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  #1  
Alt 23.06.2003, 15:03
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Wie kann ich ihm helfen?

Hallo Ihr Lieben,
ich bin vor ca. 5 Wochen ganz zufällig auf Euer Forum gestoßen. Eigentlich wollte ich mich nur über gewisse Symptome informieren ohne dabei zu wissen, dass es eigentlich schon zu spät ist.
Nun zu meiner Geschichte: Ich (23) lebe seit fast 4 Jahren mit meinem Schatz (26) zusammen. So lange wie ich seine (und auch ein bisschen meine) Mami nun kannte hatte sie diese furchtbare Krankheit. Erst in der Brust, dann im Blut, in den Knochen und nun irgendwie überall. Bisher hatte ich in meinem Leben nie mit so einer Krankheit oder sogar Tot zu tun.

Sie hat mit ihren Söhnen nie über die Krankheit gesprochen und wie es ihr wirklich geht, ich denke das ist ihr einfach schwer gefallen und sie wollte sie nicht belasten. Nur mit mir hat sie manchmal ein wenig darüber gesprochen. Ist unter Frauen vielleicht auch leichter :-)

Am 17.05.2003 (mein Geburtstag) musste mein Schatz dann nach Afghanistan zum Bundeswehreinsatz. Wir waren noch bei seiner Mami, aber keiner konnte ahnen das er sie zum letzten Mal drückt. Ich denke er hätte sie dann nicht mehr losgelassen.
In der selben Nacht kam noch der Notarzt und musste ihr ein Schmerzmittel geben, weil sie die Schmerzen in der Leber nicht mehr ausgehalten hat. Sie hat mir aber gesagt es wäre nicht so wild, sie müsse nur ein paar Vitamine nehmen. Sie war dann in der Woche darauf zur Chemo und die Ärzte haben gesagt sie solle noch eine andere bekommen. Da war die Mami etwas traurig, weil die Haare gerade wieder gewachsen waren, ich habe ihr aber gesagt das ist egal - Haare interessieren keinen Menschen!

Nicht mal 3 Tage danach kam sie ins Krankenhaus. Sie hatte 8,5 kg Wasser im Bauch. Auf einmal, ich habs echt nicht kapiert. Ich war jeden Tag da. Wir haben schön geklönt - ich konnte es ja nicht ahnen!
Das schlimmste war aber, dass ich meinen Schatz nicht informiert habe. Die Mami wollte es einfach nicht und ich habe nicht geahnt was passieren wird.

Am Mittwoch, den 28.05.03 konnte ich erst abends ins Krankenhaus, weil ich lange arbeiten musste. Als ich ankam waren ganz viele Schwestern und Ärzte im Zimmer, ich habe einen totalen Schock bekommen. Der Arzt hat mich dann beiseite genommen und mir gesagt das "es jetzt ernst wird". Ich wußte nicht was der von mir wollte!
Ich bin dann ins Zimmer und die Mami hat nicht gemerkt das ich da bin. Sie war so voll mit Morphium und hat so gestöhnt.

Sie ist an diesem Abend eingeschlafen (ich weiß nicht ob man es so nennen kann?) Ich werde ihr Gesicht in diesem Moment wohl nie vergessen. Die Bundeswehr hat meinen Schatz dann nach Haus geschickt. Seitdem hat er einen Nervenzusammenbruch nach dem anderen. Er macht sich furchtbare Vorwürfe, weil er nicht bei ihr sein konnte. Ich weiß nicht wie ich mit dem Schmerz klar kommen soll und am wenigsten weiß ich wie ich ihm helfen soll.

Seit diesem "beschissenen" Tag rufe ich meine Mami jeden Tag an! Sie sagt das gehört zum erwachsen werden dazu. Menschen die man lieb hat sterben nun mal und es wäre für sie am besten, weil sie sich nicht mehr quälen muss.

Sie hat so ein Loch hinterlassen!

Liebe Mami Gitti - danke für alles, vorallem danke für die vielen tollen Gespräche! Ich wünsche Dir die Ruhe die Du dir wirklich verdient hast! Und am meisten danke ich Dir für den tollsten Sohn den man sich als Mami wünschen kann! Ich passe auf ihn auf!
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  #2  
Alt 23.06.2003, 17:07
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Wie kann ich ihm helfen?

Liebe Kati,
ich hoffe, ich kann die richtigen Worte finden, für das, was ich sagen möchte:

Ich weiß, was du durchmachst und auch, was dein Schatz durchmacht, denn auch ich konnte vor nun schon 6 Wochen nicht bei meinem Papa sein. Auch ich hatte zuerst sehr schlimme Schuldgefühle, aber ich komme langsam besser damit zurecht.

Auch dein Schatzt darf nicht so denken! Sie wusste ganz bestimmt, dass er in Gedanken bei ihr war, ich bin überzeugt, dass unsere Lieben es fühlen! Sie hört sich so sehr wie ein wertvoller Mensch an, sie ist ihm ganz bestimmt nicht böse, wo immer sie auch jetzt ist! Sie würde nicht wollen, dass er - und du - sich mit Schuldgefühlen quält.

Es macht mir etwas Sorgen wie du schreibst, "er hat einen Nervenzusammenbruch nach dem anderen" - ist er in ärztlicher Behandlung dafür? Ich will damit nicht sagen, dass die Trauer vorbei sein sollte, dafür ist es viel zu früh!!! Aber wie drücken sich diese Nervenzusammenbrüche aus? In manchen Situationen können wir nicht alleine damit fertig werden und brauchen ärztliche Hilfe.

Du selber kannst ihm am besten helfen, in dem du einfach da bist, ihn in die Arme nimmst, ihm immer wieder erklärst, dass er keine Schuldgefühle haben darf, mit ihm weinst und, wenn er soweit ist, auch wieder mit ihm lachst.

Aber du, hast du auch Schuldgefühle, weil du ihn nicht gerufen hast? Tu das nicht! Du konntest es nicht wissen und hast ihren Wunsch respektiert.

Erlaubt euch zusammen zu trauern, gebt euch gegenseitig Kraft und haltet euch an euch fest - Mami Gitti wird sich darüber freuen, davon bin ich fest überzeugt.

Ich wünsche euch aus tiefstem Herzen Kraft.
Astrid
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  #3  
Alt 23.06.2003, 23:22
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Wie kann ich ihm helfen?

Hallo, Ihr Lieben,

wißt Ihr, ich war auch nicht bis zum Ende bei meinem Papa. Ich war drei Tage da und dann bin ich heim gefahren. Und morgens bevor ich wieder kam, ist er gestorben. Ich kam zu spät. Manchmal denke ich auch, daß das ganz großer Mist war. Aber manchmal glaube ich, daß er vielleicht auch gerade dann ruhiger gegangen ist, weil ich nicht da gewesen bin. Ich war so grenzenlos traurig und konnte das nicht verbergen; habe nicht die Kraft gehabt, ihm zu sagen: Wenn Du gehen willst, ist das o.k.
Habe nur geheult. Vielleicht war es leichter für ihn, weil ich nicht da war? Ich habe ihn so lieb. Und ich denke, er wußte das auch. Er wollte mir genauso wenig weh tun, wie ich ihn leiden sehen konnte.

Ich will damit nur sagen, daß keiner von uns weiß, was besser gewesen wäre. Wenn ich bei ihm geblieben wäre, hätte ich vielleicht an seinem Bett einen Nervenzusammenbruch bekommen. Wäre das nicht auch furchtbar gewesen?
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  #4  
Alt 24.06.2003, 13:52
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Wie kann ich ihm helfen?

Hallo Marga,
weißt du, du hast recht! Wer weiß schon, was besser gewesen wäre?

Ich konnte aus Gesundheitsgründen nicht zu Papa. Er hat natürlich gewusst, dass ich (seit Jahren) an Depressionsphasen leide und sich von Anfang an dagegen gewehrt, dass ich nach Deutschland komme, "um mich nicht dem Stress auszusetzen" (wenn ich gekonnt hätte, wäre ich natürlich trotzdem geflogen!). So habe ich zumindest versucht, für ihn per Telefon da zu sein und von ihm fernzuhalten, wie furchtbar mies es mir in der Zeit wirklich ging. Ich hätte das nicht gekonnt, wenn ich geflogen wäre, er hätte es mir sofort angesehen. Ich bin irgenwie froh, dass er sich wenigstens nicht noch dumme Vorwürfe gemacht hat, dass "er meinen erneuten Zusammenbruch verschuldet hat", denn das hätte er mit Sicherheit getan, auch wenn es natürlich Blödsinn gewesen wäre, so zu denken.

Ich glaube daran, dass alles irgendwie einen Sinn hat, auch wenn wir ihn oft nicht sehen und verstehen können.

Liebe Grüße,
Astrid
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