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  #1  
Alt 03.10.2008, 15:30
mozilla mozilla ist offline
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Registriert seit: 03.10.2008
Beiträge: 3
Standard Trauer auch nach über 1,5 Jahren

Hallo zusammen,

dies ist das erste Mal, dass ich seit dem Tod meiner Mutter im Februar 2007 etwas in ein Forum schreibe. Sie starb im Alter von 71 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs innerhalb von fünf Wochen nach der Einlieferung ins Krankenhaus und vier Wochen nach der Diagnose. Ich lebe aus beruflichen Gründen im Ausland und wurde telefonisch darüber informiert, dass sie nach der schweren OP Wasser in die Lunge bekommen hätte und nicht mehr aufwachen würde. Man hatte sie da schon in ein künstliches Koma versetzt, um ihr die großen Schmerzen zu ersparen, die sie in der letzten Woche ihres Lebens nach der OP gehabt hatte. Es hieß, sie würde noch am selben Tag sterben, ich buchte also einen Flug nach Hause in dem Bewusstsein, sie nie wieder zu sehen.

Der Flug war der pure Horror, still sitzen, nichts tun können als die Bilder im Kopf immer wieder zu sehen... Ich stand es durch, irgendwie.

Mein Bruder holte mich am Flughafen ab, wir fuhren gemeinsam nach Hause zu meinem Vater, der die ganze Zeit bei meiner Mutter gewesen war. Er selbst sah völlig krank aus, abgezehrt, grau im Gesicht, resigniert.

Meine Mutter lebte noch, immer noch im Koma. Meine Familie versuchte mich dazu zu bringen, nicht ins Krankenhaus zu fahren. Ich war immer das "Küken" der Familie, sie wollten mich vor dem Anblick bewahren, mich von dem Schrecken fernhalten, auch wenn ich mit meinen 35 Jahren nun nicht mehr ganz der Vorstellung eines Kükens entspreche. Aber ich wusste, dass ich es mir nie verzeihen würde, wenn ich nicht hinfahren würde, nun, wo ich tatsächlich wider alle Erwartungen doch noch die Gelegenheit dazu hatte, zu ihr zu gehen.

Wir sind keine gläubige Familie, weder im christlichen noch sonstigen Sinne. Wir glauben nicht an ein Leben nach dem Tod oder an den Himmel für die verstorbenen Seelen. Das konnte ich mir auch in so einer Situation nicht einreden. Aber ich glaube an die Liebe, insbesondere die Liebe einer Mutter zu ihren Kindern. Als ich das letzte Mal mit meiner Mutter telefoniert hatte, einen Tag vor ihrer Operation, hatte ich ihr versprochen, sie brauche nur ein Wort zu sagen, und ich käme sofort zu ihr. Ich hatte mit ihr ausgemacht, dass ich meinen Urlaub erst mal aufhebe, um ihr nach der Operation bei der Genesung unterstützend zur Seite stehen zu können. Wir alle hatten ja gedacht, sie kommt wieder nach Hause und wird gesund. Ich wusste also, dass meine Mutter mit dem Gedanken, dass ich zu ihr käme, starb. Und ich war mir innerlich sicher, dass das auch der Grund dafür war, dass sie immer noch lebte, obwohl alle gesagt hatten, sie würde schon früher sterben.

Nach einem verzweifelten Kampf mit meinem Inneren erklärte ich meiner Familie, dass ich ins Krankenhaus fahren müsste, sie akzeptierten es, wenn auch unwillig. Sie waren überzeugt davon, ich täte etwas Falsches. Ich habe furchtbar geweint, während ich mich dazu durchrang, es war die schwerste und richtigste Entscheidung meines Lebens.

Mein Vater fuhr mich ins Krankenhaus, ging mit mir hinein. Sie lag auf der Intensivstation im Sterbezimmer, leise klassische Musik lief, etwas, was mir irgendwie gut gefiel, denn es lenkte von dem Summen und Piepen all der Maschinen ab. Ich streichelte meine Mutter, redete mit ihr, sagte ihr, dass sie loslassen, sich nicht weiter quälen solle. Mein Vater und ich, wir kämen schon klar, ich würde mich um ihn kümmern. Ihr war natürlich keine Reaktion anzumerken, aber ich war mir sicher, dass sie mich fühlte.

Wir fuhren wieder nach Hause, ich merkte, dass mein Vater nicht bleiben konnte, um ihr beim Sterben zuzusehen. Er hatte seine Kräfte aufgebraucht, ich musste nun auch an ihn denken.

Nach einer Stunde rief das Krankenhaus an, meine Mutter war gegangen. Sie hatte auf mich gewartet und nun konnte sie loslassen.

Ich weinte nicht mehr, ich war sogar irgendwie erleichtert, denn ihre Qual war nun endlich vorüber. Am gleichen Abend träumte ich kurz nach dem Einschlafen von meiner Mutter. Sie stand plötzlich in meinem alten Kinderzimmer (in dem ich jetzt gerade schlief) vor mir, in ihrem Nachthemd, wie sie es immer getragen hatte, am Fußende meines Bettes, und winkte mir zu. Ich meine mich zu erinnern, dass sie sagte, es ginge ihr gut, ich solle mir keine Sorgen machen. Das ganze war natürlich nur ein Traum, aber es hatte etwas so Beruhigendes für mich, es war eine wunderschöne Erfahrung, eine Erinnerung, an der ich festhalte und von der ich mir seitdem wünsche, sie noch einmal zu sehen.

Ich war für meinen Vater da, blieb zwei Wochen in Deutschland, wir standen die Beerdigung durch. Ich musste funktionieren. Mein Vater tat sich in seiner Trauer sehr schwer, bekam die merkwürdige Art, plötzlich die schlechten Seiten meiner Mutter vor mir auszubreiten. Dinge, die ich nicht wissen wollte, die, wenn überhaupt, nur ihn und sie etwas angingen, denn ihre Ehe war nichts, was ich als ihre Tochter analysieren wollte. Ich weiß, dass dies die Art meines Vaters war, mit ihrem Tod umzugehen, er wollte wütend auf sie sein, um sie leichter loslassen zu können. Ich selbst konnte nur sehr schlecht damit umgehen, wenn er über sie schimpfte. Ich wollte nichts Negatives über meine Mutter hören und musste mich sehr zusammenreißen, um "erwachsen" zu reagieren.

Als ich nach zwei Wochen wieder zurück zu mir nach Hause flog, hatte ich das Gefühl, meinen Vater zu verraten, ihn im Stich zu lassen. Aber sollte ich nun meinen Beruf aufgeben und zu ihm ziehen? Ich hatte in den vergangenen Wochen seit dem Tod meiner Mutter quasi ihre Rolle im Haushalt meines Vaters übernommen. Hatte gekocht, geputzt, war mit ihm einkaufen gegangen. Wir sind keine Familie, die besonders häufig über ihre Gefühle miteinander redet, wir scheinen das einfach nicht zu können. Es wurde also meistens gar nicht darüber geredet, wie es uns ging oder was wir empfanden. Meine Mutter erwähnte keiner von uns, aus Angst, dies würde den anderen zum Weinen bringen. Ich machte mir Sorgen um meinen Vater, einem Mann aus einer Generation, als Männer noch nicht wussten, wie man sich selbst versorgt. Meine Mutter war sein Lebensmittelpunkt gewesen und nun saß er allein zu Hause. Aber ich war andererseits auch völlig erschöpft, brauchte dringend Ruhe und Zeit für mich selbst. Zeit, über mich und meine Gefühle nachzudenken.

Nun war ich allein bei mir zu Hause, ging wieder arbeiten. Ich hatte Angst vor dem ersten Arbeitstag, vor den Fragen. Es war auch genauso furchtbar, wie ich es erwartet hatte. Ich blieb drei Tage dort, dann nahm ich mir eine Woche frei, verkroch mich zu Hause. Ich erinnere mich noch, dass ich immer das Gefühl hatte, alles sei so profan, die Probleme der anderen so albern und unwichtig. Und ständig hatte ich den Gedanken "wozu überhaupt das alles, wenn wir doch eh alle irgendwann sterben? Warum soll ich mich anstrengen?" Ich erinnere mich auch an die Momente, wenn ich zum Supermarkt ging, um mir etwas zu essen zu besorgen, zumindest das musste ja sein (ich bin Single). Ich lief durch den Laden wie Falschgeld, sehnte mich wieder zurück in meine sichere Wohnung, kaufte nur das nötigste und verschwand so schnell ich konnte wieder.

Nur in meiner Wohnung fühlte ich mich sicher, eine Freundin kam häufig abends zu mir, sie hatte mir auch schon sehr geholfen, als meine Mutter noch im Krankenhaus war. Sie war einfach nur da, redete nicht auf mich ein, sondern war anwesend. Ich fing an, sehr viel zu rauchen, ich war nervös, konnte nicht unter Menschen sein. Und dann die übliche Frage nach dem Warum? Das Universum hatte mich betrogen, das Leben ist völlig unnütz. Genauso fühlte ich mich.

Wenn ich Bekannte oder Freunde traf, wurde mir immer nur die Frage gestellt, wie mein Vater denn nun klar käme. Mich verletzte das, keinen schien zu interessieren, wie ICH damit klar kam. Nur weil ich nicht mehr zu Hause wohnte, hieß das ja nicht, dass ich meine Mutter nicht vermissen würde, aber das schien niemand wissen zu wollen. Meine Mutter war meine beste Freundin gewesen, wenn wir telefonierten, konnte das schon mal ein paar Stunden dauern. Sie war ein Teil meines Lebens, meiner Seele.

Irgendwann wurde es besser, ich konnte mir Fotos von meiner Mutter ansehen, freute mich, wenn sie in meinen Träumen eine Rolle spielte - manchmal nur eine kleine Nebenrolle, aber sie war dabei gewesen -, ich trug ihre Kleidung und fühlte mich ihr dadurch sehr nah, ich redete gern über sie. Erzählte ständig irgendwem, was meine Mutter in der und der Situation gesagt oder getan hätte oder gab Anekdoten zum Besten. Ich merkte aber auch, dass ich die Leute damit verschreckte, sie wussten nichts darauf zu sagen, wechselten schnell das Thema. Sie wollten nicht mit meiner Trauer konfrontiert werden. Und heute, wenn ich sie erwähne, merke ich, dass die Leute innerlich die Augen verdrehen, "nun kommt das schon wieder" denken. Aber es ist mir egal, ich muss meine Mutter erwähnen, sonst habe ich Angst, dass ich sie vergessen könnte.

Und so verging die Zeit, meine Trauergefühle nahmen ab, ich lebte weiter. Ich dachte eigentlich, ich hätte die Trauer überstanden. Und nun, 1,5 Jahre später, sitze ich hier und schreibe dies hier aus gutem Grund: Ich hoffe, dass es mir hilft, endlich mal darüber zu schreiben, reden geht nicht, denn es gibt niemanden, der es wirklich hören will, nicht nach all dieser Zeit.

Ich habe mich in dem vergangenen Jahr in der Arbeit vergraben, nicht wirklich aus eigenem Antrieb, sondern weil durch äußere Umstände sehr viel zu tun war. Es war eine nicht unwillkommene Ablenkung für mich. Nun, nach ca 10 Monaten durchpowern, habe ich mir eine Woche Urlaub genommen. Ich habe eine Katze, da ich niemanden fand, der sich in der Zeit um ihn kümmern konnte, verbringe ich den Urlaub zu Hause allein. Ich hatte mir vorgenommen, es mir richtig schön zu machen, den Herbst zu genießen (meine liebste Jahreszeit) und mich ein wenig zu entspannen.

Vorgestern wollte ich in ein Einkaufszentrum fahren, ein bisschen shoppen, einen leckeren Tee trinken, was essen. Einen netten Tag eben. Doch schon auf der Fahrt dorthin fiel mir auf einmal ein, dass ich das letzte Mal, als ich in einem Oktober Urlaub hatte, den ich daheim verbrachte, Besuch von meiner Mutter hatte. Sie war mit in eben jenes Shopping Center gefahren, wir hatten eine schöne Zeit. Sie hatte mich auf all meinen Auslandsposten besucht und ihre Besuche bei mir waren immer die schönsten Zeiten in meinem Leben. Sie liebte es, sich von mir alles zeigen zu lassen, machte alles mit, lebte richtig auf.

Und vorgestern, da sah ich sie quasi an jeder Ecke, jede Bank, die ich ansah, da hatte sie mal drauf gesessen, in jedem Laden haben wir uns gemeinsam beraten, was wir kaufen wollten, in dem Restaurant hatte sie damals ein Chicken Sandwich mit Fritten gegessen... Ich wurde trauriger und trauriger, am Ende hätte ich heulen können, ich war wütend auf mich selbst, ich hatte es doch schon geschafft, an sie zu denken und mich dabei dankbar an schöne Zeiten erinnern zu können. Und auf einmal bekomme ich das heulende Elend, ohne Vorwarnung, einfach so. Sie fehlt mir mehr denn je. Seitdem fühle ich mich wie ein Mensch, den man wie eine Spieluhr aufgezogen hat. Ich tapere durchs Leben, funktioniere, mache, was gemacht werden muss, aber ich spüre zur Zeit keinen Funken Lebensfreude. Am Montag ist mein Kurzurlaub vorbei und ich habe das Gefühl, von diesem Urlaub nichts zu haben als erneut in eine tiefe Trauer gefallen zu sein. Wenn ich wieder im Büro bin, werde ich mit den Leuten umgehen müssen, die meine Kollegen sind, sie werden keine Ahnung von meinem Inneren haben, wie ich mich fühle, und warum. Ich hab ja selbst keine Ahnung. Ich werde wieder funktionieren müssen, so tun, als sei alles gut.

Es verwirrt mich, dass ich nach so langer Zeit wieder da bin, wo ich aufgehört hatte. Vielleicht gibt es noch jemanden, dem es ähnlich geht? Der mir sagen kann, dass ich nicht verrückt werde?

Am liebsten würde ich mich erneut zu Hause verkriechen, nichts tun, damit meine ich gar nichts. Wo ist der Spaß am Leben geblieben, wieso krieg ich die Kurve nicht? Muss ich noch länger warten? Werde ich nie aufhören, durch diese dunklen Täler zu gehen?

Ich habe Angst, dass ich nie wieder so lebensfroh sein werde, wie ich es vor dem Tod meiner geliebten Mutter war.

M.
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  #2  
Alt 03.10.2008, 16:53
chrisi0211 chrisi0211 ist offline
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Standard AW: Trauer auch nach über 1,5 Jahren

Hallo!

Erstmal herzlich Willkommen !

Aus Deinem Schreiben entnehme ich eher, daß Du den Tod Deiner Ma in der Vergangenheit oft verdrängt hast und alles, was man an Gefühlen verdrängt, ist nach wie vor da, weil das Ganze will nicht verdrängt, sondern verarbeitet werden will - dadurch holen Dich Deine Gefühle auch immer wieder ein...

Du schreibst, daß Du im Ausland lebst, Single bist, funtionierst, niemanden hast zum Reden über den Tod... Ja, in unserer Spaß- und Konsumgesellschaft hat der Tod keinen Platz, denn es ist ja nichts Lustiges, es ist ja eher etwas unangenehmes und warum sollte man sich damit auseinandersetzen, wenn es einem eher weh tut darüber zu reden bzw. viele Menschen haben auch keinen Bezug dazu, denn nur wer selber einen nahestehenden Menschen verloren hat, weiß wie schmerzhaft der Tod sein kann!!!

Vielleicht wäre es für Dich eine Möglichkeit Dich einer Trauergruppe anzuschließen oder eine/n Psychologen/in mal aufzusuchen, ganz einfach um leichter mit Deinem Verlust klarzukommen, eben um darüber zu reden, zu weinen, all das zu tun, was man eben "Trauerarbeit" nennt. Und 1 1/2 Jahre sind noch nicht sooo lange, ich denke, daß jeder ein Individuum ist und der eine hat soswas halt schneller verkraftet, der andere braucht eben dazu mehr Zeit - also ich finde, daß das schon noch im Rahmen ist , also Du wirst nicht gerade verrückt oder so...

Ich wünsche Dir, daß Du einen für Dich passenden Weg findest, um mit dem Tod Deiner Ma klarzukommen, so daß Du an sie denken kannst ohne zu weinen, so daß Du einfach eine liebevolle Erinnerung von ihr in Dir trägst ohne Schmerzgefühl...

lg Chrisi
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  #3  
Alt 04.10.2008, 06:52
Benutzerbild von teddy 34
teddy 34 teddy 34 ist offline
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Standard AW: Trauer auch nach über 1,5 Jahren

Hallo Mozilla!

Deine Geschichte berührt mich sehr.Finde aber auch das du dir nie die Zeit genommen hast richtig um deine Mama zutrauern.Hast dich mit viel arbeiten abgelenkt.Jetzt wo du zuruhe kommst fängst du an nochmal über alles nachzudenken.Mach ich auch immer noch wenn ich alleine bin das ist überhaupt nicht schlimm.Ich habe meine Ma vorriges Jhr im März an LUngenkrebs verloren.Ich weiss wie du dich fühlst ich sehe jeden Tag wo wir waren und was wir zusammen gemacht haben weil ich noch in der Stadt wohne wo ich aufgewachsen bin.Fahre jeden Tag an den Haus vorbei wo meine Eltern gewohnt haben.Es tut manchmal weh aber es kommen auch schöne Erinnerungen wieder.Mir hat es geholfen hier mit Menschen zu schreiben die wissen was ich druchmache wie ich mich fühle.Dadurch habe ich es geschafft mit den Schmerz umzugehn. Hier habe ich alle meine trauer niedwer geschrieben.Hoffe dir hilft es auch etwas.


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Leise kam das Leid zu ihr,
trat an ihre Seite,
schaute still und ernst sie an,
blickte dann ins Weite.Leise nahm es ihre
Hand,
ist mit ihr geschritten,
ließ sie niemals wieder los,
sie hat viel gelitten.
Leise ging die Wanderung
über Tal und Hügel und uns war`s
als wuchsen ihrer Seele Flügel.

Liebe Grüsse Nicole
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  #4  
Alt 04.10.2008, 12:13
mozilla mozilla ist offline
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Beiträge: 3
Standard AW: Trauer auch nach über 1,5 Jahren

Hallo Chrisi, hallo Nicole,

vielen Dank für Eure lieben Worte. Trotz Eurer eigenen Trauer findet Ihr Zeit und Gefühle in Eurem Herzen, um hier eine Antwort zu schreiben. Dafür bin ich wirklich dankbar!

Eure Zeilen sind mir insofern eine Hilfe, als dass ich das Gefühl habe, mir hat jemand wirklich zugehört. Ich glaube, auch allein schon das Schreiben meiner Geschichte hat etwas geholfen. In der vergangenen Nacht habe ich nämlich einen sehr schönen Traum gehabt, in dem auch meine Mutter vorkam. Ich kann mich nicht mehr an den Traum selbst erinnern, bin aber heute morgen sehr glücklich aufgewacht. Ich denke, die Tatsache, dass ich mich gestern durch das Schreiben hier so auf sie konzentriert habe, hat das ausgelöst.

Chrisi, Du schreibst, ich hätte meine Trauer verdrängt, ich denke das eigentlich nicht. Das "in die Arbeit stürzen" war ja nicht unmittelbar nach dem Tod meiner Mutter, sondern Anfang diesen Jahres, da war sie schon ein Jahr lang tot. Bis dahin habe ich zwar meine Traurigkeit mit mir selbst ausgemacht, aber ich habe schon getrauert. Anfangs war ja auch noch meine Freundin hier, von der ich in dem Text auch schrieb, die für mich da war. Sie ist mittlerweile an einen anderen Posten versetzt worden, wir haben zwar noch Kontakt, aber es ist etwas anderes, am Telefon oder in einer Email sein Leid zu klagen. Meistens möchte man das ja sofort loswerden, wenn es aktuell ist, nicht erst 3 Stunden später, wenn man Zeit hat, dem anderen zu schreiben. Eigentlich dachte ich ja, wie auch im Text schon geschrieben, dass ich die Trauer eigentlich längst verarbeitet hätte. Ich glaube, dieser "Rückfall" wurde durch die vielen Erinnerungen ausgelöst, die mein Kurzurlaub jetzt zurückholte. Und auf einmal war ich wütend, nicht traurig, wirklich wütend, dass ich nun all diese Dinge, die wir früher so gerne zusammen gemacht haben, alleine tun musste und dass sie so überhaupt keinen Spaß machten. Und jetzt gerade, als ich dies hier schreibe, denke ich, dass dies glaube ich eine der Trauerphasen ist, von denen immer gesprochen wird. "Wut". Bislang habe ich mir diese Wut nie erlaubt, denn meine Mutter kann natürlich nicht dafür, dass sie nicht mehr da ist, das sagt mir mein Kopf. Vielleicht will diese Wut aber trotzdem raus und ich muss nun durch diese Phase eben auch noch durch.

Eine Trauergruppe oder Therapeut ist nicht ganz so einfach, wenn man im Ausland lebt. Ich spreche die Sprache hier nicht gut genug, um mich einer solchen Gruppe - falls es das hier überhaupt geben sollte - anzuschließen. Darum führte mich ja auch mein Weg in dieses Forum, was ja auch schon so eine Art Trauergruppe darstellt.

Ich wünsche Euch, dass Ihr die Kraft, die man aus Euren Mails herauslesen kann, nie verliert. Unsere Liebsten werden wir wohl immer vermissen, wir müssen nur lernen, nicht daran zu verzweifeln. Und Ihr habt mir geholfen, einen richtigen Schritt in diese Richtung zu machen. Man weiß natürlich, dass es andere Menschen gibt, denen es ähnlich geht, aber solange man sie nicht sieht, glaubt man, man ist selbst der einzige unglückliche Tropf auf diesem Planeten. Vielen Dank, Euch beiden!


Mozilla
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  #5  
Alt 04.10.2008, 14:28
chrisi0211 chrisi0211 ist offline
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Registriert seit: 20.06.2008
Beiträge: 947
Standard AW: Trauer auch nach über 1,5 Jahren

Hallo Mozilla!

Ich kenne ja Deine näheren Lebensumstände nicht und so hab´ich halt gelesen, vielleicht auch zwischen den Zeilen "gelesen" und dachte eben, daß Du Dich mit Arbeit eingedeckt hast, um abgelenkt zu sein... sorry, wenn ich das einfach falsch verstanden habe .

Aber es ist schon super, daß Du Dich Deinem Problem stellst und Dich damit auseinandersetzt und egal, welche Gefühle man hat, ober das reine Traurigkeit ist oder Wut, sie müssen ausgelebt und verarbeitet werden und Du brauchst halt scheinbar etwas mehr Zeit, denke aber nicht, daß das nicht "normal" sei, bei meinem Bruder habe ich gute 2 Jahre sehr getrauert, sehr gehadert mit dem Schicksal (Wut), mir unzählige Male die Frage "warum" (auf die man natürlich keine Antwort bekommt) gestellt, mittlerweile ist mein Bruder 5 Jahre tot, heute überfällt mich noch ab und an eine Gefühlswelle, so daß es mir die Tränen rausdrückt, auf der anderen Seite kann ich aber mittlerweile sehr wohl auch an ihn denken einfach in liebevoller Erinnerung, kann lächeln über zusammen erlebte Dinge und ich denke, daß das auch so bleibt, er wurde doch mit 34 aus dem Leben gerissen und ich vermisse ihn halt manchmal total arg und dann rollt halt auch die eine oder andere Träne und trotzdem würde ich von mir behaupten, daß ich wirklich das Ganze "verarbeitet" habe...

Weißt Du so ein Verlust eines geliebten Menschen wird man sein ganzes Leben in sich haben, ich sage immer:
"Zuerst ist es eine tiefschmerzende Wunde, die immer wieder mal aufbricht und nur langsam heilt, die Narbe wird immer bleiben und ab und an gibts auch dann noch Narbenschmerzen" - in unserem Herzen werden sie ja immer bleiben...

Jeder findet für sich einen eigenen Weg, wie er am ehesten mit so einem schweren Verlust fertig wird, dieser Weg ist ein langer, harter und steiniger, für den einen ist es tröstlich, daß der liebe Mensch nicht mehr leiden muß, für den anderen ist die Vorstellung, daß es "Danach" auch noch was gibt, tröstlich... andere glauben an eine Art "Wiedergeburt"...- ich sag´immer, alles ist erlaubt an Gedanken und Glauben, so lange es einem selber hilft .

Ich schick´Dir ein paar Trostengel
Liebe Grüße
Chrisi
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  #6  
Alt 06.10.2008, 21:03
AndreaM AndreaM ist offline
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Beiträge: 201
Standard AW: Trauer auch nach über 1,5 Jahren

Hallo Mozilla,

ich erkenne mich wieder in vielem was Du geschrieben hast. Auch ich war 35 als meine Mutter starb - 3 Jahre ist es jetzt her. Und, ja, auch ich erlebe heute immernoch die dunklen Momente. Sie fehlt mir - mal mehr mal weniger. Auch ich bin sicher, dass meine Mutter nachdem sie gegangen war noch einmal "nach mir gesehen hat" - ich habe plötzlich für einen Moment ihre Hand auf meiner gespürt. Und lange Zeit hätte ich alles dafür gegeben, diesen Moment wiederholen zu können.

Es hat lange gedauert, bis mein Umfeld Sätze akzeptiert hat, die mit "Meine Mama sagte immer..." beginnen. Sie lernen es damit umzugehen, dass die Erinnerung einfach präsent ist. Jeder hört doch hin und wieder die mahnenden Worte der Eltern in seinem Kopf - dafür wurden sie gesagt, und das hört eben nicht auf, nur weil der Mensch nicht mehr präsent ist.

Ich war sehr überrascht als meine Schwägerin mir lange Zeit nach dem Tod meiner Mutter gestand, sie sei nahe daran gewesen, mir psychologische Hilfe ans Herz zu legen - und ich dachte doch, ich sei eigentlich schon "drüber weg". Und irgendwann, daran erinnere ich mich auch noch genau, musste ich lachen. Ein richtiges echtes Lachen. Erst da wusste ich, ich hatte bis dahin keineswegs "richtig funktionniert". Ich glaube, über dieses Lachen habe ich sogar hier in einem Thread geschrieben. Und, ja, es war ein weiter Weg. Und bis heute ist es immer wieder ein Weg. Ich bin sehr froh, dass ich Menschen um mich habe, die mit mir gegangen sind. Einige davon sind hier im Forum zu finden - denn hier sind viele Menschen, die verstehen.

Die "Zeitverzögerung" im Forum empfinde ich als Vorteil. Man kann sich dann auseinandersetzen, wenn man es will und kann. Mal braucht man Hilfe und schreibt. Mal hat man das Gefühl einen Hilferuf zu hören - aber man kann erst nach Tagen darauf antworten. Das Forum gibt die Möglichkeit dazu.

Jeder trauert anders, aber sei versichert: Auch Du wirst sicher nicht verrückt, es ist Deine Art damit umzugehen. Und Du wirst das schaffen, da bin ich sicher!

Liebe Grüße
AndreaM
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  #7  
Alt 13.10.2008, 16:40
mozilla mozilla ist offline
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Registriert seit: 03.10.2008
Beiträge: 3
Standard AW: Trauer auch nach über 1,5 Jahren

Nochmal ein Hallo an alle, die hier auf meinen Post geantwortet haben!

Ich möchte allen ganz ganz herzlich dafür danken, mir zugehört und die Gelegenheit gegeben zu haben, über meine wirklichen Gefühle zu sprechen. Das allein war mir schon eine so große Hilfe, ich fühle mich seit meinem Beitrag hier irgendwie wie befreit. So, als würde ich eine verschlossene Tür aufgestoßen haben. Ich denke, es war einfach nötig, mal alles auszusprechen, nicht nur immer alles mit mir selbst auszumachen, selbst wenn es hier im Forum ein relativ anonymer Akt der Befreiung ist.

Dass Deine Schwägerin, Andrea, das mit dem Therapeuten gesagt hat, finde ich zeigt, dass sie dich offenbar sehr gut kennt. Sie scheint Dich besser beobachten zu können als Du Dich selbst. Wo wir doch so angestrengt versuchen, unsere Gefühle und Innerstes geheim zu halten. Bei mir ist das einfacher, da ich ja hauptsächlich Freunde und Kollegen um mich habe, da meine Familie in Deutschland ist und ich im Ausland bin. Ich glaube, so etwas sieht nur die Familie.

So, nochmals allen vielen Dank und ganz viel Kraft für alle Schicksalsprüfungen, die jedem von uns irgendwann (wieder) bevorstehen werden. Es ist schön, dass es heute durch das Internet solche Möglichkeiten wie dieses Forum gibt.

Liebe Grüße,
Mozilla
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  #8  
Alt 14.10.2008, 21:12
Sabitz Sabitz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 19.02.2007
Beiträge: 150
Standard AW: Trauer auch nach über 1,5 Jahren

Hallo Mozilla,

Deine Zeilen haben mich tief berührt und ich muss Dir gleich zu Anfang schreiben, dass alles ok mit Dir ist, eine ganz normale Reaktion auch nach 1,5 Jahren!
Ich habe meinen Vater vor 2 Jahren verloren und kenne diese Einbrüche der Trauer im Urlaub.
Ich denke, dass ich mich meistens meiner Trauer gestellt habe und mit Hilfe des Forums und von Büchern zum Thema mich auch wirklich damit auseinandergesetzt habe. Und trotzdem trauere ich auch nach 2 Jahren noch sehr intensiv um meinen Vater und ich glaube, dass auch dies ganz normal ist. Die Zeit die man dafür braucht wird sicher von Mensch zu Mensch verschieden sein. Jeder findet "seinen" Weg.
Im Urlaub habe ich viel Zeit zum Nachdenken und da lässt die Trauer nicht lange auf sich warten. Auch ich empfinde an Orten, die ich mit meinem Vater aufsuchte und die mich sofort an ihn erinnern immer noch den gleichen Schmerz.
Parallel dazu kann ich dann aber auch oft schon die freudigen Erlebnisse im Urlaub annehmen. Vom Genießen möchte ich da noch nicht reden, aber auch dass, hoffe ich, wird sich eines Tages wieder einstellen. Sicher auch wieder bei Dir!
Das wünsche ich Dir von Herzen!

Nochmal, Du wirst nicht "verrückt", es ist völlig normal, wie Du reagiert hast!
Der Schmerz lässt sich nun mal nicht leugnen und wir werden ihn unser Leben lang immer wieder spüren(mal mehr, mal weniger), aber wir lernen oder wir werden lernen damit umzugehen, damit zu leben und auch wieder "unser Leben " zu leben!
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