, dass er ihr mehr durch die schwere Zeit der Pubertät und vieler anderer Probleme helfen konnte, als ich. Er wollte nie den "leiblichen Vater" verdrängen, aber durch sein ehrliches Interesse und vielleicht auch, weil er nie mit erhobenen Zeigefinger an ihr rum erzogen hat, ist er ihr bester Freund geworden, auch für ihre zwei Schwestern ...und nun versuchen wir schon 8,5 Monate ohne ihn klar zu kommen. Ich denke in eurem Alter ist es besonders schwierig, weil das Leben der meisten Jugendlichen ja doch aus "Fun" besteht oder zumindest die allgemeine Oberflächlichkeit darauf hin arbeitet. Sie hat oder sie haben es auch so schwer wie du, machmal ändert sich die Stimmung von einer Minute auf die andere und überall wo sie sind kommen sie sich "falsch" (fehl am Platz) vor. Eigentlich ist alles ...egal !!! Vielleicht hast du eine besonders gute Freundin, der du das mal so direkt sagen kannst wie du es hier getan hast ? Aber ob sie damit umgehen kann, das weiß man nicht - es fällt sehr vielen Menschen, die schon älter und "erfahrener" (sein müssten) schwer die richtige Taktik im Umgang mit uns Trauernden zu finden. Wenn ich es genau betrachte weiß ich nicht, ob es überhaupt geht die "richtigen" Worte im "richtigen Moment" zu finden.

Ja und so arbeitet sie oft länger in der Firma, hat schon einige Freunde verärgert, weil sie dann kurzfristig doch ins Schneckenhaus gekrochen ist. Aber kann man wirklich erwarten, dass alles weiter läuft wie "vorher"? Schön wäre es, wenn du es erst einmal mit einer Freundin versuchen könntest, raus wenn du spontan Lust hast, wenn nicht Weiberabend mit Chips und DVD auf dem Sofa!?

Liebe Grüße Petra
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  #3  
Alt 28.11.2005, 15:51
Benutzerbild von Tanja_k.
Tanja_k. Tanja_k. ist offline
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Standard AW: "egal"

Hallo nordisch!!!

Ich kann dir soooooo gut nachempfinden... Meine Mama ist jetzt auch grad mal vor zwei Monaten von uns gegangen und für jeden um mich rum ist es schon vergessen. Wenn man es nicht kennt bzw. sich noch nie damit befassen musste ist das für Aussenstehende schwer zu verstehen.
Freunde von mir wollen mich auch ständig ablenken und raus zerren (Feste, Parties usw.) aber das geht einfach noch nicht! So etwas braucht Zeit!!! Lass dich nicht unter Druck setzten aber lass Dich bitte auch nicht ewig so hängen.
Versuche auf dein Herz zu hören und geh wirklich nur dann weg wenn du es möchtest, sonst geht der Abend garantiert nach hinten los.
Ich hab erst mal angefangen im eigenen Freundeskreis. Gelegentliche Besuche wenn ich einigermaßen fit war....denen muss man nicht ständig erklären warum man nicht die Party Maus ist. Ehrlich gesagt bin ich darüber hinaus noch nicht gekommen Arbeite auch noch daran.....

Meiner Meinung nach sollte man erst mit sich selbst einigermaßen klar kommen, vorher braucht man nicht groß weg zu gehen. Denn wenn man ständig als Spaßbremse bezeichnet wird ist das noch viel verletzender da man ja nicht jedem sagen möchte warum das so ist.

Du weißt ja....es kann ja nicht immer regnen..... Kopf hoch, das wird schon wieder. Drück dir fest die Daumen....

Liebe Grüße,
Tanja
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  #4  
Alt 28.11.2005, 17:05
Wolke Wolke ist offline
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Standard AW: "egal"

Huhu,

ich denke, dass du etwas gegen diese Antihaltung tun möchtest, dass ist doch der erste Schritt

Ich kann mich den anderen eigentlich nur anschließen. Versuch es im kleinen Rahmen. Überleg dir gut, ob du eine Verabredung zusagst. Wenn du dich für ein ja entschieden hast, dann bleib auch dabei. Vielleicht erstmal nur ne Stunde auf einen Kaffee treffen oder über den Weihnachtsmarkt bummeln, wenn du das magst und dann langsam steigern. Vielleicht fühlst du dich auch wohler, wenn ihr euch bei dir trefft und nicht bei den anderen. Probier es einfach aus. Ich bin mir sicher, dass du auf dem richtigen Weg bist.

Liebe Grüße Wolke
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  #5  
Alt 28.11.2005, 17:26
FridaB FridaB ist offline
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Standard AW: "egal"

Hallo Nordisch,

das war bei mir am Anfang genauso. Die kleinen Probleme und Sorgen der anderen kamen mir so albern und belanglos vor, das konnte ich mir nicht anhören. Was ist ein bisschen stress mit dem neuen Freund verglichen mit dem Verlust eines Elternteils?

Ich mochte am Anfang auch nichts unternehmen. Draussen waren überall Menschen, die mich an den Verlust meiner Mutter erst erinnert haben. Teenager mit ihren Müttern auf dem Weg zum shoppen. Ich würde nie mehr mit meiner Mutter zum einkaufen fahren. Alte Damen, meine Mutter ist nur 55 Jahre alt geworden usw.

Aber das kam alles von selbst wieder. Irgendwann hatte ich wieder Lust ins Kino zu gehen, mich mit Freunden über alltägliches zu unterhalten. Es braucht nur ein bisschen Zeit. Wie die anderen schon gesagt haben, mach was dir selbst gut tut.

Wichtig ist, das du dir Menschen sucht, mit denen du viel über deinen Vater sprechen kannst, solange du das möchtest, die dir zuhören und dich fragen, wie es dir geht. Im Forum von http://www.elternlos.de gibt es zum Beispiel viele junge Erwachsene, die ihren Vater oder ihre Mutter verloren haben.

Lieben Gruß

FridaB
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  #6  
Alt 28.11.2005, 18:54
nordisch nordisch ist offline
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Danke erstmal für eure antworten, es tut gut zu wissen, dass man damit nicht alleine ist und das dies wenigstens auch einige andere kennen..

Das andere Problem ist ja das ich gar nicht weiß mit wem ich über Papa reden könnte. Mit meinen Brüdern/Mama will ich nich reden, ich will die nicht daran erinnern, bzw sie denken ja auch an Papa aber ich will sie nicht zusätzlich belasten.
Auch als Papa Krebs hatte.. Ich hab eigentlich nie mit jemandem darüber geredet, ich wollte nie andere mit meinen Problemen beachten, ich habe nur meinem besten Freund des öfteren e-mails geschrieben, reden konnt ich erst recht nicht drüber.. Aber auch zu dem hab ich nur noch sehr wenig Kontakt.

Ich hab zwar Freunde und es hieß auch "du kannst mit mir reden" aber wenn ich anfange von Papa zu reden, nicht mal darüber wie es mir nun geht, sondern einfach nur "Papa hat..." dann lenken die meisten gleich vom Thema ab. Nicht absichtlich aber dann kommt nur "mmh ja.." .

Ich weiß einfach nich mit wem ich reden könnte, da die meisten ja einfach nichts damit zutun haben wollen. Und ich mein die haben ja auch alle "Probleme" und dann komm ich mit meinen an und...

Das mit dem shoppen kenn ich nur zu gut.. Wenn ich durch Computerabteilungen gehe, könnte ich anfangen zu heulen, nie wieder werd ich da mit Papa stehen, nie wieder wird er mir dabei helfen können, wenn ich Probleme mit meinem PC hab. Er war mein bester "Lehrer". Wenn ich da dann die Väter mit ihren Kindern seh.. Das tut einfach weh...

Es ist auch gar nicht so, das ich nichts tue und an nichts freude hab. Aber ich einfach zum Teil merke, wie jemand mit mir redet und ich gar nicht zu höre, ich mit meinen Gedanken ganz wo anders bin.
Ich wieder total still werde, wie beim erstenmal als Papa Krebs hatte.. Ich red einfach nicht, nur mit ganz wenigen.. und eigentlich war das gerade weg.. bevor Papa wieder Krebs bekam..
Ich "hasse" diese Art ja selbst an mir, dieses Verschloße, diese Egalhaltung, aber ich krieg sie nich weg.

Es fällt mir ja sogar selbst auf, ich merke wie ich bei einem Gespräch nicht dabei bin und kann es nicht ändern, ich merke was ich für eine antihaltung hab. Und Dinge die Probleme machen könnten, den geh ich aus dem Weg.

Aber das schlimmste ist für mich einfach, das ich gar nichts mehr für meine Freundschaften tue, das ich dabei zu gucke wie sie irgendwie "abschwächen" und das es mir egal ist.
Obwohl mir keiner meiner Freunde egal ist. Es ist eigentlich ein Widerspruch, wenn man das hier liest. Aber es geht nicht. Ich vermisse meine Freunde, geh aber nie einen schritt auf sie zu, ich weiß das auch was von mir kommen muss, aber ich krieg es nicht hin, ich weiß nicht warum. Ich will auch nicht das mich nun alle anders behandeln oder so.. Eigentlich weiß ich gar nicht was ich will.

Wenn ich dann Nachts nach hause gehe.. Denk ich immer an Papa.. Immer nur wie schrecklich es für ihn gewesen sein muss, wie schrecklich es gewesen sein muss, von seinem eigenen Vater nicht erkannt zu werden, aber es gibt keinen mit dem ich darüber reden kann..

Ich muss es wieder schaffen, das man sich auf mich verlassen kann und ich muss es wieder schaffen das meine Freunde nicht immer auf mich zu kommen müssen und vorallem muss ich es schaffen für meine besten freunde zu kämpfen, denn ich wenn ich die noch verliere, weiß ich wirklich nicht wie das endet... Papa hätte sicher nicht gewollt das ich nun alles aufs Spiel setze, nur weil ich nicht kann!

So kann und darf es nicht weitergehen... Ich muss irgendwie wieder lust am leben gewinnen und es nicht nur als ein "egal" betrachten!
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  #7  
Alt 28.11.2005, 19:24
yabuck yabuck ist offline
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Standard AW: "egal"

Hallo Nordisch,

mir geht es in der Hinsicht ähnlich, da ich mich auch lieber alleine mit allen Problemen auseinandersetze, als andere zu belasten.

Mir hat es aber trotzdem geholfen, immer wieder ein wenig mit den Schwiegereltern (meine Frau starb mit 26 Jahren vor 5 Monaten) zu sprechen. Mit Freunden spreche ich fast nie über sie, weil von denen auch nichts kommt. Das ist nicht böswillig. Sie sind nur verunsichert, weil sie nicht wissen, wie sie damit und mit mir umgehen sollen.

Vielleicht hilft Dir ja das:
Sag Deinen Freunden, dass Dir das alles im Moment sehr schwer fällt und Du mit niemandem darüber reden kannst. Vor allem auch, dass Du viel Zeit für Dich brauchst und Du Dich erst langsam wieder an den "Alltag" gewöhnen musst. Sie können Dich anrufen, aber sollen nicht böse sein, wenn Du Dich zunächst nicht meldest....

Wenn es wirkliche Freunde sind, verstehen sie es.

Erwarte nicht zuviel von Dir. Einige brauchen mehr Zeit, als andere......da gibt es kein Patentrezept.

Hab Geduld mit Dir.

Viele Grüße
Andreas
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  #8  
Alt 01.12.2005, 19:42
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bobbel24 bobbel24 ist offline
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Registriert seit: 21.11.2005
Ort: bei Hannover
Beiträge: 166
Standard AW: "egal"

Hallo nordisch ,

das mit dem vom Thema ablenken kenne ich auch . Ich brauche nur einmal das Thema anschneiden weichen meine ach so guten Freunde aus .

Ich denke das sie einfach Angst vor ihrer eigenen Sterblichkeit haben .
Aber wenn man erstmal jemanden verloren hat der einem nah stand setzt man sich nun mal zwangsweise damit auseinamder . Ich konnte mich auch kurz nach dem Tod meines Bruders nicht mit meinen Kumpels über irgendwelchen Mist unterhalten .

Gib dir ein wenig Zeit uns setzte dich nicht unter Druck ,eigentlich müssten deine Freunde jetzt für dich da sein , und nicht du für deine Freunde .

Ich wünsche dir alles Gute


bis denne

Marco


....
__________________
Irgendwann sehen wir uns wieder .
Ich freue mich auf diesen Tag .


Mein geliebter Bruder Tommy
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