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  #16  
Alt 24.11.2012, 16:08
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Woher Hilfe? An wen wenden?

Hallo Liloe,

es gibt keine Gedanken, die man nicht denken darf. Die Äußerungen deiner Mutter "Was soll ich hier noch?" sind ganz normale Gedanken einer frisch Trauernden. Was nicht heißen soll, man dürfte sie auf die leichte Schulter nehmen. Doch vom Gedanken zur Ausführung ist in der Regel noch ein gutes Stück. Was ich dabei als ganz wichtig empfinde ist das Reden über die eigene Trauer. Wer sich in der Trauer total von seiner Umwelt abkapselt, sich selbst isoliert, lebt gefährlich. Da kann es schon passieren, daß sich in der Einsamkeit der eigenen Gedankenwelt Dinge einschleichen, die man selbst nicht mehr beherrschen kann. Dann braucht es einfühlsame Angehörige oder Freunde, die mit ihren Gedanken die eigene Gedankenwelt bereichern. Du hast dir bereits gute Gedanken gemacht, wie du reagieren könntest.

Zu den Gedanken zur 'Spaßgesellschaft' kann ich nur voll zustimmen. Alles und jeder muss immer funktionieren und fröhlich sein. Trauer, depressive Stimmungen, ein schlechter Tag, das wird nicht zugelassen. Es gibt ja schließlich diese rosa Pillen. Neulich hab ich mal gelesen, dass die Trauer, wenn nach 2 Wochen nicht bewältigt, als behandlungsbedürftig im Sinne der Psychiatrie eingestuft werden sollte. Auf welchem Planeten leben eigentlich solche Leute??? Da gebe ich deiner Mutter absolut recht: das ist Beutelschneiderei!! Ich will damit die Psychologie nicht verteufeln. Es gibt viele Gebiete, wo sie sinnvoll eingesetzt werden kann. Doch ein Trauernder muss sich selber helfen. Wenn die eigene Kraft nicht reicht, dann ist es richtig, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Keine Pillen, die nur unterdrücken.

Ich will damit nur sagen, daß jeder einigermaßen stabile Mensch seine Trauer durchaus aus eigener Kraft durchleben kann. Der Tot gehört zum Leben wie die Geburt und damit auf der einen Seite die Freude, wenn ein Mensch geboren wird und andererseits die Trauer, wenn ein Mensch stirbt. Trauer ist keine Krankheit sondern neben der Liebe das stärkste Gefühl, das ein Mensch haben kann. Beide gehören zusammen, sind miteinander verbunden. Das Eine geht ohne das Andere nicht. Nur wer lieben kann, kann auch trauern.

Deine Mutter braucht auch ein gutes Stück Einsamkeit. Das Gefühl, ich bin nicht vergessen, das reicht zum Anfang. In ihrem Kopf ist alles Chaos und das kann nur sie wieder wirklich ordnen. Wie sie das macht, bleibt ihre Entscheidung. Von außen kann man nur die Hand ausstrecken. Zugreifen muss sie selbst.

Klar kann ein Telefonat, ein Gespräch, ein Brief sie nicht für den ganzen Tag aus der Trauer reißen. Doch das sind Ereignisse, auf die sie sich auch wieder freuen wird. Es sind Lichtblicke, die ihr deutlich machen, daß sie nicht alleine ist. Wie sie den Rest des Tages gestaltet (oder auch nicht), bleibt letztendlich ihr selbst überlassen. Jemanden mit Gewalt 'bespaßen' zu wollen ist absoluter Unsinn. Das macht auf Dauer mehr kaputt als es hilft. Auf beiden Seiten. Das fördert lediglich Abhängigkeiten, die vielleicht auf Dauer nicht erfüllbar sind.

"Ich bin für dich da. Nicht, weil du mich brauchst, sondern weil ich dich liebe."

Das braucht ein trauernder Mensch. Nicht mehr und nicht weniger.

Sicher 'braucht' sie dich jetzt. Ganz dringend. Doch wenn man nur auf dieser Basis mit einander umgeht, was ist dann, wenn sie dich nicht mehr 'braucht'? Lässt du sie dann wieder allein? Ganz gewiss nicht. Die Liebe zu deiner Mutter ist die Antriebsfeder, nicht der Gedanke: sie braucht mich jetzt. Gebrauchen heißt ja auch benutzen. Wie ein Auto. Wenn etwas daran kaputt ist, wird das repariert und nach der Fahrt wird es in der Garage abgestellt und erst bei Bedarf wieder hervor geholt. Ist das so unter Menschen, die sich lieben? Denk mal in beide Richtungen.


Liebe Grüße,

Helmut
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  #17  
Alt 24.11.2012, 21:48
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Standard AW: Woher Hilfe? An wen wenden?

Liebe Liloe und vor allem auch liebe Sabbimaus!

Zum einen finde ich es traurig, dass sich das Thema nun wohl so verselbstständigt hat, dass es Sabbimaus ggf. seelisch überfordert. Schade, dass Du Dich nicht mehr meldest - Sabbimaus.

Dennoch freue ich mich, dass es mutige wie Liloe gibt, die sich trauen mit dickem Kloß im Hals und Knoten im Herz, sich auf diese schmerzhaften Gedanken einzulassen. Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung (als Angehörige), dass bei Suizidgedanken des geliebten Menschen, sich der Angehörige fragt "Was könnte ICH noch tun, dass das Leben für ihn/ sie wieder lebenswert ist?", "Was habe ich übersehen?", "Muss/ sollte ICH mich noch mehr kümmern?" oder gar "Liebt er/ sie mich denn gar nicht so sehr, dass er/ sie das Leben MIT MIR, einfach bereit ist aufzugeben?" ... das sind furchtbar quälende, selbstzerstörerische Gedanken. Ich bin für mich zu der Überzeugung gekommen, dass es viele Herangehensweisen gibt, so viele Verstrickungen, Dinge die sich bedingen, begünstigen oder auch lindern können. Doch für mich (als suizidal denkende Trauernde)habe ich erkannt, dass nur wenn ich WILL, leben KÖNNEN WILL, dann geht es wieder aufwärts. Als Depressiver "kann man man nicht mehr wollen" - klingt komisch, iss`aber so... Die Falltiefe ist bei jedem Menschen unterschiedlich, aber da ich beide Seiten kenne, glaube ich, dass es für den Angehörigen mindestens genauso schwer ist, wenn nicht wirklich gar schwerer auszuhalten... Der Trauernde/ "Depressive" kann sich allerdings auch nicht mehr einzuschätzen, weil die Kraft plötzlich eine andere ist als früher, die eigenen Grenzen sind völlig "verrückt" im wahrsten Sinne... und der Angehörige kann dieses Schauspiel überhaupt nicht einschätzen, wo steht die geliebte Person, was denkt sie, wie fühlt sie sich? Ist es noch die Person - er/ sie verändert sich - bleibt das so? Wird das gar schlimmer? Wo muss ich eingreifen? Wo ist die Grenze zur Krankheit, wo sich alles wie eine Negativspirale verselbstständigt, alles außer Kontrolle gerät? Ich weiß es nicht, es hängt sicher auch von der inneren Lebens-/ Leidenskraft und der Mentalität des jeweiligen Menschen ab. Ich für mich, muss erst ganz, ganz tief im Loch sitzen, auch mitunter lange, länger als es die Außenwelt auszuhalten gewillt ist und vermag, ggf. eine Zumutung. Aber ich muss mich erst "verlieren", um zu wissen was mir mein Leben ist. Da tut sich die Frage nach dem Sinn wieder auf. Und weil ich zu dem Ergebnis gekommen bin / kommen wollte(?), Dass es doch nicht sein kann, dass alles nur völlig sinnlos und willkürlich passiert, beschließe ich an mutigen Tagen, meinem vielen Leid den Sinn zu geben, dass ich nun anders handele als die über die ich mich geärgert habe - ich beschließe an diesem Tag wirklich "DA" zu sein, wenn ich nun schon mal noch da bin... und meinem Suizidgedanken NICHT nachgehe, an diesem Tag. Wenn ich also noch "DA" bin, dann kann ich wenigstens was Gescheites drauß machen, wie weiter wird sich zeigen... Komme ich nicht allein auf diese Gedanken ist mir nicht weiter geholfen. Denn nur weil mich jemand "gut gemeint" schultert und wieder hoch ans Tageslicht trägt heißt das nicht, dass ich wieder unter den "Normalen" weile, die Gefahr gebannt ist. Wie bei deiner Mutter sieht es so aus, aber ich bin ja nicht aus eigener Motivation herausgekrochen, sondern nur damit die Anderen Ruhe geben und so wird mir jedes negative Ereignis wieder zur Ursache für den Sprung in das Loch gereichen und das Spiel beginnt von vorn. ...und wie dankbar die scheinbare "Normalität" des Trauernden angenommen wird, es ist teilweise erschreckend - ich habe feststellen müssen, dass manche Menschen aus Hilflosigkeit gegenüber des fremden Leidens, sogar agressiv werden.

Liloe, deine Gedanken sind entweder genauso konfus verstrickt wie meine oder ganz klar logisch verständlich.. Ich finde Deine Einstellung genau richtig, genau das würde mir (oder das tut es auch mit meinen Kindern) weiterhelfen. Mich nicht verstecken zu müssen ggf. mit meiner Todessehnsucht, wenn mir alles zu schwer wird, aber andererseits auch nicht rücksichtslos zu sein und meinen Kinder oder meiner Mutter, zusätzlich noch die Bürde aufzubinden, die ich selbst nicht mehr tragen kann und will. Nein - dazu liebe ich sie zu sehr, das aus dem Blick zu verlieren. Und doch habe ich die Erfahrung machen müssen, dass es Situationen gibt, die dem Angehörigen sehr viel abverlangen, vor allem ihr eigenes Ego zurückzustellen und versuchen zu verstehen. Mein geliebter Lebensgefährte, der vor siebeneinhalb Jahren an Krebs verstarb, hat mir klar und deutlich gesagt, er könne mir nicht versprechen, dass er bis zum letzten Tag kämpft, er braucht die Gewissheit, dass er gehen kann, wenn es ihm absolut zu viel wird - diese Leben... Und das habe ich verstanden und akzeptiert - natürlich was sonst?! Gibt es auch einen "Seelenkrebs"...? Mein Suizid hätte nichts mit den Angehörigen zu tun, sondern NUR mit MEINER fehlenden Kraft immer und immer wieder den gleichen Kampf aufzunehmen - ohne einen Sinn erkennen zu können und das könnte mir auch KEINER abnehmen - das liegt GANZ ALLEIN AN MIR, welcher Seite ich mich zuwende.

...und doch und nun komme ich tatsächlich zum Schluss - und doch muss ich ich Helmut zustimmen, wenn man weiß geliebt zu werden, dies spürt - dann ist viel gewonnen, wenn es ECHTE LIEBE UND FÜRSORGE ist, dann ist ein Brief, ein Telefonat 1000 mal mehr wert als tägliche "Pflichtbesuche", dann bekommt die "Lebensseite" wieder Farbe, Inhalt und wenn`s gut geht sogar Sinn. Wenn man aber spürt, der andere schaut nur auf die Uhr, sagt vielleicht noch vorwurfsvoll "was soll ich denn noch machen, ich versuch doch schon alles dass es dir besser geht...?!"... Aber so ist es ja immer mit der Liebe... diese ehrliche Liebe vermag mehr als der Verstand meint...

Das Wort zum Sonntag sprach... nein, Quatsch - ich wünsche euch allen Mut zur offenen, ehrlich kommunizierenden Liebe und die Bereitschaft sich auch einmal "die Schuhe des Gegenübers anzuziehen" und ein Stück sein Leben zu leben...

Dies sind ausschließlich MEINE GEDANKEN UND GEFÜHLE, DIE NICHT ZUR DISKUSSION STEHEN, DENN SIE SIND SO (zur Zeit) und können deshalb FÜR MICH auch NICHT FALSCH sein, auch wenn sie andere Menschen als völlig daneben empfinden mögen. Ich teile sie gern mit, um anderen Menschen einen Blick in meine Welt zu ermöglichen - wie eine Gartenschau, die man als Anregung nutzen, schrecklich finden oder/ und aber nicht 100%ig toll finden muss.

Alles Gute auf Eurem Weg - Petra

Geändert von Petra_S (24.11.2012 um 22:59 Uhr)
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  #18  
Alt 25.11.2012, 12:09
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Guten Morgen Petra,

hab mal nachgesehen. Sabbimaus war seit ihrem Post nicht mehr on. Vielleicht weiß sie gar nicht, was aus ihrem Thread geworden ist. OK, man kann ja auch als Gast lesen. Trotzdem finde ich, daß diese Entwicklung nicht so ganz daneben ist.

Ich bin überrascht von der Ehrlichkeit und dem Mut (?) mit dem nicht nur du hier schreibst. Deine Posts habe ich mehrfach gelesen. Habe versucht dich zu verstehen und mir Gedanken gemacht. Ich will mir nicht anmaßen, der große 'Versteher' zu sein, dazu fehlen mir die Voraussetzungen. Ich kann nur zurückdenken an meine akute Zeit und auf dieser Basis so einiges für mich nachvollziehen. Das ist für mich der einzige Weg, wenn ich zumindest teilweise verstehen möchte. Trotzdem bleibt das gefährlich, da ich nicht wissen kann, ob meine Gedanken nicht vielleicht doch in die falsche Richtung laufen.

Naja, was soll man sonst machen, wenn man mit jemandem reden möchte in Situationen wie deiner oder anderer aus diesem Thread/diesem Forum. Diese Gefahr muss man eingehen. Du hast es selbst angesprochen und ich auch: jeder ist letztendlich für sich selbst verantwortlich und niemand kann so ganz in die Gedankenwelt des anderen eindringen. Nur, versuchen sollte man es, soweit der andere es zulässt, ansonsten ist alle Schreiberei und jedes Gespräch sinnlos.

Du hast erneut die Liebe zu dem oder der Betroffenen angesprochen. Nun ja, man kann nun wirklich nicht behaupten, daß wir uns alle im üblichen Sinne liebten oder wir reale Freunde wären. Warum also dann? Nenne es Nächstenliebe oder einfach: da ist ein Mensch mit schweren Problemen und dieser Mensch ist mir wichtig und ich nehme ihn ernst. Bereits das sollte Grund und Motivation genug sein. Wenn man so will, auch eine Form der Liebe.

Damals, vor nun fast 5 Jahren, habe ich selber geschrieben: "Ich brauche keinen Psychiater. Ich lasse mir meine Trauer nicht schönreden." Dazu stehe ich auch heute noch. Wohl bemerkt, das gilt für mich, nicht unbedingt für andere. Miteinander schreiben, reden, das ist das gleiche. Eine Lösung habe ich nicht für dich oder andere. Nur, wenn ich schreibe, daß ich das Leben (wieder) schön finde, so gilt das für mich. Für dich und andere heißt das nur, dass ich für mich einen Weg gefunden habe aus genau den gleichen Löchern heraus zu kommen. Ein Beispiel also, das sicherlich ein bisschen Mut machen kann (und auch soll ).

Genau wie du habe ich mich auf diese schwarzen Löcher eingelassen. Voll! Es war grausam. Die Frage ist, wie komme ich da wieder raus? Denn ein Scheitern hätte katastrophale Folgen für mein Leben gehabt. Ich denke, da unten, ganz tief, da steht das Gespenst der Depression im Raum. Nimmt sie einen in Besitz, dann kommt man ohne fremde Hilfe nicht mehr raus aus dem Loch, weil man es vielleicht nicht mehr will, man keinen Willen mehr besitzt. Du hast das angesprochen. Der einzige Ausweg bleibt die Katastrophe für das Leben. Wobei man das vermutlich dann gar nicht als solche ansieht? Doch was spricht gegen ein zeitweises Funktionieren in der Oberwelt? Nichts. Dieses Recht hat man. Nicht die Pflicht.

Neulich sah ich einen Film über Gletscher in Island. Zwei Forscher kletterten in eine Gletscherspalte. Das Eis knackte vernehmlich, es war in Bewegung. Jederzeit könnte die Spalte ruckartig enger werden, zugehen. Die einzige Sicherung waren Seile, die oben von anderen gesichert wurden. Im Notfall könnte man die Beiden schnell nach oben ziehen. Was brauchten die Beiden da unten in der Spalte, um sich in eine so große Gefahr begeben zu können? Risikobereitschaft, Mut, Vertrauen und Menschen, die oben standen und im Notfall eingreifen können. Ohne diese wird das Ganze zum Glücksspiel. Tausendmal kann es gut gehen. Beim tausendunderstenmal geht die Spalte zu. Ok, das wars dann. Ende.

Vertrauen nicht nur in andere, vor allem auch in sich selbst. Daß man zumindest glaubt, genug Kraft zu besitzen, im Notfall wieder nach oben zu kommen. Und in die Anker, die ins Eis geschlagenen Haken. Für mich waren es meine Kinder, ganz besonders meine Enkel, und nicht zuletzt Freunde. Die sagten: "Seil dich ab. Geh runter. Ich halte dich." Nur wer unten ist, kann auch wieder nach oben klettern im Bewusstsein der Gefahr. Das ist wohl bemerkt ein Weg. Ganz sicher nicht der einfachste, ungefährlichste, und bei weitem kein Muß. Doch je nach individueller Situation ohne Alternative. Man sucht ihn sich nicht aus.

Das ist jetzt auch nicht das Wort zum Sonntag . Nur so meine Gedanken.


Fühl dich gedrückt,

Helmut
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Geändert von HelmutL (25.11.2012 um 12:18 Uhr)
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  #19  
Alt 25.11.2012, 13:38
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Hallo zusammen, insbesondere hallo Helmut!

Vorab, nein ich sehe es nicht als Diskussion. Du hast mir deinen "Garten" gezeigt, vielen Dank, dass auch Du die Tür aufgemacht hast. Du sagst nicht meine Stauden stehen an der falschen Stelle, sondern Du sagst, Du hast Deine lieber da oder da hin gepflanzt, weil Du meinstest das sei besser. Völlig okay für mich. Wie Du schreibst, die Bedingungen für jede Pflanze sind in jedem Garten anders, die Möglichkeiten usw., usw. ...

Zitat:
Neulich sah ich einen Film über Gletscher in Island. Zwei Forscher kletterten in eine Gletscherspalte. Das Eis knackte vernehmlich, es war in Bewegung. Jederzeit könnte die Spalte ruckartig enger werden, zugehen. Die einzige Sicherung waren Seile, die oben von anderen gesichert wurden. Im Notfall könnte man die Beiden schnell nach oben ziehen. Was brauchten die Beiden da unten in der Spalte, um sich in eine so große Gefahr begeben zu können? Risikobereitschaft, Mut, Vertrauen und Menschen, die oben standen und im Notfall eingreifen können. Ohne diese wird das Ganze zum Glücksspiel. Tausendmal kann es gut gehen. Beim tausendunderstenmal geht die Spalte zu. Ok, das wars dann. Ende.
Zwei FORSCHER – wo meinst Du liegt die Entsprechung? Diese Forscher klettern freiwillig in die Spalte um zu Forschen. Meinst Du der Trauernde, der sich entschließt in die „Gletscherspalte der eigenen Trauer" hinab zugleiten, um dann mit Erkenntnissen über sich und die Welt wieder heraus zu kommen ist die “Entsprechung“? Okay – gehen wir davon aus. Das ist dann eine bewusste Entscheidung, zu der man den Mut aufbringen muss. Wobei ja der Haken eigentlich schon ist, dass es ein FORSCHER ist – was heisst sein Beruf entspricht ja schon dieser Aufgabe, des Hinabkletterns. Der Trauernde ist somit ja nicht aus Berufung Forscher, sondern unfreiwillig dazu gekommen nun AUCH Gletscherspalten auf seiner Lebenswanderung zu finden.

Also wäre mir lieber das Bild eines begeisterten Gletscherwanderers = ein Mensch der offen durch sein Leben wandert, wohl wissend um die Gefahren, wenn er sich voll darauf einlässt… Der Lebensweg eine Gletscherwanderung… Dieser begeisterte Wanderer stürzt innerhalb kürzester Zeit (14 Jahre) immer wieder in die Trauer-Gletscher-spalte, durch den Verlust (3 mal immer der beste Freund und Lebensgefährte und auch weiterer anderer). Es gibt auch etwas andere Gletscherspalten, auch gefährliche (auch nahestehende, geliebte Menschen) – aber die „Lebensgefährtespalten“ sind besonders gefährlich und tief, weil sie so eng mit der eigenen direkten Zukunft verbunden sind. Gut, die Zeiten des unten Hockens und Käfte sammelns werden länger, der Strick wird spöder, die Menschen oben verlieren auch die Kraft, mancher geht und kann nicht mehr mit hoch ziehen….die eigene Kraft schwindet… Kann man es verübeln, dass die Begeisterung für die Gletscherwanderungen schwindet???

Natürlich ist oben ein toller Sonnenschein, eine super Landschaft und Chancen… Jedoch eben auch Gletscherspalten … und eine Gesellschaft, die auf ihren Hochglanzfotos nur die strahlenden, glitzernden Eisberge in tollem klaren Sonnenlicht verkaufen will, die Gletscherspalten verschweigent. Eine Gesellschaft, die in der Werbung suggeriert, eine KOMPLETTE (perfekte) Familie isst die PERFEKTEN Sonntagsbrötchen 8in dem perfekt eingerichteten Haus), wenn man mal KEINE ZEIT für Schmerzen hat, nimmt man die und die (perfekte) Tablette und schon strahlt man wieder (wie gewünscht) und funktioniert tadellos (wenn sie dürften, würden sie behaupten es sei besser als vorher!), Politiker streiten sich in Talkrunden bar jeden Anstandes und Respektes, unehrlich bis zum schlecht werden, Frisuren, Figuren und Talente werden hochgeputsch, während im Sender nebenan eine Nonne über die Welt in Pakistan erzählt im Glimmerglänzelicht stehend, manche Zuschauer sehen verschämt weg, andere zupfen Frisur und Kleid zurecht, schauen pikiert, wie diese Dame diesen tollen Glänzeglitterabend versauen kann, mit ihren unangenehmen Schilderungen des Lebens, Vegetierens in den Gletscherspalten…. Diese Welt will mir/ uns erzählen, dass WIR uns „unnormal“ verhalten und ENDLICH wieder normal so wichtigen Dingen widmen müssen wie dem Weihnachtsbraten, dem 120igsten Antrag auf einen Antrag um dann 12,50€ mehr in der Tasche zu haben, die wir dann der EON weiterreichen?
So finde ich es legitim, dass ich mir täglich überlege, ob ich zu Hause bleibe, mich von der „normalen“ Welt zurück ziehe oder loslaufe, mich wieder auf das Gletschereis begebe, nicht mehr aus Begeisterung, aber ggf. evtl. mal einen anderen Wanderer, der wie Hans-guck-in-die-Luft NUR das Hochglanzfoto zu finden versucht, auf die Gletscherspalte zwei Schritte vor ihm , aufmerksam mache. Oder mit an einem Seil zu ziehen, wo niemand oder wenige Entkräftete ziehen… Aber auch dazu muss man sich entschließen, jeden Tag neu seine eigene Kraft prüfen, jeden Tag neu WOLLEN KÖNNEN.

Zitat:
Vertrauen nicht nur in andere, vor allem auch in sich selbst. Daß man zumindest glaubt, genug Kraft zu besitzen, im Notfall wieder nach oben zu kommen. Und in die Anker, die ins Eis geschlagenen Haken. Für mich waren es meine Kinder, ganz besonders meine Enkel, und nicht zuletzt Freunde. Die sagten: "Seil dich ab. Geh runter. Ich halte dich." Nur wer unten ist, kann auch wieder nach oben klettern im Bewusstsein der Gefahr. Das ist wohl bemerkt ein Weg. Ganz sicher nicht der einfachste, ungefährlichste, und bei weitem kein Muß. Doch je nach individueller Situation ohne Alternative. Man sucht ihn sich nicht aus.
Das war DIESES Mal DEIN Weg – unbestritten toll, wirklich! Hast Du so viel Vertrauen in Dich, Dein Leben, Deine Überzeugung, dass Du weisst, das kannst Du noch ein, zwei, dreimal – immer wieder raus aus der Lebensgefährtengletscherspalte… und wirst immer wieder los marschieren?

Auch meine Fragen, kein Angriff, nichts dahinter - eine Frage ist eine Frage nicht mehr und nicht weniger. Und aufrichtigen Dank für Deine Zeit, Deine Führung durch Deinen Garten... ! Staunen, wundern, nachmachen, Anregungen holen, sich gegen die Gartenarbeit entscheiden... alles erlaubt, menerseits!

Einen angenehmen, "Früchte treibenden" Sonntag noch...egal wodurch.
Petra

Geändert von Petra_S (25.11.2012 um 13:50 Uhr) Grund: einige der auffällisten Rechtschreibfehler beseitigt...
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  #20  
Alt 28.11.2012, 19:13
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Hallo Petra,

ich beginne mal von hinten. Auch ich stelle ja Fragen. Oft ohne Fragezeichen.

Das 1. Mal erlebe ich gerade. Ich denke, das geht ganz gut. Wie es das 2. Mal wird, kann ich nicht wissen. Ich weiß ja nicht einmal, ob es ein 2. Mal geben wird, doch es könnte durchaus. Vielleicht bin ich derjenige, der dieses 2. Mal bei jemand anderem auslöst. Wie auch immer kann ich nur sicher sein, überzeugt sein, daß ich die Kraft habe, das auch zu überstehen (wie auch umgekehrt). Wie? Keine Ahnung. Das kann man nicht wirklich im Voraus wissen. Nur glauben, hoffen und den Mut haben, sich überlegt darauf einzulassen.

Du hast es ein 3. Mal versucht (ich hoffe, ich habe das richtig gelesen) und es ist ein 3. Mal passiert. Wie das bei mir dann ausgehen könnte, da kann ich weder wissen noch glauben. Ich kann mir jedoch durchaus vorstellen, daß da alle Hoffnung mit begraben wird. Ist es so, als sagte man einem Beinamputierten: "Du atmest ja noch. Jetzt lauf mal schön weiter!"? Dabei schafft er es gerade mal, sich mühsam mit blutenden Händen über den Boden zu schleppen. Natürlich kann auch ein so geschlagener Mensch wieder bescheidene Freude am Leben gewinnen. Vielleicht sogar mehr und echter als so mancher sogenannter gesunder Zeitgenosse. Ich kann jedoch auch verstehen und akzeptieren, wenn er sagt: "Ich will nicht mehr!" So schwer mir das auch fällt. Jedoch das mir auf mich selbst bezogen ausmalen, das kann ich nicht. Weder das eine noch das andere. Ich werde mich auch hüten, das zu tun. Es könnte sich als schrecklicher Irrtum herausstellen.

Ok. Forscher in dem Zusammenhang ist blöd. War halt in dem Film so. Ein Forscher will ja Erkenntnisse gewinnen, die nützlich für die Menschheit sind und viele wollen diese Ergebnisse ja auch hören. Deine hingegen oder meine? Wer? Vor allem wem nützen sie? Einer handvoll Menschen in der interessierten Umgebung (incl. Forum) vielleicht und da auch nur individuell bedingt und zudem ist die Fähigkeit und/oder der Wille helfen zu wollen stark von der eigenen Tagesform abhängig. Wie du schreibst: den Wanderer vor einer Gletscherspalte warnen und ihm Anregung geben, wie er vielleicht wieder herauskommen könnte, falls er trotzdem hinein stürzt. Oder falls er bereits drinn steckt, ihm dann wenigstens eine warme Jacke reichen und einen heißen Tee, falls man kein Seil zur Hand hat oder zu schwach zum Ziehen ist. Oder einfach mit ihm reden, falls man dazu die Kraft hat.

Forscher bin ich nicht in der Gletscherspalte. Da bin ich Opfer. Forscher (aus Eigennutz) kann ich auf dem mühsam erklommenen Berg sein, um nach meinem Ich Ausschau zu halten. Doch über mich selbst was lernen konnte ich auch als Opfer. Im Nachhinein. Denk ich mal. Für mich ist das so. Geht das? Einmal Opfer und einmal Forscher sein? Verdammt schwer. Für manche vielleicht unmöglich?


Ganz liebe Grüße,

Helmut
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