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Alt 31.05.2012, 22:32
rita2210 rita2210 ist offline
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Standard AW: bronchialkarzinom endstadium kleinzellig

Liebe Dani,

unsere Geschichte (weil du nach unserem Schicksal fragtest) kannst du hier nachlesen bei Gelegenheit

http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=54955

Meiner Mama ging es heute vergleichsweise zu Montag etwas besser. Hilfreich war auch das Gespräch mit unserer Onkologin. Wir konnten nochmal mit ihr besprechen, dass meiner Mama immer so schwindelig ist, wenn sie steht, sie sehr wackelig auf den Beinen steht, aber nicht so orientierungslos ist, dass sie nicht wisse, wo und dass sie ihre Füße jetzt aufsetzt. aber ihre Hände haben neuerdings auch so stark und unkontrolliert gezittert, dass sie regelmäßig Wasser aus dem Glas kippt oder auch die Tabletten fallen lässt. Die Feinmotorik leidet gerade total. Die Ärztin möchte nochmal die Medikation besser einstellen (man ist wirklich sehr bemüht), so dass Mama am Tage weniger müde ist und dafür die Nächte durchschlafen kann. Die letzten zwei Wochen war es so, dass sie tagsüber auch oft wegdämmert und nach eigener Aussage sofort anfängt zusammenhanglose Dinge zu träumen und sogar dabei spricht. Verarbeitung, schätze ich. Wenn sie schläft, zuckt sie auch unheimlich viel und auch der gesamte Oberkörper hebt sich so heftig, dass es für mich fast immer wie schwere Atmung wirkt, wie ein unheimlicher Kraftakt, aber sie selbst sagt, sie bekommt gut und genug Luft.

Auch hat die Ärztin dringlich dazu geraten, sie solle sich so weit wie möglich aufrappeln, um ihre Muskulatur zu aktivieren, ansonsten befürchtet sie, dass noch alles viel schneller viel schlimmer werden könnte.

Ich habe Mama dann überreden können mit mir Hand in Hand drei (das ist wahnsinnig viel) Runden durch die gesamte Station zu gehen, sehr langsam, aber sie war super, absolut stark. Ich war so stolz auf sie. Ich habe mich so gefreut und habe einfach die Hoffnung gespürt, dass wir, wenn wir uns ranhalten vielleicht ein wenig mehr Zeit gewinnen könnten.

Aber danach war sie platt. Ich bin dann gefahren und sie wollte einfach nur schlafen. Nächste Woche soll sie entlassen werden. Es geht nach Hause. Sie freut sich gar nicht darüber und hat große Angst davor. Es bricht eine ganz neue und ungewisse Zeit an. Raus aus dem Schutz des Krankenhauses. Ich hoffe, sie spürt schnell, dass es angenehmer für sie sein wird, aber dafür muss alles bestens organisiert sein. Ich sehe das als meine größte Herausforderung. Problem nur, wir wohnen 50 Km/h voneinander entfernt. Ich fahre bis ans Ende der Welt für sie, aber ich habe Angst z.B. nicht schnell genug da sein zu können...etc. Ich hoffe, ich bekomme es auf die Reihe. Ich wünsche mir nun nur noch, dass sie (sie muss es nicht aussprechen) in ihrer Lage noch so oft wie möglich Freude zu empfinden...ich bin für Anregungen eurerseits übrigens sehr dankbar.

Dani, die Hand zu halten und ein gutes Gespräch zu haben biete ich auch immer immer immer an und ich spüre, dass gerade dass ihr sehr viel Kraft gibt. Manchmal drückt sie einfach ganz fest zu ohne Worte. Sie sucht Halt in all ihrer Angst und Verzweiflung und ich drücke umgehend ganz fest zurück und antworte ihr wortlos "Mama, ich bin immer für dich da und bei dir"

Ich schätze, dass wird bei deiner Mama ganz ähnlich sein. Dani, es ist gut, dass es uns gibt und ich (in aller Bescheidenheit) danke Gott, dass unsere Eltern uns haben, denn trotz begleitender Zweifel, ob ich alles richtig mache und nicht doch noch mehr oder besseres tun könnte, spüre ich in meinem Inneren, dass wir alles geben und bald schon noch über uns hinauswachsen werden.

Darf ich dir und allen, die hier lesen noch eine Frage stellen? Meine Mama war heute sehr sehr klar und wir haben wie immer über Gott und die Welt geredet, aber die Gespräch haben heute sehr konkret dahin geführt...nun ja...meine Mama hat mir genaue Angaben dazu gemacht, was sie anziehen möchte, wenn sie geht, wie das Grab aussehen soll, was mit Papa wird und ach...ich habe nach außen so rational gewirkt, meine Stimme war sanft und ich habe wie automatisiert Gegenfragen zu stellen, damit wirklich alles so läuft wie sie es möchte, als wäre auch dieses Gespräch das normalste auf der Welt, aber es hat mir Gänsehaut verpasst und mir ist schlecht geworden. Könnt ihr das verstehen? Innerlich bin ich mal kurz zusammengebrochen, aber ich wollte ihr den Mut nicht nehmen darüber zu sprechen, weil es ihr so wichtig ist und sie schon den Mut hatte das Thema von sich aus anzusprechen.

Vor wenigen Monaten habe ich solche Aussagen, die in die Richtung gingen, immer sofort gekappt "Och Mama, hör auf damit, du wirst noch alt und runzelig und du darfst dir in 15 Jahren nochmal Gedanken zu dem Thema machen" ....und jetzt...

Dani, entschuldige, das ist soooo lang geworden, und doch nur ein Bruchteil meiner Gedanken täglich, aber das würde den Rahmen sprengen.

Aber du sollst wissen, du machst alles richtig, alles, du bist da, du tauschst dich hier aus, sowohl für dich als auch für deine Mama, du hast den Mut zu sprechen und deine Gefühle zuzulassen und bist vielen anderen Betroffenen somit weit voraus.

Bleib so, mach weiter und ich wünsche dir und deiner Schwester, der gesamten Familie alle Kraft der Welt für deine Mama da sein zu können, bis sie loslässt.

Eine warmherzige Umarmung von einer der vielen hier, die deine Gefühlswelt mit dir teilt.

Rita
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