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  #1  
Alt 25.07.2013, 10:47
Mutzel7 Mutzel7 ist offline
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Standard Ihm gehts besser...

Mein Vati ist am 15.05.2013 eingeschlafen. Ich vermisse Ihn so sehr, immer wieder stelle ich mir die Frage warum er, warum mein geliebter Vati, warum hat er den „schei…“ Krebs bekommen, warum war er nicht heilbar, er war doch erst 63 Jahre.

Wir erhielten am 16.05.2012 die Diagnose Nierenkarzinom, er hatte schon gestreut in Lunge und Leber. Von da an wich ich meinem Vati nicht mehr von der Seite und war täglich bei Ihm, führte Arztgespräche, war jeden Tag bei Ihm im Krankenhaus oder zu Hause. Es ging Ihm eine lange Zeit gut, man hätte nicht gedacht das er schwerkrank war. Zwischendrin immer mal im Krankhaus, da Blut im Urin war und damit die Blase verstopfte und er nicht pullern konnte. Es folgte immer eine OP, daraufhin wurde dann im September beschlossen die Niere mit dem Tumor zu entfernen. Es ging ihm da auch noch ganz gut, er haderte nicht mit seinem Schicksal, er war tapfer und immer zuversichtlich.

Im Oktober veränderte sich sein Zustand auf einmal komplett, wir veranlassten die Überweisung in die Uniklinik, als er mit den Sanitätern die Treppe runter kam, fiel mir sein Mundwinkel auf, der nach unten hing, seine Sprache hatte sich auch verändert, wir dachten noch an einen Schlaganfall und teilten dies umgehend mit. Nach Einlieferung in der Urologie, konnten Sie nichts machen und wir warteten auf die Aufnahme in der Neurologie, wo wir dann auch nach 1h aufgenommen worden. Sie fanden nichts, fanden den Zustand in Ordnung, würde u.a. mit am Alter liegen, wollten Ihn wieder entlassen, mein Freund und ich blieben beharrlich und sagten, das das gerade nicht mein Vati ist, er komplett anders ist. Er wusste nicht mal mehr das Datum. Er konnte über Nacht bleiben und am nächsten Tag wurde ein MRT gemacht, dann kam der Arzt und teilte uns mit, dass er nun 2 Metastasen im Kopf hat. Der Arzt fragte, was ist wenn es Komplikationen gibt wg. Beatmen etc. Ich werde den Blick meines Vatis nie vergessen, wie er mich anschaute und ich für mich nur mit dem Kopf schüttelte. Eine Metastase konnte ihm entfernt werden, die 2te leider saß so ungünstig, dass diese nur bestrahlt werden konnte. Auch da war er wieder zuversichtlich, auch ich, machte sogar nach einigen Tagen mit der Krankenschwester ein kleines Tänzchen. Ihn so zu sehen, er konnte wieder richtig reden, war fast mein alter Vati, es hat mich glücklich gemacht, dachte wir schaffen das alles zusammen. Nach der Hirnbestrahlung wurde er immer etwas vergesslicher, aber dies wäre wohl auch eine Nebenwirkung, ansonsten steckte er diese so gut weg. Im Dezember blieb er dann viel liegen. Die Chemo mit Sutent wurde nach der Hirn OP abgesetzt und er bekam Afinitor. Er bekam die „üblichen“ Nebenwirkungen, aber auch die nahm er tapfer hin und sagte, wenn es hilft… nie hat er gejammert.

Von da an wechselten sich die Auf und Ab‘s leider stetig ab. Im Januar hat er sich selber einweisen lassen da es im nicht gut ging, er bekam Infusionen und auch da war er wieder wie ausgewechselt, lief sogar rum – ich freute mich so sehr. Dann hatten wir bis April „Ruhe“, ihm ging es soweit ok, lag zwar fast nur im Bett, war schwer zu mobilisieren, wir hatten es immer wieder versucht und wenn es nicht ging, war er verzweifelt, weil er es mir auch zuliebe machen wollte aber ich versuchte Ihn immer wieder aufzumuntern. Im April bekam er eine Bluttransfusion, diese wirkte wahre Wunder. Am 03.04. feierten wir meinen Geburtstag und am 06.04. dann bei Ihm zu Hause nach, ich werde nicht vergessen, wie er vor mir stand und mir für alles gedankt hat, ich hab ihn nur umarmt und wir weinten beide. Wir konnten sogar Ausflüge machen, der letzte war am 20.04. und es war toll, er hat zwar viel gemeckert, wir fahren zu langsam mit dem Rollstuhl…

Er wollte unbedingt umziehen, da er im Dachgeschoss 4te Etage wohnte und wir deswegen auch sehr eingeschränkt waren, ich suchte eine neue Wohnung, nahm ihn zur Besichtigung mit und er war glücklich und dann ging irgendwie alles so schnell. Am Tag vom Umzug der 04.05., sollte er zu meiner Mutti (meine Eltern sind geschieden), wir organisierten einen Treppensteiger als wir ankamen, war er so schwach. 1 Tag vorher war er in der Notaufnahme, da er aus dem Bett gefallen war und an dem Samstag ging gar nichts mehr. Wir riefen den Notarzt und er kam ins Krankenhaus. Er nahm keine Nahrung mehr zu sich, er trank viel. Ich versuchte ihn immer zu füttern, aber er bekam immer häufiger Hustenanfälle. Am 09.05. (Vatertag) wollten wir mit Ihm raus, meine Schwester und ich sind mit Ihm lange auf dem Klinikgelände im Rollstuhl unterwegs gewesen, abends wollte er auch nochmal raus und wir haben es genossen. Er wurde am 11.05. entlassen, ihm ging es besser, aber er aß immer noch nichts. Am 14.05. wollten wir auch raus, da war er schon in seiner neuen Wohnung, ich musste Ihn überreden, aber leider kamen wir über das Socken anziehen nicht hinaus… ich sagte ist nicht schlimm, wir gehen morgen… doch am Morgen kam der Anruf…

Mein Vati sah sehr friedlich aus, er lächelte gefühlt. Ich war nicht dabei, ich wollte bei Ihm sein, ich hab nicht geahnt das er sich schon seit einer Weile in der sogenannten Sterbephase befunden hat. Wollte ich vielleicht die Anzeichen nicht wahrnehmen? Es rasselte z.B. beim atmen, nachher las ich, dass das ein Zeichen kurz vor dem übergleiten ist. Er redete nicht mehr, sagte wenn nur ja oder nein .... Warum habe ich das nicht eher über die sog. Sterbephasen gelesen…

Am 29.05. war die Beerdigung, den letzten Weg bin ich dann mit Ihm zusammen gegangen und habe seine Urne tragen dürfen.

Ich bewundere seine Tapferkeit, ich bin unsäglich Stolz auf ihn, ich liebe ihn und vermisse Ihn. Ich möchte ihm gern noch soviel sagen.

Ich weiß es geht im besser, aber dann stelle ich mir immer wieder die Frage „WARUM“, es ist ein Kreis.

Susann

Geändert von Mutzel7 (25.07.2013 um 10:55 Uhr)
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  #2  
Alt 25.07.2013, 15:22
Benutzerbild von fraunachbarin
fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: Ihm gehts besser...

hallo susann...
es tut mir leid, daß du deinen papi verloren hast. ihr habt sehr viel mitmachen müssen.
mach dir bitte keine vorwürfe.. es kam so, wie es hat kommen sollen. du hättest nichts dran ändern können. der krebs kommt und nimmt unsere lieben mit. du fragst warum...hmm.. darauf wirst du nie eine antwort finden, denn es gibt keine. das habe mittlerweile akzeptiert. meine mami ist vor 9 monaten von uns gegangen. deine trauer ist noch recht frisch und du wirst noch zeit brauchen, erlebtes zu verarbeiten. dazu gehört auch deine jetzige "warum-phase". laß sie zu..
ich wünsch dir ganz viel kraft weiterhin.
liebe grüße von tine
__________________
MISS YOU MAMA
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  #3  
Alt 25.07.2013, 21:43
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Gina79 Gina79 ist offline
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Standard AW: Ihm gehts besser...

Liebe Susann! Mein aufrichtiges Beileid!
Ich habe auch vor 5 Monaten meinen Papa an dieser schrecklichen Krankheit verloren und auch ich frage mich immer und immer wieder nach dem "warum".
Ich habe mir auch erst vor kurzem den Vorwurf gemacht warum ich die Anzeichen für Papas Tod nicht wahrgenommen habe und als er gestorben ist nicht dabei war.
Ich wäre auch im krankenhaus geblieben in der Nacht wenn ich gewusst hätte dass sich Papa in der Sterbephase befindet. Leider habe ich das alles auch nicht so realisiert wie es tatsächlich war und die Ärzte haben uns zwar ein wenig vorbereitet aber nichts Wirkliches gesagt.
Ich verstehe dich gut und kann deine Gedanken nachvollziehen.
Aber wie Tine schon schrieb, es ist wie es ist und so sollen wir es gut sein lassen. Es sollte nicht anders sein. Ich weiß, es ist alles so schwer zu verstehen aber ich glaube auch dass diese "WArum" Frage zur Aufarbeitung unserer Traurigkeit dazu gehört.

Du schreibst dass du dich viel eher mit den Sterbephasen beschäftigen hättest sollen. Ich denke man will sich damit nicht beschäftigen, das ist ein reiner Schutz des Körpers. Man funktioniert und verdrängt viel dass man ja nicht zusammenbricht und dem Liebsten bei Seite stehen und helfen kann. Und es ist auch gut so dass man vieles verdrängt.

Ich wünsche dir alles Gute und dass diese quälenden Fragen weniger werden und du irgendwann Frieden schließen kannst mit dem Erlebten. Ich versuchs auch so gut es geht, manchmal gehts besser und manchmal eben ganz schlecht!

Alles Liebe!
__________________
Mein Papa: Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Diagnose am 21.12.2011
am 23.2.2013
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  #4  
Alt 26.07.2013, 09:14
Mutzel7 Mutzel7 ist offline
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Standard AW: Ihm gehts besser...

Hallo Tine und Gina79,

ich danke Euch ganz doll für Eure lieben Antworten.

Auch von mir mein aufrichtiges Beleid! Es ist einfach schlimm, seinen Vati oder Mutti so leiden sehen zu müssen. Wie der Körper immer mehr und mehr abbaut. Er hatte immer ein stolzes Gewicht, dann war er nur noch Haut und Knochen.

Mein Vati hat gekämpft und gekämpft, ich bewundere Ihn so sehr dafür, dass er so stark gewesen ist.

Ich weiß leider auch, dass ich auf die immer wiederkehrende quälende Frage: “Warum“, keine Antwort erhalten werde. Wie Ihr beiden schon sagt, ich muss das Schicksal akzeptieren, es ist leider so und ich kann es nicht ändern, aber es ist so schwer es zu akzeptieren.

Durch die Chemotherapie, Bestrahlung und OPs wurde mir 1 Jahr mit meinem Vati geschenkt, die Lebenserwartung war viel geringer lt. den Ärzten. Das war das intensivste Jahr was ich mit meinem Vati erlebt habe und ich möchte es trotz der vielen Tiefs auch nicht missen, denn wir hatten auch ganz viele schöne Momente zusammen erlebt, auch wenn die Krankheit bewusst immer mit bei uns war. Leider sind ja meine Eltern geschieden, mein Vati lebte ca. 20 Jahre 500km von meinem zu Hause entfernt, ich war immer nur in den Ferien bei Ihm, seit ca. 3 Jahren war er wieder zu uns in die Stadt gezogen und nun ist wieder weg, so endgültig.

Gestern war ganz schrecklich, ich habe nachts von Ihm schlecht geträumt. In meinem Traum war er wieder im Krankenhaus, es war sehr traurig, da er auch weinte, was ich der ganzen Zeit nur 3x erlebte... An dem gestrigen Vormittag war ich nur am weinen und den ganzen Tag über sehr empfindlich, bei der kleinsten Frage schon den Tränen nahe. Ich fühlte mich auch so mies, da am Vortag meine Nichten 3 und 7 Jahre zu Besuch waren, wir hatten Spaß und ich vergaß mein Vati für die 3h und fühlte mich am Abend so schlecht, dass ich viel Spaß hatte und nicht richtig an Ihn in der Zeit dachte.

Ich vermisse Ihn doch so sehr, ich würde am liebsten die Welt anhalten.

Ich wünsche Euch auch ganz viel Kraft und von Herzen alles Gute.

Danke.

Liebe Grüße Susann
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  #5  
Alt 26.07.2013, 12:33
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: Ihm gehts besser...

liebe susann...
mach dir bitte keine vorwürfe, wenn du spaß hattest. das ist völlig ok und tut deiner seele gut.
wenn du gehen müßtest, was würdest du deinen lieben, die du zurückläßt, wünschen? ganz bestimmt nicht, daß sie immer nur traurig und am weinen sind. nein, du würdest dir ganz bestimmt wünschen, daß sie wieder am leben teilnehmen und glücklich sind. daß sie dich im herzen weiter tragen und mit einem lächeln sich an dich erinnern.
genau dieser gedanke hilft mir, wenn sich ein trauerloch nähert. wobei natürlich auch wichtig ist, daß du deine trauer auslebst, zumal bei dir noch alles sehr frisch ist.
zu deinem traum: das ist reine verarbeitung, die sehr wichtig ist. nachts kann sich dein geist quasi in träumen austoben und zulassen, was du tagsüber nicht zulässt. du wirst sehen, solche träume werden immer weniger, weil eben jeder zur verarbeitung dient.
ich wünsche dir ein schönes wochenende.. genieß die sonne.. laß freude und leben zu..
liebe grüße von tine
__________________
MISS YOU MAMA
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  #6  
Alt 27.07.2013, 12:02
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Ihm gehts besser...

Hallo Susann,

wäre es nicht schlimm, wenn wir nur noch mit hängendem Kopf und in Sack und Asche durchs Leben liefen? Auch wenn der Tod eines geliebten Menschen zur Zeit alles überschattet, so gibt es doch ab und an bereits wieder Sonne. Das ist mormal, kein Grund für ein schlechtes Gewissen.

Das Leben (= deine Nichten) fordert sein Recht. Sie fordern ihr Recht auf Leben. Ist das nicht gut so? Wir würden sie aus unserem Leben ausschließen und wir uns aus ihrem, wenn wir nicht mehr mit ihnen lachten und spielten. Das kann und darf nicht sein! Kinder gehen so viel anders mit dem Tod und der Trauer um: natürlicher, unverkrampfter. Wir sollten das von ihnen wieder lernen. Waren wir selbst als Kinder anders als heute als Erwachsene? Ganz sicher. Das Lachen von Kindern ist so wunderbar ansteckend. Gott sei Dank.

"Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen." ... das habe ich von meinen Enkeln (neu) gelernt.


Liebe Grüße,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

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