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  #1  
Alt 06.03.2014, 16:53
simi1 simi1 ist offline
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Beiträge: 551
Standard AW: wenn es zum schlimmsten kommt...gehen oder bleiben?

Liebe KimiKater,

die Ausgangsfrage bezog sich nicht auf die verschiedenen Aspekte der aktiven und passiven Sterbehilfe. Sum1 hatte gefragt, ob man sich als Patient in der Endphase nicht zurückziehen sollte, um seinen Angehörigen den Anblick und das Miterleben des Sterbens zu ersparen.

Zu deinen Gedanken:
Ich habe auch Grenzen im Kopf, bei deren Überschreiten ich mir heute vorstelle, erlöst werden zu wollen oder mich selbst erlösen zu dürfen. Jedoch habe ich im Krankheitsverlauf meines Vaters erlebt, dass man in der akuten Situation oft ganz anders empfindet. Er war ein großer Befürworter der Sterbehilfe und wollte das für sich im Fall der Fälle auch in Anspruch nehmen dürfen - bis es eines Tages so weit gewesen wäre. Plötzlich hat er um jeden Tag und um jede Stunde gekämpft. Hatte nur ein Ziel: Überleben, bis ihn der medizinische Fortschritt heilen kann.

Meine heutiger Wille und Plan ist also möglicherweise in der konkreten Situation ein völlig anderer und ich muss das wohl ergebnisoffen auf mich zukommen lassen.

Herzliche Grüße
Simi
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  #2  
Alt 06.03.2014, 22:47
sum1 sum1 ist offline
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Beiträge: 29
Standard AW: wenn es zum schlimmsten kommt...gehen oder bleiben?

hallo zusammen

ich danke euch allen ganz herzlich für eure zeilen und gedanken, sie helfen mir wirklich weiter, die dinge aus verschiedenen winkeln zu betrachten. gleichzeitig möchte ich betonen, dass ich nicht selber krank bin (falls dieser eindruck entstanden sein sollte) sondern ein elternteil von mir.

ich bin ja erwachsen und ich würde auch nicht wollen dass meine eltern sich zurückziehen, ich möchte sie auch begleiten. meine frage ging eher in die richtung, ob man kleinen kindern (meines ist 4 jahre alt) im fall der fälle sowas ersparen sollte. vielleicht war die frage auch doof, es gibt ja eh keine "richtige" antwort. aber es ist sehr schön verschiedene ansichten und einstellungen zu lesen. danke.
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  #3  
Alt 06.03.2014, 23:07
Cecil Cecil ist offline
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Beiträge: 553
Standard AW: wenn es zum schlimmsten kommt...gehen oder bleiben?

Ich habe bisher nur meine beiden Omas in den Wochen bzw. Tagen kurz vor ihrem Tod gesehen. Sie sind an Altersschwäche gestorben. Die eine hatte in den letzten Tagen, so wie es aussah, ein schwaches Herz, zunehmend Wasser in der Lunge und lag auf der Seite. Sie wollte uns noch dringend irgendetwas sagen, konnte aber nicht mehr sprechen. Die andere stellte nach und nach erst das Essen und dann das Trinken ein.

Ich war erwachsen und wusste, dass es jeweils auf das Ende zu geht. Ich wusste auch oder durfte sicher annehmen, dass vor allem meine jüngere Oma es als Erlösung empfand gehen zu dürfen. Trotzdem war ich auch beim zweiten Mal von meinen Empfindungen überwältigt.

Daher würde ich Kinder zwar über das Unvermeidliche aufklären, mit dem Abschiednehmen aber nicht zu lange warten. So, wie Kinder bis zu einem gewissen Alter auch noch nicht bei einer Entbindung unmittelbar anwesend sein sollten. Der Anblick würde sie meiner Meinung nach emotional völlig überfordern.
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  #4  
Alt 07.03.2014, 11:48
simi1 simi1 ist offline
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Beiträge: 551
Standard AW: wenn es zum schlimmsten kommt...gehen oder bleiben?

Hallo Sum,

ich denke, das kommt auf die Umstände und den Zustand des Sterbenden an. Generell sind junge Kinder sehr viel näher am Lauf des Lebens dran und viel pragmatischer als wir Erwachsene - wenn man sie denn lässt.

Natürlich muss man viel mit dem Kind reden und genau erklären. Fatal halte ich Aussagen, wie "der Opa ist krank und stirbt jetzt" oder "Opa war schon alt". Das muss man schon ausführlicher besprechen, denn sonst liegt eines Tages Papa krank (mit grippalem Infekt) im Bett und das Kind macht sich Sorgen. Auch der Begriff "alt" muss in ein Verhältnis gesetzt werden. Für unsere Kinder sind auch wir Eltern alt.

Unser Kleiner war sieben, als seine Schwester verstorben ist. Er war in ihren letzten Tagen immer für ein, zwei Stunden mit bei ihr und das hat beiden Kindern gut getan. Am Todestag selbst hatten wir die Brüder nicht mehr dabei. Aber weniger wegen des Anblicks, sondern mehr wegen des Röchelns und der Atemaussetzer in der Finalphase. Und ein gutes Stück auch aus "Eigeninteresse". Wir mussten uns ohne die Anwesenheit unserer Söhne nicht so sehr zusammenreißen. Hatten nämlich die Befürchtung, selbst die Kontrolle über die eigenen Emotionen zu verlieren und die Jungs damit zusätzlich zu belasten.

Ich wünsche euch alles Gute und viel Kraft
Simi
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  #5  
Alt 07.03.2014, 12:17
Cecil Cecil ist offline
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Standard AW: wenn es zum schlimmsten kommt...gehen oder bleiben?

Zitat:
Zitat von simi1 Beitrag anzeigen
.... Aber weniger wegen des Anblicks, sondern mehr wegen des Röchelns und der Atemaussetzer in der Finalphase. ...
Das war es, was ich eigentlich mit "Anblick" meinte. (Wortfindungsstörungen meinerseits.)
Das gab es auch schon die Tage davor. Entrücktheit.
Danke, Simi. Bewundere Deine Kraft beim Schreiben dieser Sätze.
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  #6  
Alt 07.03.2014, 13:31
simi1 simi1 ist offline
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Beiträge: 551
Standard AW: wenn es zum schlimmsten kommt...gehen oder bleiben?

Zitat:
Zitat von Cecil Beitrag anzeigen
Danke, Simi. Bewundere Deine Kraft beim Schreiben dieser Sätze.
Ach Cecil,
danke, aber heute ist es die Kraft der pharmazeutischen Produkte.
Nach den Ereignissen und Erinnerungen der letzten Tagen war etwas "Wolke 7" einfach notwendig.

Liebe Grüße
Simi
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  #7  
Alt 18.03.2014, 18:46
hierfalsch hierfalsch ist offline
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Beiträge: 395
Standard AW: wenn es zum schlimmsten kommt...gehen oder bleiben?

... als meine Mama mit der Nachricht "nicht mehr lange zu leben" nach Hause kam, wollte ich es einfach nicht wahr haben. Sie war SO stark. Sie hatte IMMER alles gekonnt. Das sollte sie jetzt einfach weiter so machen...
einfach "trotzdem nicht sterben..."

Mit dem Fortschreiten der Krankheit begriff ich ganz langsam: Menschen sterben, wenn sie einen Zustand erreicht haben, in dem sie nicht leben können. Und als meine Mama diesen Zustand erreicht hatte "musste" auch sie sterben...

Wäre meine starke lebenslustige Mama mit einem Lächeln aus meinem Leben spaziert - ich hätte das Gefühl gehabt, dass sie mich verlassen hat. Dass sie gegangen ist, statt bei mir zu bleiben. Erst als ich mit meinen eigenen Augen sah, wie sich die Haut und die Augen gelb färbten, wie der Körper sich aufblähte, als ich hörte, dass sie wirres Zeug redete und sie kaum noch ansprechbar war, da verstand ich: sie ist so lange geblieben, wie es möglich war. Jetzt ist es nicht mehr möglich...

Ich hatte nie das Gefühl, sie hätte mich verlassen. Weil sie nicht "gegangen" ist... sie ist so lange weniger geworden, bis nichts mehr da war...

Manche Dinge muss man sehen. Sie sind hart und man vergisst sie nie wieder. Aber man lernt dadurch ein Stück mehr, was das heißt: "Leben" -

Meine Meinung: Beschütze Deine Kinder nicht vor dem Leben. Es wird nicht leichter und jetzt haben sie Dich, der sie liebt und ihnen hilft...
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