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Alt 27.02.2009, 21:44
Migge Migge ist offline
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Registriert seit: 06.04.2007
Beiträge: 15
Standard Ein Jahr schon ohne Dich ...

Meine liebe Mama,
nun ist er da, der 27.02.2009. Wir sind jetzt schon ein Jahr ohne Dich und wir, Papa und ich, fühlen uns, als wäre es gestern gewesen.
Ich möchte Dir heute einfach ein Paar Zeilen widmen, Dir ein bißchen was erzählen ...
Ich habe in den letzten Tagen wieder viel in diesem Forum geblättert, auch im Hinterbliebenenforum, denn da gehören wir jetzt auch hin, leider. Einerseits tut es gut, hier zu lesen; denn wir sind mit unserem Schmerz nicht die einzigen. Andererseits merke ich auch, daß ich nach dem Lesen jedes mal völlig am Ende bin.

Im März 2007 wurde die Diagnose Darmkrebs gestellt. Du hattest keine Beschwerden, außer leichten Blut im Stuhl. Dein Hausarzt machte eine Darmspiegelung und überwies Dich direkt ins KH. Es folgten viele Untersuchungen. Am 2. Abend habe ich den Oberarzt angetroffen, dieser wollt mir das Röntgenbild Deiner Leber erklären.
Ein Blick auf das Bild reichte mir, ich wußte bescheid. Es waren 8 Metastasen.
Es hat uns überrollt wie eine Lawine, 1000 Fragen standen im Raum. Dann ging alles sehr schnell. Bis Dezember 2008 hattest Du viele Zyklen Chemo. An Weihnachten und Silvester warst Du schon sehr schwach, aber ihr seid nochmal bei uns gewesen zum Essen. Du warst so Stolz auf unser neues Haus und den Garten. Dann mußte ich für 3 Wochen dienstlich verreisen. Es ging nicht anders. In dieser Zeit kam Dein Anruf, der Oberarzt möchte uns dringend sprechen. Ich habe Papa gebeten mitzugehen, wir wußten beide, daß er keine guten Nachrichten für uns hat. So war es dann auch. Wir haben Dich mit nach Hause genommen und Dich gepflegt. Du wurdest immer schwächer und dünner. Du konntest nicht mehr alleine zur Toilette. Mein Gott, was für ein schlimmer Anblick. Du warst bis fast zum Schluss immer darauf bedacht, daß Deine Haare auch immer ordentlich sind. Zum Glück sind Dir diese nach der Chemo geblieben.
Am 27.02.2008 hat mich Papa um halb 4 nachmittags angerufen, ich müsse sofort kommen. Wir, Erich und ich, mußten allerdings 50 Minuten Autofahrt in Kauf nehmen.
Als wir ankamen, warst Du schon tot. ...
Ich konnte es nicht fassen. Ich war schon wieder zu spät. Als Dein Schwiegervater im Mai 2000 starb, war ich auch zu spät.
Ich habe Papa nur gefragt, warum er nicht früher angerufen hat. Er wollte es nicht Wahr haben. Dann ging alles sehr schnell. Beerdingung, Beileidskarten, Danksagungen ....
Und dann versuchten wir, daß Leben irgendwie zu Leben.
Es kam Ostern, daß erste Ostern ohne Dich ... Es verging ...
Dann kam Dein Geburtstag, der einzige Tag, an dem ich in diesen 365 Tagen an Deinem Grab war, ich schaffe es einfach noch nicht. Papa geht jeden Sonntag und Oma kauft jede Woche eine Rose für Dich.
Irgendwie versuchen wir alle, die Dinge, die Du so ganz selbstverständlich erledigt hast, irgendwie zu kompensieren, aber wir kriegen es nicht so hin wie Du. Deinen Garten versuche ich auch einigermaßen ordentlich zu halten, nicht so einfach bei der Größe und der Entfernung, bis da bin.
Im Oktober haben wir uns ins Auto gesetzt und haben Sepp besucht. Auch da haben wir Dich sehr vermißt. Du warst es eigentlich, die immer mal dorthin wollte.

Dann kam der Tag, an dem Papa sagte, er könne nicht mehr in der Wohnung leben und zöge eine Etage höher zu seiner Mutter. Was für ein Alptraum. Er löst einfach mein zu Hause, in dem ich fast 30 Jahre gelebt habe, auf. Er kann einfach nicht alleine abends in diese Wohnung gehen, Du fehlst eben überall. Seit November wohnen ehemalige Nachbarn in Eurer Wohnung. Ich weiß, daß Dir das recht gewesen wäre und trotzdem war es ganz schlimm für mich. Dann kam Paps Geburtstag, wir haben meinen und auch Papas einfach verstreichen lassen. Es gibt keinen Grund zu feiern.
Dann war Papa mehrmals im KH. Ich hatte furchtbare Angst, ich dachte immer nur, wenn ihm jetzt auch noch was passiert ... Er hat ein kleines Problem mit seinem Herz, aber nichts, was man nicht in den Griff bekommt.
Dann rückte Weihnachten und Silvester immer näher. Wir wollten es ganz anders machen, als all die 39 Jahre vorher. Papa und die beiden Omas sollten zu uns kommen. Daraus wurde nichts, Papa lag mit Fieber im Bett.
Auch das haben wir irgendwie überstanden.
Und dann kam der nächste Schicksalsschlag, ich hatte im Januar diesen Jahres eine Fehlgeburt nach einer künstlichen Befruchtung. Papa hat mich so gut wie es eben ging getröstet. Aber in dieser Situation kann einem niemand die Mutter ersetzen. Und dabei hast Du Dir so sehr Enkelkinder gewünscht. Ja, daß das bei uns nicht so einfach wird, daß wußtest Du, wir hatten mal darüber gesprochen. Aber wir werden es nochmal probieren, auch wenn die biologische Uhr schon lange tickt. Diesen Wunsch möchte ich Dir und Papa auf jeden Fall erfüllen.

Und heute ist nun Dein erster Todestag.
Ich weiß manchmal nicht, wie es weitergeht. Es ist so einsam ohne Dich. Ich sehe mir so oft Bilder von Dir an und wünsche mir die Zeit mit Dir zurück. Wir wollten noch soviel besprechen, wir hatten so viele Pläne, wir wollten nochmals zusammen in die Schweiz fahren. Weißt Du noch im Januar 2006, da war unsere Welt noch in Ordnung, wir wollten Ski laufen, aber hat geschneit, 5 Tage lang. Und es war trotzdem schön.
Und nun sitze ich hier an meinem Schreibtisch und kann eigentlich keinen klaren Gedanken mehr fassen, außer der Frage: Warum hast Du am 27. nicht gewartet bis ich bei Dir war? Papa hat gesagt, Du bist einfach so eingeschlafen, eigentlich ein schöner Tod, mit 62 J. allerdings viel zu früh.
Was mich immer und immer wieder etwas tröstet, Du hast nicht gelitten, Du hattest keine Schmerzen. Gott sei Dank.

Ich werde gleich noch eine Kerze für Dich anzünden. Vielleicht gibtst Du mir ja mal ein Zeichen.
In tiefer Liebe
Deine Migge
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