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  #1  
Alt 24.03.2010, 19:05
chaoskatze chaoskatze ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Interessante Diskussion...


Meine Meinung: Sterbehilfe - JA! Unter bestimmten Bedingen natürlich...


1. passive Sterbehilfe: Sowieso, also, wie sie jetzt ausgeführt wird, mittels Petientenverfügung etc.
Wobei man nicht vergessen sollte, dass es hier inzwischen ein neues Gesetz gibt, dass den Bevollmächtigten stärker miteinbezieht. Muss ich noch ändern.

2. aktive Sterbehilfe: ja, unter bestimmten Umständen.
Will heißen: wenn der Betroffene sich selbst aktiv dafür entscheidet und bestimmte Bedingungen gegeben sind. Zum Beispiel, dass er psychisch vollständig gesund ist und aufgrund seiner körperlichen Krankheiten das Leiden vermeiden möchte bzw in Würde sterben will.
Oder bei psychischen: wenn der Patient über mehrere Jahre hinweg trotz mehrfacher psychischer Behandlungen verschiedener Richtungen immer wieder bei einem dafür ausgebildeten Psychologen bestätigt hat, dies durchgehend zu wollen.
Ich weiß, dafür werd ich jetzt wahrscheinlcih von einigen halb gekreuzigt, aber ich denke, es ist das Recht eines jeden, zu entscheiden, ob er leben will. Suizid ist eine recht schwierige Lösung - vor allem, weil es größtenteils schief geht. Die Statistik zeigt, dass ein Großteil derer, die den ersten Versuch hatten, danach in Behandlung gehen und keinen weiteren Versuch begehen bzw nicht mehr begehen wollen, während der kleine andere Teil oft mehrfach versucht, bis es irgendwann klappt.
Der Punkt ist - "spontaner" Suizidwunsch (psychisch) darf selbstverständlich nicht unterstützt werden. Aber wenn jemand sich wirklich umbringen will und körperlich dazu in der Lage ist, wird er es irgendwann auf die Reihe bekommen. Ich bin auch nicht mal wegen der Suizidgefährdeten für solch eine Lösung, sondern für die, die die Leiche finden würden... Sichere Suizidmöglichkeiten sind vorwiegend nicht besonders nett anzusehen und es gibt zu viele Leute, die einfach zufällig in der Nähe waren und daraufhin selbst psychisch sehr zu leiden haben. Erinnere mich an ein13jähriges Mädel, die zufällig bei der Ubahn stand und sich jemand direkt vor ihr davor geschmissen hat. Ganz toll....

Der Punkt ist, die Menschheit ist aufgrund ihrer Entwicklung dabei, sich vom Mensch-Sein zu emanzipieren. Vor Ewigkeiten angefangen liegt es der aktiven Veränderung der Umwelt und letztendlich sich selbst gegenüber. Es ist absehbar, dass man sich damit beschäftigen muss, genauso wie mit Genmanipulation und künstlicher Intelligenz.

Meiner Meinung nach sollte man das Problem auch von einem ganz anderen Punkt angehen: der Betrachtung des Sterbens bzw. des Todes, der in der westlichen Welt so gerne ignoriert wird. Ist euch schon mal aufgefallen, dass Kinder sehr gut mit natürlichen Todesfällen umgehen können? Erst, wenn wir älter werden und Zeit an sich mit anderen Augen betrachten, verändert sich die Sichtweise.
Ich finde, es sollte bereits sehr früh von diesem Thema gesprochen werden, zb in der Schule. Tod ist etwas natürliches und prinzipiell nichts schlimmes. Schrecklich ist es für die Hinterbliebenen, nicht für die Person an sich! (betone: der Tod, das Sterben an sich ist natürlich eine andere Geschichte)
Daran sollte man zwischendurch auch erinnern.
Unsere Gesellschaft ist einfach der Entwicklung nicht hinterher gekommen. Einerseits hat man sehr viele Möglichkeiten in vielen Gebieten, andererseits wird immer noch gepredigt, was sich in jahrhunderterlanger Entwicklung ergeben hat. Obwohl man es irgendwann neu betrachten muss. Es gab Zeiten, wo diverse Religionen sicherlich sinnvoll waren, um die Gesellschaft zu leiten (wobei man ja eher sieht, wie die Gesellschaft sich die Religion zurechtgeredet hat ^^), die ZEiten sind inzwischen schon längst vorbei. Die Gesetze können es nur teilweise übernehmen - ethische Ansichten werden nicht genug weiterentwickelt bzw. verbreitet. Spielt es doch kaum eine Rolle (zumindest in der westlichen Gesellschaft).

Und ganz ehrlich - ich werde nicht zulassen (zumindest nicht, wenn es für mich möglich ist), dass ich am Ende gafernd im Bett liege und nur noch darum bettel, endlich gehen zu dürfen. Dafür bin cih ganz einfach zu stolz.
Es gibt schlimmere Sachen als zu sterben.
  #2  
Alt 24.03.2010, 19:29
Stefans Stefans ist offline
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Beiträge: 426
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von chaoskatze Beitrag anzeigen
Der Punkt ist - "spontaner" Suizidwunsch (psychisch) darf selbstverständlich nicht unterstützt werden. Aber wenn jemand sich wirklich umbringen will und körperlich dazu in der Lage ist, wird er es irgendwann auf die Reihe bekommen.
Aha. Die übliche Differenzierung, die überall getroffen wird, die ich aber nie verstanden habe. Jemand mit einer "physischen" Krankheit darf sich umbringen, bzw. dem darf man dabei helfen. Aber jemanden, der "nur" psychisch krank ist, natürlich keinesfalls. Auch wenn so jemand 20, 30 oder 40 Jahre mit so einer Krankheit lebt und jeder inkl. ihm selbst schon lange weiss, dass es dafür keine Heilung gibt... nein, "selbstverständlich" darf so jemand in seinem Willen nicht unterstützt werden.

Ich finde das immer wieder bemerkenswert. Und immer wieder vollkommen ignorant. Die Ignoranz bzw. Inkompetzenz zeigt sich z.B. eindeutig, wenn jemand den "psychischen" Suizidwunsch mit "spontan" gleichsetzt. Dem ist nicht so. Wenn du dir die Suizid-Statistik in D genau ansiehst, dann wirst du merken, dass die Vielzahl der "psychischen" Suizide keinesfalls "spontan" sind. Sondern sehr überlegt, in der 2. Lebenshälfte, und sehr effektiv. Dieses Klischee von "Suizid als Hilfeschrei, war ja gar nicht so gemeint, und es gibt doch Hilfe" trifft sicher oft auf junge Menschen zu, die in ihrer ersten schweren Lebenskrise sind. Aber nicht auf die mit hinreichend Lebenserfahrung, die die Mehrzahl der Suizid-Toten in D sind. Die wissen genau, was sie tun und warum, und sie tun es sehr erfolgreich. Die wollen sich "wirklich" selbst töten, nicht im "Affekt" oder aus einer vorübergehend schlechten Stimmung heraus.

Zitat:
Und ganz ehrlich - ich werde nicht zulassen (zumindest nicht, wenn es für mich möglich ist), dass ich am Ende gafernd im Bett liege und nur noch darum bettel, endlich gehen zu dürfen. Dafür bin cih ganz einfach zu stolz.
Es gibt schlimmere Sachen als zu sterben.
Tja, das ist genau das, was sich z.B. schwer depressive Menschen denken, die sämtliche Behandlungsmöglichkeiten durch haben. Und denen billigst du ihren "final exit" nicht zu?

Viele Grüße,
Stefan

Geändert von Stefans (24.03.2010 um 19:31 Uhr)
  #3  
Alt 24.03.2010, 20:20
chaoskatze chaoskatze ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hm, willst du dann nach Altersklassen unterscheiden? Das wäre Blödsinn, gibt es doch immer wieder ältere Menschen, die nie über die Teenagerphase hinweggekmmen sind...
Und wenn du mein Posting weitergelesen hast, da steht groß und breit, dass ich auch Suizid bei psychischen Erkrankungen unterstützen würde, wenn nachgewiesen ist, dass diese fortwährend vorhanden sind und nicht durch Therapie, soweit das aus menschlicher Sicht möglich ist, geheilt werden können.
Es gibt spontane Suizidversuche - habe erst vor kurzem mit jemandem gesprochen, der es nach nem Streit versucht hat, natürlich totlal unlogisch, mit ein paar Schlaftabletten und Alk... er hat selbst gesagt, dass er es nie wieder tun würde. Dass es seine Art und Weise war, sich selbst bewusst zu machen, dass er Hilfe braucht.
Dein Posting ist unlogisch - es bringt eine Argumentation, die ich genau so hingeschrieben habe. Ich zitiere: "Oder bei psychischen: wenn der Patient über mehrere Jahre hinweg trotz mehrfacher psychischer Behandlungen verschiedener Richtungen immer wieder bei einem dafür ausgebildeten Psychologen bestätigt hat, dies durchgehend zu wollen."
  #4  
Alt 25.03.2010, 02:37
Boxerhund1 Boxerhund1 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

hallo miteinander,

habe mir grad mal das ganze Thema durchgelesen.

Also... erstens... wenn jemand argumentiert, daß wir aufgrund unserer "deutschen Vergangenheit" dieses oder jenes nicht dürfen, dann krieg ich - ehrlich gesagt - Pickel! Himmel nochmal... diese Vergangenheit ist jetzt ein dreiviertel Jahrhundert her - und wir leben nicht mehr in der Nazi-Zeit. Heute noch damit zu argumentieren - noch dazu bei so einem Thema - ist völlig daneben.

Daß es geldgeile Angehörige gibt, wissen wir wohl alle. Aber auch die sind hier nicht wirklich relevant, denn die haben normalerweise - es sei denn, sie wären als Generalbevollmächtigte eingesetzt - eh nichts zu sagen. Daß ich solche Leute absolut zum kotzen finde, brauch ich wohl nicht extra zu betonen!?

Worum es doch geht, ist, ob man am Ende das Leben noch verlängert oder nur noch das Sterben. Und haben wir als Angehörige, Ärzte oder sonstige Personen das Recht, das Sterben zu verlängern? Haben wir das Recht, Menschen bis zum bitteren Ende, bis zum letzten Zucken zu quälen, bis dann der Körper endgültig nicht mehr weiter kann und aufgibt?

Und bitte... wo endet die passive Sterbehilfe, die ja inzwischen wenigstens weitgehend akzeptiert ist, und wo fängt die aktive an? Ist es denn nicht auch schon fast eine aktive Sterbehilfe, wenn wir Patienten so unter Morphium und Sedativa stellen, daß sie hinüberdämmern - ohne Schmerzen, ohne Angst, ganz friedlich? Wir wissen doch ganz genau, daß es auf diese Weise früher passiert - vielleicht nur ein paar Stunden oder Tage - aber früher als es die Natur tun würde.
Wenn man also die aktive Sterbehilfe ablehnt, dann muß man auch die terminale Sedierung ablehnen - und den sterbenden Menschen bei u.U. vollem Bewußtsein leiden lassen, sich bis zur Erlösung quälen zu lassen.
Und wer mag da daneben stehen und zusehen, wenn es um einen geliebten Menschen geht? Ich jedenfalls ganz sicher nicht - und ich würde es für mich auch nicht wollen.

Ich bin ebenfalls der Meinung, daß es jedem Menschen freigestellt und erlaubt sein muß, über sein Leben UND auch seinen Tod selber zu entscheiden. Und wenn dieser Mensch sich für den Tod entscheidet aufgrund seiner Situation, aber es körperlich selber nicht mehr kann, man ihm auf seinen Wunsch hin dabei helfen dürfen muß.

Erst vor ein paar Tagen - ich weiß nicht mehr wo - habe ich einen Artikel gelesen über einen "beatmeten Kopf", der um seinen Tod gefleht hat. Am ganzen Körper gelähmt, nicht mehr fähig zu irgendwas, leidend ohne Ende - aber selber nicht mehr fähig, dieses Ende selber herbei zu führen.
Wie grausam und unmenschlich ist es, diesem Menschen zu erklären, daß man seinem Willen nicht folgen darf und auch nicht will, was noch schlimmer ist. Werden da Ärzte, Angehörige, Juristen, Ethikkomissionen nicht zu Folterknechten?

Wer gibt uns Menschen das Recht, einen Menschen zum Leiden zu verdammen? Wie gnadenlos und selbstgerecht ist das denn dann?
Kein Tier würde man so leiden lassen - Menschen aber schon!?

Ja... unter bestimmten Umständen bin ich durchaus auch für aktive Sterbehilfe - dann nämlich, wenn der unermesslich leidende Mensch es so wünscht. Und nur sein Wille sollte dann zählen - und nichts anderes.
__________________
Liebe Grüße, Cori

Als Angehörige kam ich, als Hinterbliebene blieb ich.

Mama: 4.10.1924 - 29.6.2009
  #5  
Alt 25.03.2010, 10:43
Benutzerbild von suze2
suze2 suze2 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

ihr lieben, liebe cori,
nein, diese argumentation mit "nazi-zeit" kann wohl verdeutlichen, wozu menschen fähig sind, sein können. und dass auch ärzte nicht über diesen dingen standen. also - niemand ist davor gefeit, "böses" zu tun.

und wenn man denkt, dass vor ein paar jahren - entschuldigung - ich habe die quelle vergessen, zitiere aus dem gedächtnis, also dass an häftlingen ohne deren wissen medikamente getestet wurden... dass es "organhandel" gibt, nieren beispielsweise mehr oder weniger zwangsweise entnommen werden (es gibt eine doku über ein ganzes dorf, wo die menschen nur eine niere haben und die wurde verkauft - bittere not, schlechte medizinische betreuung) -
also
mir macht beides angst:
am leben erhalten zu werden und nichts machen zu können
aber auch
ausgeliefert zu sein und nicht zu wissen, was "wirklich" die motive meiner "helfer" sind.

die möglichkeiten der medizin stellen uns mitunter vor fragen und entscheidungen, denen ich mich nicht wirklich gewachsen fühle.
also höchste vorsicht!

im zweifelsfall möchte ich aber lieber keine sterbehilfe im gesetz verankert wissen. gerade in der diskussion um steigende gesundheitskosten und teure krebsmedikamente würde mir das angst machen, eben nicht selbst entscheiden zu können, ob und wielange ich chemo machen will.

alles liebe
suzie
__________________
seit 2005 bin ich ein angsthase
  #6  
Alt 25.03.2010, 11:07
Dirk1973 Dirk1973 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Sorry, aber das Dritte Reich hat nun wirklich nichts in einer sachlichen Diskussion über legale und vor allem gesetzlich verbindlich geregelte Sterbehilfe zu suchen.

Also: zurück in die heutige Zeit und auch die aktuellen Aspekte der Sterbehilfe diskutieren.

Vielen Dank !
__________________

  #7  
Alt 25.03.2010, 13:46
Silleke Silleke ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo Dirk,
Habe bisher nur lesend verfolgt, weil das Thema für mich persönlich unproblematisch ist. Ich lehne für mich aus meinem Glauben heraus aktive Hilfe ab .
Als Krankenschwester wunderte mich immer nur , wie oft Angehörige wollten, dass man nachhilft . Das war eklatant häufiger der Fall als bei Betroffenen. Und noch mehr wunderte mich, mit welcher Selbstverständlichkeit dafür das medizinische Personal herhalten sollte. Bei Patienten, die lange wussten ,todkrank zu sein und Zeit hatten, eigene Entscheidungen zu treffen. Das fand und finde ich inakzeptabel. Denn einen anderen Menschen aktiv zu töten, wäre eine mir unvorstellbare Belastung gewesen. Zur Würde gehört, den eigenen Weg selbstbestimmt zu gehen ,egal wie der aussieht . Nur in Ausnahmefällen ,bei völlig unerwarteten Lebensentwicklungen, von denen hier nicht die Rede war, ist das unmöglich .

Was mich aber eigentlich veranlasste , zu antworten: Nein Dirk, die Entwicklung damals hat jede Menge mit der heutigen Debatte zu tun. Die Euthanasie ist auch 1933 nicht vom Himmel gefallen, sie wurde Schritt für Schritt LEGAL eingeführt. Eine Diskussion über aktive Sterbehilfe darf nicht ignorieren, unter welchen Umständen und mit welchen Motivationen damals die Gesetzeslage sich veränderte. Das alles passierte auch nicht illegal, sondern beginnend schon hundert Jahre früher wurde krankes und behindertes Leben mehr und mehr bemitleidet. Nicht zufällig parallel mit der größer werdenden Zahl der wirtschaftlich unbrauchbaren Menschen. Niemals waren solche Debatten frei von wirtschaftlichen Erwägungen , auch wenn das für uns zunächst nicht das Argument ist. Wer heute Sterbehilfedebatten führt, muss zumindest wissen, wie veränderbar Gesetze sind. Und zu allen Zeiten wurden diese Ausgrenzungen, die bis im Morden endeten, begonnen mit dem Mitleid. Mit der Frage, ob ein so krankes oder behindertes Leben dem Betroffenen zumutbar sei.
Meine dringende Bitte wäre, dass nie wieder eine Allgemeinheit darüber debattiert, ob man Krebskranke und andere schwerstbeeinträchtigte Menschen töten darf, um Leiden zu vermeiden. Lasst jeden Einzelnen darauf die eigene Antwort finden. Patientenverfügungen sind mittlerweile bindend geworden. Wir haben die Möglichkeit, unseren eigenen Weg in Würde zu gehen.
Ich sage audrücklich Suze 2 Danke für ihren Einwurf.

liebe Grüße
Silleke
  #8  
Alt 26.03.2010, 01:38
Boxerhund1 Boxerhund1 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von Dirk1973 Beitrag anzeigen
Sorry, aber das Dritte Reich hat nun wirklich nichts in einer sachlichen Diskussion über legale und vor allem gesetzlich verbindlich geregelte Sterbehilfe zu suchen.

Also: zurück in die heutige Zeit und auch die aktuellen Aspekte der Sterbehilfe diskutieren.

Vielen Dank !
hallo Dirk,

gebe ich dir völlig recht. Das Problem bei uns in Deutschland ist aber, daß genau das immer wieder auftaucht - unsere "Vergangenheit" und die Verbrechen, die damals passiert sind. Da kommen sofort die selbsternannten Gutmenschen und schreien .... "neiiinnnn... das haben doch schon die Nazis gemacht" - vollkommen undifferenziert und völlig am Thema vorbei.
Auch der Wolfgang008 argumentiert ja damit - und genau das finde ich einfach völlig daneben.

Es geht um heute - um unsere heutige Gesellschaft und unsere heutige Rechtsprechung - und da sollte diese dunkle Vergangenheit wirklich keine Rolle spielen dürfen.

Worum es heute geht, sind die leidenden und sterbenden Menschen, deren Willen man respektieren muß - an die oberste Stelle setzen muß. Es geht EBEN NICHT um die Vernichtung "unwerten Lebens" wie bei den Nazis - es geht um Menschlichkeit und die Gnade eines friedlichen, angst- und schmerzfreien Sterbens, wenn es dann mal soweit ist.

Ich verstehe nicht, wieso das so ein Problem ist für manche - einfach menschlich zu handeln. Wenn die selber einmal betroffen sind, werden sie genau das für sich selber einfordern. Solange man selber allerdings nicht betroffen ist, kann man sich leicht auf das ethische hohe Roß setzen. Und das ist für mich Heuchelei pur.
__________________
Liebe Grüße, Cori

Als Angehörige kam ich, als Hinterbliebene blieb ich.

Mama: 4.10.1924 - 29.6.2009
  #9  
Alt 25.03.2010, 23:40
Boxerhund1 Boxerhund1 ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

@ Suzie :-)

hallo Suzie,

worum es mir persönlich geht, ist einzig und alleine, daß der Wille des Patienten über allem steht.
Der Patient entscheidet, ob er eine Therapie will oder abbricht - und alleine der Patient entscheidet, ob er Hilfe will in welcher Form auch immer, wenn es um's Sterben geht. Egal ob es um Krebs geht - oder ob es um ein Unfallopfer geht, bei dem alleine nur noch der Kopf funktioniert.

Siehst, ich trage seit Jahren einen Organspenderausweis mit mir herum. Als ich den ausgefüllt habe, da kam mir auch mal das ungute Gefühl... was wäre wenn... wenn ich tatsächlich als Unfallopfer eingeliefert würde, noch nicht tot aber so schwer verletzt, daß eine Heilung zumindest fraglich ist. Was wäre dann wenn.... wenn meine Organe grad recht kämen, bekäme ich dann noch die optimale Versorgung oder würde ich, wenn ich Pech habe, gleich nur noch als Organlieferant betrachtet.
Diese Fragen beschäftigen einen - das ist doch ganz klar.
Und ähnlich ist es auch mit der Sterbehilfe.

Es ist eine Frage des Vertrauens - und ich meine, man kann meist doch Vertrauen haben. Sonst hätte ich keinen Organspenderausweis und auch keine Patientenverfügung.

Wieso die passive Sterbehilfe immer noch manchmal nicht funktioniert - von der aktiven red ich noch gar nicht - ist doch, weil einige Ärzte einfach Angst haben vor der Strafverfolgung - oder aber - und das ist auch ein Thema - weil es Ärzte gibt, für die ein sterbender Patient eine persönliche Niederlage bedeutet.
Eine gesetzliche Regelung könnte einfach dahingehend sein, daß der Wille des Patienten maßgebend ist. Was bisher bei der passiven Sterbehilfe grad mal anfängt zu funktionieren, könnte genauso für die aktive gelten: Der Wille des Patienten zählt - und NUR DER!!!

Und ich wiederhole - aktive und passive Sterbehilfe wird schon lange praktiziert, auch und gerade bei Krebspatienten in der präfinalen oder finalen Phase - nur redet keiner drüber. Und die Grenzen zwischer aktiver und passiver Sterbehilfe sind absolut fließend.

Deine Angst ist - und das völlig verständlich - daß irgendein Bürokrat entscheidet, ob du leben sollst oder sterben. Das würde ich auch vehement ablehnen.
Aber ... auch das geht am eigentlichen Thema vorbei, wenn man den Willen des Patienten selber als höchste Instanz einsetzt, wenn man es gesetzlich regelt.
Nur eben dann hat auch der heute noch gesunde - oder auch der schon kranke - Mensch hier eine Bringschuld: die Patientenverfügung!!!
Man sollte da erstmal eine klare Definition schaffen - was ist definitiv noch passiv - und was ist schon aktiv.

Aktiv? Ausreichende Schmerzbekämpfung und Sedierung? Aktiv die Maschinen abstellen? Aktiv nicht mehr zu reanimieren? Oder erst aktiv, wenn man eine letzte Spritze setzt, falls der Patient es so wünscht?

Das Thema ist so vielschichtig, daß man es auf dieser Ebene sicher nicht zu einer für alle zufriedenstellenden Lösung bringen wird.

Aber... von der hohen ethischen und moralischen Warte aus alles abzulehnen, ist für mich nicht tragbar - vorallem dann nicht, wenn man selber nicht betroffen ist als Kranker oder Angehöriger.
Unser aller oberstes Gebot sollte die Menschlichkeit sein. Wenn jemand unsagbar leidet, wo bleibt dann die Menschlichkeit, wenn man ihm einen gnädigen Tod verweigert aus - vermeintlich - ethischen Erwägungen heraus?
__________________
Liebe Grüße, Cori

Als Angehörige kam ich, als Hinterbliebene blieb ich.

Mama: 4.10.1924 - 29.6.2009

Geändert von Boxerhund1 (26.03.2010 um 00:52 Uhr)
  #10  
Alt 25.03.2010, 18:51
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von chaoskatze Beitrag anzeigen
Und wenn du mein Posting weitergelesen hast, da steht groß und breit, dass ich auch Suizid bei psychischen Erkrankungen unterstützen würde, wenn nachgewiesen ist, dass diese fortwährend vorhanden sind und nicht durch Therapie, soweit das aus menschlicher Sicht möglich ist, geheilt werden können.
Genau das ist mein Punkt: Was veranlasst dich zu dieser Wertsetzung? Bzw. wieso glaubst du, die wäre OK.

Erinnert mich an den ewigen Streit um die Patientenverfügung. Früher war es (nach BGH-Grundsatzurteil) so, dass eine Patientenverfügung nur dann akzeptiert werden musste, wenn die Krankheit des Patienten zwangsläufig zum Tode führt (also nicht behandelbar ist). Dank Frau Zypries und nach endlosen Jahren ist die Rechtslage heute endlich so, dass Patientenverfügungen auch akzeptiert werden müssen, wenn die Krankheit nicht zwangsläufig zum Tode führt.

Ein nierenkranker Patient, der die Dialyse zum Überleben braucht, kann heute sagen: will ich nicht mehr! Das wird akzeptiert, und er stirbt nach 1-2 Wochen an Nierenversagen. Obwohl er mit dieser Krankheit Jahrzehnte leben könnte, die effektive Behandlungsmöglichkeit ist ja da. Diesem "physisch Kranken" wird das zugestanden. Dem "psychisch Kranken", für den es analog eine Heilung gäbe, stehst du dieses "ich will nicht mehr" aber nicht zu ?!?!

Zitat:
Ich zitiere: "Oder bei psychischen: wenn der Patient über mehrere Jahre hinweg trotz mehrfacher psychischer Behandlungen verschiedener Richtungen immer wieder bei einem dafür ausgebildeten Psychologen bestätigt hat, dies durchgehend zu wollen."
Dieses "wenn" ist ebenso ignorant wie unverschämt. Was ermächtigt dich (oder irgendjemanden), einen "psychisch kranken" Patienten einer Art dauerhafter differenzierter "Gewissensprüfung" zu unterziehen?

Mehrere Jahre, mehrere Behandlungen, mehrere "Richtungen", mehrere "ausgebildete" Psychologen als Gutachter... noch höhere Hürden fallen dir nicht ein? Ich kann dir da nur einen Blick in die ersten Artikel unseres Grundgesetztes empfehlen. Das Selbstbestimmungsrecht des Menschen über das eigene Leben und den eigenen Tod ist bei uns Gottseidank eines der höchsten unantastbaren Güter. Und niemand braucht eine von irgendwem "abgesegnete" Rechtfertigung dafür, wenn er nicht mehr leben will. Wenn du glaubst, dass es dieser bedarf, dann solltest du mal deinen ethisch-moralisch-religiösen background gründlich hinterfragen.

Viele Grüße,
Stefan

Zu dem verlinkten Artikel:
Ja, der Herr Ridder spricht eingie wichtige Dinge an. ABER: er als Rettungsmediziner spricht aus der Theorie. Vieles schon erlebt, aber noch nie selbst Sterbehilfe geleistet. Ja, da läßt es sich schön über Kollegen lästern, die in der Intensivmedizin arbeiten und selbstverständlich angst haben, bei einer falschen Entscheidung mit einem Bein im Knast zu stehen.

Meine Schwester arbeitet seit Jahrzehnten in der Intensivmedizin, die kennt diese Konflikte ganz genau. Und ja: da wird passive Sterbehilfe praktiziert, Tag für Tag. Allerdings in einer rechtlichen Grauzone. Entscheidet der Stationsarzt, der gerade Dienst hat. Wenn das Arzt A ist und die lebenserhaltenden Systeme beim Patienten Alarm geben, sagt Arzt A: OK, Schwestern, ihr geht jetzt mal alle für 10 Min. raus, eine rauchen. Wenn Arzt B Dienst hat, sagt der: schnellstmöglich alle lebenserhaltenden Maßnahmen ergreifen, warum auch immer!

Und das ist m.E. der eigentlich Skandal. Es wird in D seit Jahrzehnten über Sterbehilfe (passiv, um aktiv geht es ja gar nicht, ist strikt verboten) diskutiert, mit aller Vehemenz. In "Ethik-Kommissionen", wo Politiker, Ärzte, Pfaffen usw. rumsitzen. Aber während die endlos diskutieren, werden in der Praxis der Intensivmedizin alltäglich "Nägel mit Köpfen" gemacht. Und zwar nicht nach dem Willen das Patienten, sondern nach Gusto des zuständigen Arztes. Und das ist unfassbar. Wir diskutieren ewig lange über Ethik und Moral, und legen die praktische Entscheidung über Leben und Tod in die Hände von Medizinern, die in ihrer Grauzone tun dürfen, was sie für richtig halten.

Und natürlich passiert dann als Dauerzustand das, was Herr Ridder als Beispiel nennt: "Keine Wiederbelebung, wir machen nichts mehr. Eine absolut verantwortliche Entscheidung. Aber in der Akte steht was anderes: "Wiederbelebung nach 25 Minuten eingestellt." Die Kollegen wollten sich absichern. Weil sie die Hand des Staatsanwalts auf ihrer Schulter zu spüren glauben."

Wundert das noch irgendwen? Das einzige, was mich wundert, ist Hr. Ridders Formulierung "die Hand des Staatsanwalts (...) zu spüren glauben". Nee, die verantwortlichen Mediziner "glauben" nicht, die zu spüren, die ist da. Ganz konkret. Kennt sich Herr Ridder offenbar nicht mit aus. Wenn er jemals als Arzt in der Situation gewesen wäre, selbst zu entscheiden "Keine Wiederbelebung, wir machen nichts mehr"... und sich danach der Klageandrohung Angehöriger ausgesetzt gesehen hätte, die ihn dafür drankriegen wollen, dass er nichts mehr "gemacht hat"... dann hätte sein Artikel unter Garantie eine andere Perspektive.

Viele Grüße,
Stefan
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