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  #1  
Alt 11.07.2018, 16:07
Tim1995 Tim1995 ist offline
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Registriert seit: 11.07.2018
Beiträge: 2
Standard Unheilbarkeit verschweigen?

Hallo,

bei meiner Mutter wurde vor einem Jahr Eierstockkrebs festgestellt. Anfangs hieß es noch, es sei alles halb so schlimm und hätte sehr gute Aussichten auf Heilbarkeit.
Jedoch hat nichts geklappt. Weder die Operation, noch eine Chemo-Therapie, noch eine Antihormontherapie. Es wurde stetig schlimmer.

Mittlerweile hat sich der Krebs weit im Körper ausgebreitet. Der Tumor hat mehrere Lymphknoten stark befallen und vor einigen Tagen haben die Ärzte zu mir gemeint, es bestehe der Verdacht, dass sich nun auch Hirnmetastasen gebildet haben. Damit wäre es endgültig vorbei.
Der Kopf wurde nun noch in einem MRT untersucht um Gewissheit zu haben. Morgen haben wir einen Termin zur Besprechung im Krankenhaus, wo uns der Befund und das weitere Vorgehen erläutert wird.

Ich gehe bereits mit Gewissheit davon aus, dass sich die Hirnmetastasen bestätigen werden. Die Ärzte haben überhaupt nicht positiv auf mich gewirkt und auch mehrmals betont, dass ich auf jeden Fall bei dem Gespräch mit dabei sein soll.

Meine Mutter weiß davon allerdings noch nichts. Sie weiß, dass ein Verdacht besteht, dass irgendwas im Kopf ist, aber nicht genau was und wie schlimm das dann wäre. Sie hat keine Ahnung dass das dann bedeuten würde, dass danach nur noch eine palliative Therapie stattfinden könnte. Sie glaubt noch daran, dass - falls sie jetzt eine Chemo oder Bestrahlung machen muss - diese Erfolgschancen auf Heilung hat.

Ich habe sie selbst vor einigen Monaten gefragt, ob sie es wissen wollen würde, falls sie in absehbarer Zeit sterben würde. Sie verneinte das deutlich; sie wolle das auf keinen Fall wissen. Sie will ihr Leben bis zum Schluss "geniesen" und friedlich einschlafen. Sie hat nichts, womit sie "abschließen" will oder was sie unbedingt noch vor dem Tod machen will. Für sie ist es völlig okay, wenn sie morgen nicht mehr aufwacht und es vorher nicht weiß.

Meine Frage ist nun, ob und wie man diesen Wunsch umsetzen kann. Es ihr nicht zu sagen, wie schlimm es ist, wäre ja kein so großes Problem; allerdings hat sie ja höchstwahrscheinlich die Wahl, ob und welche palliative Therapie sie macht. Und ich weiß nicht, ob man ihr diese Entscheidung einfach abnehmen kann - also ob man sie unter einem Vorwand, dass die Therapie sie heilen könnte, zu einer Therapie bewegen kann. Das muss sie ja selbst entscheiden, ob es ihr das wert wäre. Und dazu muss sie ja eigentlich wissen, wie die Situation wirklich ausgeht.

Hat jemand von euch Erfahrungen damit? Oder hättet ihr einfach irgendwelche Ideen, wie ich da vorgehen könnte? Oder sagt ihr, dass der Patient es immer erfahren muss, auch wenn er es selbst nicht will?

Ich plane, morgen vor der Arztbesprechung erstmal alleine mit den Ärzten darüber zu reden und sie auf diesen Wunsch hinzuweisen. Vielleicht finden die dann Möglichkeiten, meiner Mutter nur so wenig Infos wie nötig zu geben, sodass sie zwar die Entscheidung über die Therapie selbst fällen kann, aber nicht unbedingt weiß wie arg schlimm es ist...

Liebe Grüße,
Tim
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  #2  
Alt 11.07.2018, 16:56
Letti Letti ist offline
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Registriert seit: 22.11.2017
Beiträge: 12
Standard AW: Unheilbarkeit verschweigen?

Also wir haben es damals meinem Opa (Blasenkrebs mit Lungenmetas) nicht gesagt und auch der Ärztin gesagt, sie soll es ihm nicht sagen. Hat sich auch jeder dran gehalten.

Mein Opa hatte noch 7 schöne Monate und ist dann friedlich eingeschlafen.
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  #3  
Alt 11.07.2018, 16:57
vintage vintage ist offline
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Registriert seit: 29.05.2009
Beiträge: 745
Standard AW: Unheilbarkeit verschweigen?

hallo tim,

deine mutter klingt ganz klar und sortiert und hat dir gesagt,
dass sie es nicht wissen will.

dem würde ich nachkommen.

trotzdem ist es natürlich gut, wenn auch tatsächlich alles "geregelt" ist
über den letzten lebensabschnitt. also wenn sie noch wünsche hat etc.,
das kannst du ja in gesprächen herausfinden.

viel kraft und gute entscheidungen euch!
__________________
lieben gruß, vintage



Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
starb knapp fünf Monate nach der Diagnose.
* Juli 1965 - + Mai 2015

ED Weihnachten 2014 Darmkrebs mit zu vielen Lebermetastasen,
dann auch Lungenmetastasen...
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  #4  
Alt 11.07.2018, 20:23
Beccamaus Beccamaus ist offline
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Registriert seit: 11.06.2018
Beiträge: 200
Standard AW: Unheilbarkeit verschweigen?

Auch mein Papa wollte nichts wissen und wir mussten immer allein mit den Ärzten reden. Aber immer wenn wir wieder bei Papa waren hat er gefragt was die Ärzte gesagt haben. Er wollte es wissen und doch wieder nicht. Wir haben ihn dann immer die Informationen besser verpackt gegeben. Aber er wusste immer das er Palliativ behandelt wird. Ich denke das ist enorm wichtig für alle Beteiligten. Auf der Palliativstation hatten wir damals richtig Ärger. Sie sagten uns das ein Patient wissen muss wie es um ihn steht ansonsten kann man mit ihm nicht zusammen arbeiten. Also so ganz rauslassen kann man sie nicht leider. Aber ich denke man kann einen guten Mittelweg finden die Wahrheit " netter " zu verpacken.
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  #5  
Alt 11.07.2018, 22:24
Clea Clea ist offline
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Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 561
Standard AW: Unheilbarkeit verschweigen?

Lieber Tim,
es tut mir sehr leid, dass deine Mutter das alles durchmachen muss. Es ist einfach nicht gerecht.
Ich wünsche dir viel Kraft.
Meine Mutter hat auch eigentlich nie viel gefragt.
Sie ist an ihrer Hirnmetastase operiert worden und hat anschließend bestrahlt worden.
Das würde ich mit heutigem Wissen nicht mehr tun.
Die Ganzhirnbestrahlung hat sie fertig gemacht.
Und wir sind zwar noch nicht ganz am Wendepunkt, aber es zeichnet sich ab, dass man bei kleinen, wenigen oder einzelnen Metastasen die Gammaknife-Bestrahlung bevorzugt. Das Gesamtüberleben ist erhöht und die kognitiven Fähigkeiten werden nicht zu sehr eingeschränkt. Die punktgenaue Bestrahlung ist also insgesamt schonender.
Die Ganzhirnbestrahlung bietet keine Vorteile, soweit ist man sich ziemlich sicher. Man lebt weder länger noch besser.
Entschuldige das trockene Runterrattern. Aber wir sind in diese Falle getappt, weil alle sagten, das sei das Schema. Aber dass dieses Schema gewaltig wackelt, das sagt einem keiner.
Mit Ganzhirnbestrahlung zwei Monate, ohne ein paar Wochen. .. was ist das denn? Verrat am Patienten, wenn du mich fragst.
Und dann noch die Prozedur. Diese enge Maske.
Kümmert euch lieber um die Pflege. Um einen Palliativdienst oder einen Hospizplatz. Um Notfallmedikamente bei epileptischen Anfällen. Um Testament und Patientenverfügung.
Und dann vielleicht wirklich, wenn das irgendwie geht, lebt noch ein wenig zusammen, sammelt Erinnerungen und genießt es.
Und lass was von dir hören. Schreiben tut gut.
__________________
Meine Ma
17.9.1957-19.2.2017, 59 Jahre, Lungenkrebs mit Hirnmetastasen
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  #6  
Alt 14.07.2018, 08:56
Tim1995 Tim1995 ist offline
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Registriert seit: 11.07.2018
Beiträge: 2
Standard AW: Unheilbarkeit verschweigen?

Hallo,

vielen Dank für eure Kommentare, ihr habt mir wirklich sehr geholfen!

Am Abend vor der Besprechung habe ich nochmal mit meiner Mutter gesprochen. Ich habe versucht das Thema so theoretisch & unschuldig wie möglich anzugehen, ohne dass sie Angst bekommt. In der Art "Was wäre wenn irgendwann mal".
Ich habe sie nochmal um Bestätigung gefragt, dass sie auch wirklich nicht wissen wollen würde, wenn es mal Richtung Ende zuginge. Und sie meinte sie wolle das definitiv niemals wissen. Sie hat auch gemeint dass sie trotzdem jede Therapie machen würde, welche ihr eine angenehme Restzeit geben würde. Und dass ich das ruhig für sie entscheiden könne und das den Ärzten auch so sagen darf.

Am nächsten Tag sind wir dann zusammen zum Krankenhaus zur Besprechung gegangen. Ich habe mit meiner Mutter bereits zuvor ausgemacht, dass ich zuerst alleine mit der Ärztin reden würde und so haben wir es dann auch gemacht.
Ich habe der Ärztin gesagt, dass meine Mutter das Wort "palliativ" oder ähnlich niemals hören möchte - und das war vollkommen in Ordnung für die Ärztin. Das hat sie vollkommen verstanden und das scheint überhaupt kein Problem zu sein.

Dann kam die Überraschung: Der Befund war doch negativ! Keine Hirnmetastasen festgestellt, kein gar nichts. Im Kopf scheint alles okay zu sein, die ganze Sorge war scheinbar umsonst.
Die Ärztin war selbst sehr überrascht, da sie auch etwas ganz anderes erwartet hatte. Puh!

Meine Mutter muss jetzt zwar wieder eine Chemo machen, da ja mehrere Lymphknoten im ganzen Körper stark betroffen sind, aber das ist okay für sie. Darüber hat sie sich sogar irgendwie gefreut, da sie ja mit deutlich schlechterem gerechnet hat. Glück im Unglück scheinbar.
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  #7  
Alt 16.07.2018, 09:45
Clea Clea ist offline
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Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 561
Standard AW: Unheilbarkeit verschweigen?

Lieber Tim,
das freut mich sehr für euch, auch wenn man da nicht unbedingt von Freude sprechen kann.
Dann schaut ihr jetzt optimistischer in die Zukunft. Das ist mehr als erhofft.
Ich drücke euch auch weiterhin die Daumen.
__________________
Meine Ma
17.9.1957-19.2.2017, 59 Jahre, Lungenkrebs mit Hirnmetastasen
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Stichworte
arztgespräch, hirnmetastasen, palliativ, therapie


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