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  #1  
Alt 24.08.2014, 14:01
Hyttynen Hyttynen ist offline
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Standard AW: Neu hier als Ehefrau eines am NCC erkrankten 51jährigen

Hallo zusammen,

nun habe ich von einer Doppelblindstudie des UKE gelesen, für die aktuell Patienten rekrutiert werden. Ich zitiere:

"Die Studie untersucht das krankheitsfreie Überleben bei einer adjuvanten Therapie mit Pazopanib im Vergleich zu Placebo bei Patienten mit einem hellzelligen Nierenzellkarzinom nach (Teil)-Nephrektomie (<12 Wochen) bei high- risk Patienten (pT3/4 oder G3-4 oder N1) ohne Fernmetastasen."

Mir kommt es so vor, als sei diese Studie genau auf die aktuelle Situation meines Mannes zugeschnitten.

Wer kann mir etwas zu solchen Studien sagen, insbesondere wären meine Fragen

- Bekommt ein Teil der Patienten wirklich ausschließlich Placebo?
- Ist eine Teilnahme auch denkbar, wenn HH nicht gerade um die Ecke liegt (wir kommen aus der Nähe von Köln)?
- Wer sollte im Vorfeld initiativ werden / Kontakt aufnehmen - der Patient, der Urologe, der Hausarzt, die entlassende Klinik, in der der Eingriff vorgenommen wurde?
- Wird die medizinische Betreuung anders sein als bei Nicht-Studienteilnehmern?



Einen schönen Sonntag wünscht allen

hyttynen.
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  #2  
Alt 24.08.2014, 14:20
Cecil Cecil ist offline
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Standard AW: Neu hier als Ehefrau eines am NCC erkrankten 51jährigen

Ganz allgemein: Doppelblind bedeutet, dass weder der Patient selbst noch der Studienarzt wissen, welchem Arm - Studienmedikament oder Placebo - der Patient zugelost wurde. Die Hälfte der Patienten erhält demnach nur ein Placebo. Dafür ist die medizinische Überwachung in der Regel umfassender und engmaschiger, wofür man aber auch häufiger das Studienzentrum aufsuchen muss.
Sofern es keinen Industrie-Sponsor gibt, der Aufwendungsersatz, insbesondere Fahrtkosten, leistet, kann das schnell teuer werden. Unter Umständen ist das angegebene Studienzentrum aber auch nur die StudienZENTRALE, d. h. hat den Hut auf und mehrere andere Studienzentren nehmen außerdem teil.
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  #3  
Alt 25.08.2014, 01:40
Benutzerbild von Rudolf
Rudolf Rudolf ist offline
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Standard AW: Neu hier als Ehefrau eines am NCC erkrankten 51jährigen

Hallo Hyttynen,

mir will sich der Sinn einer solchen Studie nicht erschließen.

1. Infrage kommen nur Menschen, die keine erkennbaren Metastasen haben (also keine Patienten!).
Wozu brauchen sie eine Therapie?????
2. Wenn Menschen dieser Studie auch nach 10 Jahren noch metastasenfrei sind, wird das als Erfolg des Arzneimittels (oder des Placebos?) gewertet,
auch wenn sie nie Metastasen bekommen hätten.
3. Metastasen entstehen ja aus Krebszellen, die der Primärtumor vor der Op. verloren oder ausgesendet hat.
Die TKIs beeinflussen aber nicht die Krebszelle, sondern nur den Zellhaufen, den Tumor.

Ich habe sogar den dringenden Verdacht, dass ruhende Krebszellen durch ein TKI gekitzelt und aufgeweckt werden. Sie erschaffen sich selbst den Bedarf.

Unter diesen Aspekten ist so eine Studie sinnlos.
Und für einen krebsfreien Menschen ist sie eine unnötige Belastung.
Metastasen behandelt man, wenn sie da sind.

Rudolf
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  #4  
Alt 25.08.2014, 12:52
Hyttynen Hyttynen ist offline
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Standard AW: Neu hier als Ehefrau eines am NCC erkrankten 51jährigen

Hallo Rudolf,

nimm meine Frage bitte als ein Zusammentragen von durchaus auch konträren Meinungen, die aufzeigen, welcher Weg nun ein gangbarer wäre. Den einzig richtigen, für alle Patienten gültigen, wird es ohnehin nicht geben.
Und nimm meine folgenden Kommentare als die eines Neulings auf diesem großen Gebiet.

1. Infrage kommen nur Menschen, die keine erkennbaren Metastasen haben (also keine Patienten!).
Wozu brauchen sie eine Therapie?????

Es soll das krankheitsfreie (ich übersetze es als "das ohne Neuauftreten erkennbarer Metastasen") Überleben teil- oder vollständig nephrektomierter high-risk Patienten unter Pazopanib im Vergleich zu Placebo getestet werden. M. E. hat selbst die Placebogabe (ohne Aufwand / Belastung für den Patienten zu berücksichtigen) durch eine engmaschigere Kontrolle (siehe andere Antworten) für den Patienten einen Vorteil (?)

2. Wenn Menschen dieser Studie auch nach 10 Jahren noch metastasenfrei sind, wird das als Erfolg des Arzneimittels (oder des Placebos?) gewertet,
auch wenn sie nie Metastasen bekommen hätten.

Ich würde mir wünschen, dass mein Mann so lange als möglich metastasenfrei leben kann und insofern wäre es für uns unerheblich, ob dies auf Pazopanib, auf Placebo oder auf eine gut funktionierende Immunabwehr zurückzuführen ist...das jeweilige Ergebnis wäre nur für die Gesamtheit aller Studienteilnehmer und die Beurteilung der Studie relevant. Vielleicht habe ich aufgrund der doch noch frischen Situation aber auch einen völlig unpassenden Blickwinkel, der sich im Laufe der Zeit um 180 Grad dreht...

3. Metastasen entstehen ja aus Krebszellen, die der Primärtumor vor der Op. verloren oder ausgesendet hat.
Die TKIs beeinflussen aber nicht die Krebszelle, sondern nur den Zellhaufen, den Tumor.

So, wie ich das verstanden habe (verstehen möchte), hungern TKI eine im Entstehen befindliche Metastase aus und hindern sie u. a. daran, Blutgefäße zu bilden. Würde vermutlich bedeuten, dass ein gewisser Stillstand, wenn auch vielleicht keine endgültige Heilung, zu erreichen wäre (?)

Aktuell erreiche ich im UKE niemanden, der mir etwas zur Aktualität dieser Studie sagen kann. Ich bleibe aber am Ball, und wenn mein Mann teilnehmen darf und möchte, unterstütze ich ihn, kann aber genausogut sein, dass er sich letztendlich dagegen entscheidet, und dann ist es auch gut.

Er ist der Steuermann, ich maximal der Maat oder Smutje.

Viele Grüße

hyttynen
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  #5  
Alt 25.08.2014, 13:59
Cecil Cecil ist offline
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Standard AW: Neu hier als Ehefrau eines am NCC erkrankten 51jährigen

Hallo, Hyttynen,

(wiederum nur recht allgemein, denn ich komme nicht aus dem NK-Forum. Aber auch meine Erkrankung, eine CLL, wird in absehbarer Zeit in der Mehrzahl der Fälle nur noch mit Kinase-Inhibitoren behandelt werden, so wie jetzt schon die CML. Daher bin ich am Thema interessiert.)

Du hast Dich, wie ich finde, in die Funktionsweise des fraglichen Angiogenese-/Tyrosinkinase-Hemmers ganz gut eingelesen, insbesondere was die Hemmung der Rezeptor-Kinasen betrifft. Das erste derartige Mittel kam in Studien etwa im Jahr 2000 heraus, Imatinib, und war in der Behandlung der CML bahnbrechend. Inzwischen gibt es KI auch für sog. solide Tumore; daher liest man auch hier im KKF regelmäßig von diesem und jenem KI bei der und der Krebsart. Und obwohl ich von diesen targeted therapien weiterhin sehr angetan bin, konnte ich doch das Folgende beobachten (allgemein auf alle KI bezogen!):

1. Wie jedes Medikament sind auch die KI keineswegs nebenwirkungsfrei. Die NW werden je nach KI und nach Patient völlig unterschiedlich wahrgenommen. Die Palette reicht von "stört kaum, gewöhnungsfähig" bis hin zum Abbruch der Behandlung wegen der Nebenwirkungen.
2. (Vermutlich unzulässig) stark verallgemeinert wirken die KI, von den Krebsarten wiederum abstrahiert, individuell ganz unterschiedlich: Bei dem Einen kann die Krankheit damit jahrelang ganz ausgezeichnet unter Kontrolle gebracht, sozusagen "verchronifiziert" werden. Bei anderen Patienten wirken sie zumindest eine (unterschiedliche) Zeit lang, und bei anderen leider überhaupt nicht. Evtl. stehen dann andere Inhibitoren als Alternative bereit.

Das wollte ich Dir nur schnell als Hintergrund-Info mitgeben und klinke mich damit auch gleich wieder aus. Derart gewappnet solltet Ihr das Gespräch mit den behandelnden Ärzten Deines Mannes suchen, die am besten beurteilen können, ob Dein Mann von der Studie profitieren würde. Denn er könnte ja ebenso dem Arm MIT dem Studienmedikament zugelost werden.

Geändert von Cecil (25.08.2014 um 14:01 Uhr)
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  #6  
Alt 25.08.2014, 16:28
Benutzerbild von Rudolf
Rudolf Rudolf ist offline
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Standard AW: Neu hier als Ehefrau eines am NCC erkrankten 51jährigen

Hallo Hyttynen,

ja, die Fragestellung der Studie habe ich verbal durchaus verstanden.
Aber ich erkenne darin keinen Sinn!

Kurz gesagt:
Medizinische Studien dienen einer Therapie.
Dein Mann hat keine Metastasen, also gibt es nichts zu therapieren oder zu "studieren".
Und diese Studie kann keine Metastasen verhindern.

Gestatte einen Blick auf meine Situation und eigene Erfahrungen:
Vor 14 Jahren hatte ich die Diagnose Nierenzellkarzinom mit 12 Lungenmetastasen.
4 Monate später zeigte ein Thorax-CT: die Metastasen sind mehr und größer geworden. Eine Zahl wurde nicht genannt.
Nochmals 5 Monate später: die Metastasen sind mehr und größer geworden. Eine Zahl wurde wieder nicht genannt.
Nur die Größe der größten wurde angegeben: anfangs 7 mm, dann 10 mm und 17 mm.
Erst dann begann ich mit einer Misteltherapie.
7 Monate später zeigte ein neues CT: alle Metastasen sind weg.
Aber es entstand eine einzelne neu. Diese habe ich heute noch.
Grund: Sie sitzt zwar in der Lunge, hat ihren Fuß aber auf dem Zwerchfell.
Dieses ist weitaus schlechter durchblutet als die Lunge, so dass jedes Arzneimittel dort schlechter ankommt.
Immerhin ist sie jahrelang nicht gewachsen.
Um zu sehen, ob dieses Gebilde wirklich eine Metastase ist, habe ich gerade eine Mistelpause von 5 Monaten gemacht, dann neues CT.
Und siehe da: das Ding ist gewachsen. Von 17 mm auf 20 mm, eine Volumenzunahme um 60%.
Also mache ich jetzt mit Mistel weiter.

Ich behandle etwas, das da ist. Nichts, das vielleicht kommen könnte.
Und ich habe eine volle Lebensqualität, die bei der geplanten Studie wohl "den Bach naa" gehen würde, es sei denn, ein Mensch (nicht Patient!) kommt in die Placebo-Gruppe.
Oder er bildet sich ein, dass er das Medikament bekommt, und produziert sich seine Nebenwirkungen selbst.
Jawohl! Diese Kraft hat die Psyche, sei es zum Schlechten oder zum Guten.
So bin ich davon überzeugt, dass mir auch diese Metastase nichts anhaben kann, seit 14 Jahren.

Wie schon gesagt: dein Mann hat jetzt keine (sichtbaren) Metastasen. Vielleicht hat er überhaupt keine, was ich ja wegen der Kleinheit des Primärtumors vermute.
Sollte dein Mann noch unsichtbare Krebszellen im Körper haben, kann die Studie nicht verhindern, dass daraus mal eine Metastase wird oder zwei oder drei . . .

Ich möchte Euch nicht von der Studie abhalten, aber ich möchte, dass Ihr die Unlogik im Studienansatz versteht.

Alles Gute,
Rudolf

Geändert von Rudolf (25.08.2014 um 18:22 Uhr)
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  #7  
Alt 25.08.2014, 17:06
joggerin joggerin ist offline
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Standard AW: Neu hier als Ehefrau eines am NCC erkrankten 51jährigen

Cecil, danke fuer die ausfuehrliche "Erklaerung" der TKIs. Diese Mittel sind keine Lutschbombons und koennen erhebliche Nebenwirkungen haben (Stichwort "Lebensqualitaet"). Lasst Euch aufklaeren und bitte lass deinen Mann entscheiden, ob ER in die Studie will, oder nicht. Nimm es mir bitte nicht uebel, manchmal moechten Angehoerige mehr machen, als die Betroffenen ueberhaupt "tragen" koennen.

LG
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